Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Von wegen, für die Theologen ist Gott ein Geist.
Langsam nervts echt. Du debattierst seit Tagen mit einem von denen, und dann schreibst Du solch einen Satz!
Alle (mono-)theistischen Theologen, egal ob sie Juden, Christen oder Moslems sind, vertreten einhellig die Meinung, dass Gott ein
nichtphysisches Wesen mit psychischen Eigenschaften ist; und so etwas nennt sich (reiner) Geist oder (reine) Seele!
Alle?! Huhuuu....
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Du tauschst Dich seit Tagen mit so einem Theo aus, und Du kannst getrost davon ausgehen, dass ich kein besonders exotisches Exemplar bin.
Myron hat geschrieben:Kennst du theistische Theologen, die behaupten, Gott wäre ein physisches/materielles Wesen mit psychischen Eigenschaften?!
Nein. Denn das wäre kein Gott, sondern zB meine Katze.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Es - stimmt - nicht - dass - Gott - 'ein' Geist - ist!
O doch, das stimmt sehr wohl!
(Ich finde es witzig, dass ich als Atheist den Theisten ihre eigene Gottesvorstellung erklären muss.)
Ja, das ist echt grotesk, und der eindrucksvollste Beweis für eine Strohmann-Gottesvorstellung, den man sich nur vorstellen kann.
Myron hat geschrieben:"Gott ist ein Geist." (Joh. 4:24) [Elberfelder 1905]
(Andere Übersetzungen lassen den unbestimmten Artikel weg, was aber nichts an der christlichen Betrachtung Gottes als eines reinen Geistes ändert. Übrigens, die lateinische Entsprechung von "Geist" ist "spiritus", und die griechische "pneuma".)
Ok. Ich bin zwar schon kurz davor, das Handtuch zu werfen, weil Du Dich lieber auf Dein Bücherwissen stützt als auf die Statements real existierender Gesprächspartner, aber gut - hier eine Kurzauslegung der betreffenden Stellen:
Dies vorweg: Es hat keinen Sinn, aus dem Zusammenhang gerissene Bibelstellen als Beleg für irgendetwas zu nehmen. Damit kann man jeden Unfug begründen und wäre etwa so, wie wenn man behaupten würde, dass sich das Einsteinsche Gravitationsfeld durch die Formel "8piG" beschreiben ließe.
In Joh 4,24 steht: pneuma ho theos kai tous proskynuntas auton en pneumati kai aletheia dei proskynein.
Geist ist der Gott, und die ihn anbeten sollen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten. Wenn man vorne 'Geist ist der Gott' als "Geist = Gott" versteht, gibt es hinten Probleme. Wenn man dort nämlich pneumati auch mit Gott gleichsetzt, muss man Gott in Gott und in der Wahrheit anbeten, was gaga wäre.
Das Johannesevangelium schreibt ganz am Anfang:
Im Anfang war das Wort (Logos) und der Logos war bei Gott und Gott war der Logos. In dieser dreifachen Betonung müsste man Gott also viel eher für ein Wort halten als für einen Geist. Tatsächlich haben wir hier sozusagen die Keimzelle der Trinitätslehre: Vater/Gott - Sohn/Logos - Tröster/Pneuma.
Ok - die Kernfage lautet aber: Worauf will das Johannesevangelium hinaus?
Die Frontlinie, um die es geht, lautet Thora, Schriftgelehrtentum. Von denen setzt sich der johanneische Jesus dezidiert ab. Im Gegensatz zu den drei ersten Evangelien, bei denen sich die Thora in Jesus "erfüllt", distanziert sich der johanneische Jesus vom Gesetz. Wenn er auf die Thora verweist, dann so: "Steht nicht in
eurem Gesetz geschrieben, dass..."(8,17; 10,34; 18,31 usw).
Denn (Joh 1,17):
das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. Und in dieser Gnade fallen alle 613 Ge- und Verbote der Thora flach, nur eins bleibt (15,12):
Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe.Dies ist natürlich etwas dünn als ethische Grundlage, verglichen mit der umfangreichen, erfahrungserprobten Ordnung der Thora. Wer kann da wohl der verunsicherten Jüngerschar etwas unter die Arme greifen? - Der Geist (14,26):
Aber der Tröster, der heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.Mit anderen Worten: Eine an Jesus ausgerichtete, spirituelle Liebesethik soll den kasuistischen Gesetzesgehorsam ersetzen.
