Ich würde mir auch wünschen, dass Muslime lernen, ihren heiligen Text genauso zu interpretieren, und aufzuarbeiten, wie es westliche Theologen tun, aber das Herunterbeten der Koranschriften, in knieender Haltung, auf den Boden gekauert, wird wahrscheinlich auch länger noch nicht dazu führen. Führende Imame lehnen daher begründet alle weiteren Bildungsmaßnahmen ab. Solange das Buch dermaßen "heilig" ist, dass es nicht einmal von "Ungläubigen" angefasst werden darf, solange ist an Interpretation der Texte gar nicht zu denken.Nanna hat geschrieben:Zeigt das nicht unter anderem auch seine Reflexion und kritische Grundhaltung gegenüber dem eigenen heiligen Text?
stine hat geschrieben:Der Islam steht jeder Aufklärungsarbeit im Wege und ist deswegen nicht kompatibel zu westlicher Toleranz. Ein Miteinander der Kulturen sehe ich dort eider noch lange nicht.
Ich denke, dass wir aneinander vorbei schreiben. Bei meinen Posts war nie die Rede von hier lebenden Muslimen, ich schrieb über das Malheur im Nahen Osten. Ich dachte bei meinen Posts nur an die Situation in islamischen Ländern.Vollbreit hat geschrieben:Wem streckst Du denn Deine Hand entgegen? Das sehe ich nämlich auch nicht?stine hat geschrieben:Der Islam steht jeder Aufklärungsarbeit im Wege und ist deswegen nicht kompatibel zu westlicher Toleranz. Ein Miteinander der Kulturen sehe ich dort leider noch lange nicht.
Was muss ein Moslem tun, um von Dir akzeptiert zu werden? Atheist werden oder konverntieren? Das wird nicht hinhauen?
Ans Grundgesetz halten sich die meisten, die hier leben.
Nanna hat geschrieben:[...] Es geht nicht darum, ob ein religiöses Begründungsschema "objektiv" funktioniert - von Objektivität in dem Reinheitsgrad, den du dir einbildest zu haben, halte ich eh nichts. [...] Du bist ein Logiker und offenbar tief beleidigt gegenüber der Welt, dass sie deiner Analyse nicht folgen will. Du entdeckst Unstimmigkeiten im religiösen Denkgebäude und das macht für dich den kompletten Lebensentwurf Religion inakzeptabel, [...]
Lumen hat geschrieben: Trotzdem geht es in jeder dieser Diskussionen sehr bald um den Kritiker/Skeptiker und sein Weltbild oder vermeintliche Denkfehler. Dabei wird kein Versuch ausgelassen, um charakterliche Makel herauszustellen (respektlos, laut, klinisch, kühl, herzlos, hasserfüllt, wütend …) und wenn es geht wird auch noch irgendwie auf "atheistische Verbrechen" hingewiesen.
Vollbreit hat geschrieben: Aber ist damit ein Staat zu machen? Das gibt ja nicht mal Werte her.
Vollbreit hat geschrieben:Vielleicht liegt das aber auch daran, dass bei jeder Diskussion an der Lumen teilnimmt, über kurz oder lang, meistens kurz, dafür gesorgt wird, dass das Thema auf Blut, Leichenberge, Kinderfickerei, Genitalverstümmelungen kommt und das immer gleiche Szenario aufgebaut wird, bei dem regelmäßig, ohne jeden Erkenntnisfortschritt, da ohne jeden Diskussionswillen, genau das herauskommt, was vorher schon drin steckte, nämlich Deine tiefsitzenden Vorurteile, die Dich nicht langsam anfangen lassen „zu denken, dass religiöse Menschen und ihre Unterstützer doch einen an der Waffel haben müssten“, sondern das ist bereits die Haltung mit der Du seit Jahren durchs Leben gehst.
