Ursprung des Glaubens

Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Telos » Fr 11. Apr 2008, 19:59

Tja, ich fürchte, da muss man doch auf die creatio ex nihilo zurückgreifen, aber das ist Metaphysik, keine Empirie.
Drum glaube ich, dass wir im System bleiben sollten: Empirie, Kausalität, Falsifikationen ... also alles das, was die empirischen Wissenschaften so erfolgreich machen und was ihre Methode ist. Wo bleibt Gott dabei? Er bleibt, um auf das Thema zurückzukommen, in unseren Glauben an ihn als den Urgrund allen Seins.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 20:04

Telos hat geschrieben:Er bleibt, um auf das Thema zurückzukommen, in unseren Glauben an ihn als den Urgrund allen Seins.

Ich denke, auch dieser Glaube lässt sich wissenschaftlich erklären. Er ist ein Phänomen des Gehirns.. mehr nicht ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Telos » Fr 11. Apr 2008, 20:26

Qubit hat geschrieben:
Telos hat geschrieben:Er bleibt, um auf das Thema zurückzukommen, in unseren Glauben an ihn als den Urgrund allen Seins.

Ich denke, auch dieser Glaube lässt sich wissenschaftlich erklären. Er ist ein Phänomen des Gehirns.. mehr nicht ;-)


Wie alles, nicht wahr? *g*
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Fr 11. Apr 2008, 20:29

Qubit hat geschrieben:Ja, ich denke auch, da liegt der Schlüssel zum Verständnis des Irrtums, wie man sich einen "Gott" als reine Vorstellung, die mit dem Vorgestellten identisch ist, als ontisch existent vorstellen kann..
Danke für den Hinweis ;-)

Robespierre hat ja auch später versucht, diesen selbst erfundenen Götzen kultisch verehren zu lassen. Die Ergebnisse seiner Bemühungen können in den Geschichtsbüchern nachgelesen werden.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 20:34

Telos hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:
Telos hat geschrieben:Er bleibt, um auf das Thema zurückzukommen, in unseren Glauben an ihn als den Urgrund allen Seins.

Ich denke, auch dieser Glaube lässt sich wissenschaftlich erklären. Er ist ein Phänomen des Gehirns.. mehr nicht ;-)


Wie alles, nicht wahr? *g*

Wenn du schon "witzig" sein willst, dann sollte man auch schon erfahren, worüber ;-)
Alles ein Phänomen des Gehirns? Nein
Alles wissenschaftlich erklärbar? Nein
Aber alle Erscheinungen, die wir wahrnehmen (im weitesten Sinne) lassen sich mit Vorstellungen des Gehirns wissenschaftlich erklaren! Ja ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 20:35

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Ja, ich denke auch, da liegt der Schlüssel zum Verständnis des Irrtums, wie man sich einen "Gott" als reine Vorstellung, die mit dem Vorgestellten identisch ist, als ontisch existent vorstellen kann..
Danke für den Hinweis ;-)

Robespierre hat ja auch später versucht, diesen selbst erfundenen Götzen kultisch verehren zu lassen. Die Ergebnisse seiner Bemühungen können in den Geschichtsbüchern nachgelesen werden.


Ich bezog mich nur auf diesen einen von dir zitierten Satz.. der Rest ist mir schnuppe ;-)
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Fr 11. Apr 2008, 20:43

Qubit hat geschrieben:
Telos hat geschrieben:Er bleibt, um auf das Thema zurückzukommen, in unseren Glauben an ihn als den Urgrund allen Seins.

Ich denke, auch dieser Glaube lässt sich wissenschaftlich erklären. Er ist ein Phänomen des Gehirns.. mehr nicht ;-)

Dadurch fällt er aber als Urgrund allen Seins flach, und jemand (oder "etwas") anderes muss diesen Job übernehmen.
William Shakespeare war nicht William Shakespeare, sondern ein anderer gleichen Namens.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 20:53

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Dadurch fällt er aber als Urgrund allen Seins flach, und jemand (oder "etwas") anderes muss diesen Job übernehmen.

_Muss_ es so sein? (ernstgemeinte Frage)
Vielleicht sollten die Menschen sich einfach in der Beurteilung der Natur, deren Teil sie sind, etwas persönlich zurücknehmen und nicht ihre beschränkte Sicht auf die Natur als Ganzes projizieren und hinzudichten. D.h. erstmal das wissenschaftlich verstehen, was man - die Spezie Mensch - über die Natur kennt! (ernstgemeinter Rat)

William Shakespeare war nicht William Shakespeare, sondern ein anderer gleichen Namens.

Ich kenne nur eine historische Persönlichkeit gleichen Namens.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon emporda » Fr 11. Apr 2008, 21:29

Eure tranzendente Spökenkickerei dreht sich endlos im Kreis, kommt keinen Schritt weiter und ist selten öde. Ein wesentlicher Teil des Glauben im AT samt dem Schöpfer der Welt ist nichts als ein Plagiat, das von einem Nachbarvolk abgeschrieben wurde.

