[Übersetzung] Richard Dawkins - The Future Looks Bright

Bei technischen Problemen oder für administrative Fragen.

[Übersetzung] Richard Dawkins - The Future Looks Bright

Beitragvon Falk » Do 12. Okt 2006, 13:59

Hier nun die Übersetzung des genannten Essays. Wir haben hier besonders das Problem, das "Bright" als englisches Wort im Deutschen nicht ganz einfach zu handhaben ist. Das macht einige Stellen für den deutschen Leser schwer nachzuvollziehen oder wenig relevant. Ich habe daher einen ganzen Absatz in eckigen Klammern eingefügt, um etwas Klarheit (Brightness ;) ) zu schaffen.
Den letzten Absatz habe ich weggelassen, da er mir unübersetzbar scheint. (Ein "brighter Präsident"?)

Einige andere Stellen habe ich wörtlich oder gar nicht übersetzt und suche noch nach sinnvolle(re)n Translationen. Diese Stellen sind rot markiert, in Klammern dahinter das Original.

-------------


The Future Looks Bright
Sprache kann unser Weltbild verändern. Richard Dawkins unterstützt einen Versuch, den Atheismus durch ein neues positiv besetztes Wort ins allgemeine Bewußtsein zu rufen.

Ich erinnere mich an eine Science-Fiction-Geschichte, in der Astronauten auf einer Reise zu einem fernen Stern zunehmend Heimweh bekamen: "Allein der Gedanke, daß es Frühling ist auf der Erde!" Sie werden vielleicht nicht auf Anhieb bemerken, welcher Fehler in dieser Aussage liegt, so tief verwurzelt ist unser unbewußter Nordhalbkugel-Chauvinismus. "Unbewußt" – das ist der Punkt. Und genau hier ist das Bewußtmachen gefragt.

Ich vermute, daß es einen tieferen Sinn hat, daß man in Australien und Neu-Seeland Weltkarten kaufen kann, auf denen der Südpol oben ist. Wären das nicht hervorragende Karten für unsere Klassenräume? Eine großartige Möglichkeit des Bewußtmachens! Jeden Tag würden die Kinder daran erinnert, daß der Norden kein Monopol auf „oben“ hat, die Karte würde sie neugierig machen und ihr Bewußtsein für diesen Chauvinismus schärfen. Und sie würden es ihren Eltern erzählen.

Die Feministen haben uns das Bewußtmachen gelehrt – früher habe ich noch gelacht über „ihm oder ihr“ und „die/der Vorsitzende/r“ und aus ästhetischen Gründen verzichte ich darauf immer noch wenn möglich, aber die Wichtigkeit dieses Bewußtmachens leuchtet mir ein. Heute zucke ich zusammen vor „One man one vote“ (Ein Mann, eine Stimme). Heute ist mir das sehr bewußt. Und ihnen wahrscheinlich auch!

Früher mißfiel mir der Aktionismus meiner amerikanischen, atheistischen Freunde. Sie waren besessen davon, „under God“ aus dem Treueeid zu verbannen (in den es erst 1954 eingefügt wurde), wohingegen mir die chauvinistische Grobheit des Treueschwurs gegenüber einer Flagge mehr Sorgen machte. Sie wollten „In God we Trust“ von den Dollarnoten streichen (eingeführt erst 1956), ich hingegen war besorgt über die Dollars, die evangelikale TV-Prediger steuerfrei anhäufen konnten, indem sie alten Damen ihre Ersparnisse abschwatzten. Meine Freunde nahmen Streit mit der Nachbarschaft in Kauf, um gegen verfassungswidrige Poster mit den 10 Geboten in Kassenräumen zu protestieren. „Aber es sind doch nur Worte!“ sagte ich. „Warum regt ihr euch über bloße Worte so auf, wenn es doch so viel andere Dinge gibt, gegen die man vorgehen muß?“ Heute bin ich anderer Meinung. Worte sind alles andere als trivial. Sie sind wichtig, weil sie Bewußtsein schaffen.

Das für mich wichtigste Thema, das wir ins allgemeine Bewußtsein rufen sollten habe ich schon oft erwähnt und ich entschuldige mich nicht für diese Wiederholungen, denn genau das ist es, das Bewußtsein schafft. Bei Phrasen wie „katholisches Kind“ oder „muslimisches Kind“ sollten ebenso Alarmglocken in unseren Köpfen läuten wie bei „One man one vote“. Kinder sind zu jung, um eine religiöse Meinung zu haben. Genauso wie man bis 18 nicht wählen darf, sollte man auch frei sein, die eigene Kosmologie und Ethik selbst frei zu bestimmen, ohne daß die Gesellschaft annimmt, daß man automatisch dem Glauben der Eltern folgt. Wir wären entsetzt, wenn man uns von „leninistischen Kindern“ oder „neo-konservativen Kindern“ oder „Hayekian monetarist Kindern“ erzählte. Ist es dann nicht eine Art Kidnesmißhandlung, von katholischen oder protestantischen Kindern zu sprechen? Speziell in Nord-Irland und Glasgow, wo solche Etikette über Generationen hinweg Nachbarschaften für Jahrhudnerte gespalten haben und sogar einem Tidesurteil gleichkommen können?

