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Hütet Euch vor Heiligen Schriften!
Texte über gottgewollte Gewalt machen aggressiv, weisen Forscher nach
Nicht nur Actionfilme und Killerspiele am Computer können aggressives Verhalten fördern. Neue Forschungsergebnisse beweisen: literarische Texte können das Gleiche tun, ganz besonders, wenn sie eine göttliche Rechtfertigung von Gewaltakten anbieten. Und ihr Einfluß begrenzt sich durchaus nicht auf religiöse Extremisten. Wissenschaftler des angesehenen Institutes für Sozialforschung (Institute for Social Research, ISR) an der Universität von Michigan, USA, fanden heraus, daß Lesen über Gewalt im Namen Gottes bei durchschnittlichen Religiösen – und sogar bei Nichtreligiösen – Aggressionen weckt. „Es ist wichtig zu beachten, daß wir Beweise, die diese Hypothese bestätigen, von Gruppen von Universitätsstudenten gewonnen haben, die nach unserer Einschätzung nicht dem Typ von Terroristen entsprachen, die Zivilisten in die Luft sprengen”, schreibt Brad Bushman, Professor der Psychologie und Kommunikation am ISR. „Sogar unter unseren Teilnehmern, die nicht religiös waren, führte Kontakt zu gottgewollter Gewalt in der Folge zu Aggressionssteigerung. Daß diese Wirkung bei solch einer Gruppe festgestellt wurde, mag die heimtückische Macht des Einflusses von Gewalt in literarischen Schriften belegen.”
Prof. Bushman und seine Kollegen führten zwei unabhängige Studien mit Studenten der Brigham Young University in den USA und der Vrije Universiteit Amsterdam in den Niederlanden durch und veröffentlichten die Ergebnisse in der Zeitschrift Psycholocal Science (Jahrgang 18, Nr. 3, When God Sanctions Killing. Effects of Scriptural Violence on Aggression). Nachdem sie ihre religiösen Überzeugungen und Bindungen zu Protokoll gegeben hatten (99 Prozent der Teilnehmer aus den USA glaubten an Gott und die Bibel; 50 Prozent der Teilnehmer aus den Niederlanden glaubten an Gott und 27 an die Bibel), wurde beiden Gruppen der gleiche Text zu lesen gegeben. Es war eine Bearbeitung eines Textes aus der Autorisierten Version des Alten Testamentes, die die brutale Vergewaltigung und Ermordung einer Frau und den Aufruf ihres Mannes zur Rache an den Tätern beschreibt. Die Hälfte der Teilnehmer aus jeder Gruppe las eine Version, die einen Satz enthielt, in dem Gott seine Anhänger dazu aufruft, gegen andere zur Waffe zu greifen, die andere Hälfte erhielt eine Version ohne diesen Satz. Einer Hälfte wurde gesagt, der Text stamme aus dem Alten Testament, der anderen wurde erzählt, er komme von einer alten, von Archäologen entdeckten Schriftrolle. Nachdem sie den Text gelesen hatten, nahmen die Testpersonen an einem einfachen Reaktionstest teil, in dem jeder von ihnen gegen einen Partner von außerhalb der Testgruppe antrat. Der jeweilige Gewinner, wurde ihnen gesagt, dürfe den Partner, der verloren habe, mit einem Geräusch in der Lautstärke von Feueralarm beschallen (etwa 105 Dezibel). So wird gemeinhin Aggression gemessen. Die Forscher fanden heraus, daß die religiösen wie auch die nicht-religiösen Studenten ihre Partner dann mit einem lauteren Knall bedachten, wenn ihnen gesagt worden war, der gelesene Text stamme aus der Bibel. Die Aggressivität der Antwort war auch bei den Teilnehmern größer, die die Textversion gelesen hatten, die einen direkten Hinweis auf Gottes Aufruf zur Gewalt enthielt. Dabei war der Ansteig des Aggressionslevels jedoch bei religiösen Testpersonen stets größer als bei nicht-religiösen. „Ferner bestätigen unsere Ergebnisse frühere Forschungen, die zeigten, daß die Konfrontation mit Gewalt in Medien bewirkt, daß sich Testpersonen aggressiver verhalten, wenn sie sich mit den gewalttätigen Figuren identifizieren als wenn sie dieses nicht tun”, sagte Prof. Bushman.
Das ISR wurde 1948 gegründet. Heute ist es eines der führenden Institute für Entwicklung und Anwendung sozialwissenschaftlicher Forschungsmethoden und arbeitet mit Sozialwissenschaftlern in 60 Ländern zusammen.
[Bulletin # 166]
Übersetzung: Ursula-Charlotte Dunckern