Das ugaritische Reich nahe Latakia/Syrien hat eine wirtschaftliche Blütezeit von 1400 v.C. bis zur Zerstörung von Ugarit durch die Seevölker im Jahr 1192 v.C. Der genaue Tag ist durch eine Sonnenfinsternis bekannt, die ein Schreiber auf einer Keilschrifttafel festhält. Grabungen in Ugarit erbringen erste Siedlungsreste ab 7000 v.C. Eine ugaritische Herrscherfolge von 31 Königen ist bekannt und beginnt um 1800 v.C. Der ugaritische Hauptgott El geht in die biblischen Genesis 2 als Schöpfer der Welt ein und belegt eine enge Verbindung beider Religionskulte. Weitere ugaritische Götter sind Yamm, Dagan, Mot, Shahar, Anath, Kothar, Baal (Sohn von El) und die Göttin Asherah (Frau von El), die vom Frauenfeind Luther aus der hebräischen Mythologie getilgt wird. Ugaritische Götter, Gebete, Mythen und Rituale werden in den hebräischen Religionskult des Tanach übernommen wie etwa das goldene Kalb des Moses. Durch die späte Entdeckung der ugaritschen Kultur vor nur 75 Jahren wird die Mehrzahl früher Deutungen des AT hinfällig.

Die Entwicklung in 77 Generationen von der Schöpfung bis zum Messias (Moses 5) bei Lebenszeiten über 900 Jahren ist Unsinn. Im Lukas Evangelium sind es 57 Generation bis Abraham, im Matthäus Evangelium dagegen nur 41. Das Zeugungsalter dürfte auch bei hohem Alter um 15 - 25 Jahren liegen, die mittlere Lebenserwartung allenfalls bei 35 Jahren. Unter damaligen Bedingungen sind Lebenszeiten über 50 selten und über 80 eine sehr extreme Ausnahme. Damit deckt die biblische Generationsfolge allenfalls einen Zeitrahmen von 1300 v.C. bis 2000 v.C. ab und paßt in die 11. - 18. Dynastien der ägyptischen Pharaonen. Thutmosis III aus der 18. Dynastie führte um 1430 v.C. Kriege gegen Megiddo und die phönizischen Hafenstädte und Echnaton herrscht 100 Jahre später über Judäa und Jerusalem.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 21:42

emporda hat geschrieben:Eure tranzendente Spökenkickerei dreht sich endlos im Kreis, kommt keinen Schritt weiter und ist selten öde. Ein wesentlicher Teil des Glauben im AT samt dem Schöpfer der Welt ist nichts als ein Plagiat, das von einem Nachbarvolk abgeschrieben wurde.
[...]


Meinst du damit die Bibel? Die habe ich auch, steht zwischen Harry Potter und Grimms Märchen..
Halte ich bezüglich der beiden hier geführten Monologe für unerheblich ;-)

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Fr 11. Apr 2008, 21:51

Qubit hat geschrieben:_Muss_ es so sein? (ernstgemeinte Frage)

Ich denke schon.
Da wir zur Zeit keine weniger beschränkte Spezies als uns Menschen zur Verfügung haben, müssen wir halt mit unserer Sicht auskommen.

Qubit hat geschrieben:Vielleicht sollten die Menschen sich einfach in der Beurteilung der Natur, deren Teil sie sind, etwas persönlich zurücknehmen und nicht ihre beschränkte Sicht auf die Natur als Ganzes projizieren und hinzudichten. D.h. erstmal das wissenschaftlich verstehen, was man - die Spezie Mensch - über die Natur kennt! (ernstgemeinter Rat)

Du klingst wie ein Pfarrer, der seine Gemeindeglieder hinsichtlich der Seligkeit auf das Jenseits vertröstet.
Sowas ist schon in der Kirche unbefriedigend, aber im Rahmen der Wissenschaften (zähle ich mal auch die Philosophie dazu), ist es eine Bankrott-Anmeldung. Ein Wissenschaftler wartet nicht auf Godot, der vielleicht in der Lage sein mag, solche wirklich grundlegenden und möglicherweise wertestiftenden Fragen zu beantworten, sondern er forscht.
Und ein Wissenschaftler unterscheidet zwischen empirisch lösbaren und unlösbaren Problemen. Dieses hier gehört eindeutig zur zweiten Kategorie. Denn der Ursprung von allem betrifft auch die apriorischen Vorfestlegungen aller wissenschaftlichen Erkenntnis, und die liegen jenseits der empirischen Forschung.
Darum kann die Antwort nicht ermittelt, sondern nur entschieden werden. Der Verweis darauf, dass man erst mal ein wenig empirisch in der Natur herumforschen solle, bevor man antwortet, ist nichts als eine leere Vertröstung, eine Ausrede.

Und die Entscheidung, um die es geht, lautet: Nehme ich einen Urgrund des Seins an, der meine Verstandesmöglichkeiten übersteigt (kommt Dir das vielleicht bekannt vor?) oder drücke ich mich irgendwie um die Antwort herum?

