Ursprung des Glaubens

Re: Glaube irrational?

Beitragvon Mark » Do 10. Apr 2008, 08:35

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Tatsachen sind per definitionem wahr.
(Vorausgesetzt, man betrachtet Tatsachen als wahre Aussagen. Denn wenn man sie als wirkliche Sachverhalte betrachtet, dann sind sie weder wahr noch falsch, da Nichtaussagen keinen Wahrheitswert besitzen.)

Eine hübsche Begriffsspielerei.
Dafür braucht man nicht einmal eine emprirische Wirklichkeit.

Grüßle,
FF


Was ist mit reproduzierbaren Ergebnissen ? Die Deutung dessen kann man oft in der Pfeife rauchen, aber die Ergebnisse selbst sind doch im Endeffekt die empirische Wirklichkeit. Was ist so falsch daran darauf aufzubauen ? Hast Du Angst davor Deine Gedanken könnten auf dem Weg zu einem anderen Menschen über den Boden der empirischen Wirklichkeit verloren gehen ?
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 10:50

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
tertz hat geschrieben:Ich glaub, das ist ein Mißverständnis. "Zufällig" bedeutet nicht "zufällig zusammengereimt", sondern "zufällig in einen bestimmten religiösen Kulturkreis hineingeboren".

[...]IMHO impliziert der Ausdruck "Zufall" eine Idee von der Menschenseele, die "zufällig" auf die Erde geschmissen wird und in einem Menschenkörper landet. Das ist pure Metaphysik.


auch IMHO ist das Blödsinn. Aber das war nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte, und das eigentliche Argument hast Du übersehen oder ignoriert.

nächster Anlauf. Ein Gedankenexperiment. Metaphysik: eliminiert. Schmeißen wir doch mal zufällig.

Kinder werden ab sofort nicht mehr in ihren Familien aufgezogen, sondern im Alter von anderthalb Jahren in einer weltweiten "Adoptionslotterie" weitervermittelt. Das Los entscheidet über die "Empfängerfamilie". Meine Vermutung: Das heranwachsende Kind wird die religiöse Überzeugung desjenigen Kulturkreises übernehmen, in den es zufällig hineinvermittelt wurde. Und dementsprechend Hinduist, Katholik, Scientologe, Cargo-Kult-Anhänger oder glaubenslos werden. Natürlich geschähe dieser "Erbvorgang" mit schöner Gesetzmäßigkeit (und damit nicht zufällig. sehe ich ja ganz genau so.) aber die ererbten Glaubensinhalte wären zufällig.

Glaube ist nach meiner Meinung ein Kulturerbe, das sich (zum Beispiel durch zufälligen Losentscheid) beliebig abschalten, anschalten und manipulieren läßt.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:[...]Glaube alles andere als zufällig, sondern ein Ruf, den man hört, eine Gnade, eine Rettung.

Meiner Meinung nach sind das nachträglich hinzugefühlte Attribute.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ist Glaube zufällig?

ja.
Zuletzt geändert von tertz am Do 10. Apr 2008, 11:39, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Glaube irrational?

Beitragvon emporda » Do 10. Apr 2008, 11:11

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ohne Wahrheit gibt es auch keine falschen Fakten.
Wenn Du aber so genau von falschen Fakten weißt, dann musst Du wohl auch genau wissen, was wahr ist, und dann unterscheidest Du Dich von den sich an unverrückbare Wahrheiten Klammernden, die Du für geisteskrank hältst, allein dadurch, dass sie wissen, dass sie glauben, während Du glaubst, dass Du weisst.
Um zu verstehen was falsche Fakten sind, braucht Du Dir nur mal ein gutes Dutzend Zeugenaussagen eines fatalen Verkehrsunfalls durchlesen. Obwohl nur 1 Auto Fahrerflucht beging, waren mindestens 5 verschiedene Autos daran beteiligt, vom 500 Fiat bis zum großen Kastenwagen. Mal war ne Frau am Steuer, mal ein Mann und sicher auch ein Marsmensch. Das Auto war grün, blau und dunkelrot usw. usw.

Falsche Fakten sind auch eingebildete Dinge, die physilkalisch gar nicht möglich sind. Also Unterhaltungen mit Gott, Wunderheilungen und der ganze Schmozes aus der Religionskiste. Dann kommt die Abteilung Wunschdenken dazu. Leute die Wahrsagen können, die mit Verstorbenen reden, die Geister hören usw.

