Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 13:54

El Schwalmo hat geschrieben: BTW, ich habe gerade mal interessehalber bei Amazon nachgeschaut, was dort so von und über Mersch geschrieben wurde. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Mersch unter 'Evolutionstheorie' nicht das versteht, was ich darunter verstehe. Deshalb habe ich noch mal nachgefragt.


Und was verstehst du darunter, und in welcher Hinsicht meinst du, versteht Mersch etwas anderes darunter?
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 14:01

El Schwalmo hat geschrieben: okay, schlecht formuliert.

Im Gegensatz zu der Evolution der übrigen Organismen spielt bei der des Menschen die Tradigenese die entscheidende Rolle.

Besser so?


Das ist besser, aber nicht gut. Und ob es stimmt, wissen wir nicht.

Mersch ist z. B. der Auffassung, und das begründet er wirklich exzellent, dass unsere modernen Unternehmen "Superorganismen" sind, die im Wettbewerb auf den Märkten (= deren Lebensraum) einen Großteil der Evolution hervorbringen, die wir als Kultur und Technik bezeichnen, es also gar nicht der Mensch ist, der hier der entscheidende Akteur ist. Mersch redet als Systemtheoretiker (ähnlich wie Luhmann oder Maturana) somit von ganz anderen höheren Seinsschichten, die weit jenseits der von dir genannten sind. Müsstest du dich aber erst mit beschäftigen. Mit der Brille der Evolutionsbiologie ist man in der Hinsicht verloren, speziell wenn du schon einfachste strukturelle und kommunikative Überlegungen wie die der Soziobiologie ablehnst.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 14:09

El Schwalmo hat geschrieben: Wenn man ein Buch im Selbstverlag publiziert, ist man entweder so revolutionär, dass man keinen Verleger findet, oder nicht einmal revolutionär.


Oder unbekannt. Scheinbar glaubst du noch immer, wenn ein namhafter Verlag etwas druckt, dann müsste das stimmen. Wie steht es denn mit den Büchern von Herman oder Bauer? Oder mit "Der kleine Darwin" von Ernst Peter Fischer?

Verlage drucken Bücher, weil sie verkaufen wollen. Die beste Voraussetzung dafür ist: die Person hat einen Namen, idealerweise kennt man sie aus dem Fernsehen.

Was wäre denn mit "Feuchtgebiete" von Luise Müller passiert?
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:17

jackle hat geschrieben:Höhere Seinsschichten. Nanu?

Stufentheorien sind nichts Unübliches.

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Und? Das weiß man schon lange, und wenn man genauer hinschaut, weiß man auch nicht mehr, wenn man meint, die Verhaltensweisen irgendwelcher Organismen einbeziehen zu sollen. Ist wie bei der Psychoanalyse: man kann ein interessantes Histörchen erzählen. 'Weil die Lebensweise in der Urhorde bedingte, dass man den Obermotz umbringt und nun vom schlechten Gewissen getrieben ...' liest sich immer gut.

Ach was. Die Erkenntnisse der Soziobiologie zu Paarungssystemen, Elterninvestments, zur sexuellen Selektion, zum Altruismus sind auch für den Menschen wesentlich und heute unverzichtbar zur Erklärung der Evolution.

Und? Seinsschicht 1: die Evolution des Körpers des Menschen

Seinsschicht 2: die kulturelle Evolution des Menschen

Der Zusammenhang ist komplex, aber einem Wesen wie dem Menschen stehen hinsichtlich dessen, was Du an Begrifflichkeit gebracht hast, mehr Optionen offen als seinen nicht-menschlichen Mitlebewesen.

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Eben. Und die Marktschreier, die heute unter dem Fähnlein der Evolutionären Psychologie meinen, die Speerspitze des Fortschritts darzustellen, haben noch einen weiten Weg vor sich, bis sie merken, dass 'vorne sein' nicht bedeutet, dass man auf dem richtigen Weg ist.


'Hinten sein' aber auch nicht unbedingt. Und der Gen-Chauvinismus in der Evolutionsbiologie führt sowieso ins Abseits. Da muss man dann plötzlich von höheren Seinsschichten, Memen und sonstwas reden, um die Welt erklären zu können.

Oder man muss Mersch gelesen haben, der seine Arbeiten bei Books on Demand publiziert?
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 14:19

El Schwalmo hat geschrieben:BTW, ich habe gerade mal interessehalber bei Amazon nachgeschaut, was dort so von und über Mersch geschrieben wurde.


Ich empfehle in der Hinsicht die beiden negativen Rezensionen, eine stammt von einem Dawkins-Jünger, die andere von einem Bauer-Jünger. Die sind symptomatisch für den heutigen Wissenschaftsbetrieb. Beide verbreiten kompletten Unfug, tun aber so, als seien sie die großen Experten. Die eine Rezension hat sich vermutlich sogar auf das Lesen des Klappentextes beschränkt. Es ist schon erschreckend, mit welchem rasanten Tempo die Wissenschaften auf die gleiche schnöde Arroganz zusteuern, die früher mal bei den Bischöfen vorzufinden waren. Um echte Erkenntnis geht es da keinem mehr.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 14:22

El Schwalmo hat geschrieben: Stufentheorien sind nichts Unübliches.


Das hören Systemtheoretiker gerne.

