> 1) G[...] B[...] hat zutreffend auf die unseren GWUP-Link
> zum Thema Religion hingewiesen (nochmals:
>
http://www.gwup.org/themen/texte/religion/).
> Ich verweise auch auf mein Interview mit der MIZ:
>
http://www.gwup.org/themen/texte/religi ... a2004.html.
Ich habe mir die Ermahnung zu Herzen genommen und die Texte z.T. zum
wiederholten Male aufmerksam studiert, muss aber sagen, dass mich die Logik
heute weniger ueberzeugt denn je. Natuerlich kann jeder Verein tun was er
will, ob logisch oder nicht; das will ich mit dem Folgenden nicht in Abrede
stellen.
Eine der angefuehrten Begruendungen, sich aus der Diskussion um die
Gottexistenz heraus zu halten, ist die, was ich mal in meinen Worten nennen
will, "weiche Gott-Definition" bzw. der Umstand, dass es soviele
Gott-Definitionen wie Glaeubige zu geben scheint. Da die meisten glaeubigen
Diskutanten einer der zwei grossen Konfessionen angehoeren, gibt es gegen
diese Problem ein klares Mittel, naemlich dass man sich an die offizielle
Gott-Definition dieser Kirchen haelt. So schreibt der Vatikan allen, die
sich Katholik nennen, den Glauben an einen vom Vatikan sehr genau
definierten Gott vor. Die kath. Kirche hat anerkannterweise sozusagen das
Copyright darauf, wer sich Katholik nennen darf und wer nicht. Sie laesst
dabei keine Abweichung von ihrem wohldefinierten Gottesbild zu. Wer also
Gott anders definiert ist kein Katholik. Ich verstehe, dass man sich nicht
mit Tausenden und dazu noch je nach Diskussionssituation variierenden
Gottdefinitionen verzetteln will, aber wenn man sich auf die
Gottdefinitionen der beidden grossen Kirchen beschraenkt waere eine
Auseinandersetzung damit durchaus zu bewaeltigen. Die paar Sektierer, die
da noch uebrig bleiben, machen den Kohl nicht fett.
Die begrenzten Resourcen der GWUP erscheinen zunaechst als ein
einleuchtender Grund, dass man sich ja schliesslich nicht um alles kuemmern
kann. Aber quasi zu sagen, dass sich GWUP nicht um den Inhalt von im
Fernsehen angepriesenen Wuersten kuemmern kann, oder so aehnlich, das ist
ein roter Hering. Niemand duerfte sowas je im Ernst vorgeschlagen haben.
Aber es ist sicher jedem GWUPler aufgefallen, dass trotz aller gegenteiliger
Bemuehungen die Gottfrage immer wieder mit Macht auftaucht und nie ganz
verschwindet.
Es ist ja in Ordnung, dass man seine Grenzen kennt. Aber wie kann man sich
auf die Fliegen an der Wand konzentrieren und den Elefanten im Wohnzimmer
ignorieren?
Dadurch dass es die Religionen sind, die durch Indoktrination von Kindern
die Bereitschaft in Erwachsenen erzeugen, an uebersinnliche etc. Wesen und
Kraefte zu glauben, sind diese Religionen die fast ausschliesslichen
Wegbereiter zu fast all den Irrglauben, gegen die GWUP sich dann einsetzt.
Mit boeser Zunge koennte man daraus herleiten, dass GWUP eine bewusste
Entscheidung getroffen hat, nur an den Symptomen rum zu doktern und die
Ursache ausser acht zu lassen.
Ich habe nach Studien, die den ursaechlichen Zusammenhang zwischen
religioeser Erziehung und erwachsenem Glauben in uebersinnliche belegen,
nicht gesucht. Kann mir auch nicht vorstellen wie diese aussehen sollten.
Wenn man z.B. hergeht und untersucht ob das Vorkommen esoterischen Glaubens
bei bekennenden Christen hoeher ist als beim Durchscnitt der Bevoelkerung,
dann gibt das leider nichts her. Ich vermute naemlich, dass viele
Esoteriker einen grossen Teil ihres religioesen Glaubens aufgrund der
erkannten Albernheit (weinede Madonnen etc.) abgelegt haben aber den schon
im Kindesalter unausloeschbar einoktroierten Glauben an wundersame Kraefte
beibehalten. Davon leben die im weitesten Sinne esoterischen Gurus.
