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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Lumen hat geschrieben:Du möchtest darstellen, ich hätte eine Vorstellung die irgendwo zwischen reißerischer BILD Zeitung und Focus-Werbung rangieren würde. Deine Worte.

Es ging mir bei dem Spruch mit der Focus-Werbung eigentlich vor allem darum, dass du zu sehr auf dem Begriff des "Fakts" herumreitest und damit unterstellst, es könne nur eine richtige Sichtweise auf die Welt geben. Wenn ich mir nochmal andere Threads vornehme, in denen du gepostet hast, dann finde ich diese Behauptung auch immer wieder. Und naja, was die Bild-Zeitung angeht, die reißerischen Darstellungen der religiösen "Schandtaten" (deine Worte) stammen hier im Wesentlichen aus deiner Tastatur.

Lumen hat geschrieben:Jemand der so dick aufträgt wie du, mit Focus Werbung Verweis und Bildzeitung muss dann liefern. Wer austeilt, muss einstecken können.

Siehst du mich weinen?

Lumen hat geschrieben:Die Karte-Gebiet Analogie wurde von Alfred Korzybski geprägt und ist bereits knietief Semiotik und Semantik. Die Hälfte des Textes von dir ist Babysprech – dem Umstand geschuldet, dass du tatsächlich denkst, ich hätte noch nie was von Wahrnehmung gehört – dazu von dir Prahlerei, und akutes Nichtwissen was du eigentlich aussagen willst.

Schön, dass du die letzten beiden Wochen genutzt hast, um dich nochmal mit dem Thema Semiotik auseinanderzusetzen.

Mein Vorwurf an dich ist übrigens nicht, dass du bestimmte Muster nicht durchschaust, sondern dass du einen blinden Fleck hast, wenn es darum geht, diese Muster bei dir selbst zu erkennen. Ich verweise da aber weiter an Vollbreit und dessen Erklärungen über Projektionen.

Was ich aussagen will? Ach komm, im Ernst? Es gibt jetzt mehrere Seiten mit sehr, sehr viel Text von mir, wo ich sehr klar und ehrlich sage, was ich meine - und wenn du Verständnisschwierigkeiten hast, steht nach wie vor mein Angebot, meine Sichtweise zu erläutern.

Lumen hat geschrieben:Ein Fakt ist wiederum eine Beobachtung, die hinreichend bestätigt wurde dass es „pervers“ wäre, sie zu bezweifeln.

Solange du nicht die Bedingungen klärst, die eine "hinreichende Bestätigung" ausmachen, verschiebst du damit das epistemologische Problem nur sprachlich. Ich behaupte für meinen Teil, dass du trotz Kenntnis von Popper keinen fallibilistischen Tatsachenbegriff, sondern einen positivistischen hast. Aber überrasch mich, vielleicht irre ich mich ja.

Lumen hat geschrieben:Das ist erstaunlich, was du/Vollbreit alles aufwartest. Vollbreit reiht ein paar „mehr oder weniger“ und „schleichende Übergänge“ aneinander, aber du willst mit mir alles von Zen Buddhismus bis Quantenphysik, und von Evolution, Religionsgeschichte bis Semiotik und Linguistik (und Psychologie, Paranoia und so, nicht vergessen) durchsprechen, nur um festzustellen ob seine Behauptung nun einen Sachverhalt beschreibt?

Nein, wir reden hier nur einfach über mehrere Themen gleichzeitig. Wir reden, naja, mehr "redeten" über den Begriff des "(atheistischen) Fundamentalismus", über den Umgang mit Religiösen generell, über einen guten Diskussionsstil und v.a. reden wir anscheinend darüber, ob aus der Existenz wissenschaftlicher Erkenntnisse ein Recht folgt, anderen Leuten dafür böse zu sein, dass sie das nicht teilen/kapieren/in derselben Weise in ihren Lebensstil integrieren.

Lumen hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Aber wenn wir eine Theorie des Fundamentalismus erkunden wollen, müssen wir uns darüber einig sein, was eine Theorie ist und was sie leisten kann.

Wir müssen uns überhaupt nicht einig sein. Du und Vollbreit müsst eure Behauptungen belegen und irgendwen überzeugen.

Also entweder wir reden miteinander und einigen uns auf Begriffe oder nicht. Aneinander vorbei reden kann ich als Freizeitbeschäftigung auch anderswo, dazu muss ich hier nicht herkommen.

Und nein, ich muss nichts belegen, ich dekonstruiere in dieser Diskussion hauptsächlich deine Ansichten und nehme den Großteil meiner Mitbürger vor haltlosen Anfeindungen in Schutz. Es reicht mir vollkommen, aufzuzeigen, dass deine "Religionskritik" von non-sequitur-Schlüssen wimmelt.

Lumen hat geschrieben:
Steven Gould hat geschrieben:Well, evolution is a theory. It is also a fact. And facts and theories are different things, not rungs in a hierarchy of increasing certainty. Facts are the world's data. […] Moreover, “fact” does not mean “absolute certainty.” […] In science, “fact” can only mean “confirmed to such a degree that it would be perverse to withhold provisional assent.
http://www.stephenjaygould.org/library/ ... heory.html

Weil es groß und blau ist, wird es auch nicht wichtiger.
Man muss Gould hier zugute halten, dass er sich im zitierten Text über eine spezifische wissenschafts- und gesellschaftspolitische Auseinandersetzung mit den Kreationisten äußert und gerade auf das spezifische Missverständnis von "theory" als "unvollkommene Tatsache" eingeht, aus der dann geschlossen wird, die Evolution sei nur eine Theorie im Sinne einer an und für sich wilden Spekulation. Da habe ich vollstes Verständnis für ihn und das hat mit der Kritik am Faktenbegriff, die ich geäußert habe, wirklich nichts zu tun. Es hat auch keinen Sinn, spezifische Meinungsverschiedenheiten über den gesellschaftlichen Status der Wissenschaft in den zeitgenössischen USA in unsere Debatte hier hineinzuziehen.

Lumen hat geschrieben:Wenn es nicht beobachtbar wäre, von was machen wir uns dann einen Begriff? Wenn es nicht beobachtbar wäre, woher wissen von dem „physisches Phänomen“?

Das Phänomen, das wir Gravitation nennen, ist beobachtbar, aber den Begriff und seinen Kontext (Was bedeutet das Phänomen für uns? Wie erklären wir uns es? Was sehen wir als Grenzen des Phänomens gegenüber anderen Phänomenen an?) haben wir gemacht.

Lumen hat geschrieben:Nach orthodoxem Verständnis, beobachten wir etwas, was wir dann bezeichnen.

Durch die linguistische Wende ist dieses Verständnis obsolet. Es ist eben nicht so, dass die Welt aus diskreten Einheiten ("Dingen") besteht, die wir beobachten und dann nur noch Zettel hinkleben.

Was Feynman angeht, missverstehst du ihn hier, soweit ich das sehe, denn was er in dem Video erläutert, ist relativ nahe am Kritischen Rationalismus (und ich werfe dir weiterhin vor, klassisch positivistische Denklinien nachzuziehen). Das sieht man schon daran, dass er mit "guess" beginnt (also dem Aufstellen einer deduktiven Theorie) und dann einen Abgleich mit der Wirklichkeit (Experiment) anschließt, was in einem Verwerfen der Theorie endet, falls Ergebnis und Theorie nicht zueinander passen. Er spricht an keiner Stelle davon, mit dem Beobachten von Mustern zu beginnen.