El Schwalmo hat geschrieben:Und? Seinsschicht 1: die Evolution des Körpers des Menschen

Seinsschicht 2: die kulturelle Evolution des Menschen

Der Zusammenhang ist komplex, aber einem Wesen wie dem Menschen stehen hinsichtlich dessen, was Du an Begrifflichkeit gebracht hast, mehr Optionen offen als seinen nicht-menschlichen Mitlebewesen.


Spätestens hier bekommen Systemtheoretiker einen Lachanfall. Sorry, aber das ist wirklich eine lustige Vorstellung.

El Schwalmo hat geschrieben:Oder man muss Mersch gelesen haben, der seine Arbeiten bei Books on Demand publiziert?


Wird in den Wissenschaften auch zunehmend gemacht, und zwar aus Kostengründen. Wirst du in Zukunft noch ganz häufig erleben.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:26

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: BTW, ich habe gerade mal interessehalber bei Amazon nachgeschaut, was dort so von und über Mersch geschrieben wurde. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Mersch unter 'Evolutionstheorie' nicht das versteht, was ich darunter verstehe. Deshalb habe ich noch mal nachgefragt.

Und was verstehst du darunter, und in welcher Hinsicht meinst du, versteht Mersch etwas anderes darunter?

Mersch scheint 'Evolution' so global zu fassen, dass das, was dann als 'Evolutionstheorie' dabei herauskommt, in etwa dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik entspricht. Zudem scheint er sich vor allem mit menschlicher Evolution zu befassen, die in meinem Weltbild nur einen Nebenaspekt darstellt.

Für mich ist 'Evolutionstheorie' ein Weltbild, das auf Evolution als historischer Tatsache, einer Deszendenz und noch nicht letztlich bekannten naturalistischen Mechanismen basiert. Die Evolution des Menschen läuft anders als die der restlichen Organismenwelt.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:28

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Wenn man ein Buch im Selbstverlag publiziert, ist man entweder so revolutionär, dass man keinen Verleger findet, oder nicht einmal revolutionär.

Oder unbekannt. Scheinbar glaubst du noch immer, wenn ein namhafter Verlag etwas druckt, dann müsste das stimmen.

nein, ich meine das heuristisch. Wenn in diversen Foren irgendwelche Menschen einen Autor hochjubeln, fragt man sich natürlich, ob da mehr als heiße Luft dahinter ist. Dann schaut man sich halt mal das Umfeld an. Und da spielt dann schon eine Rolle, welches 'standing' ein Autor hat. Denn wenn jemand hochgejubelt wird, ohne von der Fachwelt anerkannt zu sein, sollte man erst mal ein wenig abwarten.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:31

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben: Stufentheorien sind nichts Unübliches.

Das hören Systemtheoretiker gerne.

und?

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Und? Seinsschicht 1: die Evolution des Körpers des Menschen

Seinsschicht 2: die kulturelle Evolution des Menschen

Der Zusammenhang ist komplex, aber einem Wesen wie dem Menschen stehen hinsichtlich dessen, was Du an Begrifflichkeit gebracht hast, mehr Optionen offen als seinen nicht-menschlichen Mitlebewesen.

Spätestens hier bekommen Systemtheoretiker einen Lachanfall. Sorry, aber das ist wirklich eine lustige Vorstellung.

Und dann stellt sich die Frage, ob das, was Systemtheoretiker so treiben, so relevant ist, dass man sich darum kümmern müsste, ob die lachen oder nicht.

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Oder man muss Mersch gelesen haben, der seine Arbeiten bei Books on Demand publiziert?

Wird in den Wissenschaften auch zunehmend gemacht, und zwar aus Kostengründen. Wirst du in Zukunft noch ganz häufig erleben.

Natürlich. Und Du wirst noch erleben, dass es Menschen gibt, die treue Anhänger haben, aber die sonst niemand ernst nimmt.

Es kann auch sein, dass Mersch Recht hat und anerkannt wird. Dann kannst Du Dir auf die Schulter klopfen. Aber erst dann.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:33

jackle hat geschrieben:Mersch redet als Systemtheoretiker (ähnlich wie Luhmann oder Maturana) somit von ganz anderen höheren Seinsschichten, die weit jenseits der von dir genannten sind.

das ist mir schon klar.

Ich sehe nur nicht, warum er sich dann anmaßt, etwas zu anderen Schichten zu sagen.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 14:40

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:BTW, ich habe gerade mal interessehalber bei Amazon nachgeschaut, was dort so von und über Mersch geschrieben wurde.

Ich empfehle in der Hinsicht die beiden negativen Rezensionen, eine stammt von einem Dawkins-Jünger, die andere von einem Bauer-Jünger. Die sind symptomatisch für den heutigen Wissenschaftsbetrieb. Beide verbreiten kompletten Unfug, tun aber so, als seien sie die großen Experten. Die eine Rezension hat sich vermutlich sogar auf das Lesen des Klappentextes beschränkt. Es ist schon erschreckend, mit welchem rasanten Tempo die Wissenschaften auf die gleiche schnöde Arroganz zusteuern, die früher mal bei den Bischöfen vorzufinden waren. Um echte Erkenntnis geht es da keinem mehr.

ich meinte das eher formal. Wenn bei Amazon die jeweiligen Anzahlen der Sternchen ein liegendes 'U' ergeben, wird es interessant. Wenn man dann sieht, dass zu den Jubel-'Rezensionen' kaum Anmerkungen vorliegen, ein Kritiker aber sehr viel 'Zuspruch' erhält, möglichst noch vom Autor und den Menschen, die für die Jubel-'Rezensionen' verantwortlich sind, gibt das auch Punkte auf einer gewissen Skala.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 15:16

El Schwalmo hat geschrieben:Mersch scheint 'Evolution' so global zu fassen, dass das, was dann als 'Evolutionstheorie' dabei herauskommt, in etwa dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik entspricht. Zudem scheint er sich vor allem mit menschlicher Evolution zu befassen, die in meinem Weltbild nur einen Nebenaspekt darstellt.