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Telos » Fr 11. Apr 2008, 22:28

Qubit hat geschrieben:Aber alle Erscheinungen, die wir wahrnehmen (im weitesten Sinne) lassen sich mit Vorstellungen des Gehirns wissenschaftlich erklaren! Ja ;-)


Die Vorstellungen des Gehirns lassen sich wissenschaftlich erklären oder lassen sich die Erscheinungen, die das Gehirn wahrnimmt, wissenschaftlich erklären? Wobei mit "wissenschaftlich" die empirische Methode incl. der Forderung nach Falsifizierungen gemeint ist?
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Fr 11. Apr 2008, 23:07

Telos hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Aber alle Erscheinungen, die wir wahrnehmen (im weitesten Sinne) lassen sich mit Vorstellungen des Gehirns wissenschaftlich erklaren! Ja ;-)


Die Vorstellungen des Gehirns lassen sich wissenschaftlich erklären oder lassen sich die Erscheinungen, die das Gehirn wahrnimmt, wissenschaftlich erklären? Wobei mit "wissenschaftlich" die empirische Methode incl. der Forderung nach Falsifizierungen gemeint ist?

Das läuft letztlich auf das selbe hinaus, letztlich reden wir über "Repräsentationen" von Wirklichkeit im Gehirn. Wobei - am Rande - das Gehirn selbst wiederum eine solche Repräsentation darstellt.
Wichtig ist, dass es in den Erklärungen Elemente von "Vorgestelltem" gibt, die unabhängig ihrer Repräsentation als "Vorstellung" sich auswirken und beurteilt werden können. Genau das funktioniert mit der transzendenten "Gottesidee" nicht, die das Vorgestellte "Gott" mit seiner Idee identifiziert. Wissenschaftlich ist bei letzterem nur die Identifikation selbst, die sich eben wissenschaftlich Untersuchen lässt.
"Falsifikation" wird als wissenschaftliche Methodik meines Erachtens überbewertet. Als heuristische Methodik ist sie allerdings unschlagbar ;-)
Praktisch sind Signifikanzen wichtig, die im (Hypothesen-) Test erfüllt sein sollen.

Beste Grüsse
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Re: Glaube irrational?

Beitragvon HF******* » Sa 12. Apr 2008, 02:31

Emporda schrieb:
Wenn ich aber mein Leben, mein Handeln, meine moralischen Ansichten und Werte nach Etwas ausrichte, was willkürlich ist und mir von Dritten suggeriert wurde, dann bin ich letztendlich ein manipuliertes, geistig amputiertes Etwas, das als williges und dummes Manipulat alle Schandtaten und Greuel auszuführt, die man mir als gut, notwendig und Gott gefällig vorgaukelt. ....

Eben, es ist immer ein Problem, wenn jemand etwas blind übernimmt. Und die Personen, die die Herrschaft über diese Normen haben, sind dann die Herren.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
HFRudolph hat geschrieben:Hallo, wir sind gezwungen, das als Realität zu nehmen, was dem Arzt und uns (zumindest mir...) als Realität erscheint, und zwar nach den uns bestmöglichen logischen und erfahrbaren Versuchen, die richtige (so!) Realität festzustellen.

Ach, Du fragst Deinen Arzt, wenn Du wissen willst, was real ist? Als jemand, der mit Glaubensdingen einige Erfahrung besitzt, muss ich einwenden, dass dies keine besonders solide Methode der Realitätsfindung ist ... da könnte ich Dir Sachen erzählen, die vielleicht sogar Dir Tränen der Enttäuschung und Wut in die Augen schießen lassen!

Lass mal die falschen Unterstellungen! Das ist nicht nur zusammenhangslos wiedergegeben und zumindest grob fahrlässig falsch verstanden.

Ich sehe aber, dass Du eine Einschränkung bezüglich der Realität gemacht hast - indem Du von "richtiger" Realität spachst. Gibt es auch weniger richtige Realitäten?

Der Irre hält etwas für die Realität, das nicht die Realität ist. Im Glauben verhält es sich häufig ähnlich.

Aber wie auch immer, wenn Du von "bestmöglichen Vesuchen" sprichst, bewegst Du Dich natürlich nicht auf der Ebene definitiv bewiesener Richtigkeiten, sondern auf der von Plausiblitäten. Dies möchte ich an dieser Stelle einmal festhalten, weil wir uns damit - trotz unterschiedlicher Erkenntnisdimensionen - auf der gleichen Ebene befinden.

Mit dem Unterschied, dass die wissenschaftliche Methode per Definition näher dran ist. Mit dem Glauben ist das nicht vergleichbar. Von klar bewiesenen Richtigkeiten spricht man in der Wissenschaft durchaus. Das ist natürlich zu trennen von einem rein philosophischen Richtigkeitsvorbehalt, der jedoch keine praktische Bedeutung hat - und zwar mangels hinreichend praktischer Wahrscheinlichkeit - ähnlich dem wissenschaftlichen Fallibilismus (hoffentlich ist verständlich, was gemeint ist).

HFRudolph hat geschrieben:Was Du betreibst ist gezielter intellektueller Realitätsverlust.

Das wurde anscheinend nicht verstanden:
Wenn man sich dessen bewusst ist, dass das, was man glaubt, mit der rationalen Erkenntnis unvereinbar ist, genau dann wendet man sich bewusst in autosuggestiver Weise von der Realität ab. Rationale Erkenntnis ist nicht der religiöse Glaube, sondern die wissenschaftliche Erkenntnis.

