Ursprung des Glaubens

Re: Ist Glaube zufällig?

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 16:34

tertz hat geschrieben:Du meinst, das 18 Monate alte Adoptivkind hätte hinreichend "menschliches Differenzierungsvermögen", um die Religion seiner Eltern (oder sonstigen Sozialisationseinheit) in Frage zu stellen?

Nein, natürlich nicht. Aber es gibt auch ältere Menschen, die sich "zufällig" in einem völlig neuen religiös-weltanschaulichen Umfeld wiederfinden. Ich könnte Dir da einige interessante Beispiele nennen. Und schon so ab dem Grundschulalter schlucken die Hineingeworfenen nicht mehr alles undifferenziert, sondern gehen mehr oder weniger kreativ damit um.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 16:42

Mark hat geschrieben:Ich weiss fast schon immer, daß ich gewisse sehr sehr wichtige Dinge einfach auch nur glaube... Mir war nur immer wichtig, daß mein Glaube auch veränderbar ist, dann kann er nämlich auch niemals langfristig "falsch" sein.

Warum nicht?
Ein Beispiel: Die Zeugen Jehovas verändern laufend ihre Glaubensaussagen, indem sie zB die Weltuntergangszeitpunkte in die Zukunft verschieben und immer neue Ausnahmeregeln für die Blutsache formulieren. Dennoch könnte es doch sein, dass ihr Glaube langfristig (bzw generell) nicht falsch, aber weitgehend unbegründet ist(?)

Eine andere Frage ist natürlich, ob sich das irgendwie beweisen lässt.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 17:11

Mark hat geschrieben:Du glaubst aus Gründen der nicht-Beweisbarkeit eher an einen Schöpfer als an natürliche Prozesse ? Kannst Du aus all Deinem verstellten Denken heraus denn noch eine plausible Begründung dafür liefern ?

Ich bin kein Kreationist und hätte überhaupt keine Probleme mit der Evolutionstheorie, wenn sie empirisch durchgehend gut begründet wäre. Aber es hat sich ja herausgestellt, dass es nicht ganz so gelaufen ist, wie sich Darwin das vorgestellt hat, vor allem was die benötigten, langen Zeiträume betrifft.
Kurzum, ich halte die Erde für nicht besonders gut geeignet für die (Makro-)Evolution - den gegenwärtigen Forschungsstand vorausgesetzt.

Bei Scherer habe ich zwar gelernt, dass das "etiam deus non daretur" als methodischer Grundsatz in der Wissenschaft eine Grenzüberschreitung darstellt, eine willkürliche apriorische Vorgabe, aber ich habe auf der anderen Seite vollstes Verständnis dafür, dass ein Wissenschaftler, wenn er nach Regeln und Gesetzen in der Natur sucht, sich nicht von göttlichen Spontan-Aktionen in seine Forschung hineinpfuschen lassen will, sonst weiß er am Ende gar nicht mehr, wann seine Regeln noch gelten können, und wann die Ausnahmen.
Kurzum, ein übernatürlich eingreifender Anti-Wissenschaftsgott wäre wie die Hure in der Stadt, die alle anständigen Bürger zur Wahrung des öffentlichen Wohls vertreiben müssen. Darum - und nur darum - stimme ich dem methodischen Atheismus der Naturwissenschaften vorderhand zu.

Und wenn Du wissen willst, welche Alternative ich anzubieten habe: So etwas zum Beispiel.

Aber ich wollte hier nicht die Evolutionstheorie als solche diskutieren, sondern die Frage, wie (ir)rational manche "wissenschaftliche" Überzeugungen sind. Besonders der Verweis darauf, dass das Unbewiesene in Zukunft noch bewiesen würde, prägt sich mir da als besonders eindrückliches Beispiel glaubenden Vertrauens ein.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 18:21

tertz hat geschrieben:Schön, daß sowas hier zu lesen ist.

Ja. Jetzt können wir's mal richtig der Reihe nach aufdröseln.
tertz hat geschrieben:Ich habe den Eindruck, diese Aussage bringt einen der wichtigsten Unterschiede zwischen Atheisten und Gläubigen auf den Punkt.

