Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Alle (mono-)theistischen Theologen, egal ob sie Juden, Christen oder Moslems sind, vertreten einhellig die Meinung, dass Gott ein nichtphysisches Wesen mit psychischen Eigenschaften ist; und so etwas nennt sich (reiner) Geist oder (reine) Seele!
Alle?! Huhuuu....
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Du tauschst Dich seit Tagen mit so einem Theo aus, und Du kannst getrost davon ausgehen, dass ich kein besonders exotisches Exemplar bin.
Die Grundannahme, dass Gott ein nichtphysisches Wesen mit psychischen Eigenschaften ist, ist eine unabdingbare Voraussetzung der gesamten theistischen Theologie, sowohl der Offenbarungstheologie als auch der sogenannten natürlichen Theologie.
Ein Theologie, die das negiert, negiert sich selbst insgesamt!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Kennst du theistische Theologen, die behaupten, Gott wäre ein physisches/materielles Wesen mit psychischen Eigenschaften?!
Nein. Denn das wäre kein Gott, sondern zB meine Katze.
Also ist Gott eine nichtphysische Substanz, und zwar eine mit Bewusstsein.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:(Ich finde es witzig, dass ich als Atheist den Theisten ihre eigene Gottesvorstellung erklären muss.)
Ja, das ist echt grotesk, und der eindrucksvollste Beweis für eine Strohmann-Gottesvorstellung, den man sich nur vorstellen kann.
Ja klar, zwei international renommierte religionsphilosophische Koryphäen wie Alvin Plantinga und Richard Swinburne (beide Christen) verstehen nichts vom Theismus.
Ich zitiere Swinburne:
"By a theist I understand a man who believes that there is a God. By a 'God' he understands something like a 'person without a body (i.e. a spirit) who is eternal, free, able to do anything, knows everything, is perfectly good, is the proper object of human worship and obedience, the creator and sustainer of the universe'.
Christians, Jews, and Muslims are all in the above sense theists.""Unter einem Theisten verstehe ich einen Menschen, der glaubt, dass es einen Gott gibt. Unter 'Gott' versteht er so etwas wie eine 'Person ohne Körper (d.i. einen Geist), die ewig, frei, fähig ist, alles zu tun, alles weiß, vollkommen gut ist, der richtige Gegenstand menschlicher Verehrung und menschlichen Gehorsams ist sowie der Schöpfer und Erhalter des Universums'.
Christen, Juden und Moslems sind alle Theisten im obigen Sinne."[meine Übers.]
(Swinburne, Richard.
The Coherence of Theism. Oxford: Oxford University Press, 1977. Intro. I)
Aber wenn du damit nicht einverstanden bist, dann ersuche ich dich, mir deine Definition zu präsentieren:
"Unter einem Theisten verstehe ich einen Menschen, der glaubt, dass es einen Gott gibt. Unter 'Gott' versteht er so etwas wie ............BITTE AUSFÜLLEN!............"Ich bin sehr gespannt!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Dies vorweg: Es hat keinen Sinn, aus dem Zusammenhang gerissene Bibelstellen als Beleg für irgendetwas zu nehmen.
Bitte komm mir hier nicht mit diesem rhetorischen Ausweichmanöver!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:In Joh 4,24 steht: pneuma ho theos kai tous proskynuntas auton en pneumati kai aletheia dei proskynein. Geist ist der Gott, und die ihn anbeten sollen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten.
Wenn man vorne 'Geist ist der Gott' als "Geist = Gott" versteht, gibt es hinten Probleme. Wenn man dort nämlich pneumati auch mit Gott gleichsetzt, muss man Gott in Gott und in der Wahrheit anbeten, was gaga wäre.
Ich kann zwar kein Altgriechisch, aber irgendwelche philologischen Spitzfindigkeiten können auch nichts daran ändern, dass der theistische und damit auch der christliche Gott de facto als ein rein geistiges Wesen, kurz als ein reiner Geist (eine reine Seele) charakterisiert ist.
Hör doch endlich auf, diese offenkundige Tatsache zu leugnen!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:(......)
Auf einer rein rationalen Ebene ist dies kaum mehr als ein Haufen esoterischer Widersprüche. Aber auf einer spirituellen Erfahrungsbasis ist es klar und schön wie ein Rutter-Choral.
Es sind wirklich nur die religiösen Menschen, die sich einbilden, sie sähen umso klarer und weiter, je dichter der Nebel wird.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Mit "mein" Gott meinst Du sicher Gott, so wie ich ihn spirituell erfahre?