Für mich ist 'Evolutionstheorie' ein Weltbild, das auf Evolution als historischer Tatsache, einer Deszendenz und noch nicht letztlich bekannten naturalistischen Mechanismen basiert. Die Evolution des Menschen läuft anders als die der restlichen Organismenwelt.


Also nun wundere ich mich schon, denn gerade eben hast du noch von der alles überlagernden kulturellen Evolution beim Menschen gesprochen.

Mersch ist Systemtheoretiker, und deshalb geht er den einzig richtigen Weg: Von der höchsten Ebene zur niedrigsten. Die Biologen sind bislang immer umgekehrt vorgegangen: Von den Genen zur Gesellschaft oder Kultur. Die Memetik z. B. orientiert sich vorstellungsmäßig an den Verhältnissen der niedrigsten Ebene. Das macht keinen Sinn. Ich kann auch nicht den Menschen als eine Verallgemeinerung seiner Zellen betrachten.

Wenn ich eine email-Kommunikation vollständig verstehen will, dann muss ich mich von oben nach unten durchhangeln, bis hin zum Netzwerkprotokoll. Ich kann aber nicht den Nachrichtenaustausch zwischen zwei Menschen aus dem Netzwerkprotokoll heraus erklären. Genau das versuchen die Biologen jedoch ständig.

Mersch orientiert sich in seiner Evolutionsvorstellung sehr stark an den allgemeinen Vorstellungen, die mit Schrödinger in die Diskussion gekommen sind. Für ihn besitzen Evolutionsakteure gegenüber dem Lebensraum Kompetenzen (= Adaptionen, Anpassungen, Fitness), für die sie ständig bestrebt sind, sie zu erhalten. Es geht also letztlich um den Erhalt biologischer Informationen (gegenüber dem Lebensraum, d. h. der Umwelt). Die von ihm benutzten Interessenbegriffe (Selbsterhaltungsinteresse, Reproduktionsinteresse) verwendet er metaphorisch. Sie sind wohl als reiner Automatismus entstanden, wurden dann aber immer komplexer. Individuen, die solche Interessen nicht besaßen (die also nicht ständig darum bemüht waren, am Leben zu bleiben bzw. sich fortzupflanzen), schieden unabhängig von ihrer Fitness aus dem evolutiven Wettbewerb aus.

In diesem Zusammenhang stellt sich zunächst die Frage nach der Speicherung der Informationen. Und da musste die Natur mit irgendetwas beginnen, und zwar konkret mit der DNA. Später haben sich dann weitere Möglichkeiten der Informationsspeicherung ergeben, insbesondere durch die Gehirne. Diese sind sozusagen in der Lage, biologische Informationen (Kompetenzen, Adaptionen etc.) tradigenetisch zu speichern. Der Mensch erfand nun noch die symbolische Speicherung. Heute können wir unsere Kompetenzen sogar bei Youtube abspeichern.

Hier erkennt man bereits den viel allgemeineren Ansatz bei Mersch im Vergleich etwa zu Dawkins. Dawkins denkt in Replikatoren, weswegen er die Meme erfand. Für Mersch machen die aus zweierlei Hinsicht keinen Sinn:

1. Wir speichern heute in x unterschiedlichen Medien Informationen und nicht nur in irgendwelchen Replikatoren, wie es für die Natur auf der untersten Stufe erforderlich war. Jede Datenbank ist ein Speichermedium.

2. Meme verfügen über keine integrierten Interessenfunktionen. Sie sind nicht bestrebt, ihre Informationen zu erhalten. Deshalb gehören sie für Mersch nicht zu den Evolutionsakteuren.

Mersch lehnt sich hier übrigens in gewisser Weise an die Evolutionsbiologen Jablonka/Lamb (siehe Amazon) an.

Seine systemtheoretische Sicht erlaubt es ihm dann, auch Unternehmen im Sinne von Superorganismen als Evolutionsakteure aufzufassen. Dies sind sozusagen Lebewesen einer höheren Ebene (eine höhere Seinsebene in deinem Sinne). Ähnliche Vorstellungen sind bei Humberto Maturana, Hans Sachs und gewissermaßen auch bei Niklas Luhmann vorzufinden. Für ihn evolvieren Unternehmen als Evolutionsakteure in separaten Lebensräumen – den Märkten – und bringen dabei z. B. die Evolution der Technik hervor. Sie konkurrieren nicht um Nahrung, sondern um die Ressource Geld der Kunden. Die dabei verwendete Wettbewerbskommunikation ist für Mersch die Gefallen-wollen-Kommunikation, deren Erfindung im Rahmen der sexuellen Selektion er für eine der bedeutendsten Neuentwicklungen in der gesamten Geschichte der Evolution hält. Sie ist für ihn die Basis u. a. für Liebe, Kultur, Zivilisation etc.