Nein. Atheisten - zumindest Naturalisten - und Gläubige unterscheiden sich hierin nur in marginaler Weise.
Siehe unten.

tertz hat geschrieben:Bereitschaft, sich erforderlichenfalls von liebgewonnenen Überzeugungen zu verabschieden.

Diese Bereitschaft existiert bei Naturalisten nur in dem Maße, wie sie bei Gläubigen (im Rahmen ihrer Erfahrungsdimension) auch existiert. Die Basis-Vorgaben werden auf beiden Seiten nicht aufgegeben.

tertz hat geschrieben:Wie geht der Gläubige vor: "Dem Glauben geht die Umkehr voraus." und "sich überhaupt erst einmal auf eine religiöse Erfahrungsweise einlassen."

Im Gegenzug muss sich ein Naturalist nicht nur auf die apriorischen Vorgaben naturwissenschaftlichen Denkens einlassen, als da sind: Strikte Subjekt-Objekt-Aufspaltung, methodischer Atheismus, Anerkennung von Mathematik als Verifikationswerkzeug, eine Reihe von apriorischen Prämissen in Bezug auf die Physik, allgemeine Grundsätze wie zB Ockhams Rasiermesser, etc.
Hinzu kommen - nicht notwendigerweise für den Wissenschaftler, aber für den Naturalisten - die Anerkennung weiterer, nicht durch Erfahrung gedeckter Vorgaben, zB der Glaube, dass sich die Realität mit wissenschaftlichen Mitteln immer besser abbilden ließe, dass sich aus reiner Naturbetrachtung mit Vernunftmitteln bestimmte verbindliche ethische Werte ("Humanismus") ableiten ließen, die "Verontologisierung" des methodischen Atheismus in einen realen Atheismus (denn die agnostische Behauptung, man würde ja an Gott glauben, wenn er sich beweisen ließe, ist unerfüllbar, da Gott rational immer nur auf postulatorische Weise bejaht oder verneint werden kann, um Zirkelbezüge zu vermeiden)...

Langer Rede kurzer Sinn: Naturalisten sind gerne bereit, sich erforderlichenfalls von liebgewonnenen Überzeugungen zu verabschieden, wenn es nicht gerade um diese obigen handelt, die sich empirisch weder verifizieren noch falsifizieren lassen.
Auch sie fordern von ihren Adepten eine Art Umkehr; eine doppelte sogar: die Übernahme des wissenschaftlichen Denkens in Form einer Weltanschauung.

tertz hat geschrieben:Auf deutsch: Eine religiöse Annahme machen und anschließend Indizien für deren Rechtfertigung sammeln. Wenn überzeugende, überprüfbare Argumente gegen diese Annahme sprechen: einfach die Argumente verneinen, damit die Annahme weiterbestehen kann.

Nein, es ist noch extremer: In der religiösen Erfahrungsdimension wird zwar logisch gedacht und geschlossen, es wird - entgegen der hier weitverbreiteten Ansicht - auch aus Erfahrungen gelernt und Meinungen ändern sich, auch Glaubenssätze, aber die Regeln, nach denen all dies geschieht, sind ganz anders als in der Naturwissenschaft. Die religiöse Erfahrungsdimension macht nicht alles zum Objekt, wie die Wissenschaft, sondern sie ist erfüllt mit Subjekten. Alle Anschauungen (im kantschen Sinn) laufen in andere Richtungen. Es besteht nicht einmal eine ernsthafte Vergleichsmöglichkeit für den, der "nicht drin" ist.

tertz hat geschrieben:Wie kann man die Evolutionstheorie widerlegen? Ganz einfach: Eine alternative Theorie entwickeln, welche die beobachteten Phänomene besser, eleganter, ökonomischer, widerspruchsfreier erklärt.