Nahezu die gleiche Linie findet sich bei Paulus, wenn er mit Blick auf die Thora im Besonderen und Gesetze im Allgemeinen schreibt:
Der Buchstabe tötet, aber der Geist macht lebendig. (2. Kor 3,6)
Außerdem präzisiert er die Funktion des Geistes (1.Kor 2,10):
Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit.Und um die Verwirrung komplett zu machen, schreibt Paulus auch noch (2.Kor 3,17):
Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit.wobei "der Herr" bei Paulus immer Jesus meint; nicht Gott.
Auf einer rein rationalen Ebene ist dies kaum mehr als ein Haufen esoterischer Widersprüche. Aber auf einer spirituellen Erfahrungsbasis ist es klar und schön wie ein Rutter-Choral.
Myron hat geschrieben:Wenn dein Gott kein Geist ist, was ist er dann?
Ein körperliches, in der Raumzeit lebendes, außerirdisches Lebewesen wohl kaum, oder?
Mit "mein" Gott meinst Du sicher Gott, so wie ich ihn
spirituell erfahre?
Nun, in erster Linie erfahre ich ihn geistlich.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Wenn es Geister geben sollte und Gott der Ursprung von allem ist, wie kann er dann unter diese - bzw irgendeinen - Gattungsbegriff fallen? - Contradictio in adiecto!
Da taucht keinerlei "contradictio in adiecto" auf!
Was willst du behaupten: dass Gott sich nicht begrifflich charakterisieren lässt?
Dass ein Seinsgrund oder Weltgrund, der diesen Namen auch verdient, sich nicht begrifflich beschreiben lässt, ja.
Wie sollte er das? Alle Gattungen, alle Erkenntnis sind in ihm begründet.
Myron hat geschrieben:Da fällt mir ein Spruch von Tersteegen ein:
"Ein begriffener Gott ist kein Gott."
Gut gebrüllt, Löwe.
Myron hat geschrieben:Dumm nur, dass ein gänzlich unbegriffener Gott für uns ein absolutes Nichts ist—nicht einmal ein Gott!
Nö. "Nichts" ist ja auch ein solcher Begriff, der von irgendwas abgeleitet ist. Gäbe es nicht etwas, könnten wir von Nichts nicht sprechen.
Wir brauchen einen Weltengrund (oder "Gott" - aber in rational-ontologischer Hinsicht ist das dasselbe, denn es erfüllt dieselbe Funktion), um der Ontologie eine Gestalt zu geben, und weiter gibt es nichts, was sich rational darüber aussagen lässt.
Myron hat geschrieben:Nun, du wirst mir doch sicher zustimmen, dass Gott zumindest unter den Begriff "Gott" fällt, da Gott ja ein Gott ist. Und nun geht es weiter mit der Frage, wie der Gott namens "Gott" beschaffen ist.
Eine Seinsaussage ist nicht möglich, und die allerdings notwendige Funktionsaussage beruht auf einem Postulat, dem Aufstellen eines ontologisch notwendigen Axioms.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Bist Du der Christ oder ich?
Als Christ solltest du wissen, was für ein Ding dein Gott ist!
Als Christ halte ich mich an das, was Gott geistlich offenbart und respektiere die dringende Empfehlung (2. Gebot), sich von Gott kein Bild zu machen.
Myron hat geschrieben:Und der faith talk ist dann irrationaler Nonsens, oder wie?
(Das würde einiges erklären ...)
Das würde im Gegenteil nichts erklären.
Es ist eine logische Kommunikationsform auf einer anderen Erfahrungsgrundlage.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Eine solche Attributierung führt - genauso wie die Attributierung "physikalischer Weltgrund" zu einem Selbstwiderspruch. Denn ein Weltgrund begründet erst die Physik und kann nicht seinerseits physikalisch sein. Nur ein abgeleitetes, synthetisches x kann ein 'physisches' x sein.
Häh, du siehst immer Widersprüche wo keine sind.
Zum Beispiel hat die Annahme eines ewigen, unverursachten physischen Energiefeldes, aus dem alle anderen physischen Phänomene hervorgehen, nichts Widersprüchliches an sich.
Es hat etwas von einem Perpetuum Mobile an sich, weshalb es mir schwer glaubhaft erscheint. Aber das ist nicht der Punkt. Ich habe deine Argumentation nochmal in Ruhe Revue passieren lassen und bin zu dem Schluss gekommen, dass der von mir unterstellte Selbstwiderspruch insofern nicht berechtigt ist, als ich Elemente meiner Argumentation in die Deine hineingemischt hatte.