Das Interessante ist nun, dass er alle diese Evolutionen aus einer einheitlichen Evolutionstheorie (Systemische Evolutionstheorie) heraus erklären kann, d. h. selbst die biologische Evolution. Immerhin zeigt er in seinem Buch, dass sich die Darwinsche Evolutionstheorie für biologische, nichtmenschliche Populationen als Spezialfall aus seiner Systemischen Evolutionstheorie ableiten lässt.

Das alles wird dann auch noch mit 700 Literaturreferenzen, hunderten ausführlichen Zitaten etc. begründet. Dein Einwand, er befasse sich vorwiegend mit menschlicher Evolution ist absolut unzutreffend. Die biologische Evolution inkl. den Erkenntnissen der Soziobiologie sind für ihn Sonderfälle (insbesondere die Notwendigkeit zur Fortpflanzung ist ein Sonderfall, der bei anderen Evolutionen in der Form nicht vorliegt), die er zwar behandelt, die aber nur Teil seiner Ausführungen sind. Und noch einmal: Er geht für mich den richtigen Weg vom Allgemeinen zum Speziellen. Denn wie du schon richtig festgestellt hast: Man kann das Allgemeine nicht aus dem Speziellen heraus erklären.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 15:23

El Schwalmo hat geschrieben:
jackle hat geschrieben:Mersch redet als Systemtheoretiker (ähnlich wie Luhmann oder Maturana) somit von ganz anderen höheren Seinsschichten, die weit jenseits der von dir genannten sind.

das ist mir schon klar.

Ich sehe nur nicht, warum er sich dann anmaßt, etwas zu anderen Schichten zu sagen.



Tut er das? Er kommt vom Allgemeinen zum Speziellen. Seine Systemische Evolutionstheorie versucht alle eigendynamischen Evolutionen zu beschreiben. Für biologische nichthumane Populationen lässt sich die Darwinsche Evolutionstheorie aus seiner Systemischen Evolutionstheorie als Spezialfall ableiten. Damit muss er dazu gar nichts mehr sagen. Er kann einfach auf Darwin verweisen. Das müsste doch ganz in deinem Sinne sein, oder?

Du magst hier kritisieren, dass er biologischen Individuen Eigeninteressen unterstellt. Genau das hat Darwin aber auch getan. Malthus und Kampf ums Dasein (d. h. Konkurrenz) sind nur andere Formulierungen für Eigeninteressen.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 15:33

El Schwalmo hat geschrieben:ich meinte das eher formal. Wenn bei Amazon die jeweiligen Anzahlen der Sternchen ein liegendes 'U' ergeben, wird es interessant. Wenn man dann sieht, dass zu den Jubel-'Rezensionen' kaum Anmerkungen vorliegen, ein Kritiker aber sehr viel 'Zuspruch' erhält, möglichst noch vom Autor und den Menschen, die für die Jubel-'Rezensionen' verantwortlich sind, gibt das auch Punkte auf einer gewissen Skala.


Ich meinte das auch formal. Die negativen Rezensionen sind sachlich völlig unhaltbar. Merschs Spott dazu ist mitunter gleißend. Noch mehr regt sich aber die bekannte Top-Rezensentin auf, die selbst Biologin ist, weil die wohl das durchsichtige Rezensionsgeschäft als Massenrezensentin zu genau kennt. Hier geht es offensichtlich nicht um Sachthemen, wie sie einmal anmerkt, sondern um Verkaufszahlen. Dann schau dir doch mal die anderen Rezensionen von BB ("Warum haben Kühe keine Pfauenfeder?") an. Geht es dort um Sachthemen? Wirklich sehr lustig Merschs ironischer Kommentar, Kühe hätten deshalb keine Pfauenfedern, weil sie Weibchen sind.

Und was ist mit der Rezension von Ute aus Hamburg? In epischer Breite regt sie sich darüber auf, dass Mersch an einer Stelle behauptet, Darwin habe noch lamarckistische Vorstellungen gehabt. Dabei steht das praktisch in jedem zweiten Evolutionsbuch und bei Kutschera sowieso überall.

Mersch macht in den Threads mehrfach deutlich, dass er sich gerne der Kritik stellt. Immerhin antwortet er ja auch. Nur wenn, dann will er endlich mal einen ernsthaften Einwand hören und keine billige Polemik oder irgendwelche vorlauten Sätze von Leuten, die schon reden, bevor sie überhaupt verstanden haben, wovon er schreibt.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon smalonius » Fr 12. Jun 2009, 17:08

jackle hat geschrieben:Da der User smalonius aber u. a. das Folgende schrieb:
...
drängte sich mir der Verdacht auf, es könnten unter den Usern dieser Website substanzielle Defizite beim Thema Soziobiologie bestehen ... Es hörte sich jedenfalls so an, als wäre der Begriff "Elterninvestment" nicht bekannt.
Ich kenne die Untersuchungen zur Großmutterevolution schon. Du auch? :^^:

jackle hat geschrieben:
smalonius hat geschrieben:Ahhm, daß der Mensch aus der Evolution ausgestiegen ist, behauptet auch niemand, der auf dem Laufenden ist. Die Evolution der Laktoseverträglichkeit ist Beispiel genug für das Gegenteil. Unsere helle Hautfarbe als Hilfe Vitamin D herzustellen ist ein weiteres.