Ok, das mache ich mal schnell: Das Leben entstand nicht auf der Erde, sondern auf einem anderen Himmelskörper, auf dem die Entstehung des Lebens aus unbelebter Materie möglich ist und auch laufend geschieht. Diese Theorie kann belegt werden, sobald dieser Himmelskörper, so er noch existiert, gefunden ist. Weiter: Die Erde wurde mindestens einmal, vor ca. 650 Millionen Jahren von Aliens besucht, die versehentlich oder absichtlich, ihr Aquarium auskippten oder ihre Küchenabfälle, whatever. Anders kann man sich kaum erkären, wieso es vorher fast nur Einzeller gab und wieso sich danach keine neuen Tierstämme mehr bildeten. Belege für die Theorie: Wenn sich auf einem fremden Himmelkörper Fossilien von noch lebenden oder ausgestorbenen irdischen Tierstämmen finden. Oder: Wenn ein Himmelskörper entdeckt wird, auf dem permanent neue Tierstämme (Makroevolution) entstehen.

tertz hat geschrieben:Das macht mir persönlich wissenschaftliche Erklärungsmodelle und deren Vertreter so sympathisch: Ihr aufrichtiger Versuch, die Realität zu beschreiben, und dabei notfalls auch zehn Jahre Forschungsarbeit in den Mülleimer zu werfen, wenn sie widerlegt wurden. Gläubige tun sich da schwerer.

Aber es gelingt ihnen ebenso. Da darf ich die Protestanten lobend hervorheben, die zB die unselige Tradition, dass Frauen den Männern von Gott her untergeordnet seien, überwunden haben. Auch da wanderten nicht nur Jahrzehnte, sondern sogar Jahrtausende gelehrter Unterdrückungsliteratur ganz tief in den Archivkeller.

Kurzum: All dies ist es nicht, was Religiöse von Naturalisten unterscheidet. Die Naturalisten klammern sich mit der gleichen Entschiedenheit an ihre Vorgaben wie die Gläubigen an die ihren, und das, obwohl die Naturalisten nicht nur glauben, sondern das Geglaubte auch wissen und beweisen müßten.

Den Haupt-Pluspunkt des Naturalismus gegenüber den Religionen hat Genosse Lenin mal (sinngemäß) formuliert: Die Maschinen beweisen die Wahrheit der Wissenschaft.
Das ist doch die Frage: Soll ich an etwas glauben, das nur mit schlichten Freuden aufwartet, das ganz langfristig ausgelegt ist und auch noch eine Menge Sozialkompetenz abverlangt? Oder sollte ich nicht lieber an etwas glauben, das mich fast dauernd mit den unterhaltsamsten Spielerein und Zersteuungen zulullt?
Da fällt die Wahl nicht schwer.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 18:29

Ich möchte jetzt nicht in derlei Detailfragen abgleiten, darum auf die Schnelle nur dies:

emporda hat geschrieben:Die letzten Mammuts sind schon 12.000 Jahre vorher ausgestorben, nur der Ordnung halber. Das war noch vor der Erfindung des Ackerbaus mit Siedlungen seßhafter Familienclans.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wollhaarmammut#Aussterben

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 19:22

200motels hat geschrieben:6 Faktoren lassen Gott im menschlichen Gehirn entstehen:

1. Unablässige Gehirnwäsche der Eltern und der Schulen, die dem Kind erzählen es gäbe einen Gott.
2. Fehlendes Physikalisches Grundwissen (erste Lebenshälfte).
3. Die Angst vor dem Tod, verbunden mit dem Wunsch nach einem Leben "danach" (zweite Lebenshälfte).
4. Literatur, Medien, Geschichten und Gehirnwäsche von anderen Menschen.
5. Erscheinungen die das Gehirn erfindet.
6. Die Sehnsucht nach einer höheren Ordnung in einem beschissenem bzw. langweiligem Leben


7. (Unbewusste) Projektion menschlichen Vorstellungsvermögens auf die Natur.

Bem.:
Wenn die Natur nur so wäre, wie es unser (nicht-statisches) Vorstellungsvermögen zulässt, gäbe es uns morgen nicht mehr. Vieles in unserem "Naturbild" sind noch überflüssige Farbkleckse, viele wichtigen Konturen noch unkenntlich gezeichnet. Je klarer dieses von uns gezeichnete Naturbild wird, desto mehr werden auch "Gottes Farbkleckse" darin schwinden ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 20:09

Qubit hat geschrieben:
200motels hat geschrieben:6 Faktoren lassen Gott im menschlichen Gehirn entstehen:
[...]