Lumen hat geschrieben:Wo sind aber nun die Belege für das religiöse Märchenland: Fehlanzeige. Wo sind die Belege, dass es irgendwelche religiösen Werte gibt: Fehlanzeige. Was kann eine dezidiert religiöse Sichtweise konkret einbringen (was andere nicht auch vergleichbar gut könnten): Fehlanzeige. Wo sind die Belege, dass religiöse Menschen sich besser, moralischer Verhalten: Fehlanzeige.
Zappa hat geschrieben:Stell Dir mal vor, die Ägypter würden sich heute auf messbarer Zielkriterien für grundlegende Werte und soziale Ziele (Glücksindex), den die neue Verfassung ermöglichen soll, festlegen und bei Nichterreichen einen automatischen Revisionsprozess für die Verfassung vereinbaren. Wäre das nicht ein deutlicher Fortschritt?
Ohne Wissenschaft wird ständig nur gelabert, beeinflusst, desinformiert, aufgehetzt und zur Not totgeschlagen. Das ist meine Meinung.
Zappa hat geschrieben:Zur Wissenschaft:Vollbreit hat geschrieben: Aber ist damit ein Staat zu machen? Das gibt ja nicht mal Werte her.
Ich denke, da unterliegst Du einem Fehlschluß (dem nicht-naturalistischen? )
Ich bin fest davon überzeugt, dass eine Gemeinschaft, ein Staat, nicht so funktionieren soll und darf, dass Werte festgelegt werden und dann daraus eine Gesellschaftsordnung deduktiv zementiert wird. Solche Modelle, seien sie angeblich religiös oder materialistische begründet, sind alle mehr oder wendiger gescheitert. Dieser totalitäre Anspruch ist zutiefst illiberal und undemokratisch.
Zappa hat geschrieben:Eine Gesellschaftsordnung sollte die Menschen erst mal so nehmen wie sie sind und natürlich sollte in einem vernünftigen politischen Diskurs festgelegt werden, welche Normen und Werte als Rahmenbedingungen gelten sollen.
Zappa hat geschrieben:Dieser Diskurs findet immer im historischen Kontext statt und das Ergebnis ist aus der jeweiligen Sicht jedes Einzelnen immer suboptimal, s. aktuelle Situation in Ägypten, der politische Prozess an sich ist aber der, der sich am besten bewährt hat.
Zappa hat geschrieben:Ich würde mir für die Zukunft nur wünschen, dass die Bewertungsprozesse (werden die Normen und Werte gelebt, die Ziele erreicht?) wissenschaftlicher begleitet werden. Gutes Beispiel ist für mich die moderne Pädagogik, die endlich anfängt Zielkriterien zu definieren und deren Erreichungsgrad zu messen.
Zappa hat geschrieben:Das ist ein deutlicher Schritt in die richtige Richtung. Natürlich kann die Wissenschaft die Bildungsziele (analog zu den Werten ) nicht vorgeben, die müssen im gesellschaftlichen Diskurs ausgehandelt werden, aber halt messen ob die Ziele erreicht werden.
Zappa hat geschrieben:Stell Dir mal vor, die Ägypter würden sich heute auf messbarer Zielkriterien für grundlegende Werte und soziale Ziele (Glücksindex), den die neue Verfassung ermöglichen soll, festlegen und bei Nichterreichen einen automatischen Revisionsprozess für die Verfassung vereinbaren. Wäre das nicht ein deutlicher Fortschritt?
Zappa hat geschrieben:Ohne Wissenschaft wird ständig nur gelabert, beeinflusst, desinformiert, aufgehetzt und zur Not totgeschlagen. Das ist meine Meinung.
Vollbreit hat geschrieben:Lumen hat geschrieben: Trotzdem geht es in jeder dieser Diskussionen sehr bald um den Kritiker/Skeptiker und sein Weltbild oder vermeintliche Denkfehler. Dabei wird kein Versuch ausgelassen, um charakterliche Makel herauszustellen (respektlos, laut, klinisch, kühl, herzlos, hasserfüllt, wütend …) und wenn es geht wird auch noch irgendwie auf "atheistische Verbrechen" hingewiesen.
Ah, komischerweise kann ich das nicht finden.
