Marx und der Kommunismus

Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 00:43

Hallo zusammen. Interessantes Forum und interessante Themen hier, könnte mir gefallen. :up:
Zu Marx & Kommunismus hab ich aber noch nichts wesentliches gefunden und darum nun dieser Thread.

Marx interessiert mich, weil ich bisher keine Theorie gefunden habe, welche den Kapitalismus besser erklärt und damit auch die Grundlage liefert wie man ihn abschaffen kann und erläutert was die Ursache für die ganzen Probleme wie Ausbeutung, Krisen, Naturzerstörung usw. ist. Es gibt mittlerweile eine ziemlich gute Zusammenfassung des Marxschen Kapital, das im Orginal mit über 2500 Seiten doch recht umfassend ist. Verständlich geschrieben, dennoch wissenschaftlich korrekt und daher jetzt schon ein halber Klassiker:
Michael Heinrich - Kritik der politischen Ökonomie - Eine Einführung (240 S./10€)
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Komplett online: PDF oder direkter Text
Zum Überblick außerdem sehr gut:
Ingo Elbe "Zwischen Marx, Marxismus und Marxismen. Lesarten der Marxschen Theorie"
Text: http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Zwisch ... s-und.html
Audio-Vortrag: http://audioarchiv.blogsport.de/2009/10 ... -lesarten/

Mir gehts vor allem darum zu betonen, dass der Kapitalismus nicht so scheiße ist, weil die Menschen so egoistisch sind, sondern andersrum. Diese Strukturen belohnen bestimmte Dinge und bestrafen andere, wodurch die Menschen wie Marx sagt nur als "Charaktermasken" und "Personifikationen ökonomischer Kategorien" gelten. Entsprechend müsste man in erster Linie die Strukturen und Anreize ändern anstatt den Menschen. Eine Vorstellung von Kommunismus, in welcher alle nur möglichst altruistisch sein müssten widerspricht insofern dem Marxschen Ansatz fundamental.

Ein verbreitetes Missverständnis besteht darin, Marx habe ein sozialistisches System entworfen.
"Statt unnütze Systeme für das Wohl der Völker aufzustellen, will ich mich darauf beschränken, die Gründe ihres Unglücks zu untersuchen."(Marx)
Nur ein vorgefertigtes Konzept zu entwerfen oder irgendwelche Gesetze festzulegen nachdenen sich die Menschen zu richten hätten, käme "mit Nothwendigkeit dahin, die Gesellschaft in zwei Theile zu sondern, von denen der eine über der Gesellschaft erhaben ist." (Marx)
Der eine Teil der schon bescheid wisse und die Masse, die nur noch dazu gebracht werden muss dem zu folgen. Genau wie das dann Doktrin des Marxismus-Leninismus(ML) als Ideologie des "Realsozialismus" wurde.
Marx zeigt zentral, dass Kategorien wie Wert, Ware, Geld, Kapital & Staat nicht natürlich, sondern historisch hervorgebracht und somit abschaffbar sind. Außerdem zeigt er deren inneren notwendigen Zusammenhang auf und die Unmöglichkeit einzelne herauszugreifen und in emanzipatorischer Absicht gegen andere auszuspielen. Weder macht eine Warenproduktion ohne Geld Sinn (Proudhon & co), noch eine Marktwirtschaft ohne Zins (Freiwirtschaft) oder eine staatstotalitäre Kommandowirtschaft bzw. ein Staat ohne Markt (ML & co). Es reicht insofern nicht, an einzelne Faktoren heranzugehen, sondern die Funktionweise selbst muss verändert werden. Wohlgemerkt die Art und Weise der Vergesellschaftung muss sich ändern, nicht die Menschen, welchen die Rationalität durch die Verhältnisse weitgehend vorgegeben wird.