In der Mehrzahl der Fälle halten alle dies für Relalität, teilweise sogar für erlebte Vorkomnisse.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Ari » Do 10. Apr 2008, 11:25

Ich kann tertz nur zustimmen.

Ich hab lange überlegtob ich dieser aneinandereihung von Argumenten und ausweichuenden Antworten (nein keine Diskussion) was hinzufügen soll. Offensichtlich herrscht bei dem Herrn FF eine gewissen Argumentatiationsresistent.

Wenn Glaube ein Ruf ist, warum glauben dann nicht alle das gleiche? Warum gibt es dann nicht seit jeher z.b. Monotheismus?
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 11:27

tertz hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:[...]IMHO impliziert der Ausdruck "Zufall" eine Idee von der Menschenseele, die "zufällig" auf die Erde geschmissen wird und in einem Menschenkörper landet. Das ist pure Metaphysik.


auch IMHO ist das Blödsinn. Aber das war nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte, und das eigentliche Argument hast Du übersehen oder ignoriert.

nächster Anlauf. Ein Gedankenexperiment. Metaphysik: eliminiert. Schmeißen wir doch mal zufällig.

Mooooment! Wenn Du die apriorische Voraussetzung machst, dass Du "zufällig" schmeißt, dann bekommst Du auch Zufallsergebnisse. Das ist nicht nur logisch, sondern auch tautologisch. Aber wer "schmeißt" denn in der Wirklichkeit?
Mir fiel da wirklich nichts ein, was Du meinen könntest, außer vielleicht der Zufall die Menschenseelen. Wenn's das nicht ist - was dann?

tertz hat geschrieben:Meine Vermutung: Das heranwachsende Kind wird die religiöse Überzeugung desjenigen Kulturkreises übernehmen, in den es zufällig hineinvermittelt wurde. Und dementsprechend Hinduist, Katholik, Scientologe, Cargo-Kult-Anhänger oder glaubenslos werden.

Da bin ich - vom rationalen Standpunkt ausgehend - ganz einer Meinung mit Dir.

tertz hat geschrieben:Glaube ist nach meiner Meinung ein Kulturerbe, das sich (zum Beispiel durch zufälligen Losentscheid) beliebig abschalten, anschalten und manipulieren läßt.

Dem ersten Halbsatz stimme ich von der rationalen Warte her zu, bei dem zweiten poche ich auf das menschliche Differenzierungsvermögen und denke: Vielleicht - mit den Mitteln des Großen Bruders aus 1984.

tertz hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:[...]Glaube alles andere als zufällig, sondern ein Ruf, den man hört, eine Gnade, eine Rettung.

Meiner Meinung nach sind das nachträglich hinzugefühlte Attribute.

Du hast da etwas weggeschnippelt, was zum Verständnis der Aussage erforderlich ist. Der Satz lautete:
Für einen religiösen Menschen ist Glaube alles andere als zufällig, sondern ein Ruf, den man hört, eine Gnade, eine Rettung.

Bei der kursiv gesetzten Vorgabe handelt es sich nicht um einen frommen Appendix zur "zufälligen" oder vielmehr sozial determinierten religiösen Sozialisation, sondern um eine komplett andere Erfahrungsdimension. Für einen Glaubenden ist glaube eben nicht (!) zufällig und auch nicht eine Frage der determinierten Sozialisation. Sogar der Glaubensbegriff - der im profanen Gebrauch kaum mehr als eine bestimmte Form von Weltanschauung beschreibt - ist ganz anders, da es beim Glauben nicht um Weltbilder geht, die man erwirbt, sondern um das, was einen erfüllt und das, was beim Leben an "Früchten" (Mt 7,16) herauskommt.
Aber ich darf nicht weiterschreiben, sonst kommt wieder das Hämmerchen mit dem Missionsverbot (auch wenn es hier nur darum geht, eine Sache klar zu stellen).

Grüßle,
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Re: Glaube irrational?

Beitragvon HF******* » Do 10. Apr 2008, 11:44

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
tertz hat geschrieben:Wie unterscheidet der Arzt wahnhafte Ideen von zutreffenden Ideen?

Er kann es nicht.
Denn auch er weiß nicht, was zutrifft. Er glaubt es nur zu wissen aufgrund gewisser Erfahrungen, die sich auf eine Reihe von Postulaten stützen, und weil es seine verdammte Pflicht ist, gesellschaftlich störende Außenseiter aus dem Weg zu diagnostizieren.