Die genetische Äquipotenz bedeutet Ausstieg. Sorry, ist leider so.

Genetische Äquipotenz ist Unsinn. Ich habe zwei Gegenbeispiele genannt, ein drittes wäre die Sichelzellenanemie.

jackle hat geschrieben:
smalonius hat geschrieben:Du zählst nur die Fakten auf, die dir passen, nicht aber die ganze Geschichte. (...)
Mit anderen Worten, der Anstieg im IQ lag daran, daß wir im 20. Jahrhundert immer mehr auf das Lesen und Verstehen von symbolischer Information getrimmt wurden.

Ach was. Natürlich ist der Anstieg des IQs maßgeblich auf veränderte Lebensverhältnisse zurückzuführen. Nun fällt er aber in den Industrienationen (d.h. es kommt zu einem negativen Flynn-Effekt), und das ist in einer hochtechnisierten Welt bemerkenswert. Bestätigt wird der Effekt etwa durch die PISA-Resultate.

Soso. Ein Wandel innerhalb einer Generation kann uns also etwas über die evolutiv veränderte Bevölkerung sagen - und zwar kann man (angeblich) daran sehen, daß die Europäer aufgrund der Emanzipation der Frau allmählich verdummen.

Wie kann man einen Fall des IQs um 9 Punkte thematisieren, aber den Anstieg um 60 Punkte ignorieren? Das nennt man Lügen mit Statistik.

El Schwalmo hat geschrieben:Es kann auch sein, dass Mersch Recht hat und anerkannt wird. Dann kannst Du Dir auf die Schulter klopfen. Aber erst dann.
Das halte ich für ausgeschlossen.

Mersch ist ein Scharlatan; seine Schreibe trägt alle Züge von Pseudo-Wissenschaft.
Er hat
- einen Hang zu Begriffen, die ausser ihm niemand benützt
- er wirft mit gelehrt klingenden Begriffen um sich, die in keinem Zusammenhang zum Gesagten stehen. Zum Beispiel folgendes Zitat. Leider sagt Mersch nicht, was der arme Russell damit zu tun hat:
Mersch
„Russelsche Antinomie“ der Darwinschen Evolutionstheorie

Was wohl daran liegt, daß Russell damit nichts zu tun hat. :mg:

Mersch
Die fitteren Individuen übernehmen die sozialen Aufgaben (Nahrungssuche, Feindabwehr), die weniger fitten dagegen die Nachwuchsarbeit.

Was soll uns das sagen? Der Mensch als Mann ist Jäger und Krieger, die dummen Frauen ziehen die Kinder groß?

Mersch
–Beispiel 1: Giraffenexemplare mit den längsten Hälsen (M/W) besorgen das Futter, solche mit kürzeren Hälsen (M/W) übernehmen dafür die Nachwuchsarbeit. Diese Population evolviert nicht, obwohl sie die Darwin-Voraussetzungen erfüllt!

Aha! Und wofür soll das ein Argument sein? Völlig abstrus.

Mersch
Was leistet die Theorie zusätzlich?

Erklärung des Central TheoreticalProblems of Human Sociobiology(Vining1986)

Das zentrale Problem ist nur eins, wenn man wie Mersch unsinnigerweise zwischen Fitness und Reproduktionsinteresse trennt. Man kann ein soziales Problem daraus machen, aber keins der Evolutionstheorie. Bach hatte ganz viele Kinder, Kant überhaupt keins. Vor der Evolution sind sie alle gleich, egal welche Pseudofitness man einführt. :mg:

Das kann man auch leicht in einem Gedankenexperiment zeigen:

Nehmen wir an, ich trüge eine Mutation in mir, die mich nicht an Malaria, AIDS, Pest, etc. erkranken ließe. Oder ein Mutation, die meinen IQ um 50 Punkte erhöht. Falls diese Mutation, die meine "Fitness" erhöht als Nebeneffekt meine Fruchtbarkeit aufhebt, würde sie sich nicht verbreiten.

So einfach ist das.
Mersch
–Neue Erklärung des Sozialdarwinismus-Dilemmas

Welches Sozialdarwinismus-Dilemma? Das Dilemma ergibt sich nur, wenn man ein Bild der Evolution hat, das im 19. Jahrhundert gängig war. Mersch erwähnt in seinem PDF 9 mal den Kampf ums Dasein. Niemand, aber auch gar niemand, der eine Ahnung von Evolution hat, verwendet diesen Begriff heute noch.

Mersch's Vorstellung von Evolution ist arachisch. So archaisch, wie sein Frauenbild. :kg:

Mersch
Vereinheitlichung der natürlichen + sexuellen Auslese zu einem gemeinsamen Prinzip.

Wenn man's nicht künstlich trennt, braucht man es auch nicht vereinheitlichen. Was kommt als nächstes, die Auslese nach der Säuglingssterblichkeit? Die Evolution der Großmutter als neues Prinzip der Auslese? Mersch baut einen Popanz nach dem anderen auf und reitet dann dagegen an wie Don Quixote gegen die Windmühlen.

Mersch
Neue Erklärungen für Altruismus, Zivilisation, Sexualität etc.