"Die Kommunisten predigen überhaupt keine Moral. [...] Sie stellen nicht die moralische Forderung an die Menschen: Liebet Euch untereinander, seid keine Egoisten usw.; sie wissen im Gegenteil sehr gut, dass der Egoismus ebenso wie die Aufopferung eine unter bestimmten Verhältnissen notwendige Form der Durchsetzung der Individuen ist." (Marx)


Grüße
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Mark » Fr 13. Aug 2010, 01:23

Womit substituiert man Gier ? Was hat eine Motivationskraft die an die Gier heranreicht ?
Das wollen durch ein müssen ersetzen klappt nicht.. also wie bringt man Millionen Menschen einer pluralistischen Gesellschaft dazu ohne Gier genauso viel Motivation und Kreativität in ihre Profession zu stecken ?
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 01:47

Mark hat geschrieben:Womit substituiert man Gier ? Was hat eine Motivationskraft die an die Gier heranreicht ?
Das wollen durch ein müssen ersetzen klappt nicht.. also wie bringt man Millionen Menschen einer pluralistischen Gesellschaft dazu ohne Gier genauso viel Motivation und Kreativität in ihre Profession zu stecken ?

1. Wo liest du heraus, Marx oder Ich wolle die Gier abschaffen?
2. Ist Gier eine menschliche Eigenschaft, die man imho nicht abschaffen kann.
3. Basiert der Kapitalismus nicht auf Gier, sondern auf privater Produktion, strukturellem Wachstumszwang etc.
4. Würde ich bzgl. Motivationskraft eher vom Leistungsprinzip reden, das nach Marx im Kommunismus überhaupt erst verwirklicht werden kann, indem die Ausbeutung abgeschafft wird. Perspektivisch sollte es jedoch überflüssig(!) gemacht werden. Dass die Leninisten das mit staatlich verordneter Gleichmacherei verwechselt haben und andere wiederum mit Altruismus ist ne andere Sache.
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Mark » Fr 13. Aug 2010, 02:01

Ja woraus konkret bestehen denn Deine Vorstellungen ? Was anders machen als jetzt ?
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 02:16

Mark hat geschrieben:Ja woraus konkret bestehen denn Deine Vorstellungen ? Was anders machen als jetzt ?

Erstmal das System mit Marx verstehen d.h. begreifen, dass Probleme wie Ausbeutung, Krisen, Naturzerstörung, Wachstumszwang etc. unmittelbar in der Marktwirtschaft wurzeln. Dann den Zusammenhang und die historische Spezifik von Kategorien wie Wert, Ware, Geld etc. begreifen.
Dann nach Vermittlungsformen jenseits von Privatproduktion, Staat & Warentausch suchen. Ich denke da etwa an Gemeineigentum an Produktionsmitteln, rätedemokratische kollektive Selbstverwaltung & bewusste Aufwandsteilung. Es macht aber nur Sinn sowas zu diskutieren, wenn man sich in Analyse & Kritik einig ist. Die konkreten Formen lassen sich ohnehin nur in der Praxis entwickeln. Historische Anknüpfungspunkte wären bspw. die Anarchisten in Spanien[1] und der Ukraine[2].
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Bionic » Fr 13. Aug 2010, 02:24

n0b0dy hat geschrieben:Marx interessiert mich, weil ich bisher keine Theorie gefunden habe, welche den Kapitalismus besser erklärt und damit auch die Grundlage liefert wie man ihn abschaffen kann und erläutert was die Ursache für die ganzen Probleme wie Ausbeutung, Krisen, Naturzerstörung usw. ist.

Diese Dinge gab es aber ohne den Kapitalismus auch. Ich will damit keineswegs diesen beschönigen! Kommunismus hat nicht funktioniert, dessen Bekämpfung war richtig. Was natürlich nicht heißt, dass deshalb der Kapitalismus richtig ist. Was wären denn deine Vorstellungen, von einer besseren Welt? Dann hätte wir mal eine Grundlage, zum Diskutieren.
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 02:43

Bionic hat geschrieben:
n0b0dy hat geschrieben:Marx interessiert mich, weil ich bisher keine Theorie gefunden habe, welche den Kapitalismus besser erklärt und damit auch die Grundlage liefert wie man ihn abschaffen kann und erläutert was die Ursache für die ganzen Probleme wie Ausbeutung, Krisen, Naturzerstörung usw. ist.