Ich fänds gut, wenn Du den Thread ein wenig lesen würdest, bevor Du hier postest. Damit könntest Du vielleicht auch vermeiden, die gleichen Quotes zum zweiten Mal zu posten.
Und ich müsste nicht noch einmal schreiben:
Dass Gott im menschlichen Gehirn entsteht, glaubt hier niemand.
Nicht einmal Du.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 21:06

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Und ich müsste nicht noch einmal schreiben:
Dass Gott im menschlichen Gehirn entsteht, glaubt hier niemand.
Nicht einmal Du.


Warum sprichst du mir meinen Glauben ab? Ich tue es dir gegenüber doch auch nicht ;-)
Gott ensteht nicht nur im Gehirn, er existiert auch dort :-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 21:18

Qubit hat geschrieben:Gott ensteht nicht nur im Gehirn, er existiert auch dort :-)

Du meinst Dein Gehirn? Seltsam.
Vielleicht meinst Du mit "Gott" gar nicht Gott, sondern Fett (das bekanntlich die Gedanken schnell macht)?

In der Wikipedia steht beim Begriff "Gott":
Das Wort Gott steht in seiner allgemeinen Bedeutung als Gattungs- oder Sammelbegriff für transzendente (d. h. die empirische, verstandesmäßig erfahrbare Welt übersteigende) Mächte, die religiösen Glaubenssätzen zufolge ihrerseits Einfluss auf das Leben in der für uns erfahrbaren Welt nehmen.

Du glaubst also, dass in Deinem Hirn transzendente, die erfahrbare Welt übersteigende Mächte hausen?
Na dann - viel Glück!
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 21:30

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Gott ensteht nicht nur im Gehirn, er existiert auch dort :-)

Du meinst Dein Gehirn? Seltsam.
Vielleicht meinst Du mit "Gott" gar nicht Gott, sondern Fett (das bekanntlich die Gedanken schnell macht)?

In der Wikipediasteht beim Begriff "Gott":
Das Wort Gott steht in seiner allgemeinen Bedeutung als Gattungs- oder Sammelbegriff für transzendente (d. h. die empirische, verstandesmäßig erfahrbare Welt übersteigende) Mächte, die religiösen Glaubenssätzen zufolge ihrerseits Einfluss auf das Leben in der für uns erfahrbaren Welt nehmen.

Du glaubst also, dass in Deinem Hirn transzendente, die erfahrbare Welt übersteigende Mächte hausen?
Na dann - viel Glück!
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Das was in Wikipedia steht widerspricht nicht meiner Aussage.. alle Ideen des "Transzendenten" existieren nur im Gehirn. Mein Glaube geht weiter, alles "Transzendente" ist mit diesen Ideen gar identisch!
Deine Frage kannst du dir daher selbst beantworten ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 22:02

Qubit hat geschrieben:Das was in Wikipedia steht widerspricht nicht meiner Aussage.. alle Ideen des "Transzendenten" existieren nur im Gehirn. Mein Glaube geht weiter, alles "Transzendente" ist mit diesen Ideen gar identisch!


Weiter, dies hat (vermutlich) sogar einen naturwissenschaftlichen Grund, der in der Evolution begründet ist und als Form eines Atavismus (http://de.wikipedia.org/wiki/Atavismus) betrachtet werden kann.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 22:08

Qubit hat geschrieben:Das was in Wikipedia steht widerspricht nicht meiner Aussage.. alle Ideen des "Transzendenten" existieren nur im Gehirn.

Klar widerspricht es Deiner Aussage: In der Wikipedia ist von transzendenten, dh die verstandesmäßig erfahrbare Welt übersteigende Mächten die Rede, während Du das Transzendente zu einem Teil Deines Verstandes machst. Damit hast Du das entscheidende Merkmal eines transzendenten Dingens unterschlagen: Was Deinen Verstand übersteigt, kann nicht zugleich Teil Deines Verstandes sein.

Bild
Qubit hat geschrieben:Mein Glaube geht weiter, alles "Transzendente" ist mit diesen Ideen gar identisch!

