condorcet hat geschrieben:Das war mal so. Aber mittlerweilen gibt es andere Gruppen, die einen größeren Zulauf haben. Zudem haben die Mormonen das Problem, die Mitglieder zu halten.
Das wundert mich nicht, obwohl der Gimpelfang sich in seiner Primitivtät kaum von anderen Sekten unterscheidet.
Ein Kennzeichen der Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage ist ihre unbeirrbare Überzeugung Gott selber führt ihre Pilgerfahrt. Vom Anfang der Bewegung an erwarteten die ersten Mitglieder Gottes Führung, indem sie versuchten seinen Willen nach ihrem Verständnis zu vollziehen. Sie waren fest davon überzeugt Gott inspiriert ihren Propheten Joseph Smith jr. Botschaften von Bedeutung und Hoffnung aufzuschreiben. Am 17. August 1835 wird in einer Sitzung der Kirche zu Kirtland einstimmig beschlossen, das Buch Lehre und Bündnisse als ein Standardwerk der inspirierten Schrift für die Kirche anzunehmen. In dieser ursprünglichen Ausgabe waren über hundert inspirierte Dokumente vom Propheten Joseph Smith enthalten.
John Smith behauptet im Jahre 1827 vom Engel Moroni über goldene Platten mit Texten in fremden Schriftzeichen informiert worden zu sein. Mittels der Sehersteinene Urim und Thummim konnte er die Platten entdecken und so das korrekteste Buch auf Erden übersetzen. Als Sprache wurde damals von ihm „reformiertes Ägyptisch“ angegeben, eine bis heute trotz Tausender Funde nie gekannte Version neben altägyptisch, hieratisch und demotisch. Die im Buch Mormon handelten Personen haben alle neue Namen, offensichtlich ebenfalls eine willkürliche Erfindung des John Smith.
Im Buch Mormon sind die semitischen Vorfahren der prä-kolumbianischen Indianer nach dem Turmbau zu Babel in Booten nach Amerika ausgewandert. Sie haben dort Tempel und befestige Städte gebaut, deren Ruinen nie gefunden wurden. Sie kannten das Rad und das Pferd, obwohl beides erst durch die Spanier nach Amerika gebracht wurde. Sie hatten Schafe, Rinder und Mastvieh, obwohl diese Tiere dort unbekannt waren. Sie kannten Weizen und Gerste, obwohl die Indianer Nordamerikas nur Jäger und Sammler waren und nur manche Stämme den Mais kannten. Sie kannten neben Kupfer, Messing auch Schwerter und Stahl, obwohl Schwerter unbekannt waren und Stahl erst mittels Steinkohle ab 1800 A.C. bei Temperaturen über 1400 °C erschmolzen werden konnte. Holzkohleschmelzen mit maximal 1000 °C reichen nur für einfaches Eisen. Sie kannten Seide und Leinen, obwohl Seidenraupen als auch blaublühende Leinengewächse in Amerika unbekannt waren.
Bei der Menge dieser und weiterer absurder Phantasien nutzt es wenig, wenn Mormonen wie John Welch später erklären - Leinen wurde aus Agavefasern und Seide aus Hasenhaaren gewonnen. Es bleibt nur ein mitleidsvolles Staunen und die Erkenntnis, dass hier Aufklärung notwendig wäre, aber angesichts der Verbissenheit der Glaubensfanatiker wenig bewirkt.
Ein Ire namens Michael Chandler kam 1835 durch die Stadt Kirtland in Ohio und verkaufte vier ägyptische Mumien an die Mormonen. Die Mumien stammten ursprünglich aus einer Grabstelle entlang des Nils in der Nähe von Theben. Darin entdeckte der Mormone Joseph Smith Papyri und übersetzte sie mit Hilfe seiner Sehersteinen Urim und Thummim, die es ihm ermöglichten die unbekannte hieratische Schrift zu lesen. Daraus entstand mit viel Phantasie das Buch Abraham, die zentrale heilige Schrift der Mormonen. Joseph Smith hatte den Schreibern von Anfang an offenbart, dass es sich bei dem Papyrus um eine erweiterte Version des Genesisberichts vom Leben Abrahams handele auf das Mose sich bei seinem Bericht bezog.
1856 etwa fünf Jahre nachdem die „Köstliche Perle“ in England gedruckt wurde, gelangte ein Exemplar davon in das Louvre nach Paris. Dort wurden die Faksimile zusammen mit den Erklärungen von Joseph Smith von Theodule Deveria untersucht, der selbst einer der Pioniere in dem Gebiet der Ägyptologie war. Er wurde gebeten, einige Kommentare dazu zu geben. Deveria fand heraus, dass es sich hier um ein ägyptisches Totendokument handelte und nannte sogar Horas als den Namen des Verstorbenen. Weiterhin konnte er die Namen und Titel einiger ägyptischer Götter herausfinden. Deveria bezeichnete die Erklärungen Joseph Smiths als kompletten Unsinn. Seine Kommentare erschienen in Frankreich, England und erreichten auch die Mormonen. Als Deverias seine Studien danach auch in Amerika veröffentlicht, erwecken sie reges Interesse. Die Mormonen lehnten die Studien wegen mangelnder Vollmacht und Einsicht ab und unterstrich die Echtheit des Buches Abraham.