Diese Dinge gab es aber ohne den Kapitalismus auch. Ich will damit keineswegs diesen beschönigen! Kommunismus hat nicht funktioniert, dessen Bekämpfung war richtig. Was natürlich nicht heißt, dass deshalb der Kapitalismus richtig ist. Was wären denn deine Vorstellungen, von einer besseren Welt? Dann hätte wir mal eine Grundlage, zum Diskutieren.

Ausbeutung gabs auch im Feudalismus und auch im "Realsozialismus". Allerdings war dies weitgehend direkt gewaltförmige Aneignung und personale Herrschaft & Ausbeutung, während die Ausbeutung im Kapitalismus tauschvermittelt ist und somit strukturell & anonym. Sollte möglichst beides verhindert werden, glaube da sind wir uns einig. :)
Krisen gab es auch vor dem Kapitalismus oder im Realsozialismus. Allerdings gab es sie dort nicht systemimmanent und zyklisch, sondern aufgrund bestimmter Missernten, Umwelteinflüssen, Ineffizienz zentralstaatlicher Planung. Vor allem war es eine Krise aufgrund fehlender Gebrauchswerte. Krise im Kapitalismus heißt aber nicht, dass etwa 100.000 Menschen täglich verrecken, sondern dass alle paar Jahre die Kapitalverwertung nicht mehr funktioniert, Kapital vernichtet werden muss und so zyklisch die Arbeitslosigkeit schwankt und eine enorme Unsicherheit die Gesellschaft durchzieht.
Für Naturzerstörung gibt es selbst im Kommunismus nach Marx keine Garantie, dass dies nicht passiert, aber es gäbe im Gegensatz zu heute, wo die Produktion und damit Mensch & Natur der Kapitalverwertung untergeordnet sind, keinen systemischen Grund die Natur zu zerstören.
Ich glaube nicht, dass ich den Masterplan für ne bessere Welt habe, aber ich glaube man kann ausgehend von der Marxschen Theorie einige Grundprinzipien ableiten. So etwa dass das Privateigentum an Produktionsmitteln immer die Trennung in Lohnabhängige und Kapitalisten bedeutet und damit auch Ausbeutung und leistungslose Kapitaleinkommen. Eine Alternative wäre Gemeineigentum.
Dann ist zudem die Trennung von Ökonomie & Staat spezifisches Phänomen des Kapitalismus, da der gesellschaftliche Zusammenhang der Arbeiten & Produkte sachlich vermittelt ist und so auch die Tendenz zur Verselbstständigung & Krisenhaftigkeit in sich trägt. Die Zwangsgewalt zur Sicherung dieser Verhältnisse muss also außerökonomisch situiert sein. Insofern müsste man nach Formen suchen, um den Staat in die Gesellschaft zurückzunehmen wie Marx es formuliert hat und die chaotischen krisenhaften Verhältnisse der bewussten Kontrolle der Menschen zu unterwerfen ohne neue Herrschaftsformen entstehen zu lassen. Eine Form, die sich in den historischen Kämpfen entwickelt hat und von welcher ausgehend neue Organisationsformen und Vermittlungsformen entwickelt werden könnten ist die Form der Räte. Die Pariser Commune die diesbzgl. als Prototyp gilt, betrachtete Marx ziemlich euphorisch. Es lohnt sich mal die Zitate dazu durchzustöbern:
"Die Kommune war eine Revolution gegen den Staat selbst, gegen diese übernatürliche Fehlgeburt der Gesellschaft" (MEW 17, 541f.)
http://www.marx-forum.de/marx-lexikon/l ... mmune.html
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Bionic » Fr 13. Aug 2010, 02:52

Ich halte Ausbeutung nicht für gut, bin mir aber nicht sicher, ob sie nich notwendig ist, für einen gewissen Wohlstand. Ich sehe den Besitz als recht fragwürdig. Ich finde es sollte eher nur noch Nutzungsrechte geben. Siehst du das Geld selbst als kritisch an?
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 03:10

Bionic hat geschrieben:Ich halte Ausbeutung nicht für gut, bin mir aber nicht sicher, ob sie nich notwendig ist, für einen gewissen Wohlstand. Ich sehe den Besitz als recht fragwürdig. Ich finde es sollte eher nur noch Nutzungsrechte geben. Siehst du das Geld selbst als kritisch an?