Ich habe keine Erklärung gesehen. Nicht eine einzige. Nur Phrasen und Begriffe; aber ein neues Wort zu erfinden erklärt noch lange nichts. Dafür ist es aber ein untrügliches Kennzeichen für Pseudo-Wissenschaft.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 17:26

smalonius hat geschrieben:Bach hatte ganz viele Kinder, Kant überhaupt keins.

das ist trivial.

Kant betrachtete das Ding an sich, Bach war ein Meister der Fuge.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 19:28

smalonius hat geschrieben: Genetische Äquipotenz ist Unsinn. Ich habe zwei Gegenbeispiele genannt, ein drittes wäre die Sichelzellenanemie.


Also bist du gegen die Mehrheitsauffassung der Soziobiologen, oder? Mersch hält genetische Äquipotenz für Unsinn, Voland meint in seinem Buch, die Mehrheit der Soziobiologen geht von einer genetischen Äquipotenz aus.

Zum Rest deiner Ausführungen mache ich es kurz. Du hattest unlängst geschrieben:
smalonius hat geschrieben:
jackle hat geschrieben:Die Darwinsche Evolutionstheorie basiert in ihrer ursprünglichen und noch heute gültigen Formulierung (z. B. den bei Mayr vorzufindenden) auf Malthus. Malthus wiederum nahm an, dass sich alle Individuen einer Population möglichst oft vermehren wollen. In die Sprache von Mersch übersetzt heißt das: Die Individuen besitzen alle ein relativ gleich hohes „Reproduktionsinteresse“. Aus diesem Grund kann man es auch in einer ET unberücksichtigt und diese rein auf die Fitness basieren lassen.
Das Problem ist hier das "wollen".

Wenn ein Rüde eine läufige Hündin bespringt, dann nicht eines "Reproduktionsinteresses" wegen, sondern aus Geilheit. Tiere wollen vögeln - und da ist das "wollen" sogar angebracht. Daß mit dem Vögeln dann die Kinder kommen, ist nur geschickt von der Natur so eingerichtet. Nachkommen zu zeugen, liegt bildlich gesprochen vielleicht "im Interesse der egoistischen Gene", es liegt aber bestimmt nicht im Interesse der Individuen.

Sobald Sex nicht mehr zwangsläufig mit Nachkommenschaft einhergeht - so wie beim modernen Menschen -, ändern sich die Verhältnisse. Das geht erst seit 50 Jahren; mal sehen, was evolutiv daraus wird.


Wer so etwas von sich gibt, hat die Evolution sowieso nicht verstanden. Insbesondere sollte derjenige sich nicht zu menschlichen Gesellschaften und Ethikthemen äußern, denn hinter deiner Auffassung steckt eine inhumane Haltung. Selbst viele Tierarten investieren erhebliche Aufwände in ihre Nachkommen, was mit deiner Popp-and-Go-Philosophie nicht erklärbar ist. Aber auf solche Flausen kommt man wohl, wenn man an egoistische Gene glaubt.

Folglich ist auch dein weiteres Gerede (inkl. den dabei von dir gegebenen kapitalen Fehlschlüssen) völlig irrelant.
Zuletzt geändert von jackle am Fr 12. Jun 2009, 19:33, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 19:29

El Schwalmo hat geschrieben:
smalonius hat geschrieben:Bach hatte ganz viele Kinder, Kant überhaupt keins.

das ist trivial.

Kant betrachtete das Ding an sich, Bach war ein Meister der Fuge.


:mg:
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon jackle » Fr 12. Jun 2009, 21:59

Also ich muss auf dieses smalonius-Posting doch noch einmal eingehen. Es zeigt, wie kenntnislos heute über Evolution geredet wird. Smalonius versteht definitiv weder von Evolution noch von Evolutionstheorie etwas. Außerdem neigt er zur Urteilsbildung, ohne sich ausreichend schlau gemacht zu haben.

smalonius hat geschrieben:Soso. Ein Wandel innerhalb einer Generation kann uns also etwas über die evolutiv veränderte Bevölkerung sagen - und zwar kann man (angeblich) daran sehen, daß die Europäer aufgrund der Emanzipation der Frau allmählich verdummen.

Wie kann man einen Fall des IQs um 9 Punkte thematisieren, aber den Anstieg um 60 Punkte ignorieren? Das nennt man Lügen mit Statistik.


Sollte man bezüglich Bruttosozialprodukt, Arbeitslosenzahlen etc. eine ähnliche Haltung einnehmen?

Kommen wir einmal zur Verdummung. Damit sich ein Merkmal in der Natur ausbilden kann, muss es selektiert werden. Dies kann durch natürliche oder sexuelle Selektion erfolgen. Das menschliche Gehirn ist ebenfalls die Folge von Selektionsprozessen. Zahlreiche Evolutionsbiologen sind der Auffassung, dass ein Großteil der menschlichen kognitiven Fähigkeiten eine Folge der sexuellen und nicht der natürlichen Selektion ist. Typisch sind z. B. viele kulturelle Leistungen (Kunst, Musik etc.), die keinen direkten Überlebensvorteil, aber Vorteile bei der Partnerwahl bieten. Man wollte gefallen. Entsprechend argumentieren Geoffrey F. Miller („Die sexuelle Evolution. Partnerwahl und die Entstehung des Geistes“), Matt Ridley („Eros und Evolution. Die Naturgeschichte der Sexualität“), aber auch Thomas Junker, der u. a. behauptet, dass das menschliche Großhirn durch Wettrüsten in der Gruppe entstanden sei.