Hallo, wir sind gezwungen, das als Realität zu nehmen, was dem Arzt und uns (zumindest mir...) als Realität erscheint, und zwar nach den uns bestmöglichen logischen und erfahrbaren Versuchen, die richtige (so!) Realität festzustellen. Ein Abweichen davon führt zwangsläufig zu unauflöslichen Widersprüchen, die stets ein Hinweis darauf sind, dass irgendetwas nicht stimmt. Auch das lässt sich intellektuell anzweifeln.

Was Du betreibst ist gezielter intellektueller Realitätsverlust. Selbstverständlich kannst Du Dich auch in die Klappsmühle begeben oder gleich den Schädel gegen die Wand schlagen, weil Du rein intellektuell eine andere Form von Realität vertrittst. Viel Spaß auch!
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon HF******* » Do 10. Apr 2008, 11:57

Religiöser Glaube ist stets willkürlich oder suggestionsbasiert. Das ist der Ursprung des religiösen Glaubens.
Wenn der Glaube nicht irrational ist, sondern sich durchgängig rational belegen lässt, dann ist er ansich nicht religiös. :^^:
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 12:04

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Mooooment! Wenn Du die apriorische Voraussetzung machst, dass Du "zufällig" schmeißt, dann bekommst Du auch Zufallsergebnisse. Das ist nicht nur logisch, sondern auch tautologisch. Aber wer "schmeißt" denn in der Wirklichkeit?


Warum läßt sich das Gedankenexperiment nicht auf die Wirklichkeit übertragen? Weil es in einer solchen "Adoptionslotterie" in der Praxis keinen Zufall gäbe? Weil Gott das Ruder in die Hand nähme? Weil Gott nicht würfelt?
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon emporda » Do 10. Apr 2008, 12:08

HFRudolph hat geschrieben:Religiöser Glaube ist stets willkürlich oder suggestionsbasiert. Das ist der Ursprung des religiösen Glaubens.
Wenn der Glaube nicht irrational ist, sondern sich durchgängig rational belegen lässt, dann ist er ansich nicht religiös. :^^:
Wenn ich aber mein Leben, mein Handeln, meine moralischen Ansichten und Werte nach Etwas ausrichte, was willkürlich ist und mir von Dritten suggeriert wurde, dann bin ich letztendlich ein manipuliertes, geistig amputiertes Etwas, das als williges und dummes Manipulat alle Schandtaten und Greuel auszuführt, die man mir als gut, notwendig und Gott gefällig vorgaukelt. So hat es 1700 Jahre bei der RKK funktioniert und Stine findet das auch noch gut.

Welch eine armselige beschissene Existenz. Dabei sehe ich auch, daß meine Vorstellung einer freien und unabhängigen Geisteshaltung auch nur subjektiv ist, denn sie richtet sich ausschließlich nach den Fakten und Kenntnissen, die mir bei ihrer Bildung zur Verfügung standen. Insofern ist jede unabhängige Geisteshaltung zufallig, da sie vom den Werten der Gellschaft in der ich lebe und vom Zeitgeist vorformuliert wird.
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 12:10

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Aber ich darf nicht weiterschreiben, sonst kommt wieder das Hämmerchen mit dem Missionsverbot (auch wenn es hier nur darum geht, eine Sache klar zu stellen).


Missionierende Beiträge von Dir hab ich bisher noch nicht gefunden. Und selbst wenn, wärs mir wurscht. Ich kann damit umgehen.
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 12:30

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
tertz hat geschrieben:Glaube ist nach meiner Meinung ein Kulturerbe, das sich (zum Beispiel durch zufälligen Losentscheid) beliebig abschalten, anschalten und manipulieren läßt.

Dem ersten Halbsatz stimme ich von der rationalen Warte her zu, bei dem zweiten poche ich auf das menschliche Differenzierungsvermögen und denke: Vielleicht - mit den Mitteln des Großen Bruders aus 1984.