Lumen hat geschrieben:Wenn ein dogmatischer Keim entweder vorhanden ist oder nicht, dann zeigst du uns hier, ironischerweise, dass du eben nicht in Kontinua denkst.

Warum sollte nichts in diskreten Einheiten vorliegen können? Bloß weil ich mich dagegen wehre, die Welt in binären Kategorien zu sehen, heißt das nicht, dass es die nirgendwo gibt. Gerade in der formalen Logik wimmelt es nur so davon

Lumen hat geschrieben:Dir fällt nicht einmal auf, dass du einerseits vorgeblich Essentialismus ablehnst, dann aber von „Keim“ schreibst, den etwas „in sich“ trage.

Ja natürlich. Das ist doch kein Widerspruch. Wenn ein Argument in einem anderen impliziert wird, ist das doch kein Essentialismus.

Lumen hat geschrieben:Vollbreit (und du damit nun auch) behauptet, es gäbe einen Anfang, wo er einen schleichenden Übergang beginnen lässt, den schleichenden Übergang nutzt er dann, um sich nicht festlegen zu müssen. Dabei wird die ganze Konstruktion sinnlos.

Oder aber in der Lage, sehr feine Unterschiede wahrnehmen zu können.

Lumen hat geschrieben:Da das anscheined nicht evident für dich ist: der Gläubige ist jemand der daran glaubt, bestimmte Anweisungen befolgen zu müssen, die ihm das Wohlwollen der Gottheit sichern werden und die sich dann erkenntlich zeigen würde (das ist das Heilsversprechen). Die Anweisungen können auch „leer“ gedacht werden, d.h. der Gläubige glaubt dann, die Gottheit stellt keine anderen Anforderungen, außer die, an die Gottheit zu glauben. Da die Aussagen der Autorität nicht der Wahrheit entsprechen, glauben Leute systematisch falsche Dinge. Du kannst den obskuranten Fahrplan gerne nochmal durchspielen bei dem Begriff der Wahrheit, aber den haben wir wohl klar erörert. Die Behauptungen von Glaubensautoritäten müssen eben nicht unabhängig bestätigt werden, sodaß es nach Gould „pervers“ wäre, sie nicht als Fakt anzuerkennen.

Mal davon abgesehen, dass ich das nicht für das Merkmal von Gläubigen, sondern eine etwas kuriose Verballhornung halte: So what? Dann sind manche Leute halt pervers und glauben Bullshit. Was geht dich das an, solange sie dir nichts tun?

Lumen hat geschrieben:Und das ist gerade die Krux bei euch: Glaube muss überhaupt nicht belegt werden und ist auch überhaupt nicht belegt.

Völlig richtig. Wir leben in einer (einigermaßen) freien Gesellschaft. Jeder kann erst mal sagen und vertreten, was er will, und jeder kann das annehmen und glauben, was er für richtig hält.

Lumen hat geschrieben:Das heißt du und auch Vollbreit und die anderen Obskurantisten arbeiten fortwährend mit zweierlei Maßstab. Einerseits stellt ihr euch total doof, wenn es darum geht, Glauben („Faith“) zu betrachten: da geht alles und mögliche Kritik daran wird von euch – siehe eindrucksvoll dieser Thread – heftigst abgestritten. Da ist kein Nanomillimeter erlaubt. Da wird von euch sofort umgelenkt und die „wir alle müssen uns doch vertragen“ Karte gespielt und sofort jede Beleidigung vorgekramt.

Dann versuch es doch einfach mal ohne Beleidigungen, wie wärs? Und sorry, wenn du immer wieder nur Kritik, die seit dem 19. Jahrhundert bekannt ist, wiederkäust, fragen sich Andere halt irgendwann, warum du derart aggressiv auf dem Thema herumreiten musst.
Es hat nirgendwo jemand behauptet "Die Religiösen könnten doch Recht haben", das ist nur das, was du irgendwie zu hören meinst. Kritik an der Theologie ist ok, nur hilft es nichts, Religiöse zur Aufgabe ihres Glaubens zwingen zu wollen, in der Erwartung, dass die Gesellschaft dadurch besser wird. Und ja, da ist es mir weitaus wichtiger, dass wir uns alle vertragen.

Lumen hat geschrieben:Wenn es um Wissenschaften geht, werden alle Geschütze aufgefahren, wie man sieht, bis in die hinterletzte Ecke der Semiotik und Semantik und Erkenntnistheorie wird gekrochen und Fundamentalismus-Vorwurf steht direkt im Raum. So klingen jedenfalls nicht Leute, die ein naturalistisches Weltbild befördern wollen. Bei Vollbreit, der Integralmystiker und Berufscharlatan ist das noch halbwegs konsistent, bei dir hingegen komplett verfehlt.

Komischerweise hat Vollbreit es viel besser als du vermocht, sich einfach mal die neun Prinzipien der Brights durchzulesen.

Man fördert kein Verständnis einer eigenen Position, indem man Andersdenkende verleumdet und lächerlich macht und Kritik am eigenen Weltbild verleugnet. Zudem sind die Brights ein politisches und kein philosophisches Projekt. Es steht ganz klar in den Prinzipien, dass es nicht notwendig ist, zu einer gemeinsamen Auffassung über den Naturalismus zu gelangen. Ziel und Zweck der Brights ist das Hinarbeiten auf ein gesellschaftliches Klima, in dem Naturalisten nicht diskriminiert und gesellschaftlich anerkannt werden, also in dem ihnen Respekt gegenüber gebracht wird. Das funktioniert, und das sollte jedes Kind verstehen, ganz sicher nicht, in dem man für sich Sonderrechte beansprucht, also Respekt einfordert, den man selbst nicht bereit ist, zu geben. Wenn Naturalisten sich nicht dauernd für ihr Weltbild rechtfertigen müssen sollen, dann muss nach den Regeln der Reziprozität unter Gleichen dasselbe andersherum gelten. Simple liberale Grundsätze.

Das andere Ziel, das Verständnis des Naturalismus zu fördern, erreicht man übrigens auch besser, indem man Informationsangebote macht und das eigene Weltbild erklärt, nicht indem man mit Lust auf den Meinungen Andersdenkender herumprügelt.

Lumen hat geschrieben:Wäre das eine Partei würde ich deinen Rücktritt fordern.

Tja, so ein Pech aber auch.
von Nanna
Sa 22. Feb 2014, 22:29
 
Forum: Religion & Spiritualität
Thema: „Atheistischer Fundamentalismus“
Antworten: 254
Zugriffe: 284271

Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

provinzler hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:. Auch dem traditionellen CDU Wähler, der stereotyp am bayrischen Stammtisch sitzt

Die Zahl der CDU-Wähler dürfte an bayrischen Stammtischen so bei ungefähr ziemlich genau Null liegen... :mg:


Stimmt. :^^:

Nanna hat geschrieben:...


Dein Text ist erstaunlich. Du möchtest darstellen, ich hätte eine Vorstellung die irgendwo zwischen reißerischer BILD Zeitung und Focus-Werbung rangieren würde. Deine Worte. Eigentlich könnte ich mein Wissen komplett wegschmeißen, und bei dir, Großmeister Oberbreit in Lehre gehen. Dir fehlt nur noch das Psycho-Beleidigungsarsenal von Vollbreit, dann könnt ihr spirituell fusionieren. Umso mehr freue ich mich auf deine Antwort, insbesondere zu einer Passage. Wenn du irgendwas beantwortest, dann diese Stelle. Versuche also am besten nicht Vollbreits hütchenspielende Tintenfisch Nummer. Wer überreizt wie du, muss dann irgendwann aufdecken und seine Hand zeigen. Ganz gemäß: Jemand der so dick aufträgt wie du, mit Focus Werbung Verweis und Bildzeitung muss dann liefern. Wer austeilt, muss einstecken können.