Nein. Das ist unlogisch, jedenfalls wenn man bei allgemeinverständlichen Begriffsdefinitionen bleibt:
Wenn Du Ideen, Vorstellungen hast, zB von einer bestimmten Filmschauspielerin, dann ist diese Filmschauspielerin nicht mit Deiner Vorstellung von ihr identisch. Es sei denn, Du bist Solipsist und der Meinung, dass sich die ganze Welt nur in Deinem Hirn abspielt. Wenn Du die Vorstellung von einem Elektron hast, das kein Mensch je in Natura gesehen hat, so ist auch dieses theoretische Konstrukt zwar nur ein Konstrukt, aber nicht identisch mit Deiner Vorstellung von ihm. Auch Deine Vorstellung eines Warpantriebes, den es gar nicht gibt, ist nicht identisch mit dem Warpantrieb, von dem zB ich gehört habe.
Warum?
Weil Deine Vorstellungen nicht meine Vorstellungen sind, und weil es deshalb bei kommunizierten Ideen immer einen Unterschied gibt zwischen der Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten selbst, genauso wie es einen Unterschied gibt zwischen einer Idee und ihrem neuronalen Muster.
Folglich ist auch das vorgestellte "Transzendente" (oder was immer) niemals identisch mit Deiner Vorstellung von ihm.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 22:26

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Das was in Wikipedia steht widerspricht nicht meiner Aussage.. alle Ideen des "Transzendenten" existieren nur im Gehirn.

Klar widerspricht es Deiner Aussage: In der Wikipedia ist von transzendenten, dh die verstandesmäßig erfahrbare Welt übersteigende Mächten die Rede, während Du das Transzendente zu einem Teil Deines Verstandes machst. Damit hast Du das entscheidende Merkmal eines transzendenten Dingens unterschlagen: Was Deinen Verstand übersteigt, kann nicht zugleich Teil Deines Verstandes sein.


Das Gehirn umfasst mehr als den "Verstand". Leider(?) mit Einfluss auf den Verstand ;-)

Qubit hat geschrieben:Mein Glaube geht weiter, alles "Transzendente" ist mit diesen Ideen gar identisch!

Nein. Das ist unlogisch, jedenfalls wenn man bei allgemeinverständlichen Begriffsdefinitionen bleibt:
Wenn Du Ideen, Vorstellungen hast, zB von einer bestimmten Filmschauspielerin, dann ist diese Filmschauspielerin nicht mit Deiner Vorstellung von ihr identisch. Es sei denn, Du bist Solipsist und der Meinung, dass sich die ganze Welt nur in Deinem Hirn abspielt. Wenn Du die Vorstellung von einem Elektron hast, das kein Mensch je in Natura gesehen hat, so ist auch dieses theoretische Konstrukt zwar nur ein Konstrukt, aber nicht identisch mit Deiner Vorstellung von ihm. Auch Deine Vorstellung eines Warpantriebes, den es gar nicht gibt, ist nicht identisch mit dem Warpantrieb, von dem zB ich gehört habe.
Warum?
Weil Deine Vorstellungen nicht meine Vorstellungen sind, und weil es deshalb bei kommunizierten Ideen immer einen Unterschied gibt zwischen der Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten selbst, genauso wie es einen Unterschied gibt zwischen einer Idee und ihrem neuronalen Muster.
Folglich ist auch das vorgestellte "Transzendente" (oder was immer) niemals identisch mit Deiner Vorstellung von ihm.


Bin kein "Solipsist".
Du hast gerade wunderbar ausgedrückt, was etwas "Nicht-Transzendentes" ausmacht: es gibt einen (ontischen) Unterschied zwischen der "Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten selbst". Sogar dann, wenn man das Vorgestellte letztlich nur durch "Vorstellungen" kennt.
"Transzendentes" (als die vorgestellte Realität "übersteigendes") gibt es dagegen als Idee nur im Gehirn. Von dieser Kategorie ist auch "Gott".
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 22:40

Qubit hat geschrieben:Du hast gerade wunderbar ausgedrückt, was etwas "Nicht-Transzendentes" ausmacht: es gibt einen (ontischen) Unterschied zwischen der "Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten selbst". Sogar dann, wenn man das Vorgestellte letztlich nur durch "Vorstellungen" kennt.
"Transzendentes" (als die vorgestellte Realität "übersteigendes") gibt es dagegen als Idee nur im Gehirn. Von dieser Kategorie ist auch "Gott".