Wenn in religiösen Gebieten von "Erkenntnis" gesprochen wird, dann in aller Regel nur, um einen wissenschaftlichen Wahrheitsgehalt zu suggerieren.

Bezüglich des Begriffs "Glauben" ist es eine Vermengung verschiedener Begriffe, zu sagen, alle würden etwas glauben, auch Naturalisten: Der religiöse Glaube ist etwas ganz anderes. Als Naturalist suche ich mir weder aus, was ich für wahr und für unwahr erkläre (sondern ich bemühe mich nach bester Geistesanstrengung), noch kann ich im Streben nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Suggestion erkennen. Eine solche Suggestion liegt aber bei dem religiösen Glauben in aller Regel vor: Man muss schon Kindern im kleinsten Alter eine personifizierte Gottheit vorsuggerieren, sonst klappt es später im Erwachsenenalter nicht mehr! Suggerieren muss man aber nur etwas, was falsch ist. Das, was einem vernünftigen Menschen (!) als Realität erscheint, muss man nicht suggerieren, man kann es rational darlegen oder sogar beweisen.

Um diese Missverständnisse zu vermeiden bemühe ich mich selbst auch, den Begriff Glauben im außerreligiösen Bereich nicht mehr zu verwenden, auch nicht in dem Sinne, ob ich glaube, dass xy die nächste Wahl gewinnt. Vermuten, spekulieren etc. ist etwas anderes als Glauben im religiösen Sinne.

Ich weiß nicht, ob Fishermans Fellow sich an Dr. Ratzinger orientiert: Der ordnet den Wahrheitsanspruch der kath. Kirche ganz anders ein. Wenn ich das richtig verstehe, hält er das christliche Moral- und Ethiksystem als Philosophie im Sinne einer Lebenshilfe bzw. als Lebensweg für die Person und die Menschheit für richtig und glaubt deshalb an die Gottheit. Entweder liegt dieser Vorgehensweise also der selbständige Glaube zugrunde, dass das vermeintlich "richtige" Leben zu einem wissenschaftlichen Erkenntniszuwachs führe oder es handelt sich eben um eine Autosuggestion. Den Wahrheitsanspruch zu vertreten, hält er wiederum für eine notwendige Maßnahme, um den Glauben der unintellektuellen Masse nahe zu bringen - so verstehe ich ihn. Das ist ähnlich, wie mit dem kantschen "Gottesbeweis", der letztendlich die Begründung eines Atheisten ist.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon HF******* » Sa 12. Apr 2008, 03:03

Fishermans Fellow schrieb:
Dieses Problem sollte Dir weniger Sorge bereiten, denn der einzige Grund, warum meine Gottesannahme phänomenal ist, besteht darin, dass Naturalisten per apriorischer, dh vor aller Erfahrung liegender, willkürlicher Entscheidung Gott nur für eine Vorstellung halten.

A posteriori, nicht a priori, wehrter Herr Fellow :lachtot:
Allerdings sind die in der Tat die meisten klassischen Gotteserfindungen derart willkürliche märchenähnliche Geschichten und ein derartiger Nonsens, dass sich eine nähere Auseinandersetzung im Sinne der Erforschung, ob diese Figuren tatsächlich existieren, schlicht abwegig wäre.

Viel phänomenaler ist vielmehr die entgegenlaufende Überlegung: Wieso Menschen überhaupt begannen, die Existenz von Mächten anzunehmen, die sie sich gar nicht vorstellen konnten, obwohl es angeblich doch überhaupt keinen Grund dafür gab.

Jaaa, damals gab es den schon! Es liegt im Wesen des Menschen, sich bezüglich bestimmter unerklärlicher Umstände eine Vorstellung zu machen. Je nach Tatsachengrundlage und je nach Anwendung richtiger Logik liegt man dann näher dran oder weiter daneben - das betrifft nicht nur den Gottesglauben. Wenige der alten Griechen waren bereits Meister der Logik und waren dementsprechend auch ohne wissenschaftliche Erkenntnis bereits Atheisten - wie vermutlich viele andere Menschen auch. Die gesamten altgriechischen, römischen und germanische Göttersagen waren dann auch mehr Sagen, als Tatsachenbehauptungen mit wissenschaftlichem Wahrheitsanspruch.

Schon allein dieser Nachsatz: Dass es für die Existenz solcher Wesen überhaupt keinen Grund gäbe, sollte Anlass geben, die eigenen Festlegungen des Naturalismus zu hinterfragen, weil er nach Beweisen schreit und nicht nach Axiomen, oder wie Du es bezeichnest: als Deinen Glauben.

Atheismus ist kein Axiom. Es ist nur anscheinend noch keinem Naturalisten ein beständiger Gottesbeweis oder auch nur eine logisch stichhaltige Schlussfolgerung untergekommen, die hinreichend auf die Existenz von Gottheiten hindeuten würden.

Man kann wohl auch als Agnostiker ein Naturalist sein.