Ich denke, das Leistungsprinzip ist notwendig für einen gewissen Wohlstand. Für Ausbeutung fällt mir dabei kein Grund ein. Besitz sehe ich nicht als problematisch. Eigentum in bestimmen Formen aber durchaus. Diese begriffliche Trennung ist ziemlich wichtig. Wie gesagt ist Privateigentum an Produktionsmitteln Grundlage der Klassentrennung im Kapitalismus und muss daher weg. Das Geld sehe ich tatsächlich als sehr kritisch an, da es zur Privatproduktion und damit zur Warenproduktion, zum Tausch, zur Marktwirtschaft untrennbar dazugehört. Es gibt aber durchaus Möglichkeiten der Leistungskopplung jenseits privater Produktion wie etwa bewusste Aufwandsteilung. Marx verdeutlicht den Unterschied, indem er den Frühsozialist Owen vom frühen Anarchist Proudhon abgrenzt. Letzterer wollte das Geld abschaffen und gleichzeitig jedoch die Warenproduktion d.h. den Tausch aufrechterhalten, was Marx in der Wertformanalyse als Unmöglichkeit dechiffriert. Nun also Marx:
"Hier sei noch bemerkt, daß z.B. das Owensche "Arbeitsgeld" ebensowenig "Geld" ist wie etwa eine Theatermarke.(!) Owen setzt unmittelbar vergesellschaftete Arbeit voraus, eine der Warenproduktion diametral entgegengesetzte Produktionsform. Das Arbeitszertifikat konstatiert nur den individuellen Anteil des Produzenten an der Gemeinarbeit und seinen individuellen Anspruch auf den zur Konsumtion bestimmten Teil des Gemeinprodukts.(!) Aber es fällt Owen nicht ein [Anm.: im Gegensatz zu Proudhon], die Warenproduktion vorauszusetzen und dennoch ihre notwendigen Bedingungen durch Geldpfuschereien umgehen zu wollen."

Es ist jedoch wichtig, die Arbeitszeit nicht empirisch zu verstehen, da konkrete Arbeit nicht wertschaffend ist. Das meinte aber Engels und der Leninismus, was durch die simplifizierende Vorstellung auch die Möglichkeit einer zentralstaatlichen Planung nahelegt und absolute Gleichmacherei bedeutet. Im Rahmen der Neuen Marx-Lektüre seit den 60ern wurde erstmals die Methode verstanden, die Marx im Kapital anwendet. Das auszuführen würde hier nun den Rahmen sprengen. Jedenfalls hat das auch Auswirkungen auf die Vorstellung von Arbeitszeit im Kommunismus. Dazu Ingo Elbe, einer der wichtigsten Vertreter der NML:
"Zwar fordert auch Marx für den Kommunismus eine „Ökonomie der Zeit sowohl wie planmäßige Verteilung der Arbeitszeit auf die verschiednen Zweige der Produktion“. [60] Für ihn ist diese „jedoch wesentlich verschieden vom Messen der Tauschwerte (Arbeiten oder Arbeitsprodukte) durch die Arbeitszeit.“ [61] Arbeitszeit im Kommunismus stellt eine subjektive Abstraktion dar, die an konkreten Arbeiten vorgenommen wird und der vergesellschaftungsrelevanten Fähigkeits- und Bedürfnisartikulation nachgeordnet ist. Arbeitszeit ist hier eine bloße Nominalabstraktion, die zur normspezifischen Einteilung der Arbeiten dient: „die Arbeiten sind als ungleiche nach der Zeit eingeteilt – nicht als gleiche an der Zeit ‚gemessen’.“ [62]"
http://www.rote-ruhr-uni.com/cms/Marx-v ... e-und.html
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Bionic » Fr 13. Aug 2010, 03:29