In Wirklichkeit kommst Du gar nicht an den Punkt, der zirkulär sein könnte, oder mit anderen Worten: Deine Ontologie hört dort auf, wo "eine richtige" Ontologie überhaupt erst anfängt.
Du führst alles auf ein ewiges Energiefeld zurück. Dieses kann man als naiver Betrachter einheitlich finden - man kann es als Physiker (aber nur in einem 'metaphysischen Moment', denn soche Betrachtungen gehören nicht in die Physik) als recht homogene Seinsgrundlage ansehen, aber ontologisch ist damit noch kein Butterbrötchen gewonnen.
Denn indem Du es als 'notwendig existierendes Energiefeld' ansiehst, machst Du nicht eine, sondern mehrere Aussagen, die dazu noch eine ganze Latte stiller Voraussetzungen beinhalten. Die kann man in vier Gruppen einteilen (auf die schnelle betrachtet; schon möglich, dass ich was vergessen habe):
- Aussagen über die Materialität dieses Energiefeldes (das gehört in die Physik: Was bedeutet 'Energie' in solch einem archaischen Zustand? Setzt sie sich aus Wirkungsquanten zusammen? Wie siehts für den allerunmittelbarsten Zeitraum nach dem Urknall (< 10^(-34) Sekunden) aus, etc)
- Aussagen über die naturgesetzlichen Eigenschaften dieses Energiefeldes: Sind sie fest oder variabel? Von was hängen sie ab? In welchem Verhältnis stehen sie überhaupt zum materialen Sein der Energie?
- Aussagen über ontologische Entsprechungen hinsichtlich der Erkennbarkeit dieses Energiefeldes: Der Umstand, dass ich das Feld berechnen und mit ihm Experimente anstellen kann, erfordert, dass es nach gewissen Prinzipien geformt ist - es muss zB eine Art 'Logik in sich' enthalten, woraus sich wiederum eine Menge Detailfragen ergeben.
- Aussagen über die ontologische Natur dieses Energiefeldes: Da hast Du eine getroffen, dass es notwendig existiert und daher ewig sein müsse. Nun verschleiert der Ausdruck 'notwendig' ein wenig, dass gar kein Zwang zu dieser Annahme besteht, außer vielleicht dem, dass wir morgen auch noch leben wollen. Es handelt sich also um eine axiomatische Setzung. Ferner ist zu klären, inwieweit die oberen drei Kategorien noch weitere axiomatische Aussagen erfordern.
Kurzum: Dieses Energiefeld ist, ontologisch betrachtet, ein äußerst komplexes Gebilde, das buchstäblich in seine Einzelteile zerfällt, wenn ich nicht voraussetze, dass ihm ein einheitliches Sein oder Wasauchimmer zugrunde liegt, aus dem sich die vielen Prämissen, Regeln, Gesetze ableiten lassen, welchee ich benötige, um dieses Energiefeld ontologisch zu beschreiben. Folglich ist dann nicht das Energiefeld selbst der ontologische "Weltgrund", sondern dieses zu postulierende Wasauchimmer: die Klammer, in der alle Fäden zusammenlaufen.
Myron hat geschrieben:Die physische Realität ist sich selbst genug!
Ja, das ist eine schöne, scheinbar selbstevidente Feststellung. Aber siehe oben.
Myron hat geschrieben:Wenn die Physik eines nicht nötig hat, dann ist es eine transzendentale, transphysische Weltursache.
Physik (braucht nicht, sondern) hat philosophische Grundlagen. Wenn man die ignoriert, kann man sich im utilitaristischen Sinn vielleicht nützlich machen, aber der Sprung von der Anwendbarkeit in die Welt der Seinsaussagen geht ins Leere.
Myron hat geschrieben:Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Die ganze theistische Theologie basiert auf dem Glauben, dass Gott vollkommen gut, d.h. in höchstem Maße moralisch ist.
Was verstehst Du darunter?
Für die Theisten ist Gott als das vollkommene Wesen die Quelle aller Moral, der Garant ihrer objektiven Gültigkeit.
Er ist der oberste Richter, und er allein bestimmt, was gut und böse ist.
Und wie fasst Du den Begriff "Moral"?
Er ist nicht mal biblisch.
fragt
FF