Nanna hat geschrieben:Die Karte ist mit dem Gebiet nicht nur nicht identisch, sie bildet es auch nicht ab. Sie ist die Manifestation eines bestimmten Blickes, den jemand auf das Gebiet hatte und dann in eine Niederschrift - die Karte - verwandelt hat. Das nur, um mal zu verdeutlichen, wie weit selbst die einfachsten Modelle von der Wirklichkeit weg sind, zu der wir keinen direkten Zugang haben. Wir wissen nicht, wie es "wirklich" ist, wir können nur Theorien entwickeln und diese dann dem Wirklichkeitstest aussetzen. Insofern ist keine Theorie richtig, sondern allenfalls passend.


Die Karte-Gebiet Analogie wurde von Alfred Korzybski geprägt und ist bereits knietief Semiotik und Semantik. Die Hälfte des Textes von dir ist Babysprech – dem Umstand geschuldet, dass du tatsächlich denkst, ich hätte noch nie was von Wahrnehmung gehört – dazu von dir Prahlerei, und akutes Nichtwissen was du eigentlich aussagen willst. Du nimmst dir hier jede Menge Seil mit, mit dem du dich dann auch später gekonnt aufhängst.

Zur Vorläufkeit von Wissen hattest du einmal eine direkte Aussage bekommen („Dass unser Wissen vorläufig ist, wird nicht bestritten“), dann gab es nochmal extra das Standardbeispiel von Newton-Einstein. Außerdem ist es völlig klar, dass es nicht plötzlich Glitzer regnet und die Gewinner-Musik eingespielt wird, falls jemand eine „perfekte Theorie“ formuliert hat (was wir nie wissen können, ob eine solche Theorie existiert). Ein Fakt ist wiederum eine Beobachtung, die hinreichend bestätigt wurde dass es „pervers“ wäre, sie zu bezweifeln.

Nanna hat geschrieben:Meine Aussage dazu wäre, dass es etwas gibt, was wir Bergspitze nennen (in dem Sinne, dass etwas Physisches vorhanden ist), aber dass das Zeichen für Bergspitze und seine Abgrenzung zu anderen Zeichen (Zeichensysteme sind strikt relational und nicht-essentialistisch) menschliche Konstrukte sind, die auf sozialen Konventionen beruhen (zeigt sich beispielsweise schon darin, dass wir "Bergspitze" und nicht "qimma" (Arabisch) oder "mountain peak" sagen).


Dann wären wir also noch bei Semiotik. Da bist du im Hinblick auf das Thema aber schief gewickelt, siehe Naming and Knowing weiter hinten. Die Korrespondenz von Referent, Signifikant und Signifikat auf die du anscheinend hinaus möchtest, war überhaupt nicht wichtig (ergo Wichtigtuerei plus Obskurantismus, Vollbreit-Style). Wichtig war nur, ob du bestreitest, dass es einen Referenten genannt „Evolution“ gibt, oder nicht gibt. Aus meiner Sicht finden wir Daten (Fakten) vor, zum Beispiel Fossilien, die ein Muster (ab)bilden, welches wir erkennen. Diese Referenz evoziert dann den ganzen Ablauf. Es formt sich eine Vorstellung und dieser Geistesinhalt wird dann bezeichnet. Aber der Geistesinhalt ist nicht identisch mit dem Referenten, was das gesamte Beispiel von Karte-Gebiet schon aussagt!

Nanna hat geschrieben:Nan-in, a Japanese master during the Meiji era, received a university professor who came to inquire about Zen.
Nan-in served tea. He poured his visitor’s cup full, and then kept on pouring. The professor watched the overflow until he no longer could restrain himself. “It is overfull. No more will go in!”
Like this cup, Nan-in said, you are full of your own opinions and speculations. How can I show you Zen unless you first empty your cup? (*SCNR*)

Oder anders gesagt: Mach mal langsam und hör in Ruhe zu. Wenn du einen Gedankengang über ein komplexes Thema gleich nach den ersten ein, zwei Stationen abbrichst und ungeduldig fragst, wo uns das hin bringt, dann kommen wir nie an. Wir reden hier (zumindest war das ursprünglich mal der Plan) über den Begriff des atheistischen Fundamentalismus. Wie sollen wir das anstellen können, wenn wir noch nicht einmal darüber einig sind, was ein Begriff ist, wie er funktioniert, wie er zustande kommt und was er aussagt?


Das ist erstaunlich, was du/Vollbreit alles aufwartest. Vollbreit reiht ein paar „mehr oder weniger“ und „schleichende Übergänge“ aneinander, aber du willst mit mir alles von Zen Buddhismus bis Quantenphysik, und von Evolution, Religionsgeschichte bis Semiotik und Linguistik (und Psychologie, Paranoia und so, nicht vergessen) durchsprechen, nur um festzustellen ob seine Behauptung nun einen Sachverhalt beschreibt?

Nanna hat geschrieben:Aber wenn wir eine Theorie des Fundamentalismus erkunden wollen, müssen wir uns darüber einig sein, was eine Theorie ist und was sie leisten kann.


Wir müssen uns überhaupt nicht einig sein. Du und Vollbreit müsst eure Behauptungen belegen und irgendwen überzeugen.

Nanna hat geschrieben:Und momentan klingst du einfach noch zu sehr nach der guten alten Focus-Werbung.


Schön gebrüllt Löwe. Dann möchte ich dir einen guten alten Wissenschaftler vorstellen, der auch nach Focus-Werbung klingt – der allseits bekannte Fundamentalist Steven Jay Gould, in: „Evoltion as Fact and Theory“. Huch. Er meint dazu:

Steven Gould hat geschrieben:Well, evolution is a theory. It is also a fact. And facts and theories are different things, not rungs in a hierarchy of increasing certainty. Facts are the world's data. […] Moreover, “fact” does not mean “absolute certainty.” […] In science, “fact” can only mean “confirmed to such a degree that it would be perverse to withhold provisional assent.
http://www.stephenjaygould.org/library/ ... heory.html


Als nächste behauptest du dann, weder Gravitation noch Evolution sei beobachtbar. Da du gerne zitierst, bitte ich dich deine Aussagen nicht zu unterschlagen, wenn du das nochmal erläuterst.

-----X---Zitatblock für Nanna zum Auschneiden--------->
Nanna hat geschrieben:Ich will nicht darauf hinaus, dass Evolution nicht beobachtbar ist. Gravitation ist auch nicht beobachtbar. Gravitation ist ein menschlicher Begriff für ein physisches Phänomen, von dem wir uns ein Modell mit einem bestimmten Blickwinkel gemacht haben.


Da hast dich dann komplett verheddert und klingst wie Vollbreit. Wenn es nicht beobachtbar wäre, von was machen wir uns dann einen Begriff? Wenn es nicht beobachtbar wäre, woher wissen von dem „physisches Phänomen“?