Du schreibst mir etwas zu kompliziert. Ich hab mitlerweile gelernt dass eigentlich alles in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen sollte. Geld sollte also eigentlich nicht mehr werden. Ich wäre eben eher für Nutzungsrechte. Damit könnten Stillstände glaub ich, eher verhindert werden. Ich vergleiche das mit einem Fluss. Was hällst du vom bedingungslosen Grundeinkommen? Allzu viele Gedanken hab ich mir aber noch nicht gemacht. Ich wäre mehr für Sozial- statt Gefängnisstrafen.
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 03:46

Bionic hat geschrieben:Du schreibst mir etwas zu kompliziert. Ich hab mitlerweile gelernt dass eigentlich alles in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen sollte. Geld sollte also eigentlich nicht mehr werden. Ich wäre eben eher für Nutzungsrechte. Damit könnten Stillstände glaub ich, eher verhindert werden. Ich vergleiche das mit einem Fluss. Was hällst du vom bedingungslosen Grundeinkommen? Allzu viele Gedanken hab ich mir aber noch nicht gemacht. Ich wäre mehr für Sozial- statt Gefängnisstrafen.

Ich bin ziemlich in der Marxschen Terminologie drinnen und halte meine Argumentation inkl. Zitate auch entsprechend nahe daran, weil ich denke, dass sie sehr präzise ist. Wenn einzelne Begriffe unverständlich sind kann ich sie gern kurz erklären. Ich würde aber generell für ein gewisses Grundverständnis dazu raten selbst mal Marx zu lesen, wie die im Eingangspost verlinkte Zusammenfassung.
Das BGE halte ich nicht für per se gut oder schlecht. Es kommt darauf an, ob die Finanzierung mit einer Umverteilung von oben nach unten verbunden wird, um so die strukturelle Ausbeutung abzumildern. An die Wurzel geht es aber ganz sicher nicht. Geld ist das notwendige allgemeine Äquivalent, in dem die Waren ihre Werte ausdrücken müssen. Hat man private Produktion, so hat man Tausch, hat man Geld, hat man Kapital, hat man Ausbeutung etc.
Das ist eine wesentliche Leistung von Marx diesen inneren SYSTEMzusammenhang aufzuzeigen.
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Zappa » Fr 13. Aug 2010, 17:32

Ich empfehle mal Friedrich A. von Hayek: Der Weg zur Knechtschaft. Das ist natürlich inhaltlich so ziemlich das Gegenteil von dem, was Du dir vorstellst, aber an gegensätzlichen Positionen kann man sich ja gut reiben, gell :mg:

Im Prinzip muss man immer sauber trennen, ob man es mit einem Theoretiker der Krise (u.a. Marx) oder des Idealbildes (u.a. Hayek) des Kapitalismus zu tun hat. Die Wahrheit wird - wie so oft - irgendwo in der Mitte liegen ...

Wenn Du natürlich a priori davon ausgehst, das Kapitalismus schlecht und böse ist, dann würde ich gar nichts darüber lesen. Verwirrt nur :lachtot:
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Fr 13. Aug 2010, 19:11

Zappa hat geschrieben:Ich empfehle mal Friedrich A. von Hayek: Der Weg zur Knechtschaft. Das ist natürlich inhaltlich so ziemlich das Gegenteil von dem, was Du dir vorstellst, aber an gegensätzlichen Positionen kann man sich ja gut reiben, gell :mg:

Laut Wiki widerlegt er dort hauptsächlich die Möglichkeit einer zentralstaatlichen Planung. Nunja das haben Marxisten auch getan und sogar anhand von Marx. Ich bezweifel, dass ich da neue Erkenntnisse erlangen kann. :>
Nettes Zitat dazu:
"Liberty without socialism is privilege, injustice; socialism without liberty is slavery and brutality." ~Mikhail Bakunin (1867)

