Warum sind wir Atheisten?

Re: Warum sind wir Atheisten?

Beitragvon Arathas » Do 28. Aug 2014, 08:36

ujmp hat geschrieben:Man wirft Theisten von atheistischer Seite gelegentlich vor, ihre Glaubensvorstellungen seien Wunschvorstellungen. Manche antworten dann: "Deine atheistischen Vorstellungen sind ja nichts anderes." - Hm, wenn man so argumentiert wie du, hätten sie jedenfalls recht. Das ist mir persönlich zu oberflächlich. Es ist mir auch zu gleichgültig gegenüber andersdenkenden Menschen.


Es ist auch jetzt schon nur reine Wunschvorstellung von mir, dass ich frei bin in meinen Entscheidungen. Nach allem, was ich weiß (was die Physiker so herausgefunden haben) gibt es die Zeit nicht in der Form, in der wir sie erleben, sondern es steht bereits alles fest. Meine Handlungsfreiheit beschränkt sich darauf, dass ich glaube, eine zu haben, und nicht darauf, eine zu haben. Dennoch ist für mich weiterhin die einzig logische Lebensweise die, meine Handlungen und Entscheidungen als frei anzuerkennen und die Konsequenzen als (auch) durch mich getriggerte Ereignisse zu erleben.

Ob ich nun also ein von Physikern determiniertes Universum habe, das mir keine freie Handlung ermöglicht, oder ein durch einen Gott determiniertes Universum - ich bin in beiden Fällen nur Wunschdenker. Aber es ist für mich der Weg, der mich glücklich macht. Mit dem Gedanken, dass eh schon alles fest steht, wäre ich nicht glücklich. Ich bin ein selbstzentriertes Egoschwein. Es geht mir im Grunde nur darum, selber ein Leben zu haben, mit dem ich klar komme. Auf diese Weise komme ich klar damit.

Nachtrag: Ist das "die Wahrheit verleugnen"? Keine Ahnung. Aber ich bezweifle, dass irgendein Mensch in der Lage ist, ein determiniertes Universum in seiner Gänze anzuerkennen und alle Konsequenzen daraus für sich selbst zu ziehen. Das würde einen doch kaputt machen. Nun, mich würde es vermutlich kaputt machen.
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Re: Warum sind wir Atheisten?

Beitragvon Vollbreit » Fr 29. Aug 2014, 11:18

@ Arathas:

Das ist leider wirklich etwas oberflächlich, denn gerade zu den beiden von Dir angesprochenen Bereichen Willens- und Handlungsfreiheit und ihre Möglichkeit in einer angenommen determinierten Welt – von der man keinesfalls annehmen muss, dass sie tatsächlich determiniert ist – gibt es hier im Brights-Froum sehr schöne und vor allem anspruchsvolle Thread.

Du bist auch kein selbstzentriertes Egoschwein, zumindest müsstest Du keines sein: ;-) Ich verstehe bis zum heutigen Tag nicht, was so verlockend daran ist, die einen Mythen zu bekämpfen und die anderen klaglos zu schlucken. Auch hierzu kannst Du im Brightsforum einiges nachlesen.

Aber der wichtige und schöne Satz ist der hier:
Arathas hat geschrieben:Es geht mir im Grunde nur darum, selber ein Leben zu haben, mit dem ich klar komme. Auf diese Weise komme ich klar damit.

Man könnte draufdreschen und sagen, dies sei ein Offenbarunsgseid, doch das ist es nicht.
Es ist das, worum es uns zu einem hohen Maße allen geht, Du hast halt den Mut es auszusprechen.
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Re: Warum sind wir Atheisten?

Beitragvon xander1 » Fr 29. Aug 2014, 12:24

Mittlerweile frage ich mich, ob es nicht besser gewesen wäre von Anfang an Monotheist zu sein, weil man so besser lernt andere hinters Licht zu führen, die Wahrheit zu verdrehen und zu manipulieren und zu lügen, besonders in Dingen über einen selbst. Denn niemand kann in dich hineinschauen, so dass du viel über deinen Glauben behaupten kannst. Man muss das ja nicht zwangsläufig in böser Absicht tun. Allerdings das krasse Gegenteil immer ehrlich zu sein, schadet einem auf Dauer nur selbst.
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Re: Warum sind wir Atheisten?