Nun, in erster Linie erfahre ich ihn geistlich.
Was meinst du damit?
(Gut, sinnlich lässt sich ein übersinnliches Wesen ja schlecht wahrnehmen.)
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Da fällt mir ein Spruch von Tersteegen ein:
"Ein begriffener Gott ist kein Gott."
Gut gebrüllt, Löwe.
Laut gesprochen ist nicht gleich wahr gesprochen!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Wir brauchen einen Weltengrund (oder "Gott" - aber in rational-ontologischer Hinsicht ist das dasselbe, denn es erfüllt dieselbe Funktion), um der Ontologie eine Gestalt zu geben, und weiter gibt es nichts, was sich rational darüber aussagen lässt.
Wenn "Gott existiert" nichts weiter bedeuten würde als "Es gibt genau ein x, das der Weltgrund ist", dann wären fast alle Atheisten Theisten, da auch sie an irgendeinen Weltgrund glauben.
Aber Atheisten sind nun einmal keine Theisten!
Denn die besondere Zusatzannahme der Theisten besteht bekanntlich darin, dass der Weltgrund ein (hyperphysisches) persönliches Wesen ist.
Der bekannte englische Theologe und Religionsphilosoph
Keith Ward schreibt:
"[I]f you ask what the most fundamental thing is about believing in God, I would say that it is believing that there is a personal ground of being, that the universe is in some sense grounded in a personal reality. The universe is not the product of blind unconscious will, law or accident. It is the product of a reality which we may rightly call conscious, purposive, wise and good.""Wenn man mich fragt, was das Grundlegendste am Gottesglauben sei, würde ich sagen, dass es der Glaube ist, dass es einen persönlichen Seinsgrund gibt, dass das Universum in einem bestimmten Sinn in einer persönlichen Realität/Entität gründet. Das Universum ist nicht das Erzeugnis eines blinden, unbewussten Willens, eines Gesetzes oder des Zufalls. Es ist das Erzeugnis einer Realität/Entität, die wir mit Recht bewusst, absichtsvoll, weise und gut nennen können."(Ward, Keith.
God: A Guide for the Perplexed. Oxford: Oneworld, 2003 p. 241)
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Eine Seinsaussage ist nicht möglich, und die allerdings notwendige Funktionsaussage beruht auf einem Postulat, dem Aufstellen eines ontologisch notwendigen Axioms.
Ich weiß zwar nicht, was der Unterschied zwischen einer "Seinsaussage" und einer "Funktionsaussage" sein soll, aber wenn keine Aussagen über die Existenz (eines) Gottes möglich sind, dann müsste jeder Theist ehrlicherweise zum Agnostiker und damit zum Nichttheisten werden.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Als Christ halte ich mich an das, was Gott geistlich offenbart und respektiere die dringende Empfehlung (2. Gebot), sich von Gott kein Bild zu machen.
Das theologische Denken ist so verdammt unlogisch.
Einerseits soll/kann man sich kein Bild von Gott machen, andererseits haben sich die Theologen de facto ein Bild von Gott gemacht.
(Siehe z.B.:
http://www.newadvent.org/cathen/06612a.htm)
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Es ist eine logische Kommunikationsform auf einer anderen Erfahrungsgrundlage.
Also sozusagen eine "unlogische Logik".
Fisherman's Fellow hat geschrieben:In Wirklichkeit kommst Du gar nicht an den Punkt, der zirkulär sein könnte, oder mit anderen Worten: Deine Ontologie hört dort auf, wo "eine richtige" Ontologie überhaupt erst anfängt.
Wenn für dich nur eine "heideggereske" Ontologie eine "richtige" Ontologie ist, dann werden wir, fürchte ich, auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Du führst alles auf ein ewiges Energiefeld zurück.
Es könnte auch eine ewige, ätherartige Raumzeit sein, die energiegeladen ist.
(Oder auch eine diskrete, aus Raum- und Zeitatomen zusammengesetzte physische Basisstruktur.)
Es gibt da mehrere Modelle.
Aber eines steht für mich fest, nämlich, dass das Fundament der Realität kein hyperphysisches "Geist- oder Bewusstseinsfeld" ist oder sein kann.
Der Theist behauptet, dass der Geist gegenüber der Materie ontologische Priorität genieße.
Ich als Materialist behaupte das Gegenteil!