Ziemlich Abartig bei den Liberalen ist halt, dass sie strukturelle Machtverhältnisse, Herrschaft, Ausbeutung etc. prinzipiell ignorieren.
"Da ein Haushalt immer die Alternative hat, direkt für sich selbst zu produzieren(!), muss er sich ja nicht an dem Austausch beteiligen, es sei denn er profitiert davon. Die Kooperation wird also ohne jeden Zwang erreicht." (Milton Friedman)
Ja natürlich, wer hat schon keine Fabrik im Schrank versteckt.
Fazit: Kapitalismus ist ein Reich der Freiheit. :irre:

Aber es stimmt schon... kennt man bspw. die Neoklassik etwas genauer, so weiß man Marx erst richtig zu schätzen. :)
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 14. Aug 2010, 10:11

n0b0dy hat geschrieben:Laut Wiki widerlegt
:klugscheisser: Kleine Anmerkung: Wiki ist eine serverbasierte Programmart für Webseiten, mit deren Hilfe Webseiten "online" von Benutzern erstellt oder geändert werden können. Es gibt viele Wiki-Programm und (natürlich) noch sehr viel mehr "Wikis", also mit einer Wiki-Software erstellte Web-Projekte.
Welches Wiki meinst du also? :kg:
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Sa 14. Aug 2010, 11:26

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
n0b0dy hat geschrieben:Laut Wiki widerlegt
:klugscheisser: Kleine Anmerkung: Wiki ist eine serverbasierte Programmart für Webseiten, mit deren Hilfe Webseiten "online" von Benutzern erstellt oder geändert werden können. Es gibt viele Wiki-Programm und (natürlich) noch sehr viel mehr "Wikis", also mit einer Wiki-Software erstellte Web-Projekte.
Welches Wiki meinst du also? :kg:

:gott:
http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_ ... .281944.29

Haste zum Thema auch ne Meinung? ;)
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Zappa » Sa 14. Aug 2010, 12:28

n0b0dy hat geschrieben:Laut Wiki widerlegt er dort hauptsächlich die Möglichkeit einer zentralstaatlichen Planung. Nunja das haben Marxisten auch getan und sogar anhand von Marx. Ich bezweifel, dass ich da neue Erkenntnisse erlangen kann. :>


Du willst also einen Sozialismus mit Marktwirtschaft? Oder einen dritten Weg, oder wie soll ich dich verstehen?

Bislang ist für mich die Wahl Marktwirtschaft versus Planwirtschaft und da hat sich die Marktwirtschaft als Modell grade auch in Bezug auf Berücksichtigung menschlicher Interessen um Potenzen als das bessere System erwiesen.

n0b0dy hat geschrieben: Abartig bei den Liberalen ist halt, dass sie strukturelle Machtverhältnisse, Herrschaft, Ausbeutung etc. prinzipiell ignorieren.


Wie kommst Du denn auf die steile These? Die liberale Literatur ist voll von Auseinandersetzungen mit grade diesen Problemen.

Viel gefährlicher sind die Träumer, die meinen strukturelle Machtverhältnisse, Herrschaft, Ausbeutung etc. prinzipiell wegdiskutieren zu können. Wenn etwas an den historischen sozialistisch/marxistisch/kommunistischen Großexperimenten des 20. Jahrhunderts lehrreich war, dann die Erkenntnis das die Ersetzung von Liberalismus durch Kollektivismus zu wesentlich unangenehmeren Herrschaftsverhältnisse führt!
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Sa 14. Aug 2010, 16:46

Zappa hat geschrieben:Du willst also einen Sozialismus mit Marktwirtschaft? Oder einen dritten Weg, oder wie soll ich dich verstehen?