Im Klartext: Das atheistische Apriori des Naturalismus versetzt ihn selbst in ein erkenntnistheoretisches Vakuum. Ab einer bestimmten Begründungsstufe kommt nichts mehr. Dort, wo in operativer Hinsicht "Gott" anzusiedeln wäre, herrscht einfach, wie Schelling es ausdrückte, Stillstand im Denken.
Und das unterläuft einem Erkenntnissystem, das sich ganz und gar dem vernünftigen Denken ergeben hat und das religiösen Glauben für ein seltsames Phänomen hält!

Einen Wahn wohlmöglich?
Die Argumentation ist ein selten dagewesener Nonsens, der jeder Logik entbehrt. Deutlich wird das, wenn man den Begriff der Gottheit duch Rosa Kanninchen auf dem Mars ersetzt.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Sa 12. Apr 2008, 09:20

HFRudolph hat geschrieben:A posteriori, nicht a priori, wehrter Herr Fellow :lachtot:

A priori, werter Rudolph, a priori!
Wir sind heute etwas weiter als Kant, und Fichte, Hegel und Schelling hätte es so nicht gegeben, wenn Kants Manko nicht damals schon aufgefallen wäre.
Oder kannst Du mir sagen, was der (zuerst im antiken Griechenland bewusst getroffenen) Entscheidung vorausgeht, die Welt in ein erkennendes Subjekt und erkannte Objekte analytisch aufzuspalten?
Erst durch diese Entscheidung wird wissenschaftliches - auch metaphysisches - Denken überhaupt möglich. (Alle "apriorischen" Anschauungen und Kategorien (im Sinne Kants) sind erst nach dieser Vorentscheidung formulierbar.)
Genau diese analytische Aufspaltung wird in der mythisch-religiösen Erfahrungsdimension nicht vollzogen. Die Welt wird ganz anders erlebt, sehr zum Unverständnis ihrer wissenschaftlichen Erklärungsversuche.

HFRudolph hat geschrieben:
Viel phänomenaler ist vielmehr die entgegenlaufende Überlegung: Wieso Menschen überhaupt begannen, die Existenz von Mächten anzunehmen, die sie sich gar nicht vorstellen konnten, obwohl es angeblich doch überhaupt keinen Grund dafür gab.

Jaaa, damals gab es den schon!

Auf diesen Einwand habe ich gewartet.

HFRudolph hat geschrieben:Es liegt im Wesen des Menschen, sich bezüglich bestimmter unerklärlicher Umstände eine Vorstellung zu machen.
Je nach Tatsachengrundlage und je nach Anwendung richtiger Logik liegt man dann näher dran oder weiter daneben - das betrifft nicht nur den Gottesglauben. Wenige der alten Griechen waren bereits Meister der Logik und waren dementsprechend auch ohne wissenschaftliche Erkenntnis bereits Atheisten - wie vermutlich viele andere Menschen auch.

Ich finde es immer wieder verblüffend, wie Naturalisten, um die Vorzüge ihrer Logik zu retten, ihre Vorfahren schlecht machen. Menno, für die hing doch viel mehr von genauen Beobachtungen und logischen Schlüssen ab, wenn sie ihre Sippe am Leben erhalten wollten! Die waren nicht blöd und gewiss nicht weniger kühn und scharfsinnig als wir!
Menschen, die in einer mythisch-religiösen Erfahrungsdimension die Wirklichkeit erlebten, haben über Jahrtausende hinweg die Zukunft ihrer Nachfahren gesichert.
Menschen, die in einer analytisch-wissenschaftlichen Erfahrungsdimension leb(t)en, sind gerade dabei, innerhalb von 2500 (bzw nur 500 Jahren) ihre Nachfahren in den Abgrund einer übervölkerten, ausgeplünderten Welt zu führen.
Du kennst ja sicher die Rede des Häuptlings Seattle. Dem ist nichts Wesentliches hinzuzufügen.

HFRudolph hat geschrieben:Die gesamten altgriechischen, römischen und germanische Göttersagen waren dann auch mehr Sagen, als Tatsachenbehauptungen mit wissenschaftlichem Wahrheitsanspruch.

Sie waren weder Sagen noch "Tatsachenbehauptungen" sondern Archai, um den Terminus technicus zu benutzen.
Aber ich darf hier ja nicht missionieren.

Atheismus ist kein Axiom. Es ist nur anscheinend noch keinem Naturalisten ein beständiger Gottesbeweis oder auch nur eine logisch stichhaltige Schlussfolgerung untergekommen, die hinreichend auf die Existenz von Gottheiten hindeuten würden.

Weil die Entscheidung für oder gegen Gott keine aposteriorische, sondern eine apriorische Entscheidung ist, und zwar nicht nur, wie oben geschildert, grundlegend auf der Basis von Erfahrungsdimensionen, sondern auch rein logisch.
Du kannst mir ja Deine obige Behauptung mal begründen. Ich werde sie Dir dann widerlegen.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon tertz » Sa 12. Apr 2008, 11:55

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Glaubst Du, dass die 99,8% deiner Vorfahren, die es schafften, Deine Existenz vorzubereiten, ohne Sinn und Verstand über die Erde torkelten?


Fisherman's Fellow hat geschrieben:Ich finde es immer wieder verblüffend, wie Naturalisten, um die Vorzüge ihrer Logik zu retten, ihre Vorfahren schlecht machen. Menno, für die hing doch viel mehr von genauen Beobachtungen und logischen Schlüssen ab, wenn sie ihre Sippe am Leben erhalten wollten! Die waren nicht blöd und gewiss nicht weniger kühn und scharfsinnig als wir!


