von Max » Mo 27. Aug 2007, 18:54
Die Aussage, dass es keinen Gott gibt, ist ansich äußerst schwach und leer. Von all den vielen tausend Gottesbildern kann höchstens eines wahr sein, d.h. der Realität entsprechen. Alle anderen müssen falsch sein. Der Atheist, also derjenige, der die Existenz aller Götter leugnet, behauptet nur, dass dieser eine verbleibende Gott, der nicht von vornherein nicht-existiert, dasselbe Schicksal teilt, wie all seine Artgenossen. Er geht einfach einen oder ein paar Gottheiten weiter als der Monotheist und der Polytheist. Während ein gläubiger Christ vielleicht 9.999 Götter leugnet, leugnet der Atheist 10.000. Der bloße Gehalt des Atheismus, seine Aussagen über die Wirklichkeit sind also sehr gering. Weitaus gehaltvoller ist der Naturalismus. Er trifft weitaus mehr Behauptungen über die Wirklichkeit. So liefert er ein umfassende, universelle Beschreibung der Welt, die scheitern kann; er ist ein Weltbild, der Atheismus nicht.
Was die Weltbildfunktion anbelangt, ist die dawkinssche Aufklärung also wenig sinnvoll. Dem Atheismus sind einfach zu wenige Aussagen inhärent, als dass er irgendetwas substantielles leisten könnte. Sinnvoll sind einzig die praktischen Konsequenzen: Desavouiert man die Gotteshypothese so, dass keine ethischen und politischen Entscheidungen mehr auf ihr gefällt werden können, bringt man mehr Rationalität ins Spiel. Man sorgt dafür, dass Kirchenvertreter es schwerer haben, ihre moralischen Dogmen herunterzupredigen. Es kann verhindern, dass Religion auf die Politik Macht ausübt. Und dieses Fehlen von Religion - ein Vakuum -, das dabei entsteht, kann später vielleicht einmal durch eine rationale Leitkultur ersetzt werden. Einzig darin liegt der Sinn von Religionskritik.