Müsste ich zwischen zentraler Kommandowirtschaft ala DDR und Marktwirtschaft wählen, so wär ich auch für letzteres. Nur macht es die Marktwirtschaft und die strukturelle Ausbeutung kein Stück besser, dass es noch schlechtere Formen gab/gibt wie bspw. direkt-personale Herrschaft/Ausbeutung. Sozialismus mit Marktwirtschaft ist auch Humbug. Sicher wirds noch länger gewisse marktwirtschaftliche Elemente geben, aber langfristig geht dieser Mix nicht gut. Siehe die Versuche eines Marktsozialismus in Jugoslawien/Ungarn. Will man Ausbeutung, Krisenhaftigkeit etc. abschaffen, so geht das nur indem man nicht nur den Markt abschafft, sondern auch den Staat bzw. die Trennung von Ökonomie & Politik. Insofern denke ich durchaus an eine direkte Vergesellschaftung auf Basis von Gemeineigentum an Produktionsmitteln statt isolierter Privatproduktion, an bewusste Aufwandsteilung statt Tausch & Geld und in Tradition der anarchistischen Revolutionen an kollektive Selbstorganisation zur Vermeidung neuer Herrschaftsmechanismen. Dezentrale Strukturen, etwa in Form eines Rätesystems, sind nicht nur demokratietheoretisch unabdingbar, sondern auch bzgl. ökonomischer Effizienz.
Der Staat ist weder unmittelbares Instrument einer Klasse (ML), noch Staat im Kapitalismus (Sozialdemokratie) oder der Hauptfeind jeder Emanzipation (Anarchisten), sondern mit der Neuen Marx-Lektüre als integraler Bestandteil des Kapitalismus zu begreifen. Insofern hat er im Sozialismus nix zu suchen und kann nicht der Akteur der Transformation sein. Er kann jedoch Freiräume schaffen, um die Selbstorganisation und das Entwickeln neuer Vermittlungsformen von unten zu ermöglichen und zu unterstützen. Ein ähnliches Verständnis des Staates hat sich auch in Venezuela in den letzten Jahren entwickelt. Bei aller berechtigten Kritik an Chavez & co ist die Rätebewegung dort mit den zig Tausenden kommunalen Räten und zunehmend auch höheren Ebenen weltweit einmalig. Die konkreten Formen der neuen Gesellschaft können nur in solchen Prozessen von der Basis entwickelt werden.
Allerdings muss immer die jeweilige Situation berücksichtigt werden. Wenn in bspw. in Mexiko die Linkspartei ein korrupter Haufen Volldeppen ist, dann kann auch ein bewaffneter Aufstand wie jener der Zapatiasten zielführend sein, zumindest fürs erste. (siehe Ava ;))
n0b0dy hat geschrieben:Wie kommst Du denn auf die steile These? Die liberale Literatur ist voll von Auseinandersetzungen mit grade diesen Problemen.

Dann schreiben sie offensichtlich nur Unfug, sonst würden auch sie irgendwann mal darauf kommen, dass marktwirtschaftliche Freiheit die Abhängigkeit der Lohnabhängigen gegenüber den Kapitalisten nur verstärkt. Das Friedman-Zitat ist schon sehr bezeichnend find ich. John Locke ist auch noch ganz lustig, wenn er (sinngemäß) meint, dass die Lohnabhängigen doch nicht ihre Arbeitskraft verkaufen müssten, sondern auch unbebautes Land in Amerika bestellen könnten. :kopfwand:
Zappa hat geschrieben:Viel gefährlicher sind die Träumer, die meinen strukturelle Machtverhältnisse, Herrschaft, Ausbeutung etc. prinzipiell wegdiskutieren zu können. Wenn etwas an den historischen sozialistisch/marxistisch/kommunistischen Großexperimenten des 20. Jahrhunderts lehrreich war, dann die Erkenntnis das die Ersetzung von Liberalismus durch Kollektivismus zu wesentlich unangenehmeren Herrschaftsverhältnisse führt!