Nun stammt von Trivers die Theorie (für die sehr viel spricht), dass die sexuelle Selektion maßgeblich durch den Unterschied in den Elterninvestments gespeist wird: Es findet maßgeblich eine Selektion bei dem Geschlecht statt, welches die geringeren direkten Elterninvestments erbringt. Mit anderen Worten: Frauen haben über einen sehr langen Zeitraum Männer mit höheren kognitiven Leistungen bevorzugt selektiert (die bekamen mehr Kinder). Hierdurch kam es zur menschlichen Gehirnentwicklung. Ganz ähnlich bei anderen Arten: Weil Pfauenweibchen Männchen mit großem Schweif bevorzugten, wuchs der mit der Zeit. Gleiches konnte bei Giraffen nachgewiesen werden (siehe Junker). Auch hier bevorzugen die Weibchen männliche Giraffen mit einem besonders langen Hals.

Was würde nun passieren, wenn die beiden Geschlechter bei den Pfauen übereinkämen, die Elterninvestments zwischen den Geschlechtern zu nivellieren? Einfache Antwort: Die Schweife würden verschwinden.

Das moderne Genderkonzept betreibt eine Nivellierung der Elterninvestments von Frauen und Männern. Welche Folgerungen ergeben sich hieraus? Einfache Antwort: Es würden sich die menschlichen Merkmale zurückbilden, die vor allem das Resultat der sexuellen Selektion waren, denn die sexuelle Selektion würde durch das Genderkonzept aufgehoben. Mit anderen Worten: Die Menschheit würde wohl wieder verdummen.

Das kann man sich einfach plausibel machen: Menschen mit hoher Intelligenz würden die verantwortungsvolleren Jobs bekommen (beide Geschlechter) und folglich einen höheren Anteil an sozialen Arbeiten leisten. Hierdurch hätten sie weniger Zeit für Familienarbeit. Infolgedessen würden sie weniger Kinder bekommen. Die Erfolgsmerkmale würden sich folglich zurückbilden.

Hiergegen könnte man folgende Gegenmaßnahmen implementieren:
1. Aufhebung des Sozialstaates. Es kann nur der Kinder bekommen, der sie auch selbst finanzieren kann. Dies will sicherlich heute niemand mehr.
2. Gezielte Eugenik. Menschen mit hoher Intelligenz werden gezielt zusammengeführt. Andere dürfen keinen Nachwuchs haben. Das verbietet sich schon von selbst.
3. Repimplementation der sexuellen Selektion. Das ist das, was die sozialen Insekten betreiben und was auch Mersch vorschlägt. Sein Vorschlag lautet: Dann lasst uns doch Frauen, die gerne mehrere eigene Kinder großziehen möchten, vollständig unter beruflichen Bedingungen von der Gemeinschaft finanzieren. Ihre Männer würden die Frauen selbst selektieren (sexuelle Selektion). Da diese Frauen verantwortlich wären für z. B. 5-7 kleine hilflose Menschen, führen sie eine Tätigkeit mit hoher Verantwortung aus. Mersch fordert deshalb entsprechende berufliche Qualifikationen als Voraussetzung für eine Bezahlung unter Berufsbedingungen.

Nur 3. ist eine soziale Lösung. Und sie ist auch humaner, ethischer und sozialer, als das, was wir zurzeit beitreiben. Wie du dann auf die Idee kommst, dein unethisches Gerede wäre in irgendeiner Weise relevant, ethisch vertretbar und diskussionswürdig, entzieht sich meiner Kenntnis.

smalonius hat geschrieben: Mersch ist ein Scharlatan; seine Schreibe trägt alle Züge von Pseudo-Wissenschaft.
Er hat
- einen Hang zu Begriffen, die ausser ihm niemand benützt
- er wirft mit gelehrt klingenden Begriffen um sich, die in keinem Zusammenhang zum Gesagten stehen. Zum Beispiel folgendes Zitat. Leider sagt Mersch nicht, was der arme Russell damit zu tun hat:
Mersch
„Russelsche Antinomie“ der Darwinschen Evolutionstheorie

Was wohl daran liegt, daß Russell damit nichts zu tun hat. :mg:

Mersch
Die fitteren Individuen übernehmen die sozialen Aufgaben (Nahrungssuche, Feindabwehr), die weniger fitten dagegen die Nachwuchsarbeit.

Was soll uns das sagen? Der Mensch als Mann ist Jäger und Krieger, die dummen Frauen ziehen die Kinder groß?


Auf den Gedanken, dass du das lediglich nicht verstanden hast, bist du noch nicht gekommen, oder? Du beziehst dich auf einen Folienvortrag, der auf wenige Worte das reduziert, was in einem 480-Seiten dickes Buch steht. Nun beginnt hier wieder das sonderbare Gebahren, was auf der einen Seite meint, ein 480 Seiten starkes Buch lese ich erst gar nicht, dennoch erlaube ich mir, die kurzen Sätze in einem Folienvortrag in meinem Sinne zu interpretieren.