Der ursaechliche Zusammenhang zwischen religioeser Indoktrination und der
Bereitschaft, an unsichtbare, uebersinnliche etc. Kraefte zu glauben, ist zu
offensichtlich, um dafuer wirklich gutes Geld ausgeben zu wollen. Aber
wer's will, weil er vielleicht mit Studien besser argumentieren kann, more
power to him.
Ich halte auch die Behauptung, das die Gottexistenz-Frage nicht
wissenschaftlich behandelt werden kann, nicht fuer so recht wasserdicht.
Ich will versuchen, die von ihrer Natur her langatmige Ausfuehrung auf nur
eine Frage zu verdichten: Hat oder hatte der stipulierte Gott jemals in
irgendeiner Weise Einfluss oder Einwirkung auf irgendwas irgendwo im
Universum? Das muesste sich doch nachweisen und mit wissenschaftlichen
Regeln der Diskussion behandeln lassen.
Wir tun als Skeptiker voellig analoges ganz und gar ungezwungen z.B. mit den
"N-Rays". Klar, wir koennten stundenlang diskutieren ob die N-Strahlen
heilsame oder schaedliche oder was sonst noch fuer Wirkungen haben. Aber
ein durchaus legitimer und in den wie gegenwaertig gesteckten Rahmen der
GWUP passender Ansatz ist es auch, ueberhaupt erstmal den Nachweis fuer die
Existenz von N-Rays einzufordern und, falls dieser nicht erbracht werden
kann, offiziell davon auszugehen, dass N-Rays nicht existieren. Das scheint
mir nicht grundsaetzlich verschieden von der Gottfrage.
In vielen Worten erklaert GWUP stattdessen warum sie den Elefanten in der
Stube doch besser nicht sehen sollten. Mit ausgekluegelten Argumenten
werden dort Differenzierungen gemacht wo eigentlich kein wirklich
einleuchtender Unterschied besteht. Distinction without difference, wie wir
Amis sagen wuerden. Und um wieder die boesen Zungen zu bemuehen: diese
wuerden es Haarspalterei nennen.
Sicher gibt es einen feinen Unterschied zwischen Para- und
Pseudowissenschaften. Aber was soll's; erfuellt die ernstgenommene
Theologie, katholisch oder Lutherisch, nicht die Kriterien fuer beides?
Irgendwo, ich glaube in dem Interview, las ich zur Stuetzung / Erklaerung
der Gruende warum sich GWUP nicht mit der Existenz von Goettern befasst in
etwa "(Nicht-)existenz Gottes oder der Sinn des Lebens kann nicht
wissenschaftlich entschieden werden". Das sind zwei voellig verschiedene
Kategorien. Die Taktik ist geschickt aber dennoch fuer den der mitdenkt
durchsichtig: Jeder stimmt zu, dass der Sinn des Lebens nicht
wissenschaftlich entschieden werden kann. Mit der unhinterfragten
Gleichstellung mit der Frage der Gottexistenz wird der Eindruck vermittelt,
dass somit dann logischerweise auch die Gottexistenzfrage nicht
wissenschaftlich entschieden werden kann. Ich finde, die Gruende fuer den
Ausschluss der Gottexistenz-Frage sollten auf ihren eigenen Beinen stehen
koennen und nicht weitgehend von einem voellig irrelevanten Vergleich mit
dem Sinn des Lebens abhaengig sein.
Natuerlich kann und will ich, besonders als Nichtmitglied aufgrund zu
grosser Entfernung, der GWUP keine Vorschriften machen, ob sie sich weiter
damit begnuegen will, am Rand rum zu knabbern indem sie die esoterischen
Fliegen an der Wand scheucht, oder ob sie sich dem zentralen und
ursaechlichen Problem stellt, naemlich der ins Erwachsenenalter hinein
nachhaltenden religioesen Indoktrinierung von Kindern, an unsichtbare,
nicht-von-dieser-Welt und aussersinnliche Kraefte und Wesen vom Prinzip her
zu glauben.
Eine Stellungnahme zur Frage der Gottesexistenz oder sogar allein die
Aufnahme der Frage wuerde mit Sicherheit einige der zahlenden Mitglieder der
GWUP vermuffen. Aber ich bin ueberzeugt, dass sich sehr schnell der
Eindruck groesserer intellektueller Ehrlichkeit verbreiten und verstaerken
wird und der Verlust mehr als wett gemacht wird.
Es ist bei mir Samstag Abend. Dies war also das Wort zum Sonntag.