Nach orthodoxem Verständnis, beobachten wir etwas, was wir dann bezeichnen. Wir beobachten sowohl Evolution als als auch Gravitation. Das sind die Namen, die wir den beobachteten Mustern gegeben haben. Selbst mit deinem pomo-obskuranten „Blickwinkel“ den wir immer nur einnehmen würden, frage ich mich, wie wir einen Blickwinkel haben können, ohne zu beobachten. Hier noch ein Typ mit Focus-Werbung Verständnis... 1 Minute Feynman. Stichworte: compare to observation/compare to nature/compare to experiement. Siehe auch: Naming and Knowing von Feynman.
-----X--- Ende des Zitatblocks für Nanna zum Antworten-------->

Oder auch:

    „Schatz, mach mal das Fenster zu.“ „was meinst du mit Fenster“ „Na das Loch in der Wand, mit der Klappe davor“ „Ich weiß nicht was du meinst. Das sind nur Worte die du verwendest. Welches Ding-An-Sich meinst du denn damit und können wir es wirklich erkennen?“ „Ok, Nanna, ich machs selber zu“.

Zu Wissenschaftlern mit „Focus-Werbung“ Verständnis wie Steven Jay Gould und Co. und die Essenz der Fundamentalisten meinst du dann noch:

Nanna hat geschrieben:Ja, wer behauptet, eine Theorie sei ein Faktum, bewegt sich auf eine fundamentalistische Sichtweise zu. Womit ich nicht sage, dass jemand deshalb schon Fundamentalist ist. Aber jede "es ist so und kann nicht anders sein"-Aussage trägt den dogmatischen Keim, der in den Fundamentalismus münden kann, bereits in sich. Ob er aufgeht, steht auf einem anderen Blatt.


Wenn ein dogmatischer Keim entweder vorhanden ist oder nicht, dann zeigst du uns hier, ironischerweise, dass du eben nicht in Kontinua denkst. Das ist bei dir, wie bei Vollbreit, alles Oberflächlichkeit, zusammen mit gelesenen Büchern, erworbene Titeln und dazu passende Forums-Vorführungen (meist patronisierendes Verhalten, wohlwollend gegenüber Stine, erziehend bei Nefarious, aufplusternd mir gegenüber).

Nanna hat geschrieben:Wer etwas anderes vertritt, hat a) an der Uni im Propädeutikum nicht aufgepasst und b) ein anstelle religiöser Dogmen ein neues szientistisches Dogma akzeptiert, was ungefähr genauso lahm ist.


Dir fällt nicht einmal auf, dass du einerseits vorgeblich Essentialismus ablehnst, dann aber von „Keim“ schreibst, den etwas „in sich“ trage. Deswegen bist du auch nicht in der Lage die Kritik als Kafkafalle und „schleichende Übergänge“ zu erfassen. Vollbreit (und du damit nun auch) behauptet, es gäbe einen Anfang, wo er einen schleichenden Übergang beginnen lässt, den schleichenden Übergang nutzt er dann, um sich nicht festlegen zu müssen. Dabei wird die ganze Konstruktion sinnlos.

Ansonsten bin ich allmählich beruhigt. Wenn Wissenschaftler mit Focus-Werbung Verständnis wie Steven Jay Gould et al schon auf dem Weg zum Fundamentalismus bei euch postmodernen Flitzpiepen ist, dann kann das nicht so schlimm sein.

Nanna hat geschrieben:Ich nehme an, dass du den Eindruck hast, dass ich (und Vollbreit?) zu wenig konkrete Aussagen mache, wie mit der Religion umgegangen werden sollte und denkst, dass ich für jede religiöse Untereinheit irgendeine Entschuldigung finde, warum man die in Ruhe lassen sollte.


Niemand hindert dich daran, Themen zu eröffnen und zu diskutieren, die du gerne diskutieren möchtest. Wenn es bei dir Religion und Umgang damit ist, dann werde ich dich bestimmt nicht aufhalten. Nur für mich ist das momentan und auch allgemein eher nicht interessant. Ich komme aus einer völlig anderen Richtung.

Nanna hat geschrieben:Ich sehe einen Verlauf von weitgehend unproblematischen religiösen Überzeugungen hin zu problematischen, weil zu Grundwerten der Gesellschaft antagonistisch eingestellten religiösen Weltbildern. Analog verhält es sich auch mit dem Atheismus, der von einem unauffälligen Persönlichkeitsmerkmal unter vielen bis zu einer extremen politischen Agenda reichen kann. Und ja, das ist wieder ein "schleichender Übergang". Die Frage, die ich in diesem Zusammenhang interessant fände, ist die, wo die Gesellschaft eine Veranlassung und ein wohlbegründetes Recht sieht, sich in private Weltbilder einzumischen. Aber das hatte ich ja schon erwähnt.


Deine vermeindliche Symmetrie finde ich zum Beispiel schon falsch. Ein Atheist kann jemand sein, der plötzliche totale Amnesie hat und sein gesamtes Wissen verloren hat. Er weiß nichts von Göttern und Religionen und ist dementsprechend atheistisch. Der Gläubige hingegen muss den Autoritätsglauben erst annehmen und der ist für mich immer ein Problem. Da das anscheined nicht evident für dich ist: der Gläubige ist jemand der daran glaubt, bestimmte Anweisungen befolgen zu müssen, die ihm das Wohlwollen der Gottheit sichern werden und die sich dann erkenntlich zeigen würde (das ist das Heilsversprechen). Die Anweisungen können auch „leer“ gedacht werden, d.h. der Gläubige glaubt dann, die Gottheit stellt keine anderen Anforderungen, außer die, an die Gottheit zu glauben. Da die Aussagen der Autorität nicht der Wahrheit entsprechen, glauben Leute systematisch falsche Dinge. Du kannst den obskuranten Fahrplan gerne nochmal durchspielen bei dem Begriff der Wahrheit, aber den haben wir wohl klar erörert. Die Behauptungen von Glaubensautoritäten müssen eben nicht unabhängig bestätigt werden, sodaß es nach Gould „pervers“ wäre, sie nicht als Fakt anzuerkennen.

Und das ist gerade die Krux bei euch: Glaube muss überhaupt nicht belegt werden und ist auch überhaupt nicht belegt. Das heißt du und auch Vollbreit und die anderen Obskurantisten arbeiten fortwährend mit zweierlei Maßstab. Einerseits stellt ihr euch total doof, wenn es darum geht, Glauben („Faith“) zu betrachten: da geht alles und mögliche Kritik daran wird von euch – siehe eindrucksvoll dieser Thread – heftigst abgestritten. Da ist kein Nanomillimeter erlaubt. Da wird von euch sofort umgelenkt und die „wir alle müssen uns doch vertragen“ Karte gespielt und sofort jede Beleidigung vorgekramt. Diese Beleidigungen (Fundamentalist! Paranoiker!) werden dann noch von dir aktiv mit einer nach der nächsten Nebelwand abgeschirmt und jede erörterung sabotiert. Wenn es um Wissenschaften geht, werden alle Geschütze aufgefahren, wie man sieht, bis in die hinterletzte Ecke der Semiotik und Semantik und Erkenntnistheorie wird gekrochen und Fundamentalismus-Vorwurf steht direkt im Raum. So klingen jedenfalls nicht Leute, die ein naturalistisches Weltbild befördern wollen. Bei Vollbreit, der Integralmystiker und Berufscharlatan ist das noch halbwegs konsistent, bei dir hingegen komplett verfehlt.

Wäre das eine Partei würde ich deinen Rücktritt fordern.
von Lumen
Sa 22. Feb 2014, 19:46
 
Forum: Religion & Spiritualität
Thema: „Atheistischer Fundamentalismus“
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Lumen hat geschrieben:Das kommt sehr genau darauf an, ob du tatsächlich haarspaltest und damit auf die triviale Aussage hinaus möchtest, das die Karte mit dem Gebiet nicht identisch ist oder ob du meinst, dass “Evolution” (das Gebiet) selbst kein Fakt ist. Deine Argumentation deutet auf letzteres hin (d.h. das Gebiet gibt es nicht, sondern es ist nur „herrschende Meinung“). Im ersten Fall verlierst du das Haarspalter-Karate auch, denn die Evolutionstheorie gibt es in dem Sinne, als das sie das Projekt ist, dass ein gewisser Herr Darwin tatsächlich begonnen hat und folglich irgendwann “Evolutionstheorie1” enstanden ist. Also ist sie in diesem Sinne auf jedenfall ein Fakt.