Wenn etwas Scharlatanerie ist, dann das!

smalonius hat geschrieben:
Mersch
–Beispiel 1: Giraffenexemplare mit den längsten Hälsen (M/W) besorgen das Futter, solche mit kürzeren Hälsen (M/W) übernehmen dafür die Nachwuchsarbeit. Diese Population evolviert nicht, obwohl sie die Darwin-Voraussetzungen erfüllt!

Aha! Und wofür soll das ein Argument sein? Völlig abstrus.


Wenn du dein Gehirn anstrengen würdest, dann wüsstest es. Diese von Mersch konstruierte Giraffenpopulation erfüllt alle 5 Tatsachen der von Ernst Mayr spezifizierten Evolutionstheorie (Mayr, S. 148), für sie ergeben sich aber nicht die 3 Schlussfolgerungen. Es handelt sich folglich um eine Falsifikation, jedenfalls dann, wenn man sich an die Gesetze der Logik hält und nicht nur labern will.

smalonius hat geschrieben: Das zentrale Problem ist nur eins, wenn man wie Mersch unsinnigerweise zwischen Fitness und Reproduktionsinteresse trennt. Man kann ein soziales Problem daraus machen, aber keins der Evolutionstheorie. Bach hatte ganz viele Kinder, Kant überhaupt keins. Vor der Evolution sind sie alle gleich, egal welche Pseudofitness man einführt. :mg:


Einzelpersonen spielen für die Evolution keine Rolle. Mersch spricht von Korrelationen, er argumentiert also statistisch. Aber scheinbar ist seine mathematische Argumentationsweise zu hoch für dich.

smalonius hat geschrieben: Das kann man auch leicht in einem Gedankenexperiment zeigen:

Nehmen wir an, ich trüge eine Mutation in mir, die mich nicht an Malaria, AIDS, Pest, etc. erkranken ließe. Oder ein Mutation, die meinen IQ um 50 Punkte erhöht. Falls diese Mutation, die meine "Fitness" erhöht als Nebeneffekt meine Fruchtbarkeit aufhebt, würde sie sich nicht verbreiten.


Du argumentierst über Einzelfälle. Die sind für die Evolution ohne Relevanz. Du hast weder Evolution noch Evolutionstheorie verstanden.

smalonius hat geschrieben: So einfach ist das.


Ja ja, wenn man keine Ahnung hat, dann scheint das so einfach zu sein.

smalonius hat geschrieben: Welches Sozialdarwinismus-Dilemma? Das Dilemma ergibt sich nur, wenn man ein Bild der Evolution hat, das im 19. Jahrhundert gängig war. Mersch erwähnt in seinem PDF 9 mal den Kampf ums Dasein. Niemand, aber auch gar niemand, der eine Ahnung von Evolution hat, verwendet diesen Begriff heute noch.


Ernst Mayr verwendet diesen Begriff ständig in seinem Buch und das ist aus 2005. Außerdem ist es genau umgekehrt: Mersch verwendet den Begriff selbst nicht, sondern er verwendet ihn nur im Zusammenhang mit der Darwinschen Evolutionstheorie und speziell dem Sozialdarwinismus. Mersch verwendet stattdessen den Begriff „Selbsterhaltungsinteresse“. Auch hier zeigt sich mal wieder: Du bist der Scharlatan, denn du betreibst bewusst Manipulation.

smalonius hat geschrieben: Mersch's Vorstellung von Evolution ist arachisch. So archaisch, wie sein Frauenbild. :kg:


Sein Frauenbild dürfte jedenfalls moderner sein als deins. Nachdem, was du über Popp-and-Go geschrieben hast, sogar viel moderner.

smalonius hat geschrieben: Wenn man's nicht künstlich trennt, braucht man es auch nicht vereinheitlichen. Was kommt als nächstes, die Auslese nach der Säuglingssterblichkeit? Die Evolution der Großmutter als neues Prinzip der Auslese? Mersch baut einen Popanz nach dem anderen auf und reitet dann dagegen an wie Don Quixote gegen die Windmühlen.


Ich sagte doch bereits: Du hast keine Ahnung. Pfauenschweife entstehen in der Natur durch sexuelle Selektion, nicht durch natürliche Selektion. Gleiches gilt wohl für viele kognitive Fähigkeiten des Menschen. Die sexuelle Selektion ist schon systemtheoretisch (allein schon was den Lebensraum angeht) etwas völlig anderes als die natürliche Selektion. Hast du aber leider bislang noch nicht kapiert.

smalonius hat geschrieben:
Neue Erklärungen für Altruismus, Zivilisation, Sexualität etc.

Ich habe keine Erklärung gesehen. Nicht eine einzige. Nur Phrasen und Begriffe; aber ein neues Wort zu erfinden erklärt noch lange nichts. Dafür ist es aber ein untrügliches Kennzeichen für Pseudo-Wissenschaft.


Nun ja, das steht in dem Folienvortrag nicht, dafür aber in seinem 480-Seiten starken Buch, was bedauerlicherweise bei Books on Demand erschienen ist, sodass man es vor lauter Naserümpfen niemals im Leben anfassen würde, was einen aber nicht daran hindert, trotzdem Nonsensesätze darüber abzusondern.


Zitate korrigiert -folgsam
jackle
 
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Re: Ist der Evolutionsglaube eine Religion?

Beitragvon El Schwalmo » Fr 12. Jun 2009, 22:25

jackle hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:[ ... ]

würdest Du bitte 'El Schwalmo' durch 'smalonius' ersetzen?
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