Vielleicht liegt das aber auch daran, dass bei jeder Diskussion an der Lumen teilnimmt, über kurz oder lang, meistens kurz, dafür gesorgt wird, dass das Thema auf Blut, Leichenberge, Kinderfickerei, Genitalverstümmelungen kommt und das immer gleiche Szenario aufgebaut wird, bei dem regelmäßig, ohne jeden Erkenntnisfortschritt, da ohne jeden Diskussionswillen, genau das herauskommt, was vorher schon drin steckte, nämlich Deine tiefsitzenden Vorurteile, [...]
Lumen hat geschrieben:Und warum sind das Vorurteile? Es sind nicht mal Urteile, sondern Fakten, die der gängigen Version von den lieben, moralisch besseren Christen/Moslems und ihren Religionen des Friede-Freude-Eierkuchens nun einmal entgegenstehen.
Lumen hat geschrieben:Diese Hürde kann man ja nehmen, und manche (wenige) Gläubige machen das ja auch. Die machen keinen Hehl daraus, dass es da im religiösem Lager nicht immer alles toll und rosig war und kommen dann auch nicht wie du oder Lütz auf einem hohen Roß dahergallopiert und spielen sich auf, alles Gute für sich gepachtet zu haben.
Vollbreit hat geschrieben:Lumen hat geschrieben:Und warum sind das Vorurteile? Es sind nicht mal Urteile, sondern Fakten, die der gängigen Version von den lieben, moralisch besseren Christen/Moslems und ihren Religionen des Friede-Freude-Eierkuchens nun einmal entgegenstehen.
Immer dann wenn jemand meint, die Fakten oder die Wahrheit auf seiner Seite zu haben, wir der Raum zum diskutieren natürlich eng. Denn dann ist ja klar, wie die Fakten sind und der andere ist damit jeder Möglichkeit einer anderen Sichtweise beraubt (es könnte höchstens noch eine kontrafaktische Meinung sein, aber wozu sollte man die überhaupt diskutieren?).
Vollbreit hat geschrieben:Lumen hat geschrieben:Diese Hürde kann man ja nehmen, und manche (wenige) Gläubige machen das ja auch. Die machen keinen Hehl daraus, dass es da im religiösem Lager nicht immer alles toll und rosig war und kommen dann auch nicht wie du oder Lütz auf einem hohen Roß dahergallopiert und spielen sich auf, alles Gute für sich gepachtet zu haben.
Allmählich gehen mir Deine dämlichen Gleichsetzungen (ich und Lütz) nur noch auf den Sack und ich habe auch keine Lust mehr zum x-ten Mal mich explizit von einer Einstellung zu distanzieren, die durch Deinen Panzer der Selbstimmunisierung ohnehin nicht durch dringt und Dich zudem ganz demonstrativ nicht interessiert.
Lassen wir’s dabei, dass wir, zumindest bei diesem Thema, auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, bei anderen klappt es ja bisweilen.
Lumen hat geschrieben:Es gibt keinen Zweifel daran, dass John F. Kennedy erschossen wurde. Die Belagerung Wiens durch die Türken im 16. Jahrhundert ist ein Fakt. Die zeitweilige Verfolgung der Katholiken in England zur Zeit Shakespeares ist ein Fakt. Ebenso die Huggenottenkriege. Wieso entsteht bei mir der starke Eindruck, dass sobald es um religiöse Ereignise oder Motive geht, bei dir sofort das Strampeln anfängt?
Lumen hat geschrieben:Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass das Wichtigste der Welt Grund für sehr sehr viele Konflikte und unschöne Dinge gewesen ist.
Lumen hat geschrieben:Der wichtigste Grund für Menschen in früheren Zeiten war sehr oft das Übernatürliche, gerade wenn das Dieseits als elendes Gefängnis oder gar Strafe angesehen wurde.
Lumen hat geschrieben:Nagut, dann etwas meta. Auch andere User haben dich auf dein magisches Denken, obskure Anforderungen und ähnliches hingewiesen.