Du meinst, das 18 Monate alte Adoptivkind hätte hinreichend "menschliches Differenzierungsvermögen", um die Religion seiner Eltern (oder sonstigen Sozialisationseinheit) in Frage zu stellen? Ich habe abweichende Erfahrungen gemacht. Kleine Kinder glauben den Eltern erstmal so ziemlich alles. Dazu braucht es auch keinen "Großen Bruder". Die Eltern (oder die zufällig ausgelosten Adoptiveltern) reichen völlig.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 12:39

Ari hat geschrieben:Wenn Glaube ein Ruf ist, warum glauben dann nicht alle das gleiche? Warum gibt es dann nicht seit jeher z.b. Monotheismus?

Erstens, weil Glaube - rational betrachtet: als das nicht vollständig durch Beweise abgesicherte Festhalten an einer bestimmten Erfahrungsdimension - gar keinen Monotheismus voraussetzt. Nicht einmal Gott. Auch Atheisten und Agnostiker "glauben".
Wenn man nun den religiösen Glaubensbegriff verwendet (also das, was nach der Initiation durch eine Gottheit in einem Menschen vorgeht), ist dieser auch nicht an den Monotheismus gebunden. Zwar ist zB im Alten Testament die Verehrung anderer Götter verboten, aber auch schon vor und neben Juden, Christen und Moslems wurde "geglaubt".
Zweitens, (ich spreche jetzt wieder nur aus einer religiösen Erfahrungsdimension heraus) weil dem Glauben die Umkehr vorausgeht. Umkehr bedeutet Sinnesänderung, und ein Teil dieser Umkehr besteht darin, dass ich mich überhaupt erst einmal auf eine religiöse Erfahrungsweise einlasse. Wenn ich sage: Es gibt keinen Gott - oder: Beweise mir, dass es Gott gibt, bevor ich an ihn glaube, dann verschließe ich mich dieser Erfahrungweise, und werde in 99,9% aller Fälle anstelle des Rufes nur Negermusik oder noch Komischeres oder rein gar nichts wahrnehmen.
Drittens: Es gibt darum nicht schon immer den Monotheismus, weil die Vorstellungen, die mit dem Glauben einher gegangen sind, sich im Lauf der Geschichte änderten. Das lässt sich sogar innerhalb der Bibel (die eine Entwicklung von gut anderthalbtausend Jahren umfasst) beobachten. Während einst Gott auch die Nachkommen derer bestrafte, die sich schwer versündigten, ändert er beim Propheten Hesekiel seine Meinung und bestraft nur noch die Übeltäter selbst. Da es in der religiösen Erfahrungsdimension keine Trennung von Subjekt und Objekt gibt, lässt sich nicht ausmachen, ob Gott oder die Menschen sich änderten. Fest steht, dass der Glaube sich änderte und in diesem Fall humaner wurde.
Meiner Meinung nach war der Glaube Jesu extrem human, aber seit die Kirche zur römischen Reichskirche geworden war und viele weltanschaulichen und ethischen Elemente der alten heidnischen Völker Europas in sich aufnahm, kamen wieder einige sehr inhumane Elemente hinzu.
Diese weltanschaulichen Aspekte betreffen den Glauben also nur indirekt. Denn Glauben (im religiös-mythologischen Sinn) ist eine Lebensweise, keine Weltanschauung.
Ich darf das hier aber nicht weiter ausbreiten - wegen des Missionsverbotes.

Grüßle
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Mark » Do 10. Apr 2008, 12:51

Fisherman's Fellow hat geschrieben:weil Glaube - rational betrachtet: als das nicht vollständig durch Beweise abgesicherte Festhalten an einer bestimmten Erfahrungsdimension - gar keinen Monotheismus voraussetzt. Nicht einmal Gott. Auch Atheisten und Agnostiker "glauben".


Ich weiss fast schon immer, daß ich gewisse sehr sehr wichtige Dinge einfach auch nur glaube... Mir war nur immer wichtig, daß mein Glaube auch veränderbar ist, dann kann er nämlich auch niemals langfristig "falsch" sein.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 13:53

Mark hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:weil Glaube - rational betrachtet: als das nicht vollständig durch Beweise abgesicherte Festhalten an einer bestimmten Erfahrungsdimension - gar keinen Monotheismus voraussetzt. Nicht einmal Gott. Auch Atheisten und Agnostiker "glauben".


Ich weiss fast schon immer, daß ich gewisse sehr sehr wichtige Dinge einfach auch nur glaube... Mir war nur immer wichtig, daß mein Glaube auch veränderbar ist, dann kann er nämlich auch niemals langfristig "falsch" sein.