Beitragvon ujmp » Fr 29. Aug 2014, 12:52

Arathas hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Man wirft Theisten von atheistischer Seite gelegentlich vor, ihre Glaubensvorstellungen seien Wunschvorstellungen. Manche antworten dann: "Deine atheistischen Vorstellungen sind ja nichts anderes." - Hm, wenn man so argumentiert wie du, hätten sie jedenfalls recht. Das ist mir persönlich zu oberflächlich. Es ist mir auch zu gleichgültig gegenüber andersdenkenden Menschen.


Es ist auch jetzt schon nur reine Wunschvorstellung von mir, dass ich frei bin in meinen Entscheidungen. Nach allem, was ich weiß (was die Physiker so herausgefunden haben) gibt es die Zeit nicht in der Form, in der wir sie erleben, sondern es steht bereits alles fest. Meine Handlungsfreiheit beschränkt sich darauf, dass ich glaube, eine zu haben, und nicht darauf, eine zu haben. Dennoch ist für mich weiterhin die einzig logische Lebensweise die, meine Handlungen und Entscheidungen als frei anzuerkennen und die Konsequenzen als (auch) durch mich getriggerte Ereignisse zu erleben.

Ob ich nun also ein von Physikern determiniertes Universum habe, das mir keine freie Handlung ermöglicht, oder ein durch einen Gott determiniertes Universum - ich bin in beiden Fällen nur Wunschdenker. Aber es ist für mich der Weg, der mich glücklich macht. Mit dem Gedanken, dass eh schon alles fest steht, wäre ich nicht glücklich. Ich bin ein selbstzentriertes Egoschwein. Es geht mir im Grunde nur darum, selber ein Leben zu haben, mit dem ich klar komme. Auf diese Weise komme ich klar damit.

Nachtrag: Ist das "die Wahrheit verleugnen"? Keine Ahnung. Aber ich bezweifle, dass irgendein Mensch in der Lage ist, ein determiniertes Universum in seiner Gänze anzuerkennen und alle Konsequenzen daraus für sich selbst zu ziehen. Das würde einen doch kaputt machen. Nun, mich würde es vermutlich kaputt machen.


Die Themen, die du hier ansprichst, sind philosophisch ausgesprochen schwierig und zwar für alle, Theisten wie Atheisten - da herrscht sozusagen Unwissenheitsgleichstand. Religiöse Apologeten lieben gerade solche Themen, die etwas nebulös sind, weil dort die freie Interpretation losgeht. Es gibt Dinge - und die wird es immer geben - die außerhalb unserer intellektuellen Reichweite liegen. Im Alltag und auch weit darüber hinaus, in den allermeisten Gebieten der Wissenschaft, bewährt sich die atheistische Herangehensweise aber hervorragend. Wer bringt sein krankes Kind schon zum Wunderheiler? Wer hat noch Angst vor Dämonen oder Flüchen? Sicher, ab einer bestimmten Stelle setzt immer ein Glaube ein, also das Bauen auf Voraussetzungen, die man nicht weiter prüfen kann. Das Problem an Religion und Aberglaube ist aber, dass sie an Sachen glauben, die man sehr leicht prüfen kann und dass die daran Gläubigen sich der Prüfung verweigern und sogar die Widerlegung ignorieren. Kurz, das Problem ist das Fehlen des kritischen Elementes, das starre Festhalten an Glaubenssätzen. Purer Atheismus schützt davor sicher auch nicht, aber wissenschaftliches Denken hat von vornherein einen komplett anderen Charakter. Religiöse Wissenschaftler akzeptieren das auch und sprechen daher vom "methodischen Atheismus", d.h. sie forschen als ob sie Atheisten wären.

Also, lass dich mal nicht ins Bockshorn jagen! Nur weil du an bestimmten Fragen nicht mehr weiterweißt, musst du nicht das, was du weißt in Frage stellen.
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