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Denn indem Du es als 'notwendig existierendes Energiefeld' ansiehst, machst Du nicht eine, sondern mehrere Aussagen, die dazu noch eine ganze Latte stiller Voraussetzungen beinhalten. Die kann man in vier Gruppen einteilen (auf die schnelle betrachtet; schon möglich, dass ich was vergessen habe):
[list]- Aussagen über die Materialität dieses Energiefeldes (das gehört in die Physik: Was bedeutet 'Energie' in solch einem archaischen Zustand? Setzt sie sich aus Wirkungsquanten zusammen? Wie siehts für den allerunmittelbarsten Zeitraum nach dem Urknall (< 10^(-34) Sekunden) aus, etc)
- Aussagen über die naturgesetzlichen Eigenschaften dieses Energiefeldes: Sind sie fest oder variabel? Von was hängen sie ab? In welchem Verhältnis stehen sie überhaupt zum materialen Sein der Energie?
- Aussagen über ontologische Entsprechungen hinsichtlich der Erkennbarkeit dieses Energiefeldes: Der Umstand, dass ich das Feld berechnen und mit ihm Experimente anstellen kann, erfordert, dass es nach gewissen Prinzipien geformt ist - es muss zB eine Art 'Logik in sich' enthalten, woraus sich wiederum eine Menge Detailfragen ergeben.
Mit schwierigen Fragen dieser Art beschäftigt sich die (theoretische) Physik längst.
Die Natur von Kraft- bzw. Energiefeldern und der Raumzeit selbst zu erforschen, ist eine der Hauptaufgaben der zeitgenössischen Kosmologie.
So wissen die Physiker beispielsweise längst, dass das Vakuum nicht nichts ist, sondern ein energiehaltiges Feld.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:- Aussagen über die ontologische Natur dieses Energiefeldes: Da hast Du eine getroffen, dass es notwendig existiert und daher ewig sein müsse. Nun verschleiert der Ausdruck 'notwendig' ein wenig, dass gar kein Zwang zu dieser Annahme besteht, außer vielleicht dem, dass wir morgen auch noch leben wollen.
Mit "notwendig" meine ich hier nicht "logisch notwendig".
Was ich meine ist, dass der physische Weltgrund derart beschaffen ist, dass es weder etwas gibt, das ihn hätte erschaffen können, noch etwas, das ihn vernichten kann.
Das heißt, der Weltgrund ist aufgrund seines Wesens unvergänglich, wesensnotwendig ewig.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Kurzum: Dieses Energiefeld ist, ontologisch betrachtet, ein äußerst komplexes Gebilde, das buchstäblich in seine Einzelteile zerfällt, wenn ich nicht voraussetze, dass ihm ein einheitliches Sein oder Wasauchimmer zugrunde liegt, aus dem sich die vielen Prämissen, Regeln, Gesetze ableiten lassen, welchee ich benötige, um dieses Energiefeld ontologisch zu beschreiben. Folglich ist dann nicht das Energiefeld selbst der ontologische "Weltgrund", sondern dieses zu postulierende Wasauchimmer: die Klammer, in der alle Fäden zusammenlaufen.
Der Weltgrund ist so einfach wie möglich, aber so komplex und dynamisch wie nötig, um kreativ sein zu können.
Er muss ja nicht unbedingt ein "Ding" im engeren Sinn sein, sondern er könnte ja auch ein Geflecht aus "undinglichen" Vorgängen und Ereignissen sein—d.h. mehr ein Werden als ein Sein.
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Physik (braucht nicht, sondern) hat philosophische Grundlagen.
Das bestreite ich nicht.
(Aber sie hat im Gegensatz zur Theologie auch handfeste empirische Grundlagen—und sie ist ergebnisoffen!)
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Und wie fasst Du den Begriff "Moral"?
Er ist nicht mal biblisch.
"MORAL (lat. mores: Sitten, Charakter) UND SITTE stellen den für die Daseinsweise der Menschen konstitutiven normativen Grundrahmen für das Verhalten vor allem zu den Mitmenschen, aber auch zur Natur und zu sich selbst dar. Moral und Sitte (geltende oder positive Moral) bilden im weiteren Sinn einen der Willkür der Einzelnen entzogenen Komplex von Handlungsregeln, Wertmaßstäben, auch Sinnvorstellungen."(Höffe, Otfried, Hrsg.
Lexikon der Ethik. 2. Aufl. München: Beck, 1980. S. 168)