Lumen hat geschrieben:Ich bin nur darin speziell, dass du dich bei mir abarbeitest. Nehmen wir den Begriff "Kinderficker" den du meiner Argumentation bereits mehrfach unterstellt hast (worauf ich bisher nicht eingegangen sind, aber wo wir dabei sind). Wenn ich die Suche für dich mal bemühen darf, kommt der Eindruck wohldaher, dass ich ein Urteil eines Gerichtes hier gepostet hatte.
Wikipedia hat geschrieben: Die Menschen des Mittelalters glaubten, die Erde sei flach (…) Diese Meinung ist entgegen landläufiger Ansicht eine moderne und wird durch historische Quellen nicht gestützt. Die bekannteste Abbildung, welche oft als symbolischer „Beweis“ herangezogen wird, ist der Holzstich von Flammarion, der jedoch aus dem Jahr 1888 stammt und deshalb diesbezüglich keinerlei Aussagekraft besitzt. Die Behauptung, Menschen des Mittelalters glaubten, dass die Erde flach sei, taucht zum ersten Mal in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf und ist somit für das Mittelalter nicht als historisch zu betrachten. Vor allem Washington Irving trug wesentlich zur Festigung des o.g. Mythos bei durch seine Columbus-Biografie von 1828, wo er aus literarischen Gründen den Matrosen unterstellte sie hätten Angst vom Rand der „Erdenscheibe“ herunterzufallen. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die im Mittelalter bekannten Ideen des Aristoteles sowie das Ptolemäische Weltbild die Erde als eine Art Sphäroid lehren, war die Vorstellung einer „Erdenscheibe“ für die Gelehrten des Hochmittelalters an sich untragbar.
Menschen im Mittelalter waren ungebildet, rückständig und abergläubisch. Diese Vorstellung trifft nur bedingt zu (schichtenabhängig). Werke bedeutender Autoren entstanden im Mittelalter, etwa jene von Thomas von Aquin, Meister Eckhart, Roger Bacon, Albertus Magnus u. v. a. Die Gründung von Universitäten, der Ausbau der Städte, technologische Fortschritte (z. B. die Erfindung der Brille) sowie umfangreiche zeitgenössische Überlieferungen widersprechen der Annahme eines „barbarischen“ Mittelalters.
Die islamische Welt brachte die Wissenschaft nach Europa. Zwar gab es um die Jahrtausendwende intensive Kontakte und kulturellen Austausch zwischen dem Nahen Osten und Abendland, die Vorstellung eines komplett ignoranten Europas ist jedoch nicht haltbar (siehe Hauptartikel Philosophie des Mittelalters). Nach dem Zusammenbruch des einheitlichen Römischen Reiches gingen viele Werke der antiken Wissenschaftler und Philosophen verloren, Werke, die unter anderem Mathematik, Astronomie und Medizin behandelten (siehe Bücherverluste in der Spätantike). Viele davon fanden Eingang in die arabisch-muslimische Welt und lagen in arabischer Übersetzung vor, so dass viele Werke z. B. des Aristoteles und Euklid (die in Europa de facto zumindest teilweise verloren gegangen sind) im Zuge der Reconquista und der Kreuzzüge quasi eine Rückführung nach Europa erfuhren. Dabei profitierte der Westen ebenfalls von den eigenen Werken arabischer Philosophen und Denker, die noch Jahrhunderte lang die westliche Wissenschaft mitgeprägt haben. Dass es in Europa bereits im 8. Jahrhundert weitreichende Bildung und regelrechte Bildungszentren gab, ist historisch belegt, vor allem ist die sog. Karolingische Renaissance diesbezüglich sehr aufschlussreich, und widerlegt die populäre Vorstellung der kompletten Übernahme der westlichen Wissenschaft aus dem Orient. Ebenfalls weit verbreitet ist die Vorstellung, dass wichtige Erfindungen wie Buchdruck, Schwarzpulver, Kompass, Armbrust, Fernrohr und Papier allesamt aus China oder Persien übernommen wurden, was die Rückständigkeit des mittelalterlichen Europas unterstreichen soll. Zwar gibt es Hinweise, dass Schwarzpulver als solches durch die Expansion des Mongolischen Reiches nach Europa gelangt ist und das Papier nachgewiesenermaßen entlang der Seidenstraße seinen Weg nach Europa fand, existieren jedoch für die meisten anderen Erfindungen europäische Gegenstück, welche oft bis in die römisch-griechische Antike reichen und keinen chinesischen oder persischen Einfluss erkennen lassen. Man geht heute davon aus, mangels gültiger Beweise eines direkten chinesischen Einflusses, dass die meisten dieser Erfindungen keine Kopien oder Übernahmen, sondern eigene Parallelentwicklungen darstellten.