Schön, daß sowas hier zu lesen ist. Ich habe den Eindruck, diese Aussage bringt einen der wichtigsten Unterschiede zwischen Atheisten und Gläubigen auf den Punkt. Bereitschaft, sich erforderlichenfalls von liebgewonnenen Überzeugungen zu verabschieden. Wie geht der Gläubige vor: "Dem Glauben geht die Umkehr voraus." und "sich überhaupt erst einmal auf eine religiöse Erfahrungsweise einlassen." Auf deutsch: Eine religiöse Annahme machen und anschließend Indizien für deren Rechtfertigung sammeln. Wenn überzeugende, überprüfbare Argumente gegen diese Annahme sprechen: einfach die Argumente verneinen, damit die Annahme weiterbestehen kann.

Dagegen gilt bei Naturalisten (zumindest bei denen, die ich wertschätze): Wenn überzeugende Argumente gegen die bisherige Annahme sprechen, die Annahme überprüfen. Wie kann man die Evolutionstheorie widerlegen? Ganz einfach: Eine alternative Theorie entwickeln, welche die beobachteten Phänomene besser, eleganter, ökonomischer, widerspruchsfreier erklärt. Das macht mir persönlich wissenschaftliche Erklärungsmodelle und deren Vertreter so sympathisch: Ihr aufrichtiger Versuch, die Realität zu beschreiben, und dabei notfalls auch zehn Jahre Forschungsarbeit in den Mülleimer zu werfen, wenn sie widerlegt wurden. Gläubige tun sich da schwerer. Ich höre dann oft: "Deshalb heißt es ja auch Glauben." Auf deutsch: "Deshalb darf ich auch dann dran festhalten, wenn es sich als offensichtlicher Quark herausstellt."
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Re: Glaube irrational?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 14:03

HFRudolph hat geschrieben:Hallo, wir sind gezwungen, das als Realität zu nehmen, was dem Arzt und uns (zumindest mir...) als Realität erscheint, und zwar nach den uns bestmöglichen logischen und erfahrbaren Versuchen, die richtige (so!) Realität festzustellen.

Ach, Du fragst Deinen Arzt, wenn Du wissen willst, was real ist? Als jemand, der mit Glaubensdingen einige Erfahrung besitzt, muss ich einwenden, dass dies keine besonders solide Methode der Realitätsfindung ist ... da könnte ich Dir Sachen erzählen, die vielleicht sogar Dir Tränen der Enttäuschung und Wut in die Augen schießen lassen!

Wenn Du wenigstens Dich selbst als ersten Zeugen für das was real ist, heranziehen würdest, wie Mark es tut, dann hättest Du zwar auch keine Beweise, aber Informationen aus der ersten Hand, und nicht aus der dritten.

Ich sehe aber, dass Du eine Einschränkung bezüglich der Realität gemacht hast - indem Du von "richtiger" Realität spachst. Gibt es auch weniger richtige Realitäten?
Aber wie auch immer, wenn Du von "bestmöglichen Vesuchen" sprichst, bewegst Du Dich natürlich nicht auf der Ebene definitiv bewiesener Richtigkeiten, sondern auf der von Plausiblitäten. Dies möchte ich an dieser Stelle einmal festhalten, weil wir uns damit - trotz unterschiedlicher Erkenntnisdimensionen - auf der gleichen Ebene befinden.

HFRudolph hat geschrieben:Ein Abweichen davon führt zwangsläufig zu unauflöslichen Widersprüchen, die stets ein Hinweis darauf sind, dass irgendetwas nicht stimmt.

Ich finde, dass im Bereich von Plausibiliäten Widersprüche, auch unauflösliche, an der Tagesordnung sind, was auch zu dem ungeheuren Reichtum an unterschiedlichen Denkansätzen und Theorien in allen Wissenschaften und auch Religionen geführt hat.

HFRudolph hat geschrieben:Was Du betreibst ist gezielter intellektueller Realitätsverlust.

Kann man die Realität durch bloßes Argumentieren beeinflussen? Wohl kaum. Insofern geht bei mir auch nichts verloren. Das einzige, was ich tue, ist, mich nicht von leicht angestaubten Vernunftmythen in das Wolkenkuckucksheim eines künstlich absolut und real gesetzten Wissenschaftsglaubens davontragen zu lassen.
Ich tue das nicht, weil ich mir hier Missionshoffnungen mache, sondern um die Vernunft gegen diejenigen zu verteidigen, die aus ihr eine Art Glaubensüberzeugung fabrizieren wollen.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 14:35

HFRudolph hat geschrieben:Religiöser Glaube ist stets willkürlich oder suggestionsbasiert. Das ist der Ursprung des religiösen Glaubens.