Hältst Du es für völlig ausgeschlossen, daß die Gewißheit unserer Vorfahren über Götter genauso unzutreffend ist wie ihre Gewißheit über Zauberer, Hexen, Dämonen, Regentänze, Die-Erde-ist-eine-Scheibe, Aderlassen ist ein gutes Mittel gegen Tuberkulose usw.? Niemand will "Vorfahren schlecht machen". Macht ja auch niemand. Oder ist "einen möglichen Fehler aufdecken" bei Dir gleichbedeutend mit "schlecht machen"? Natürlich waren die nicht weniger "scharfsinnig als wir". Sie waren einfach oft genug im Irrtum.
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Qubit » Sa 12. Apr 2008, 12:06

Fisherman's Fellow hat geschrieben:
HFRudolph hat geschrieben:A posteriori, nicht a priori, wehrter Herr Fellow :lachtot:

A priori, werter Rudolph, a priori!
Wir sind heute etwas weiter als Kant, und Fichte, Hegel und Schelling hätte es so nicht gegeben, wenn Kants Manko nicht damals schon aufgefallen wäre.
Oder kannst Du mir sagen, was der (zuerst im antiken Griechenland bewusst getroffenen) Entscheidung vorausgeht, die Welt in ein erkennendes Subjekt und erkannte Objekte analytisch aufzuspalten?
Erst durch diese Entscheidung wird wissenschaftliches - auch metaphysisches - Denken überhaupt möglich. (Alle "apriorischen" Anschauungen und Kategorien (im Sinne Kants) sind erst nach dieser Vorentscheidung formulierbar.)
Genau diese analytische Aufspaltung wird in der mythisch-religiösen Erfahrungsdimension nicht vollzogen. Die Welt wird ganz anders erlebt, sehr zum Unverständnis ihrer wissenschaftlichen Erklärungsversuche.


Die Unterscheidung "a priori" und "a posteriori" ist eine künstliche, von der Perspektive des Betrachters abhängige. Im "erkenntnislogischen" Sinne kann man von "a priori" sprechen, im "erkenntniskritischen" Sinne von "a posteriori". Beide bedingen einander, insofern sind es inadäquate Kategorien, um das Wesentliche des Erkenntnisprozesses zu beschreiben.
Faktum ist, dass es logische Bedingungen für Erkenntnis gibt, für jede Art von "Erkenntnis", ob naturwissenschaftliche oder Aberglauben, i.e. "religiöse Erkenntnis".
Faktum ist auch, dass hierfür eine Menge an "transzendenten Ideen" - i.e. Ideen, die reine "Vorstellungen" unseres Gehirns sind ohne ontischer Entsprechung des "Vorgestellten" - verwendet werden. Ich behaupte, diese "transzendenten Ideen" fallen jedoch nicht vom Himmel, sie werden erschaffen, vom Menschen.
Weiter behaupte ich, dass es den Wesensunterschied zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und "religiöser Erkenntnis" darstellt, das letztere das "Vorgestellte" in "transzendenten Ideen" als ontisch real betrachtet. "Ontisch" heisst, ausserhalb der "Vorstellung" selbst. Auch behaupte ich, dass es für diesen "religiösen Irrglauben" eine kausale, vermutliche ontische Bedingung gibt. Alle diese Behauptungen sind im Wesen wissenschaftliche und lassen sich daher mit wissenschaftlicher Methodik untersuchen; "Religiösität" wird hierdurch auf ein wissenschaftliches Phänomen reduziert.
Um die Aussagen zu konkretisieren, vergleiche man den Erkenntnisprozess zB der Naturwissenschaften mit denen von "Religiösität" (vorsicht, Ironie nicht ausgeschlossen ;-)):
Falle ein Rad vom Himmel (von mir aus vom Grossen Wagen ;-)) in irgendein Urwald der dortigen Ureinwohner. Nun spazieren zwei Ureiwohner dort entlang und beobachten dies und schauen sich das Rad genauer an. Der eine, der religiöse, mag behaupten, das Rad habe der Schöpfer vom Himmel fallen lassen. Die wunderbare gleichmäßige Rundung des Rades habe der Schöpfer nach seiner unermesslichen, unendlichen Vollkommenheit geschaffen. Der andere Ureinwohner, der wissenschaftliche, schaut sich während dessen das Rad an und beginnt Kreise in den Sand zu zeichnen. Er nimmt eine Schnur mit feinen Knötchen und legt diese auf den Umfang und den Durchmesser der Kreise und setzt die Anzahl der Knötchen in Beziehung. Er verwendet immer feinere Knötchen und stellt zu seiner Überraschung fest, dass das Verhältnis bei allen gezeichneten Kreisen immer identisch ist und sich mit der Anzahl der Knötchen immer mehr einer Zahl nähert, die jedoch nie erreicht wird. Er nennt diese Zahl PI. Der religiöse Ureinwohner hört davon und sagt, ja, PI muss eine Eigenschaft unseres unermesslich, unendlich vollkommenen Schöpfers sein. Er habe das Rad nach seinem Ideal PI geschaffen. Jetzt kommt der wissenschaftliche Ureinwohner ins Grübeln und sagt, lass uns das doch überprüfen und legt seine Schnur am Umfang und Durchmesser des Rades an. Er verwendet Schnüre mit immer feineren Knötchen und stellt fest, dass das Verhältnis bei jeder Genauigkeit nicht dem der Kreise entspricht, es nähert sich nicht dem Ideal PI, ist ihm aber nahe. Der religiöse Ureinwohner denkt kurz nach und hat eine Erkenntnis: Der Schöpfer habe zwar das Rad nach seinem Ideal PI geschaffen, aber alles in unserer Welt ist unvollkommen, alle Rundungen nähern sich nur dem Ideal PI. PI sei das wesentlich Wahrhaftige, alle Rundungen nur unvollkommene Abbilder davon. Der wissenschaftliche Ureinwohner denkt nun lange nach und schweigt. Der religiöse Ureinwohner schaut ihn sonderbar an und fragt, wieso er denn schweige, wo sie doch gerade diese wunderbare, göttliche Erkenntnis hätten. Der wissenschaftliche Ureinwohner erwidert, er habe sich gerade Gedanken über den Schöpfer gemacht. Wenn der Schöpfer dieses unermesslich, unendlich vollkommene Ideal habe und alles in der Welt aber nur unvollkommene Abbilder seien, dann werden sie ja nie den unerreichbaren, unendlich vollkommenen Schöpfer in der Welt erkennen können. Der religiöse Ureinwohner lächelt und sagt, genau so sei es, der über alles stehende Schöpfer und seine vollkommenen Ideale habe seinen Platz nicht in dieser unvollkommenen Welt der Abbilder, er sei jenseits dessen. Jetzt ginst der wissenschaftliche Ureinwohner. Er schaut den religiösen Ureinwohner an und flüstert: "Ja, so müsse es sein" und zeigt auf seine in den Sand gemalten Kreise...
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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Sa 12. Apr 2008, 18:13