Gewalt, Krieg und Seuchen waren allgegenwärtig, die Lebenserwartung war gering. Obwohl es in Europa zwischen 500 und 1500 zahlreiche Kriege gab, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass diese mit größerer Brutalität oder Rücksichtslosigkeit als in der Neuzeit geführt wurden. Außerdem ist in der Zeit zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert ein deutliches Bevölkerungswachstum sowie eine Ausbreitung des Siedlungsgebietes feststellbar, was auf die günstigeren Klimabedingungen zurückzuführen ist. Die kleine Körpergröße der Menschen im Mittelalter ist eine weitverbreitete, heute jedoch weitgehend widerlegte Annahme. Untersuchungen an Skeletten in den letzten Jahrzehnten haben ergeben, dass die durchschnittliche Körpergröße des mittelalterlichen Menschen vergleichbar ist mit der durchschnittlichen Größe der Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Europa erlebte im Hochmittelalter eine ausgeprägte Wärmeperiode, im Süden Englands wurde Wein angebaut. Erst im 14., 15. Jahrhundert verschlechterte sich das Klima zur sogenannten „Kleinen Eiszeit“; die damit verbundene Nahrungsumstellung und teilweise Mangelernährung wirkte sich in den darauffolgenden Jahrhunderten auf die durchschnittliche Körpergröße aus.
Die Pest als dominierende Seuche des Mittelalters. Die Betrachtung der Pest als typisch mittelalterliche Erscheinung ist eine Vorstellung der Moderne: Zwischen der Justinianischen Pest und der spätmittelalterlichen Pandemie lagen vom 8. bis zum 14. Jahrhundert mehr als 500 „pestilenzfreie“ Jahre. Laut den neuesten Erkenntnissen der Genetik ist der Erreger, der für die spätmittelalterliche Pandemie 1347–1353 verantwortlich ist, ein zu dieser Zeit kürzlich entstandener Stamm der Yersinia pestis gewesen. Da die modernen für Tier und Mensch gefährlichen Yersinia-Varianten laut genetischen Befunden von diesem Ur-Typ (und evtl. seinen Variationen) abstammen, und sich untereinander nur wenig unterscheiden, geht man zurzeit davon aus, dass die extreme Virulenz des mittelalterlichen Yersinia-Typus auf mangelhafte Immunität der Bevölkerung (was gewöhnlich bei neuen und aggressiven Erregern oft der Fall ist) und die ungünstigen gesellschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen sind. Postulierte „mangelnde Hygiene“ und „völlige Abwesenheit medizinischer Kenntnisse“ als einzig und alleinige Ursachen für die Pandemie sind demzufolge nicht zutreffend – die nachfolgenden Epidemien verliefen bei weitem nicht so dramatisch, was durch die immunologische Anpassung der Bevölkerung (Selektionsdruck durch Yersinia pestis) und medizinische Erkenntnisse möglich wurde. Gerade weil es sich um eine bis dahin unbekannte Seuche handelte, waren die Gelehrten ratlos und überfordert; diese Defizite konnten nur im Verlauf der Zeit ausgeglichen werden. Die genetischen Erkenntnisse stellen außerdem die Zugehörigkeit dieses Yersinia-Erregers der Justinianischen Pest in Frage, denn laut oben genannten Befunden ist jene mittelalterliche Yersinia-Variante im 13. bis 14. Jahrhundert vermutlich in China entstanden und kann hiermit nicht für Epidemien der Spätantike und des Frühmittelalters verantwortlich sein. Als „typisch mittelalterliche Seuche“ im Zeitraum vom 6. bis 16. Jahrhundert kann jene spätmittelalterlich-neuzeitliche Yersinia-pestis-Variante, welche für die Pandemie 1347-1353 verantwortlich war, mit ziemlicher Sicherheit ausgeschlossen werden.