Katholisches Kind? Ein kalter Schauer. Protestantisches Kind? Es schüttelt mich. Muslimisches Kind? Ich zittere. Jedermann sollte das bewußt werden. Manchmal braucht man einen Euphemismus und ich empfehle: „Kind jüdischer Eltern“. Im Grunde ist das ohnehin alles, worüber wir reden – genauso wie die auf dem Kopf stehende (schon wieder Nördliche-Hemisphären-Chauvinismus. Zitter!) Karte aus Neu-Seeland uns die geographischen Wahrheiten ins Bewußtsein ruft, sollten Kinder nicht hören müssen, daß sie als „christliche Kinder“ beschrieben werden, sondern als „Kinder christlicher Eltern“. Das alleine würde auch deren Bewußtsein schärfen und ihnen die Möglichkeit geben, sich ihre Religion, oder keine Religion, selbst auszusuchen, anstatt annehmen zu müssen, daß Religion bloß „Glaube der Eltern“ meint. Ich kann mir gut vorstellen, daß diese sprachliche Freiheit dazu führen könnte, daß einige Kinder sich für gar keine Religion entscheiden würden.

Bitte versuchen sie, den Menschen bewußt zu machen, welche Worte sie gebrauchen, um Kinder zu beschreiben. Wenn sie bei einem gemeinsamen Abendessen jemanden über eine Schule für muslimische oder katholische Kinder (Phrasen, die man täglich in der Zeitung findet) sprechen hören, unterbrechen sie: „Wie können sie so etwas sagen? Sie würden doch auch nie von SPD-Kindern und CDU-Kindern sprechen, wie können sie da ein Kind als katholisch (muslimisch, protestantisch, etc.) beschreiben?“ Mit etwas Glück wird jeder, der dabei war, das nächste Mal selbst erschrecken, wenn er solche falsche Etikettierungen hört, und das Mem wird sich verbreiten.

Ein Triumph des Bewußtmachens war die Umdeutung des Wortes „gay“ (dt.: lebenslustig) durch die Homosexuellen. Ich habe es immer sehr bedauert, das Wort in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr verwenden zu können. Aber eine positive Folge ist, daß „gay“ einen Nachahmer provoziert hat, der das Hauptthema dieses Artikels ist. „Gay“ ist prägnant, erhebend und positiv - „homosexuell“ ist abwertend und „Schwuchtel“ oder „Tunte“ sind Beleidigungen. Diejenigen unter uns, die keiner Religion angehören; diejenigen, deren Weltbild rein naturalistisch ist; diejenigen, die sich des Realen erfreuen und die die falsche Sicherheit des Irrealen verachten, wir brauchen auch ein Wort wie „gay“. Man kann sagen „Ich bin ein Atheist“, aber bestenfalls klingt das staubtrocken (wie „Ich bin homosexuell“), schlimmstenfalls provoziert es Vorurteile (wie „Ich bin homosexuell“).
[Anm. des Übersetzers: Auch im Deutschen hat eine Umdeutung stattgefunden, wenngleich aus der entgegengesetzten Richtung kommend: „schwul“ hatte anfangs eine negative Bedeutung, heute noch erkenntlich an den „Schwulitäten“, wurde aber ins Positive umgedeutet. Es ist also durchaus denkbar, auf diese Weise ein anderes deutsches Wort analog zu „schwul“ umzudeuten, anstatt das englische „Bright“ zu übernehmen. Jedoch ermöglicht ein international verständlicher und gebräuchlicher Begriff eine wesentlich effektivere Umdeutung und damit schnellere Akzeptanz, weswegen die Brights Bewegung auch in Deutschland den englischen Begriff „Bright“ beibehält]

Paul Geisert und Mynga Futrell aus Sacramento, Kalifornien, wollen ein neues Wort prägen, ein neues „gay“. So wie „gay“ soll es ein zum Nomen umgedeutetes Adjektiv sein. So wie „gay“ soll es einprägsam sein: ein potenziell produktives Mem. So wie „gay“ soll es positiv, warm, erfreulich und heiter (engl.: „bright“) sein.