Die Karte ist mit dem Gebiet nicht nur nicht identisch, sie bildet es auch nicht ab. Sie ist die Manifestation eines bestimmten Blickes, den jemand auf das Gebiet hatte und dann in eine Niederschrift - die Karte - verwandelt hat. Das nur, um mal zu verdeutlichen, wie weit selbst die einfachsten Modelle von der Wirklichkeit weg sind, zu der wir keinen direkten Zugang haben. Wir wissen nicht, wie es "wirklich" ist, wir können nur Theorien entwickeln und diese dann dem Wirklichkeitstest aussetzen. Insofern ist keine Theorie richtig, sondern allenfalls passend.
Dass es etwas gibt, worauf die Theorie sich bezieht, ist klar und wird von niemandem bezweifelt (deshalb geht deine Nennung der Sokal-Affäre auch ins Leere), aber ob unsere Interpretation besonders gut und vollständig ist, oder nicht, wissen wir nicht und können wir auch nie wissen (sagt kein postmoderner Dämon, sondern der Erzrationalist Popper). Insofern ist jede wissenschaftliche Theorie, die akzeptiert wird, "herrschende Meinung". Wer etwas anderes vertritt, hat a) an der Uni im Propädeutikum nicht aufgepasst und b) ein anstelle religiöser Dogmen ein neues szientistisches Dogma akzeptiert, was ungefähr genauso lahm ist. Egal, wie groß die Sehnsucht ist: Es gibt keinen festen Grund mehr und schuld daran ist die Aufklärung. Man kann daraus entweder den Schluss ziehen, dass ein neues fester Grund her muss und mit allen Mitteln durchgedrückt werden muss (das tun religiöse Fundamentalisten, Szientisten und atheistische Fundamentalisten, wenn man sie so nennen will), oder man kann in das strikt relationale, intersubjektive Spiel mit deduktiven Theorien eintreten, womit der Nachteil einhergeht, dass alles vorläufig und unfertig ist - gültig auch für die Evolutionstheorie. Natürlich ist sie deshalb trotzdem eine tolle Theorie und eine der wichtigsten naturwissenschaftlichen, die wir haben. Mit der Aussage, dass sie "herrschende Meinung" ist, war keine Abwertung verbunden (allerdings ein vorsichtiger Hinweis darauf, dass auch sie keine Letztgültigkeit beanspruchen kann). Es sollte dir doch eigentlich entgegenkommen, dass wissenschaftliche Theorien eben nicht den Status dogmatischen Offenbarungswissens haben. Aber dann musst du auch konsequent sein, und nicht eine Quasi-Letztgültigkeit durch die Hintertür einführen.

Lumen hat geschrieben:Wie ich deine Aussage aber interpretiere, siehst du den Mechanismus selbst als nicht faktisch an. Karte-Gebiet-Analog ist damit gemeint, dass es die Bergspitze deiner Absicht nach selbst nicht gibt, und nicht, dass verschiedene Leute sich uneins sind ob die Bergspitze zu diesem oder jenem Gebirge zählt.

Meine Aussage dazu wäre, dass es etwas gibt, was wir Bergspitze nennen (in dem Sinne, dass etwas Physisches vorhanden ist), aber dass das Zeichen für Bergspitze und seine Abgrenzung zu anderen Zeichen (Zeichensysteme sind strikt relational und nicht-essentialistisch) menschliche Konstrukte sind, die auf sozialen Konventionen beruhen (zeigt sich beispielsweise schon darin, dass wir "Bergspitze" und nicht "qimma" (Arabisch) oder "mountain peak" sagen).

Lumen hat geschrieben:Also egal, wie man die Karte zeichnet, die Bergspitze ist da. Für Einstein wäre die Bergspitze nur ein Hügel auf einer größeren Bergkette. Was bringt uns das hier?

Nan-in, a Japanese master during the Meiji era, received a university professor who came to inquire about Zen.
Nan-in served tea. He poured his visitor’s cup full, and then kept on pouring. The professor watched the overflow until he no longer could restrain himself. “It is overfull. No more will go in!”
Like this cup, Nan-in said, you are full of your own opinions and speculations. How can I show you Zen unless you first empty your cup?
(*SCNR*)

Oder anders gesagt: Mach mal langsam und hör in Ruhe zu. Wenn du einen Gedankengang über ein komplexes Thema gleich nach den ersten ein, zwei Stationen abbrichst und ungeduldig fragst, wo uns das hin bringt, dann kommen wir nie an. Wir reden hier (zumindest war das ursprünglich mal der Plan) über den Begriff des atheistischen Fundamentalismus. Wie sollen wir das anstellen können, wenn wir noch nicht einmal darüber einig sind, was ein Begriff ist, wie er funktioniert, wie er zustande kommt und was er aussagt?

Lumen hat geschrieben:Die besagten Kritiker haben kein Problem mit irgendeiner Gravitationstheorie, denn sie meinen Gravitation sei direkt beobachtbar aber Evolution nicht. Willst du darauf hinaus? Ich bitte darum, die Frage nichtzu verwechseln mit ob das stimmt oder nicht, sondern ob das der Einwand ist. Wir können hier unmöglich noch Evolution abhandeln.

Ja, deshalb will ich mich damit eigentlich auch nicht aufhalten. Aber wenn wir eine Theorie des Fundamentalismus erkunden wollen, müssen wir uns darüber einig sein, was eine Theorie ist und was sie leisten kann. Und momentan klingst du einfach noch zu sehr nach der guten alten Focus-Werbung.

Ich will nicht darauf hinaus, dass Evolution nicht beobachtbar ist. Gravitation ist auch nicht beobachtbar. Gravitation ist ein menschlicher Begriff für ein physisches Phänomen, von dem wir uns ein Modell mit einem bestimmten Blickwinkel gemacht haben. Das Modell leistet uns gute Dienste, aber es ist letztlich "nur" eine soziale Übereinkunft darüber, dass es das derzeit beste ist, was uns zu dem Thema eingefallen ist. Herrschende Meinung eben (die ja nicht willkürlich ist).

Lumen hat geschrieben:Dass unser Wissen vorläufig ist, wird nicht bestritten und hilft dir hier nicht – achte genau drauf, was du als vorläufig deklarieren möchtest. Fragen und Probleme im Thema Evolution und Akkommodarionismus (s. Schluss) sollten bei Bedarf separat (Thread) behandelt werden.

Ich bin nicht der Meinung, dass die Evolutionstheorie irgendwelchen Gläubigen zuliebe verwässert werden sollte. Die Diskussion können wir uns daher sparen.

Lumen hat geschrieben:Interessant hier ist in diesem Thema nur, ob du findest — Karten auf den Tisch — ob Leute wie ich, die Evolution/Theorie für einen Fakt halten und nicht Meinungssache, sich bereits einen Schritt — egal wie klein — auf einen wie auch immer gearteten Fundamentalismus hin zubewegen.