Auch so ein Satz, der, gelinde gesagt, vor und bar aller Erfahrung seinen Grund hat. Um ihn zu bewahrheiten zu können, müssten ihn ja erst mal die Mehrheit der Religiösen bestätigen. Natürlich behaupten diejenigen, die vom Glauben zum Unglauben übergelaufen sind, sie seien vorher geistig ver(w)irrt gewesen.
Dasselbe tun diejenigen, die vom Vernunftglauben zum religiösen Glauben überwechseln.

HFRudolph hat geschrieben:Wenn der Glaube nicht irrational ist, sondern sich durchgängig rational belegen lässt, dann ist er ansich nicht religiös. :^^:

Ich dachte schon die ganze Zeit, dass die Evolutionisten religiöse Menschen sind, und möchte das an einem Beispiel illustrieren.
Weiter oben im Thread hat emporda, glaubich, die religiöse Erfahrung des Mose mit dem brennenden Dornbusch nicht nur als irrational, sondern auch als geisteskrank ausgemacht.
Ich habe versucht, diese nicht weiter begründete These durchzudenken und bin auf folgende Argumentationslinie gekommen:
1. Mose hat vor ca. 3500 Jahren, also kurz nachdem die letzten Mammuts ausstarben, eine Beobachtung gemacht: er hat (für einen gewissen Zeitraum) einen Busch gesehen, der brannte und doch nicht verbrannte.
2. Gegen diese Beobachtung sprechen prinzipielle Erwägungen, dh gewisse Naturgesetze (Energieerhaltung, usw): Büsche, die brennen und doch nicht verbrennen kann es nicht geben.
3. Ergo: Moses Beobachtung fand in einem Zustand geistiger Umnachtung statt. Zumindest ist sie irrational. Was gut zum religiösen Charakter dieser Erfahrung passen würde.

So weit, so einleuchtend. Es gibt zwar gewisse Einwände, zB den, dass Mose kein Wissenschaftler war, der gewisse Büsche auf ihre Brennbarkeit testete, dass diese Busch-Beobachtung nur ein Teil einer komplexeren Erfahrung war, etc, die ich hier aber vernachlässigen will.
Zum Vergleich eine andere Betrachtung:

1. Es war zwar weder Mose noch sonst jemand dabei, aber viele Evolutionisten glauben, dass vor ca. 4 Milliarden Jahren Leben, dh kernlose Einzeller aus unbelebter Materie entstanden.
2. Gegen diese Beobachtung sprechen prinzipielle Erwägungen, dh gewisse Naturgesetze (Omnia vivum ex vivo, Louis Pasteur): Heute, dh seitdem danach geforscht wird, kann kein Leben aus unbelebter Materie entstehen.
3. Ergo: Der Glaube der Evolutionisten steht gegen die Naturgesetze und ist somit irrational, und - was Du folgertest - ergo religiös. Von geistiger Umnachtung mag ich nun nicht sprechen.

Evolutionisten halten der obigen prinzipiellen Erwägung entgegen, dass es auf der Erde Verhältnisse gegeben haben könnte, für die "omnia vivum ex vivo"-Regel nicht galt. Mag sein! Dabei handelt es sich aber um eine reine Glaubensüberzeugung, die empirisch-rational nicht gedeckt ist, obwohl schon jahrzehntelang intensiv danach geforscht wird.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon tertz » Do 10. Apr 2008, 15:07

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Evolutionisten halten der obigen prinzipiellen Erwägung entgegen, dass es auf der Erde Verhältnisse gegeben haben könnte, für die "omnia vivum ex vivo"-Regel nicht galt. Mag sein! Dabei handelt es sich aber um eine reine Glaubensüberzeugung, die empirisch-rational nicht gedeckt ist, obwohl schon jahrzehntelang intensiv danach geforscht wird.


