Die Prophetenkrankheit

Die Prophetenkrankheit

Beitragvon JoSc » Fr 25. Jan 2013, 17:51

Hallo,
schon als ich in der ersten Klasse war und zum Religionsunterricht gezwungen wurde, kamen mir die Geschichten die mir erzählt wurden sehr unglaubwürdig vor. Als mir nahegelegt wurde den Konfirmationsunterricht zu besuchen, nahm ich mir vor, die Bibel einmal ganz durchzulesen, was ich nie geschafft habe, da es mir je mehr ich las immer nur noch absurder vorkam. So habe ich mich nicht konfirmieren lassen und bin später aus der Kirche ausgetreten. Dennoch meinte ich als Teenager noch kurze Zeit, dass es doch so etwas wie "die wahre Religion" geben müsse. Ich kaufte mir eine Ausgabe des Korans als gelbes Reklam-Heftchen und kam nach wenigen Suren zu dem Schluss: Dieser Mensch muss wohl geisteskrank gewesen sein.

Ok, das ist keine besondere Erkenntnis. Das dachten auch zu Lebzeiten Mohammeds und über die Jahrhunderte viele, auch wenn es damals den Begriff "geisteskrank" in der Art wie wir in heute verstehen nicht gab.

Und so schmiss ich den Koran wie auch die Bibel zuvor in die Tonne. Das bedeutet aber nicht, dass ich irgend ein Problem mit meinen christlichen und muslimischen Kumpels und Bekannten hatte - und bis heute auch nicht habe. Ich glaube ganz einfach nicht und bin, "dem Universum sie dank", in der Lage meine eigenen Standpunkte kritisch zu hinterfragen, kann mich je nach Wissensstand immer wieder neu positionieren und pfeife auf Dogmen.

Angesichts der Ereignisse in Mali stellt sich wiedermal unter anderem die Frage: Was war das eigentlich für ein Mensch, der (angeblich) so vielen als Vorbild dient und manchen die moralische Rechtfertigung liefert ekelhafteste Verbrechen zu begehen? Ich lese soweit ich die Zeit habe ganz gerne auf den Seiten des humanistischen Pressedienst und fand zufällig die Rezension eines kleinen Büchleins: http://hpd.de/node/11816
Kurz gesagt es scheint zu bestätigen was ich immer schon dachte, nur dass es von einem (seriösen?) Wissenschaftler formuliert wurde.

Ich bin etwas erstaunt darüber

- dass dieses Büchlein schon (oder erst) 2011 erschienen ist.
- dass der Autor trotzdem immer noch lebt.
- dass es von gpd/gbs erwähnt wird,
- aber sonst nur noch im PI-, xenophoben, rechten, antisemitischen, moslemfeindlichen und sonstigem menschenfeindlichen Spektrum Beachtung findet.

Wenigsten ergibt sich der Eindruck wenn man über eine Suchmaschine nach dem Titel des Buches sucht.

Ist das Buch so schlecht?
Interessieren sich Christen und andere Religiöse für sowas nicht weil sie sich sonst mit ihren Messiassen kritisch auseinandersetzen müssten?
Wie auch immer … ich habe das Buch noch nciht gelesen.
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Re: Die Prophetenkrankheit

Beitragvon mat-in » Fr 25. Jan 2013, 17:58

Ich hab es nicht gelesen, weil man es nur noch beim Verlag direkt bekam, als ich mich dafür interessierte... und dann waren Kosten + Versandkosten ziemlich hoch um was zu lesen dem ich wahrscheinlich 90% der Zeit nickend zustimmen werde.
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Re: Die Prophetenkrankheit

Beitragvon Vollbreit » Fr 25. Jan 2013, 18:05

JoSc hat geschrieben:Ich bin etwas erstaunt darüber

- dass dieses Büchlein schon (oder erst) 2011 erschienen ist.
- dass der Autor trotzdem immer noch lebt.
- dass es von gpd/gbs erwähnt wird,
- aber sonst nur noch im PI-, xenophoben, rechten, antisemitischen, moslemfeindlichen und sonstigem menschenfeindlichen Spektrum Beachtung findet.

Wenigsten ergibt sich der Eindruck wenn man über eine Suchmaschine nach dem Titel des Buches sucht.

Ist das Buch so schlecht?
Interessieren sich Christen und andere Religiöse für sowas nicht weil sie sich sonst mit ihren Messiassen kritisch auseinandersetzen müssten?
Wie auch immer … ich habe das Buch noch nciht gelesen.


Ich kenne das Buch auch nicht, aber diese Thesen sind keineswegs neu, sondern ein alter Hut.
Stanislav Grof beschriebt in "Die stürmische Suche nach dem Selbst", dass dieses Denken in der CSSR, in der er aufwuchs, gerade unter Psychiatern (er ist Psychiater) Volkssport war. Jedem Heiligen wurde eine psychiatrische Diagnose angedichtet, auch in Deutschlang findet man diesen Trend.