Ja, wer behauptet, eine Theorie sei ein Faktum, bewegt sich auf eine fundamentalistische Sichtweise zu. Womit ich nicht sage, dass jemand deshalb schon Fundamentalist ist. Aber jede "es ist so und kann nicht anders sein"-Aussage trägt den dogmatischen Keim, der in den Fundamentalismus münden kann, bereits in sich. Ob er aufgeht, steht auf einem anderen Blatt..

Lumen hat geschrieben:Das Problem bei dieser ganzen Schiene hier: es gibt nichts greifbares.

Tja, Pech gehabt. Wir leben in einer Welt aus Grauschattierungen. Sag der Aufklärung schönen Dank.

Lumen hat geschrieben:Dann erfolgt eigentlich schon die Setzung, runtergekocht: wer nicht post-modern denkt, bewegt sich — Tendenz — auf Fundamentalismus zu, und der ist dann erreicht, wenn jemand post-modernen Kommentaren zu Naturwissenschaften wenig Gegenliebe entgegen bringt. Das ist eine mögliche Interpretation eurer Absichten.

Das ist eine mögliche Interpretation, ja. Ich würde sie in dieser Ausschließlichkeit nicht sagen, aber das bestätigt dich wahrscheinlich, wenn ich das so sage. ;-)

Lumen hat geschrieben:Du hast es auch wieder schön vermieden, zu beschreiben, inwiefern Neuer Atheismus, und z.B. Evolutionstheorie in das Dreigestirn exotisch-einfach-populär reinpassen. Auch hier gibt es mindestens noch die post-moderne Sichtweise, das alles, was nicht noch dreizehnmal in Kontexte, Sprache, Zeichen, Kultur aufgelöst wurde, „zu einfach“ wäre.

Ein bisschen wie in der Physik, wo man andauernd kleinere Teilchen findet (wobei es ja langsam ein Ende zu nehmen scheint damit), entdeckt man als Geisteswissenschaftler permanent neue Unterkategorien, Schattierungen und wird mit neuen Perspektiven konfrontiert. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass ich misstrauisch werde, wenn jemand sagt "Schluss jetzt, das ist alles zu kompliziert, machen wir es uns einfach".
Ich nehme an, dass du den Eindruck hast, dass ich (und Vollbreit?) zu wenig konkrete Aussagen mache, wie mit der Religion umgegangen werden sollte und denkst, dass ich für jede religiöse Untereinheit irgendeine Entschuldigung finde, warum man die in Ruhe lassen sollte. Das stimmt aber nicht. Ich sehe einen Verlauf von weitgehend unproblematischen religiösen Überzeugungen hin zu problematischen, weil zu Grundwerten der Gesellschaft antagonistisch eingestellten religiösen Weltbildern. Analog verhält es sich auch mit dem Atheismus, der von einem unauffälligen Persönlichkeitsmerkmal unter vielen bis zu einer extremen politischen Agenda reichen kann. Und ja, das ist wieder ein "schleichender Übergang". Die Frage, die ich in diesem Zusammenhang interessant fände, ist die, wo die Gesellschaft eine Veranlassung und ein wohlbegründetes Recht sieht, sich in private Weltbilder einzumischen. Aber das hatte ich ja schon erwähnt.

Lumen hat geschrieben:In manchen Gefilden gelten z.b. auch Geschlechter als kulturelle Konstrukte. Da gefriert zwar die Milch im Glas eines jeden Naturwissenschaftlers, aber Geisteswissenschaftler haben bisweilen einen ungezwungenen Hang zur Wirklichkeit und solche Sichtweisen können auf dem Flur zwischen Gender Studies und Politik auch ohne Wut- oder Lachanfälle geäußert werden. Haben wir es hiermit zu tun?

Ja und nein. Das Deutsche kennt den Unterschied zwischen "gender" und "sex" nicht, insofern ist deine Darstellung - mal wieder - unterkomplex. Niemand hat behauptet, dass ein Penis und eine Vagina von der Kultur gemacht worden wären.

Lumen hat geschrieben:Ich kenne niemanden, der meint, ohne Religion gäbe es automatisch keine Probleme oder ohne Gottesbezug wäre alles automatisch besser.

Dann waren Dawkins "Imagine No Religion"-Poster ironisch gemeint?

Lumen hat geschrieben:Dann braucht man nur noch eine hitzige Diskussion und jemand der Reinkarnation kategorisch ablehnt und da sind wir schon mitten drin im Fundamentalismus. Das kann wohl nicht stimmen.

Du kannst Reinkarnation kategorisch ablehnen, so viel du willst. Das hat doch niemand als Problem bezeichnet. Die Frage ist, ob du Reinkarnationsglauben als derart grassierendes gesellschaftliches Problem ansiehst, dass du dich auf den Marktplatz stellen und dagegen anpredigen musst, um die Menschheit zu retten. Und ja, manche deiner Beiträge erwecken den Eindruck, dass du manchmal in Zustände eines Blut-Sperma-Kirche-Rausches verfällst, in denen dir das als ganz gute Idee erscheint.

Lumen hat geschrieben:Akkommodationismus ist exakt die Position, die du vertrittst, die im Kontrast zu Neuem Atheismus steht. Das ist für sich schon ein großes Thema und berührt u.a. auch den Umgang mit Evolution. Akkommodationisten sind häufig der Ansicht, Evolution sollte als kompatibel mit Glauben dargestellt werden um die Akzeptanz zu erhöhen. Neue Atheisten hingegen finden, es solle keine Zugeständnisse geben (fundamentalistisch?).

Warum dieses Nullsummenspiel? Es klingt, als könnte man nur Zugeständnisse machen oder nicht. Man kann auch sagen "Die Evolutionstheorie lässt keinen Kreationismus zu, aber ich kann Sie [die religiöse Person] nicht dazu zwingen, die Evolutionstheorie zu akzeptieren. Wenn Sie interessiert sind, erkläre ich sie Ihnen aber gerne nochmal in aller Ruhe". Man kann den Anderen anders sein lassen, ohne deshalb von seiner Position abzurücken. Ist dir das wirklich so schwer zugänglich, dass es da unterschiedliche Ebenen gibt?
von Nanna
Sa 22. Feb 2014, 00:06
 
Forum: Religion & Spiritualität
Thema: „Atheistischer Fundamentalismus“
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Lumen hat geschrieben:Bin an der Stelle gerade hängen geblieben und würde als Zwischenruf gerne von dir erläutert haben, was diese Stelle bedeutet. Was sind "mehr oder weniger populäre, einfache oder exotische Thesen"? Woher kommen die drei Kriterien?


Es sind Beispiele, die sich hieraus beipsielhaft ableiten:
Carsten Börger hat geschrieben:Fundamentalismus teilt die Welt in grobe aber eindeutige Kriterien und dem Einzelnen bleibt am Ende die Entscheidung: “Bist du dafür oder dagegen?” Nun sind manche Sachverhalte nicht so einfach, dass man es bei einem Ja oder Nein als Antwort belassen könnte, aber genau das empfindet der Fundamentalist als lauwarm, als Herumdrucksen. Ihm geht es ums Ganze.
http://www.psyheu.de/5285/fundamentalismus/


Eine populäre These meint hier das was man auch als Populismus kennt: Auf komplexe Sachverhalte wird mit einfachen Lösungen reagiert:
Wikipedia hat geschrieben:Populismus (lat.: populus, „Volk“) bezeichnet eine um „Nähe zum Volk“ bemühte Politik, die Unzufriedenheit, Ressentiments, Ängste, Hoffnung und aktuelle Konflikte ausdrückt und instrumentalisiert, indem sie Gefühle anspricht und einfache Lösungen vorstellt.