tertz hat geschrieben:Hältst Du es für völlig ausgeschlossen, daß die Gewißheit unserer Vorfahren über Götter genauso unzutreffend ist wie ihre Gewißheit über Zauberer, Hexen, Dämonen, Regentänze, Die-Erde-ist-eine-Scheibe, Aderlassen ist ein gutes Mittel gegen Tuberkulose usw.?

Da ich ein wenig in beide Töpfe geschaut habe, sage ich mal so: Ich halte die Gewissheit unserer mythisch ausgerichteten Vorfahren über die Gestalt der Erde, über die Funktionen des menschlichen Hirns usw für genauso unzutreffend wie die Gewissheit von analytisch ausgerichteten Naturalisten über Götter, Engel, Dämonen, usw.
Jede Erkenntnisdimension hat ihre besonderen Stärken, Schwächen und Ausrichtungen. Wie kann ich Dir wenigstens eine Ahnung von der Ausrichtung religiös-mythischen Erkenntnis geben, ohne gleich wegen Missionierung aus dem Forum geworfen zu werden?
:idee:
Hör Dir mal Die Glocke von Schiller an. Die ist davon durchdrungen.

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Re: Ursprung des Glaubens

Beitragvon Fisherman's Fellow » Sa 12. Apr 2008, 19:16

Qubit hat geschrieben:Die Unterscheidung "a priori" und "a posteriori" ist eine künstliche, von der Perspektive des Betrachters abhängige. Im "erkenntnislogischen" Sinne kann man von "a priori" sprechen, im "erkenntniskritischen" Sinne von "a posteriori". Beide bedingen einander, insofern sind es inadäquate Kategorien, um das Wesentliche des Erkenntnisprozesses zu beschreiben.

Der Sinn Deiner Rede ist gar dunkel.
Ich halte mich bei der Definition von "a priori" mal an die Wikipedia:

Wissen, das allein durch Denken entstanden und als solches nicht durch Tatsachenerfahrungen gedeckt ist, aber als Ausgangspunkt zu weiteren Erkenntnissen unumgänglich ist, heißt apriorisches Wissen, a priori gesetztes Wissen oder einfach vorausgesetztes Wissen.

Das Besondere ist, dass dieses Wissen weder durch Schlussfolgerung endgültig zu beweisen noch durch Beobachtungen zu widerlegen ist.


Hier noch einmal der Satz, um den es ging - von mir viel weiter oben formuliert:
Dieses Problem sollte Dir weniger Sorge bereiten, denn der einzige Grund, warum meine Gottesannahme phänomenal ist, besteht darin, dass Naturalisten per apriorischer, dh vor aller Erfahrung liegender, willkürlicher Entscheidung Gott nur für eine Vorstellung halten.