Ich wär mit solchen Wörtern wie Kollektivismus vorsichtig. Bei den kollektivistischen Anarchisten in Spanien etwa gabs keine Anzeichen für neue geschweige denn schlimmere Herrschaftsformen. Das wirklich fatale an der marxistischen Tradition war die Staatsfixierung, da Marx es nicht mehr geschafft hat ein Staatsverständnis ausgehend von seiner Kapitalismuskritik auszuformulieren. So hat Lenin & co sich dann wesentlich auf die unwissenschaftlichen & autoritären Frühschriften von Marx und einigen Unsinn von Engels bezogen, wollte alle zu Untertanen seines Staatskonzerns machen etc... der Rest ist bekannt.
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Bionic » Sa 14. Aug 2010, 17:10


Ja ich bete Wiki auch an!
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon n0b0dy » Sa 14. Aug 2010, 17:18

Klaus hat geschrieben:
n0b0dy hat geschrieben:Produktionsmittel sind Privateigentum

Welche PM sind Privateigentum? Der Grundwiderspruch des Kapitalismus, nach Marx, ist die zunehmende Vergesellschaftung der Produktion und die privat-kapitalistische Aneignung des Gewinns. Hinzu käme noch die Rolle der Produktivkräfte.

Das isn beliebtes Missverständnis, das soweit ich weiß auch von Engels kommt und nicht von Marx. Bin mir aber nicht mehr ganz sicher. Haste das Zitat grad da? Die Produktion findet nach wie vor privat statt und monopolisiert sich evtl. zunehmend, aber wird sicher nicht vergesellschaftet. Das impliziert so diese leninistische Theorie vonwegen der Kapitalismus bringe die Voraussetzungen des Sozialismus und mann müsse dann nurnoch den Laden übernehmen und alles super. Nur hat Zentralisierung nunmal garnix mit Sozialismus/Kommunismus zu tun.
Klaus hat geschrieben:
n0b0dy hat geschrieben:Wären die Produktionsmittel unter gesellschaftlicher Kontrolle...

ist auch nach Marx nicht erstrebenswert. Wenn du den PM-Begriff richtig verwenden würdest, wäre auch klar warum das nicht so sein kann.
Wenn es um Bedürfnisbefriedigung gänge, würde der private Konsum eine noch viel größere Rolle spielen.

Ist mir komplett unklar, was du damit sagen willst, sry. Gegen Konsum an sich gibts doch nix einzuwenden!?
Klaus hat geschrieben:Marx Analyse der politischen Ökonomie ist exzellent, nur haben Politidioten wie Lenin, Stalin, Ulbricht, Honecker usw. die Befriedigung ihrer persönlichen Bedürfnisse, einschließlich der Sicherung der eigenen persönlichen Macht über Alles gestellt. Kommunismus hat es genau so wenig gegeben wie Sozialismus. Das Wirtschaftssystem der sogenannten "sozialistischen Länder" war nie vom Markt entkoppelt und unterlag damit allen Zyklen die dieser Markt durchgemacht hat.

Sie waren vom Weltmarkt abhängig, hatten aber intern durchaus zumindest zeitweise die Marktwirtschaft durch direkte Zentralplanung ersetzt. Lenin hat Marx vor allem einfach falsch verstanden. Stichwort: logisch-historische Methode
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Re: Marx und der Kommunismus

Beitragvon Zappa » Sa 14. Aug 2010, 17:33

n0b0dy hat geschrieben:Müsste ich zwischen zentraler Kommandowirtschaft ala DDR und Marktwirtschaft wählen, so wär ich auch für letzteres.


Tja und lass dir von einem Mitmenschen sagen: Genau das ist die Entscheidung, die Du treffen musst. Der Rest deines Postings war für mich Geschwurbel ...


n0b0dy hat geschrieben: wär mit solchen Wörtern wie Kollektivismus vorsichtig. Bei den kollektivistischen Anarchisten in Spanien ....


War mir schon klar, dass Du eher anarchistischen Ideen nachhängst. Dazu kann ich Dir aus meiner fast 50 jährigen Lebenserfahrung nur sagen: 80% der Leute sind Idioten und Arschlöcher und ich bin froh, dass die nicht die gleichen Einfluss, die gleiche Macht wie Leute meines Schlages haben. Insofern sind Machtstrukturen doch logisch nachvollziehbar, oder?
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