1880 wurde das Buch Abraham in einer halbjährigen Generalkonferenz offiziell in den Kanon der Heiligen Schriften der Kirche integriert und ist ein wichtiger Bestandteil der Lehre der Heiligen. Danach gingen die Papyri für lange Zeit verloren und wurden erst 1966 wieder entdeckt. Eine Kopie des Mikrofilms der Dokumente wurde aus den Archiven der Kirche geschmuggelt und an Jerald und Sandra Tanner weitergegeben.. Die Untersuchung des Materials von professionellen Ägyptologen ergab, dass die Arbeiten in keinster Weise etwas mit korrektem Verständnis der ägyptischen Sprache zu tun hatten. I.E. Eduards bemerkte, dass die gesamte Arbeit „im ganzen ein Stück Phantasie sei und in jeder Hinsicht an wissenschaftlichem Wert mangelt“. Innerhalb der Kirche musste man entscheiden, wie man verfahren sollte. Da es in der Kirche keinen qualifizierten Ägyptologen gab, wurde von Dr. Sperry und Dr. Clark (BYU) Dr. John A. Wilson von der University of Chicago empfohlen. Doch die Kirche zögerte mit gutem Grund einen nichtmormonischen Gelehrten mit der Arbeit zu betrauen.
Zur selben Zeit veranlassten die Herausgeber einer inoffiziellen Kirchenzeitschrift, dass die Papyri von unabhängigen, renommierte Ägyptologen untersucht werden. Dr. John A. Wilson (University of Chicago), Dr. Klaus Baer (University of Chicago) und Prof. Richard Parker (Brown University) bestätigten alle, dass die Papyri nichts anderes als Grabtexte seien und lieferten ihrerseits Übersetzungen des Papyrus XI (Kleines Sensen Papyrus).
Die Papyri stammten nicht aus Abrahams Zeit sondern waren Grabbeigaben um 50 B.C. herum (1500 Jahre später) gemäß dem ägyptischen Totenkult, sie enthielten Wünsche der Angehörigen für die Reise im Jenseits. Die Texte der Papyri absolut nichts mit Abraham oder einer monotheistischen Religion zu tun, die sogenannte Übersetzung des John Smith ist unsinnig, total falsch und eine Ausgeburt seiner regen Phantasie bzw. seines übersteigerten Geltungsbedürfnisses in der Gemeinschaft als auserwählter Prophet zu gelten. Joseph Smith scheint von dem Wunsch nach Macht und Ruhm besessen gewesen zu sein. Er richtete einen geheimen „Rat der Fünfzig“ ein und hatte sich selbst zum König ordiniert. 1853 offenbarte William Marks, ein Mitglied des Rates der Fünfzig: „Ich war auch Zeuge der geheimen Einführung einer königähnlichen Form einer Regierung, in der Joseph selbst erduldete, zu einem König ordiniert zu werden, um über das Haus Israel zu regieren; von dem ich mir nicht vorstellen konnte, dass es im Einklang mit den Gesetzen der Kirche war, aber ich stellte mich nicht gegen diese Maßnahme, da ich dachte, es wäre nicht meine Sache.“ (Zion's Harbinger and Baneemy's Organ, St. Louis, Juli 1853, S. 53).
Das Textvolumen der John Smith Übersetzung ist etwa 20 Mal größer als der Inhalt der Grabbeigabe hergibt. Nach dem bekannt werden dieser Peinlichkeit haben die Mormonen auf ihrer Internetseite Referenzen zum Buch Abraham stillschweigend entfernt, allerdings ist über eine Stellungnahme zur bewußten Irreführung von Millionen Sektanhängern nichts bekannt. Dagegen verteidigt man sich mit der Behauptung, die Abraham-Papyri in der Übersetzung des John Smith aus dem nie existenten Ägyptisch wären nicht gefunden worden.
Es ist kaum vorstellbar, das die vorchristlichen Schreiber des AT (Tanach) bei dem wenigen Wissen und nahezu ohne schriftliche Quellen weniger drauf los phantasiert haben als ihr später Kollege John Smith. Auf solch unsinnigen und erlogenen Geschichte und Gleichnissen basiert das Reich der Mormonen und sicher auch das der frühen Christen und Juden. Dabei stellt sich eine Frage, haben diese Phantasten ihre Glaubensbrüder für ausgemachte Vollidioten gehalten oder waren sie vollkommen überzeugt von den von Gott nur ihnen verliehenen Fähigkeiten.