Ich sprach nicht von einer allgemein menschlichen Erkenntnisvoraussetzung (obwohl dies mittelbar auch zuträfe), sondern von einer Entscheidung von Naturalisten, die a priori gefällt wird, dh die durch Erfahrung weder bewiesen noch widerlegt werden kann.
Zur Erläuterung: Naturalisten haben, wenn mich nicht alles täuscht, ein wissenschaftliches Weltbild. Dieses postuliert unter anderem, dass die Welt im wesentlichen einheitlich, kausal gegliedert und durch dort herrschende Naturgesetze geordnet sei. Falls nun ein Gott existiert, der alle diese Gesetze "erlassen" hat, dann mag dies wohl sein, kann aber aus empirischer Sicht nicht entschieden werden, weil diese nur bis zu den Regelhaftigkeiten der Natur vordringt und nicht zu dem, was "hinter" dieser Natur steckt ("Supranaturalismus"). Darum muss diese Frage, vor aller Erfahrung, dh a priori entschieden werden, auch wenn sie für den Wissenschaftler im Grunde belanglos ist.
Nicht belanglos ist es, wenn dieser Gott nicht nur die Naturgesetze in Kraft und sich dann zur Ruhe gesetzt hat, sondern weiterhin in die Welt einwirkt, in dem er seine eigenen Regeln durchbricht. Ist zwar komisch, aber nicht auszuschließen. Immerhin sind in der Bibel haufenweise Wunder überliefert. Dies würde bedeuten, dass ein Wissenschaftler zwar Regeln formulieren könnte, aber nie sicher sein kann ob und wie oft Gott seine Messungen verpfuscht.
Man stelle sich vor: Empfindliche Geräte wie Computer würden doch dauernd kaputtgehen oder haarsträubende Phänomene zeitigen, wie zB meiner! ==> Gottesbeweis :santagrin:
Ok - solch ein Konzept von Wissenschaft ist schlechterdings unhaltbar. Denn da der Wissenschaftler nicht weiss, welche Messungen ok sind und welche nicht, müsste er seinen Kram hinschmeissen. Darum - also aus methodischen Gründen - gilt die einst in der Scholastik begründete und von Grotius im Rahmen des Naturrechts angewandte Formel "etiamque deus non daretur". Die Welt müsse so erkannt/erforscht werden, als ob Gott nicht gegeben sei.
Ein apriorischer, weder veri- noch falsifizierbarer Satz, der den methodischen Atheismus der Wissenschaften begründet.

Somit sind die zwei Wirkungsmöglichkeiten Gottes in der Welt durch apriorische Entscheidungen beseitigt worden.
Wenn nun ein naturalistischer Agnostiker daherkommt, und sagt, dass er ja gar nicht gegen Gott sei, wenn der sich nur empirisch beweisen ließe, erwidere ich: Geht nicht - denn du kannst nicht empirisch beweisen, was du vorher schon methodisch/apriorisch ausgeschlossen hast.

Qubit hat geschrieben:Faktum ist, dass es logische Bedingungen für Erkenntnis gibt, für jede Art von "Erkenntnis", ob naturwissenschaftliche oder Aberglauben, i.e. "religiöse Erkenntnis".

Korrekt, und Logik findet sich auch in der religiös-mythologischen Erkenntnisdimension.

Qubit hat geschrieben:Faktum ist auch, dass hierfür eine Menge an "transzendenten Ideen" - i.e. Ideen, die reine "Vorstellungen" unseres Gehirns sind ohne ontischer Entsprechung des "Vorgestellten" - verwendet werden. Ich behaupte, diese "transzendenten Ideen" fallen jedoch nicht vom Himmel, sie werden erschaffen, vom Menschen.

*megaseufz*
An solchen Formulierungen sehe ich, dass sich Religiosität, Mystik und Mythos aus naturalistischer Sicht nicht angemessen beschreiben lässt. Ein Gott, der in Brot und Wein mit seinen menschlichen Bundesgenossen eins wird, ist keine "transzendente Idee".
Der Götze des Deismus ist vielleicht so etwas, aber das hat mit Religion nichts zu schaffen.

Qubit hat geschrieben:Weiter behaupte ich, dass es den Wesensunterschied zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und "religiöser Erkenntnis" darstellt, das letztere das "Vorgestellte" in "transzendenten Ideen" als ontisch real betrachtet.

Nein. Das tut der Deismus auch, und der lässt sich problemlos mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis vereinbaren.
Der Wesensunterschied zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und religiöser Erkenntnis liegt viel, viel tiefer.
In der religiös-mythologischen Erkenntnis gelten weder die apriorischen Anschauungen noch die Kategorien der Wissenschaft: Eine andere Zeitvorstellung, eine andere Raumvorstellung, eine völlig andere Vorstellung von Kausalität, deskriptives statt analytisches Denken, usw. Der einzige gemeinsame Nenner ist die Logik. Es ist, wie ich hier schon hundertmal schrieb, eine andere "Erkenntnisdimension".

Qubit hat geschrieben:Alle diese Behauptungen sind im Wesen wissenschaftliche und lassen sich daher mit wissenschaftlicher Methodik untersuchen; "Religiösität" wird hierdurch auf ein wissenschaftliches Phänomen reduziert.

Untersuchen lässt sich alles. Nur werden - das vorauszusagen braucht es keine prophetische Gabe - die Ergebnisse in etwa so angemessen und neutral ausfallen wie die Erwägungen des religiösen Paradigmas hinsichtlich der menschengeschaffenen Wissenschaften. :^^:

Grüßle,
FF
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