Bright? Ja, bright. Bright ist das Wort, das neue Nomen. Ich bin ein Bright. Sie sind ein Bright. Sie ist ein Bright. Wir sind Brights. Ist es nicht Zeit, sich als Bright zu bekennen? Ist er ein bright? Ich kann mir nicht vorstellen, mich in eine Frau zu verlieben, die kein Bright ist. Die Webseite http://www.celeb-atheists.com/ weist darauf hin, daß viele Intellektuelle und andere berühmte Personen Brights sind. Brights machen 60% der amerikanischen Wissenschaftler aus, und erstaunliche 93% der Forscher, die gut genug sind, in die National Academy of Sciences (das Äquivalent zur Akademie der Wissenschaften) gewählt zu werden sind Brights. Auch wenn es zur Zeit niemand zugeben kann, ohne dadurch nicht mehr gewählt zu werden, muß der US-Kongreß voll sein mit heimlichen Brights. So wie mit den „Gays“, je mehr Brights sich als solche bekennen, desto einfacher wird es für andere Brights sein, eben das zu tun. Menschen, die den Begriff „Atheist“ nicht verwenden wollen, dürften glücklich sein, sich Bright nennen zu können.

Geisert und Futrell bestehend arauf, daß ihr Wort ein Nomen ist und nicht als Adjektiv verwendet werden sollte. „Ich bin bright“ klingt arrogant, „Ich bin ein Bright“ hört sich zu ungewöhnlich an als daß es arrogant seien könnte: Es ist rätselhaft und macht neugierig. Es führt zur Frage „Was um alles in der Welt ist ein Bright?“ Und dann können sie antworten: „Ein Bright ist eine Person, deren Weltbild frei ist von übernatürlichen und mystischen Elementen. Die Ethik und Handlungen eines Bright basieren auf einem naturalistischen Weltbild.“

„Sie meinen, ein Bright ist ein Atheist?“

„Nun, manche Brights nennen sich selbst Atheisten. Manche nennen sich Agnostiker. Manche Humanisten, manche Freidenker. Aber allen Brights ist gemein, daß ihr Weltbild frei von Übernatürlichem und Mystischem ist.“

„Ah, ich verstehe. Es ist ähnlich wie „gay“. Was ist dann das gegenteil eines Brights? Wie nennen Sie eine religiöse Person?“

„Was wäre Ihr Vorschlag?
--------------------
Sie können sich als Bright registrieren auf http://www.the-brights.net oder auf der deutschen Seite http://www.brights-deutschland.de vorbeischauen. Richard Dawkins ist Charles Simonyi Professor of the Public Understanding of Science an der Universität Oxford und Gründer der Richard Dawkins Foundation.
Zuletzt geändert von Falk am Do 12. Okt 2006, 18:12, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Falk
 
Beiträge: 754
Registriert: So 10. Sep 2006, 20:45
Wohnort: Mainz

Beitragvon Max » Do 12. Okt 2006, 14:56

* bewusst machen
* konservativ Grobheit, Bosheit, Unfeinheit, Indezenz (?)
* ultrakonservativen Kindern (spielt hier ja keine Rolle...)
* amerikanisches Pendant zur Royal Society; gleichbedeutend, ähnlich, gleichwertig zur Royal Society
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Gute Übersetzung

Beitragvon Klaus » Do 12. Okt 2006, 15:43

1. Übereinstimmung mit Max, bewußt machen,
2.Tokenism, Scheinaktivität, blinder Aktionismus,
3. chauvinistische Gehässigkeit,
4. Hayek, konservativer Wirtschaftsökonom, insbesondere in der Geldpolitik, wird von Neocons und Neolib sehr gern verwendet und ist in Deutschland auch sehr weit verbreitet.
5. keep ist simple, Akademie der Wissenschaften ist in meinen Augen OK.
Benutzeravatar
Klaus
 
Beiträge: 4704
Registriert: Mo 11. Sep 2006, 21:43
Wohnort: get off the Net, I´ll meet you in the Streets

Beitragvon Falk » Do 12. Okt 2006, 18:12

1. Gute Idee. Aber: das Bewußtmachen. :)
2. "Aktionismus" übernommen, auch wenn es das englische Wort nicht 100%ig trifft. vielleicht sollte man den Tokenismus einführen...
3. "Grobheit" scheint mir passend.
4. Über Hayek habe ich mich informiert, aber wie übersetzt man "Hayekian monetarist children"!?
5. @Max: Der vergleich mit der britischen Entsprechung bringt dem deutschen Leser ja nichts. Ich wußte bloß nicht, ob die AdW tatsächlich das deutsche Pendant ist.

Änderungen oben eingefügt. Für 4) fehlt noch eine genaue Übersetzung.
Benutzeravatar
Falk
 
Beiträge: 754
Registriert: So 10. Sep 2006, 20:45
Wohnort: Mainz


Zurück zu Technisches und Forenverwaltung

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 11 Gäste

cron