Bauern und die niederen Stände mussten ständigen Hunger, Kälte und unmenschliche Arbeit erdulden. Das Bild vom geschundenen Bauern in zerlumpter Kleidung erfuhr seine größte Popularität in der filmischen Darstellung des Mittelalters. Historisch gesehen war das Leben der niederen Stände jedoch deutlich vielseitiger und weniger entbehrungsreich, als heute oft angenommen wird. (siehe dazu: Esskultur des Mittelalters). Der durchschnittliche Fleischverbrauch pro Kopf war im mittelalterlichen Mitteleuropa ca. siebenmal so hoch wie im Mitteleuropa des 19. Jahrhunderts und immer noch höher als der Fleischkonsum in Mitteleuropa zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Während der mittelalterlichen Warmzeit waren Missernten viel seltener als später, was den sozialen und technologischen Ausbau sowie die Expansion der Siedlungsräume ermöglichte. Außerdem ist zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert ein rasanter Bevölkerungszuwachs nachweisbar der rein physiologisch nur mit einer entsprechenden Ernährung stattfinden konnte. Klimatisch und jahreszeitlich bedingte Schwankungen in der Erntemenge und Nahrungsverfügbarkeit waren zu allen Zeiten gegeben (Hunger im späten Winter), eine oft zitierte „vom Hunger beherrschte dunkle Zeit“ lässt sich im historischen Hochmittelalter nicht nachweisen.
Abwesenheit der Körperhygiene. Zahlreiche Badehäuser sind in mittelalterlichen Städten archäologisch belegt, genauso wie zeitgenössische Schriften, in denen eindeutig zu ausgedehnter Körperpflege und Hygiene gemahnt wird (z. B.: Passionibus Mulierum Curandorum von Trotula sowie Regimen Sanitatis Salernitanum aus dem Umfeld von Schola Medica Salernitana und Compendium Medicinae von Gilbertus Anglicus). Anderweitige historische Überlieferungen zeugen außerdem von ausgeprägter Badelust der gehobener Schichten. Wie auch zu anderen Zeiten und in anderen Ländern war Hygiene eine persönliche Angelegenheit, die mit Sicherheit auch von der gesellschaftlichen Schicht abhängig, unterschiedlich extensiv praktiziert wurde. Besonders im nördlichen Europa finden sich seit dem Frühmittelalter hölzerne Badehäuser und Dampfbäder, welche bis heute in Skandinavien und Osteuropa verwendet werden.
Willkür, Folter und Hinrichtungen waren an der Tagesordnung. Entgegen der weitläufigen Meinung ist im 16. Jahrhundert der eigentliche Höhepunkt der Hexenverfolgung anzubringen. Bereits der Sachsenspiegel, ein bedeutender hochmittelalterlicher Rechtscodex, offenbart wohlstrukturierte Rechtsverhältnisse, welche große Teile des Lebens regeln. Eine besondere Rechtlosigkeit des Bürgers und des Bauern ist angesichts der feudalen Strukturen sowie der damals sehr wohl bestehenden Rechtsordnung nicht zutreffend.
http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelalte ... .A4ndnisse
Vollbreit hat geschrieben:Vor allem ist es so, dass das Mittelalter weit weniger grausam und primitiv war, als man meint.
Unser kollektives Bild vom Mittelalter ist viel mehr durch Romane, Fernsehserien und tradierte Vorurteile geprägt, als durch wirkliche historische Untersuchungen, weil die mühsam und dröge sind.
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