Populistische Bewegungen entstehen oft in Phasen raschen gesellschaftlichen Wandels und sind an eine charismatische Persönlichkeit gebunden. Als Populismus werden auch bestimmte Mobilisierungs- und Konsenssicherungsstrategien politischer Eliten sowie einzelner Führungspersonen bezeichnet. Zentraler Bestandteil solcher Strategien ist die Proklamation politisch relevanter Gewissheiten, existentieller Befindlichkeiten und Selbstverständlichkeiten oder „Wahrheiten“ nationaler, moralischer oder ökonomischer Art, wobei unterstellt oder zumindest behauptet wird, dass sie im Alltagsbewusstsein der Bevölkerungsmehrheit vorliegen und daher einer rationalen Erörterung und Begründung nicht bedürfen.
https://de.wikipedia.org/wiki/Populismus


Eine einfache These soll in etwas dasselbe bedeuten: Einfach meint, nicht komplex.
Beachte: Nicht jede einfache These ist fundamentalistisch, aber Fundamentalismus reduziert komplexe Sachberhalte immer auf unterkomplexe Erklärungen.

Eine exotische These soll bedeuten, dass sie den meisten etwas wirr oder außergewöhnlich erscheint. In Kreisen von Verschwörungstehoretikern findet man diese Muster immer wieder, die Banales mit der argwöhnischen Frage: „Ist es nicht komisch, dass …?“ verbinden und nicht davor zurückschrecken mitunter skurrile Elemente in ihre Argumentation einzubauen, wie z.B. dass Hilter von einer Ufoflotte evakuiert worden sei.

Lumen hat geschrieben:Der "schleichende Übergang" bezieht sich auf Fundamentalismus -- verstanden. Sind einfachere, exotischere, oder populärer Thesen dem schleichenden Übergang zuträglich? Könnte ja sein, dass der Autor das findet.
Ja, natürlich.

Einfache Antworten auf komplexe Frage sind ein typisches Element regressiver Phänomene.
Mit Regression ist hierbei der Rückfall oder Rückgriff auf eine Lösungsstrategie gemeint, die eigentlich schon überwunden wurde, die in Zeiten von Stress oder unter dem Eindruck von Masseneffekten oder intimen Zweierbeziehungen immer wieder auftreten.

Eine alternative Möglichkeit besteht darin, dass jemand nie die Phase einer Differenzierung die über schwarz/weiß, gut/böse, dafür/dagegen, entweder/oder hinaus erreicht hat.
Diese Phänomene sind allle gute untersucht und wenn es Dich interessiert schreibe ich Dir da gerne mehr zu oder nenne Dir einige Quellen, frag einfach nach, wenn Du Bedarf hast.

Lumen hat geschrieben:Da es konkret um Atheismus geht, inwiefern ist der einfach, populär oder exotisch? Ohne schleichdenen Eingang in den Fundamentalismus geht es da schon nicht weiter. Das düfte ein Klacks sein, das für mich zu erläutern :)
In der simplifizierenden = einfachen, unterkomplexen Antwort, dass die Welt viel besser wäre, wenn es keine Religionen gäbe, die von Dir immer und immer wieder, mit den üblichen Blut und Sperma Bildern ausgeschmückt, in eher boulevardesker als seriöser Weise präsentiert wird. Das diese stimmungsanheizenden Einschübe obendrein diskursmordend sind, sei noch miterwähnt.

Was den atheistischen Fundamentalismus angeht, werden hier meine ersten beiden Kriterien (Du hast ja noch keine gefunden, also nehme ich so lange meine) bedient:

1) Religion wird a priori und ausschließlich als Problem, Krankheit, Störung... interpretiert und sämtliche positiven Aspekte der Religion werden ausgeblendet oder es wird von Fundamentalisten geleugnet, dass es überhaupt welche gibt.

2) In Fällen in denen Religion (oder deren Interpretation) tatsächlich als problematisch, aggressiv, intolerant oder destruktiv angesehen wird, wird nicht ausreichend geforscht, ob Religion die Ursache oder Teil einer anderen Ursache ist. Ferner wird nicht differenziert, wo Religion die Quelle ist und wo sie instrumentalisiert wird.

Zu 2) hast Du Dich nie geäußert.

Zu 1) gab es einmal die Frage von Dir:

„1. Was ist der positive Nutzen von Religion?“ (Lumen)

Meine stichwortartige Antwort darauf war:

„- Ermöglichung demographischer Stabilität
- Resilienz
- Hohe Funktionalität (derzeit versucht man der Religion ihren Mechanismus abzulauschen, da man ihn als erfolgreich ansieht, möchte aber nach Möglichlicht nicht religiösen werden müssen)
- Sinngebung und Orientierung
- Soziale Bindung

Es gibt weitere Punkte, aber das soll erst mal reichen.“

Du fandest es nicht für nötig, darauf weiter einzugehen. Was darf ich daraus ableiten?

a) Du stimmst zu?
b) Du hast eine Frage gestellt, deren Bentwortung Dich überhaupt nicht interessiert? (Falls ja: Warum tust Du das?)
c) Du hast es überlesen?
d) Die Antort überfordert Dich und Du weichst ihr aus?
e) Alternative Möglichkeit? (dann bitte erläutern)

Dann noch ein Frage:
Warum hast Du diesen Thread eröffnet.
Es wäre nett, wenn Du als Gegenleistung auf mein Bemühen Deine Fragen zu beantworten auch mal den scheuen Versuch unternähmest Farbe zu bekennen.
von Vollbreit
Fr 21. Feb 2014, 08:30
 
Forum: Religion & Spiritualität
Thema: „Atheistischer Fundamentalismus“
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Dr Fraggles hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das mag sein, es gibt gewiss viele Systeme und Konstellationen, die zur Gewalt führen, da kann man zig Kronzeugen benennen.
Gewiss. Aber es gebe eben auch zumindest das Bemühen auf solche Aspekte zu verzichten.
Klar, das sehe ich genauso.
Es ist in meine Augen einfach eine Kosten-Nutzen-Frage. Was bringt etwas und was schadet es? Die Antwort der atheistischen Fundamentalisten, dass Religion einfach überhaupt nichts bringt und nur schadet ist einfach nicht wahnsinnig überzeugend, weil es die Frage aufwirft, warum dann auch Menschen ohne Not religiös sind.
A priori eine pathologische Störung, Verblendung oder Verschlagenheit zu diagnostizieren ist empirisch falsch und logisch eine petitio principii, also auch falsch.

Aber das deckt sich mit meinen Punkten 1) und 2) soweit ich das sehe:
1) Religion wird a priori und ausschließlich als Problem, Krankheit, Störung... interpretiert und sämtliche positiven Aspekte der Religion werden ausgeblendet oder es wird von Fundamentalisten geleugnet, dass es überhaupt welche gibt.

2) In Fällen in denen Religion (oder deren Interpretation) tatsächlich als problematisch, aggressiv, intolerant oder destruktiv angesehen wird, wird nicht ausreichend geforscht, ob Religion die Ursache oder Teil einer anderen Ursache ist. Ferner wird nicht differenziert, wo Religion die Quelle ist und wo sie instrumentalisiert wird.


Zu 1) könnte man kritisch fragen, was das denn für positive Aspekte der Religion sind und ich glaube, dass man da fündig wird.
Fundamentalistische Atheisten, finden da regelmäßig nichts (und wissen auch vorher schon, dass sie nichts finden – und ihre Kritiker wissen es auch, da sie wissen, dass sie nichts finden wollen) und wehren sich mit Zähnen und Klauen gegen alles, was moderate und diskursfähige Atheisten, wie Nanna, spielend finden und wittern sofort die Intrige.