Über solche Aussagen, die vor aller Erfahrung gemacht und dann in die Welt gestreut werden, lässt sich nicht streiten: Es sind halt Glaubensbekenntnisse. Ich kann nur zu Protokoll geben, dass es sich dabei um Deine apriorisch konstatierten Vorstellungen von Gott handelt, und um sonst gar nichts.

Und wenn wir uns darüber halbwegs einig sein sollten, dann wären wir wieder beim Anfang der Debatte: Da es einen ontischen Unterschied zwischen der Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten gibt, entsteht auch nicht Gott in Deinem Gehirn, sondern nur eine Vorstellung von Gott.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 22:45

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Über solche Aussagen, die vor aller Erfahrung gemacht und dann in die Welt gestreut werden, lässt sich nicht streiten: Es sind halt Glaubensbekenntnisse. Ich kann nur zu Protokoll geben, dass es sich dabei um Deine apriorisch konstatierten Vorstellungen von Gott handelt, und um sonst gar nichts.


Na, halbe Erkenntnisse sind besser als gar keine ;-)

Und wenn wir uns darüber halbwegs einig sein sollten, dann wären wir wieder beim Anfang der Debatte: Da es einen ontischen Unterschied zwischen der Vorstellung einer Sache und dem Vorgestellten gibt, entsteht auch nicht Gott in Deinem Gehirn, sondern nur eine Vorstellung von Gott.


Und wenn ich mir vorstelle, du _wärst_ ein Teufel, dann _bist_ du auch einer?? :devil:
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon emporda » Do 10. Apr 2008, 22:49

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Kurzum: All dies ist es nicht, was Religiöse von Naturalisten unterscheidet. Die Naturalisten klammern sich mit der gleichen Entschiedenheit an ihre Vorgaben wie die Gläubigen an die ihren, und das, obwohl die Naturalisten nicht nur glauben, sondern das Geglaubte auch wissen und beweisen müßten.
Du machst hier eine gravierende Unterschlagung, sicher damit das rauskommt was Dir in den kram paßt

Die Wissenschaft arbeitet mit Hypothesen, Theorien, Tests, Beweisen, Diskussionen, Verbesserungen wieder und immer wieder. Die Welt der Naturalisten existiert in diesen Grenzen, die durchaus variabel sind je nach erreichtem Niveau des Wissens.

In der Enzyklika Spe Salvi werden die Erkenntnisse auf das theologische Niveau des Mittelalters zurück gesetzt, Materialismus und Evolution sind ungeeignet das Leben und die Gesetze der Materie zu erklären, sie bringen nur Not und Elend (Ratzfatz). Nur eine theistischen Wissenschaft mit göttlichem Bezug ist akzeptabel, sofern deren Erkenntnisse nie über Gottes Wort stehen. Die Theologie darf weder wahre noch richtige Antworten finden, ihre Erkenntnisse müssen immer innerhalb ewiger Dogmen bleiben. Wer das nicht bedingungslos annimmt, der wird diskriminiert, verteufelt oder ausgeschlossen.

Folglich kann man Theisten nicht mit Naturalisten vergleichen, es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht
Zuletzt geändert von emporda am Do 10. Apr 2008, 23:03, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 22:56

Qubit hat geschrieben:Und wenn ich mir vorstelle, du _wärst_ ein Teufel, dann _bist_ du auch einer?? :devil:

Ich fürchte, dass Du darauf niemals eine entgültige Antwort erhalten wirst ... :no:

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Do 10. Apr 2008, 23:06

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Und wenn ich mir vorstelle, du _wärst_ ein Teufel, dann _bist_ du auch einer?? :devil:

Ich fürchte, dass Du darauf niemals eine entgültige Antwort erhalten wirst ... :no:


Das liegt an dir selbst..
An mich selbst gerichtet, kann ich mir diese Frage recht einfach beantworten ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 23:21

emporda hat geschrieben:
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Kurzum: All dies ist es nicht, was Religiöse von Naturalisten unterscheidet. Die Naturalisten klammern sich mit der gleichen Entschiedenheit an ihre Vorgaben wie die Gläubigen an die ihren, und das, obwohl die Naturalisten nicht nur glauben, sondern das Geglaubte auch wissen und beweisen müßten.
Du machst hier eine gravierende Unterschlagung, sicher damit das rauskommt was Dir in den kram paßt

Die Wissenschaft arbeitet mit Hypothesen, Theorien, Tests, Beweisen, Diskussionen, Verbesserungen wieder und immer wieder. Die Welt der Naturalisten existiert in diesen Grenzen, die durchaus variabel sind je nach erreichtem Niveeau des Wissens.

In der Enzyklika Spe Salvi werden die Erkenntnisse auf das theologische Niveau des Mittelalters zurück gesetzt, Materialismus und Evolution sind ungeeignet das Leben und die Gesetze der Materie zu erklären, sie bringen nur Not und Elend (Ratzfatz). Nur eine theistischen Wissenschaft mit göttlichem Bezug ist akzeptabel, sofern deren Erkenntnisse nie über Gottes Wort stehen. Die Theologie darf weder wahre noch richtige Antworten finden, ihre Erkenntnisse müssen immer innerhalb ewiger Dogmen bleiben. Wer das nicht bedingungslos annimmt, der wird diskriminiert, verteufelt oder ausgeschlossen.

Folglich kann man Theisten nicht mit Naturalisten vergleichen, es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht

Du bringst nun erst mich und danach Dich selbst in eine schwierige Situation.

Die Enzyklika Spe Salvi und auch sonst alles, was der Herr Bischof von Rom so treibt, geht mir dermaßen was am Docht vorbei, dass es allenfalls gelegentlich dazu reicht, meine katholischen Glaubensgeschwister aufrichtig zu bedauern. Aber was hat das mit mir (bzw "meinem Kram") zu tun? Ich identifiziere mich kein bischen damit. Auf welche Seite also sollte ich mich Deiner Meinung schlagen? Auf die derjenigen, die dem Verstand keine Handschellen anlegen wollen, oder die derjenigen, die sich wie ich zu Jesus Christus bekennen?
Ich habe das Gefühl, dass an dieser seltsamen Alternative etwas nicht stimmt: Du identifizierst Christentum und Glaube allgemein zu stark mit dem römischen Katholizismus. Aber das sind gerade mal die Hälfte aller Christen - und von denen haben auch die meisten keinen Schimmer, was der römische Bischof so schreibt, und dann haben sie oft auch besseren Sex als die Protestanten.

Mir scheint, das Problem ist, dass Du Christentum und Glaube zu stark auf die RKK beziehst: Ja, da (und auch in manch anderer Kirche) findet sich allerdings eine Menge Dogmatismus, und wo der anfängt, da hört IMHO der Glaube auf. Denn Glaube und Freiheit korrespondieren miteinander. Ich persönlich habe in meiner Kirche gar kein Dogma und nahezu alle Freiheit der Welt - in sehr weit gesteckten Grenzen... von mir selbst gesteckt.

Darum - als Nicht-Katholik - denke ich auch nicht, dass ich etwas unterschlagen habe. Es gibt wohl Christen, die auf ihre Freiheit pfeifen oder sie sich verbieten lassen, aber es gibt auf der Seite der Naturalisten auch besonders strikte Wissenschaftstheoretiker, die solch hohe Ansprüche an das stellen, was Wissenschaft sein soll, dass wir heute noch das ptolemäische Weltbild haben müßten, wenn Kepler und Kopernikus ihren Vorgaben gefolgt wären.
Dogmatische Denk-Einschränker gibt es halt überall.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Do 10. Apr 2008, 23:24

Qubit hat geschrieben:Das liegt an dir selbst..

Unmöglich.
Was habe ich mit Fragen zu tun, die Du Dir selbst stellst?

Qubit hat geschrieben:An mich selbst gerichtet, kann ich mir diese Frage recht einfach beantworten ;-)

Wie denn?

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