Eigentlich ist das Thema ziemlich ausgelutscht, Extremisten fahren dennoch drauf ab, weil es ihr Weltbild bestätigt.
Einen sensibleren Umgang mit der Thematik findest Du bspw. bei Oliver Sacks in seinem Buch "Mirgäne".
In diesen undifferenzierten Formen, darfst Du diese Diagnosen guten Gewissens als fragwürdig ansehen.
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Re: Die Prophetenkrankheit

Beitragvon Myron » Fr 25. Jan 2013, 20:44

JoSc hat geschrieben:Angesichts der Ereignisse in Mali stellt sich wiedermal unter anderem die Frage: Was war das eigentlich für ein Mensch, der (angeblich) so vielen als Vorbild dient und manchen die moralische Rechtfertigung liefert ekelhafteste Verbrechen zu begehen? Ich lese soweit ich die Zeit habe ganz gerne auf den Seiten des humanistischen Pressedienst und fand zufällig die Rezension eines kleinen Büchleins: http://hpd.de/node/11816
Kurz gesagt es scheint zu bestätigen was ich immer schon dachte, nur dass es von einem (seriösen?) Wissenschaftler formuliert wurde.


Die Behauptung, Mohammed sei nicht ganz richtig im Kopf gewesen, ist keineswegs neu.

"Eines der ältesten byzantinischen historischen Werke, die über Mohammed berichten, ist die 'Chronographia' von Theophanes Confessor († 817), die ihrerseits im Abendland schon sehr bald durch die lateinische Übersetzung des Anastasius Bibliothecarius († um 879) bekannt wurde. Darin heißt es von Mohammed, dass er an der 'Fallsucht', also der Epilepsie litt. Epilepsie galt bei den alten Griechen als 'heilige Krankheit'; später wurde sie zwar als natürliche Krankheit angesehen, war jedoch gleichwohl mit einem negativen Stigma behaftet. Im europäischen Mittelalter hielt man sie für eine von Dämonen hervorgerufene Krankheit, die aber von Gott zur Prüfung oder Strafe eines Menschen geschickt sein konnte. Im Zusammenhang mit Mohammed wurde die Epilepsie-Behauptung ganz überwiegend negativ verwendet.

Nun hat das Auftreten von Propheten und die auffällige Art ihres Offenbarungsempfanges durch Auditionen oder Visionen im Zusammenspiel mit besonderen Erregungszuständen immer wieder dazu herausgefordert, medizinische bzw. psychologische Erklärungen dafür zu suchen. Sowohl für alttestamentliche Propheten wie Hosea oder Ezechiel als auch für Mohammed ist aber stark zu bezweifeln, ob das vorhandene Textmaterial dazu ausreicht, ein genaues Psychogramm zu gewinnen. Im Übrigen ist zu bedenken, dass damit für die Beantwortung der Frage nach der Wahrheit der eigentlichen Botschaft nicht viel gewonnen wäre."


(Bobzin, Hartmut. Mohammed. 2. Aufl. München: C.H.Beck, 2002. S. 14-5)
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Re: Die Prophetenkrankheit

Beitragvon Vollbreit » Fr 25. Jan 2013, 21:09

Obendrein ist es zu billig und bequem (und im Fall der Faschos und anderer Arschgeigen zu vorhersehbar), mit der vermeintlichen Pathologie von jemandem Politik machen zu wollen.

Wenn man mal schaut, welche Denker, Wissenschaftler, Politiker, Menschen, die wir heute hoch verehren, mehr oder weniger stark (meistens mehr) psychisch krank waren, man würde sich umschauen.
An der Spitze unser Wirtschaft sitzen todsicher etliche mit einer harten narzisstischen Pathologie, mit antisozialen Zügen. War Gandhi nun ein Held oder ein Querulant? Kennedy zugedröhnt mit härtesten Schmerzmitteln, Willi Weinbrandt war für seine Depressionen bekannt, der dicke Helmuth hat sein Ehrenwort über das Gesetz gestellt, das ist super, aber eher in der Mafia als in einer Demokratie und und und.
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Re: Die Prophetenkrankheit

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 30. Mär 2013, 13:12

Sobald eine naturwissenschaftliche, plausible Erklärung für ein solches Phänomen gefunden wird, ist das Reaktionsspektrum der Religiösen absehbar: Leugnung, Empörung, Hass. So oft fordern sie einen heraus, indem sie fragen, wie das "die Wissenschaft" denn erkläre. Sobald eine Antwort wie "Epilepsie" folgt, gibts Ärger.
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