Zu 2) könnte man fragen, wo Religion Ursache von Missständen ist (sozusagen am Anfang der Kausalkette steht), wo Religion instrumentalisiert wird (als Begründung für andere Ursache herhalten muss) und wo sich einfach zwei Phänomene überlappen oder korrelieren. Das kann man klären und fundamentalistische Atheisten haben kein Interesse daran hier zu differenzieren, denn für sie ist klar: Wo Religion drauf steht ist auch immer Blut und Sperma drin.

Dr Fraggles hat geschrieben:Diesen Gesichtspunkt habe ich expliziert gefunden bei G.Knapp "Der antimetaphysische Mensch" und bei W. Schröder "Moralischer Nihilismus". Ja, das ist in etwa die Begründung: Einsicht in die geschichtliche Notwendigkeit. Wo findet man heute noch orthodoxe Marxisten?
In Internetforen.

Dr Fraggles hat geschrieben:Na ja, die Belastung wie auch Entlastung hinge wohl ab von der Bandbreite der als gültig erachteten Interpretationen relevanter Texte.
Richtig, stinknormaler Diskurs. Da gibt es einmal die akademische Variante und dann die Abstimmung mit den Füßen, in den Varianten deutsch, europäisch, weltweit oder außereuropäisch.

Dr Fraggles hat geschrieben:Viele Text können mit dem entsprechenden bösen Blick zugunsten legitimierter Gewalt interpretiert werden.
Natürlich. Viele Akademiker, die sich tatsächlich mit den Thema Religion beschäftigen (so wie Akademiker das gewöhnlich tun sollten, ausgewogen) sehen die Probleme klar vor Augen, oder hast Du einen anderen Eindruck?

Dr Fraggles hat geschrieben:Aber es gibt eben auch Texte welche nur mit interpretativer Gewalt (Hinweis auf potentiell gewalttätige Gesinnung?) entsprechend eigener Interessen (=bewusste aber scheinheilige Verniedlichung von Texten) ausgelegt werden können.
Ja. Ein Problem des Islam ist, dass er vollkommen inhomogen ist und das dort niemand „das letzte Wort“ hat. Der hetzende Imam in Hinterhof hat im Zweifel dasselbe Gewicht, wie ein weiser Gelehrter. Das ist bei den Katholiken anders, selbst wenn die sich großenteils auch von der Obrigkeit abwenden.

Es gibt mehrere Trends. Der deutsche:
Die Südddeutsche Zeitung hat geschrieben:„Kein Sex vor der Ehe, Verhütungsmittel sind tabu, Enthaltsamkeit für Priester: Sind die Positionen der katholischen Kirche zu Sexualität und Familie noch zeitgemäß? ...
Explizit wurden die weltweit mehr als 4700 Bischöfe aufgefordert, eine entsprechende Umfrage, die im Oktober 2013 verschickt wurde, auch mit den Gemeindemitgliedern zu besprechen.
...
Bislang haben nur einige Diözesen und Verbände die Ergebnisse der Umfrage veröffentlicht. Dabei war deutlich geworden, dass die Kluft zwischen Lehramt und persönlicher Meinung der Katholiken groß ist. So hatte der Familienbund der Katholiken in Bayern im Dezember mitgeteilt, dass rund 80 Prozent von 1142 Befragten in Verhütung mit Pille und Kondom keine Sünde sehen. Beim Erzbistum Köln hieß es: "Insgesamt wird die Lehre der Kirche als welt- und beziehungsfremd angesehen."“
http://www.sueddeutsche.de/panorama/umf ... -1.1874338


Ein anderer: Es gibt immer mehr Christen auf der Welt, ihre Zahl nimmt täglich zu, die Austritte in Deutschland sind da eher Margianalien.

Ein dritter: Während bei uns die 08/15 Strömungen reihenweise Mitglieder verlieren, gibt es eine bemerkenswerte Ausnahme: Das Opus Dei, eine härtere und geheimere Variante, läuft gegen diesen Trend. Man kann versuchen zu verstehen, warum das so ist.
In dem lesenswerten Buch Die Vermessung des Glaubens, von Ulrich Schnabel, steht die Antwort. Hohe Hürden und Anforderungen werden als attraktiv wahrgenommen, ein Club wo anstrengungslos jeder Mitglied werden kann, wirkt unattraktiv. (Wenn der dann auch noch ständig skandalumwittert ist, macht ihn das nicht attraktiver, das merkt sogar der ADAC gerade.) Menschen wollen was Besonderes sein, es muss sich schon lohnen mitzumachen, man will eben ein bisschen besser sein, Opus Dei eben oder ein Bright, die mit diesem Bessersein spielen ohne sich letztlich wirklich dazu zu bekennen.

Dr Fraggles hat geschrieben:Wer z.B. negiert dass das AT frei von Aufrufen seitens Gottes zu Völkermord ist, der kann solches nur unter Verdrehung des offensichtlichen Sinnes des Wortlautes tun (wie war das noch mit der Verbalinspiration?).
Die Frage nach dem Gründungsmythos ist immer schwierig, das stimmt.
An die Jungfrauengeburt und das geteilte Meer, kann man im Grunde als Mensch des 21.Jahrhunderts auch nicht mehr ernsthaft glauben, weshalb es auch die wenigsten (bei uns, woanders sieht das anders aus) tun.
Die Frage ist, in welchem Maße sind die praktizierenden Christen tatsächlich mit allen Facetten mit ihrer heiligen Schrift identifiziert und müssen sie es sein. Kennst Du jemanden, der in die Wüste geht um einen Widder zu schlachten? Das macht noch nicht mal ein Kardinal und niemand nimmt es ihm krumm, steht aber in der Bibel.
Mit anderen Worten, ein Großteil der Kritik der atheistischen Fundamentalisten beschwört Szenarien und Zustände, die keiner anstrebt, auch Kardinäle schlachten keine Widder.
Aber Scheiterhaufen würden alle Christen dieser Welt sofort wieder errichten, wenn man sie nur ließe und nur der unermüdliche Widerstand der Kämpfer für die gute und gerechte Sache des Atheismus, hält sie davon ab, davon sind atheistische Fundamentalisten überzeugt.
Und wenn jemand daher kommt und sagt: „Aber ich will, gar keine Scheiterhaufen bauen und auch die Inquisition nicht wieder einführen“, dann weiß der atheistische Fundamentalist, dass dies nur eine Verschleierungstaktik sein kann, was sonst?
Denn das weiß er auch: Wer etwas behauptet, meint das Gegenteil davon, jedenfalls wenn er religiös ist.
Was er nicht weiß, ist, dass er in einer Projektion (genauer: eine projektiven Identifikation – siehe auch: http://www.psyheu.de/6484/projektion-ps ... chanismus/) gefangen ist. Aber das will er auch nicht wissen und jeder Deutung seines Fundamentalismus ist natürlich nur ein erneuter, perfider Trick der Gegenseite, die mit allen Mitteln kämpft. Darum sind die Harmlosesten auf die Schlimmsten und die Daumenschrauben der Paranoia werden immer ein wenig enger gezogen.
Die psychische Paranoia korrespondiert hier mit dem logischen Fehlschluss der petitio principii, m.E. ist es einfach die kognitive Komponente des Gesamtphänomens, das aber, wie so oft, ein gleitendes Kontinuum darstellt, das um Gesunden beginnt und im Hochpathologsichen endet.
von Vollbreit
Di 4. Feb 2014, 12:58
 
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