Lelaawi hat geschrieben:Solange sich auf einem Kreuz keine Leiche befindet, ist ein Kreuz für mich ein Kreuz. Ein Symbol also, mal zeigt es mir an dass sich hier der höchste Punkt eines Berges befindet und mal dass ich die Vorfahrt achten muss. Es kann aber auch Mahnmal sein. Das Kreuz ist älter als das Christentum, die Christen haben kein Copy-write für es!
Ich halte den Symbolstreit zwar, wie gesagt, für zweitrangig, aber ok, wenn du sogar bezweifelst, dass das Kreuz (in der klassischen Form des Christenkreuzes mit einem langen und einem kurzen Balken) ein christliches Symbol ist, müssen wir wohl doch mal kurz in die Definitionen schauen:
http://www.britannica.com/EBchecked/topic/144028/cross hat geschrieben:cross, the principal symbol of the Christian religion, recalling the Crucifixion of Jesus Christ and the redeeming benefits of his Passion and death. The cross is thus a sign both of Christ himself and of the faith of Christians. In ceremonial usage, making a sign of the cross may be, according to the context, an act of profession of faith, a prayer, a dedication, or a benediction.
Sorry, aber ich glaube, die Enzyklopädien und das Bundesverfassungsgericht sind sich da mit mir einig: Das Kreuz ist ein christliches Symbol, das explizit für das Christentum und christliche Glaubensinhalte steht (man beachte, dass das BVerfG die
Herrschaft Christi nennt, wenn man das mal nicht ein Kandidat für Vorherrschaftsansprüche ist) und jede Behauptung, das Kreuz stehe doch für allgemeinere Werte und man solle das nicht so eng sehen, ist einfach weit an den Tatsachen dabei. Zu leugnen, dass das Kreuz nicht seit rund 1700 Jahren für das Christentum steht, ist Geschichtsklitterung und eine üble Form von Doppeldenk.
Lelaawi hat geschrieben:Aber keinesfalls fühle ich mich in meinem "atheistischen Glauben" verletzt, wenn ich Kreuze im öffentlichem Raum sehe. Ich bin nämlich kein atheistischer Fundamentalist, sondern Freidenker. :-)
Ich habe Zweifel, dass du das eigentliche Problem überhaupt verstanden hast. Das hier ist ein
demokratisches Problem, kein weltanschauliches! Es geht nicht darum, dass jemand sich in seinen Ansichten verletzt fühlt, wenn er ein Symbol einer anderen oder auch konkurrierenden Weltanschauung sieht. Ich habe kein Problem mit der Kirche am Marktplatz, auch wenn die optisch den öffentlichen Raum durchaus dominiert. Die steht aus historischen Gründen so repräsentativ im Dorfzentrum und befindet sich auf privatem Grund der Kirche. Das Bankgebäude auf Privatgrund daneben stört mich auch nicht.
Etwas ganz anderes ist es, wenn Symbole, die die Ansichten einer bestimmten Gruppe repräsentieren, einfach so mitten in den öffentlichen Raum gepflanzt werden. Das ist, wie gesagt, kein weltanschauliches, sondern ein demokratisches Problem, weil damit kommuniziert wird, dass eine bestimmte Gruppe Vorrechte hat.
Stell dir vor, in einem ostdeutschen Dorf, wo die Linkspartei regiert, käme eine linke Jugendgruppe auf die Idee, drei zwei Meter hohe Kommunistensterne anzumalen und an und für sich nette Sachen wie "Gleichheit für alle!", "Friede allen Völkern!" und sowas draufzuschreiben. Und dann sagt die Linkspartei, dass es ja völlig ok wäre, wenn man die Kommunistensterne auf den Dorfplätzen verteilen würde. Au backe, den shitstorm, der deutschlandweit durch die Medien brausen würde, kann ich mir gar nicht ausmalen. Da kapiert nämlich jeder instinktiv, dass das einseitige Landnahme unter den Vorzeichen einer bestimmten Weltanschauung wäre. Nur wenn es die traditionsverbrämte Kirche ist setzt bei vielen Leuten, anscheinend auch Atheisten, so eine mitleidige Beißhemmung ein, weil die ja eigentlich ganz lieb und voll edler Motive sind. Unsinn! Die Kirche vertritt ihre eigenen Ansprüche genau wie alle anderen Akteure in der politischen Arena auch und muss da nicht sanfter angefasst werden, weil sie ein bisschen Weihrauch abbrennt und gute Worte verteilt.
Es muss die Neutralität des Staates gelten, deshalb darf es keine Vorzugsbehandlung für irgendjemanden geben (Ausnahme: Wer sich abseits demokratischer Anschauungen bewegt und latent intolerant gegenüber anderen Menschen ist, wie z.B. die Nazis, darf benachteiligt werden, Stichwort "wehrhafte Demokratie").