Max hat geschrieben:Das bezweifle ich. Viele der selbsternannten Brights wissen gar nicht, was Naturalismus bedeutet. Mit einem konsequenten Naturalismus hat diese Bewegung und dieser unschöne Begriff nur wenig zu schaffen. Die Definition von "Bright" ist so enthöhlt und weitgefasst, dass sie kein Synonym für "Naturalist" ist. Der Naturalismus beinhaltet zahlreiche konkrete weltanschauliche Aussagen und ist eine konkrete und gehaltvolle Position.
Es ist schon interessant, dass das Wort "Naturalismus" in den gesamten Texten von Futrell & Geisert, den Gründern der Brights-Bewegung, nicht einmal auftaucht, sondern nur "das naturalistische Weltbild" und "Supernaturalismus".
Obwohl die beiden Bezeichnungen logisch äquivalent sind, scheint es für die beiden einen Unterschied zu machen, ob man sagt, alle Brights seien Naturalisten, oder ob man sagt, alle Brights seien Nichtsupernaturalisten (Anm.: das Wort "non-supernaturalist" taucht auf der Website auch nicht direkt auf).
Die Brights sind somit rein negativ charakterisiert, d.h. eben durch ihr Freisein vom Glauben an Übernatürliches (oder Mystisches). Eine genauere Erläuterung des Begriff der Übernatürlichkeit sucht man auf der Website allerdings vergeblich. Es bleibt praktisch jedem Bright selbst überlassen, sich seinen eigenen Reim darauf zu machen. Dass ein solches programmatisches Laisser-faire nicht gerade zu inhaltlicher Geschlossenheit und Einheitlichkeit führt, versteht sich von selbst. Futrell & Geisert erachten es unmissverständlich für unnötig und sogar verwerflich, über die oberflächliche, äußerst vage Definition ("free of supernatural and mystical elements") hinaus tiefer in die Materie einzudringen und substanziellere programmatische Festlegungen zu treffen. Jedem derartigen Versuch erteilen sie eine grundsätzliche Absage.
Selbst an einer verständnisfördernden Erläuterung ihrer Minimaldefinition sind sie nicht interessiert, da sie einem allgemein verbindlichen Begriffsverständnis aus dem Weg gehen möchten.
"We see little need to reach a common understanding of these terms, or to explicate beyond what is provided on the home page. We anticipate that those individuals who joined the constituency employed for all these terms some understanding in general use that they personally find apt."(
http://www.the-brights.net/vision/principles.html)
"The Brights movement is not an atheist movement, nor a humanist, freethinker, skeptical, rationalist, objectivist, igtheist, materialist, or secular humanist movement, nor any other manifestation of extant organizations and philosophies [P6]. The Brights’ Net eschews all attempts by others to label the movement, along with the saddling of individuals with negations of religious appellations (e.g., nonbeliever and godless person) [P7] that intimate disapproval and set down restrictive boundaries for a naturalistic worldview.""There need not be philosophical congruence among Brights, and it should not be presumed. In fact, within its simple naturalistic worldview definition, the Brights constituency can incorporate a rather expansive spectrum of philosophical stances. Much existing typecasting of the Brights is unfounded. For example, it is claimed by many that a naturalistic worldview features evident denial of the supernatural, or of god(s)."(
http://www.the-brights.net/vision/essay ... t_who.html)
Über die Konsistenz der obigen Aussagen lässt sich streiten.
Einerseits wird keine "philosophische Kongruenz" unter den Brights verlangt, aber andererseits müssen sie sich ja zwangsläufig irgendwie von anderen abgrenzen, wenn sie überhaupt eine Identität haben wollen.
Doch Futrell & Geisert lehnen selbst die Charakterisierung eines Brights als einer Person, die glaubt, dass es nichts Übernatürliches gibt, ab; denn in ihren Augen erfordert das Brightsein keinen positiven Glauben, sondern lediglich die Abwesenheit eines bestimmten positiven Glaubens, nämlich des Glaubens an Übernatürliches (und Mystisches).
Man begnügt sich mit einer sehr ungenauen Abgrenzung nach außen, und zeigt wenig bis kein Interesse an einem inneren philosophischen Zusammenhalt, was leider bedeutet, dass die Brights in sich ziemlich blutleer sind.
In diesem Punkt kann ich Max' Kritik durchaus nachvollziehen.
Alle Brights sind also Nichtsupernaturalisten, wobei, wie gesagt, es jedem selbst überlassen bleibt, sich seinen eigenen Begriff der Übernatürlichkeit zurechtzudefinieren, was freilich dazu führen kann, dass Bright A in einem anderen Sinne ein Nichtsupernaturalist ist als Bright B.
Es finden sich bei den Brights sogar Leute, die sich sowohl als Deisten als auch als Nichtsupernaturalisten/Naturalisten verstehen.
Wenn man sowohl die materialistischen, pantheistischen, deistischen als auch gar irgendwelche "paratheistischen" Standpunkte, die unter "Naturalismus" firmieren, unter einen Hut bringen will, wird es leider ziemlich schwierig, überhaupt irgendwelche echten inhaltlichen Gemeinsamkeiten zu finden.
Ich fasse zusammen:
Alle Brights sind Nichtsupernaturalisten und Nichtmystiker, aber es bleibt jedem Bright selbst überlassen zu bestimmen, was einen Nichtsupernaturalisten und einen Nichtmystiker ausmacht.
Wenn zwei Brights sich als Nichtsupernaturalisten oder Nichtmystiker bezeichnen, dann bedeutet dies nicht unbedingt, dass sie damit dasselbe meinen.