Also ehrlich, Wissenschaftler! Strengt euch mal nbißchen an! Die Erde hat es ihrem "Labor" auf 510 Mio. km² Versuchsoberfläche in nur anderthalb Milliarden Jahren geschafft, ne prokaryonte Zelle zu produzieren! Und ihr? Steht trotz "jahrzehntelanger" "intensiver" Forschung mit leeren Händen da! Schämt euch!
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Mark » Do 10. Apr 2008, 15:13

Fisherman's Fellow hat geschrieben:1. Es war zwar weder Mose noch sonst jemand dabei, aber viele Evolutionisten glauben, dass vor ca. 4 Milliarden Jahren Leben, dh kernlose Einzeller aus unbelebter Materie entstanden.
2. Gegen diese Beobachtung sprechen prinzipielle Erwägungen, dh gewisse Naturgesetze (Omnia vivum ex vivo, Louis Pasteur): Heute, dh seitdem danach geforscht wird, kann kein Leben aus unbelebter Materie entstehen.
3. Ergo: Der Glaube der Evolutionisten steht gegen die Naturgesetze und ist somit irrational, und - was Du folgertest - ergo religiös. Von geistiger Umnachtung mag ich nun nicht sprechen.

Evolutionisten halten der obigen prinzipiellen Erwägung entgegen, dass es auf der Erde Verhältnisse gegeben haben könnte, für die "omnia vivum ex vivo"-Regel nicht galt. Mag sein! Dabei handelt es sich aber um eine reine Glaubensüberzeugung, die empirisch-rational nicht gedeckt ist, obwohl schon jahrzehntelang intensiv danach geforscht wird.


Du glaubst aus Gründen der nicht-Beweisbarkeit eher an einen Schöpfer als an natürliche Prozesse ? Kannst Du aus all Deinem verstellten Denken heraus denn noch eine plausible Begründung dafür liefern ?
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon emporda » Do 10. Apr 2008, 15:53

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Weiter oben im Thread hat emporda, glaubich, die religiöse Erfahrung des Mose mit dem brennenden Dornbusch nicht nur als irrational, sondern auch als geisteskrank ausgemacht.
Ich habe versucht, diese nicht weiter begründete These durchzudenken und bin auf folgende Argumentationslinie gekommen:
1. Mose hat vor ca. 3500 Jahren, also kurz nachdem die letzten Mammuts ausstarben, eine Beobachtung gemacht: er hat (für einen gewissen Zeitraum) einen Busch gesehen, der brannte und doch nicht verbrannte.
2. Gegen diese Beobachtung sprechen prinzipielle Erwägungen, dh gewisse Naturgesetze (Energieerhaltung, usw): Büsche, die brennen und doch nicht verbrennen kann es nicht geben.
3. Ergo: Moses Beobachtung fand in einem Zustand geistiger Umnachtung statt. Zumindest ist sie irrational. Was gut zum religiösen Charakter dieser Erfahrung passen würde.

Ich nehme an, Deine Überlegungen haben auch endgültig geklärt, in welcher Sprache Moses sein Beobachtungen schriftlich niedergelegt hat. Denn Hebräisch ist als Althebräisch erst 500 Jahre später aufgekommen (phönizisch), und Mittelhebräisch (aramäisch), die Spräche der frühesten Bibelschreiber, ist erst 1200 Jahre später aufgekommen.
Keine der beiden Sprachen war eine Eigenleistung der frühen Israeliten, sie haben nur andere Sprachen und Alphabete kopiert. Deswegen kennt man die Zeiten einigermaßen genau. Genau so haben sie auch ihre Gottheiten kopiert, die Ashera, eine Göttin die erst der Frauenfeind Luther aus der Bibel getilgt hat, war einer ugaritische Göttin - also von einem nördlichen Nachbarn. Der ugaritische Gott El war der israelitische Schöpfergott der Genesis und der Menschen

Die letzten Mammuts sind schon 12.000 Jahre vorher ausgestorben, nur der Ordnung halber. Das war noch vor der Erfindung des Ackerbaus mit Siedlungen seßhafter Familienclans.
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Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 16:31

tertz hat geschrieben:Warum läßt sich das Gedankenexperiment nicht auf die Wirklichkeit übertragen? Weil es in einer solchen "Adoptionslotterie" in der Praxis keinen Zufall gäbe? Weil Gott das Ruder in die Hand nähme? Weil Gott nicht würfelt?

Ich weiß nicht, ob es je eine solche, auf Zufall beruhende Adoptionslotterie je gegeben hat. Wenn ja, dann kann man in Bezug auf die betroffenen Kinder und Adoptiveltern natürlich von Zufall sprechen. Aber dies ist ein Ausnahmefall.

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