Qubit hat geschrieben:Die Unterscheidung "a priori" und "a posteriori" ist eine künstliche, von der Perspektive des Betrachters abhängige. Im "erkenntnislogischen" Sinne kann man von "a priori" sprechen, im "erkenntniskritischen" Sinne von "a posteriori". Beide bedingen einander, insofern sind es inadäquate Kategorien, um das Wesentliche des Erkenntnisprozesses zu beschreiben.
Der Sinn Deiner Rede ist gar dunkel.
Ich halte mich bei der Definition von "a priori" mal an die
Wikipedia:
Wissen, das allein durch Denken entstanden und als solches nicht durch Tatsachenerfahrungen gedeckt ist, aber als Ausgangspunkt zu weiteren Erkenntnissen unumgänglich ist, heißt apriorisches Wissen, a priori gesetztes Wissen oder einfach vorausgesetztes Wissen.
Das Besondere ist, dass dieses Wissen weder durch Schlussfolgerung endgültig zu beweisen noch durch Beobachtungen zu widerlegen ist.Hier noch einmal der Satz, um den es ging - von mir viel weiter oben formuliert:
Dieses Problem sollte Dir weniger Sorge bereiten, denn der einzige Grund, warum meine Gottesannahme phänomenal ist, besteht darin, dass Naturalisten per apriorischer, dh vor aller Erfahrung liegender, willkürlicher Entscheidung Gott nur für eine Vorstellung halten.Ich sprach nicht von einer allgemein menschlichen Erkenntnisvoraussetzung (obwohl dies mittelbar auch zuträfe), sondern von einer Entscheidung von Naturalisten, die a priori gefällt wird, dh die durch Erfahrung weder bewiesen noch widerlegt werden kann.
Zur Erläuterung: Naturalisten haben, wenn mich nicht alles täuscht, ein wissenschaftliches Weltbild. Dieses postuliert unter anderem, dass die Welt im wesentlichen einheitlich, kausal gegliedert und durch dort herrschende Naturgesetze geordnet sei. Falls nun ein Gott existiert, der alle diese Gesetze "erlassen" hat, dann mag dies wohl sein, kann aber aus empirischer Sicht nicht entschieden werden, weil diese nur bis zu den Regelhaftigkeiten der Natur vordringt und nicht zu dem, was "hinter" dieser Natur steckt ("Supranaturalismus"). Darum muss diese Frage, vor aller Erfahrung, dh a priori entschieden werden, auch wenn sie für den Wissenschaftler im Grunde belanglos ist.
Nicht belanglos ist es, wenn dieser Gott nicht nur die Naturgesetze in Kraft und sich dann zur Ruhe gesetzt hat, sondern weiterhin in die Welt einwirkt, in dem er seine eigenen Regeln durchbricht. Ist zwar komisch, aber nicht auszuschließen. Immerhin sind in der Bibel haufenweise Wunder überliefert. Dies würde bedeuten, dass ein Wissenschaftler zwar Regeln formulieren könnte, aber nie sicher sein kann ob und wie oft Gott seine Messungen verpfuscht.
Man stelle sich vor: Empfindliche Geräte wie Computer würden doch dauernd kaputtgehen oder haarsträubende Phänomene zeitigen, wie zB meiner! ==> Gottesbeweis
Ok - solch ein Konzept von Wissenschaft ist schlechterdings unhaltbar. Denn da der Wissenschaftler nicht weiss, welche Messungen ok sind und welche nicht, müsste er seinen Kram hinschmeissen. Darum - also aus methodischen Gründen - gilt die einst in der Scholastik begründete und von Grotius im Rahmen des Naturrechts angewandte Formel "etiamque deus non daretur". Die Welt müsse so erkannt/erforscht werden, als ob Gott nicht gegeben sei.
Ein apriorischer, weder veri- noch falsifizierbarer Satz, der den
methodischen Atheismus der Wissenschaften begründet.
Somit sind die zwei Wirkungsmöglichkeiten Gottes in der Welt durch apriorische Entscheidungen beseitigt worden.
Wenn nun ein naturalistischer Agnostiker daherkommt, und sagt, dass er ja gar nicht gegen Gott sei, wenn der sich nur empirisch beweisen ließe, erwidere ich: Geht nicht - denn du kannst nicht empirisch beweisen, was du vorher schon methodisch/apriorisch ausgeschlossen hast.
Qubit hat geschrieben:Faktum ist, dass es logische Bedingungen für Erkenntnis gibt, für jede Art von "Erkenntnis", ob naturwissenschaftliche oder Aberglauben, i.e. "religiöse Erkenntnis".
Korrekt, und Logik findet sich auch in der religiös-mythologischen Erkenntnisdimension.
Qubit hat geschrieben:Faktum ist auch, dass hierfür eine Menge an "transzendenten Ideen" - i.e. Ideen, die reine "Vorstellungen" unseres Gehirns sind ohne ontischer Entsprechung des "Vorgestellten" - verwendet werden. Ich behaupte, diese "transzendenten Ideen" fallen jedoch nicht vom Himmel, sie werden erschaffen, vom Menschen.
*megaseufz*
An solchen Formulierungen sehe ich, dass sich Religiosität, Mystik und Mythos aus naturalistischer Sicht nicht angemessen beschreiben lässt. Ein Gott, der in Brot und Wein mit seinen menschlichen Bundesgenossen eins wird, ist keine "transzendente Idee".
Der Götze des Deismus ist vielleicht so etwas, aber das hat mit Religion nichts zu schaffen.
Qubit hat geschrieben:Weiter behaupte ich, dass es den Wesensunterschied zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und "religiöser Erkenntnis" darstellt, das letztere das "Vorgestellte" in "transzendenten Ideen" als ontisch real betrachtet.
Nein. Das tut der Deismus auch, und der lässt sich problemlos mit naturwissenschaftlicher Erkenntnis vereinbaren.
Der Wesensunterschied zwischen naturwissenschaftlicher Erkenntnis und religiöser Erkenntnis liegt viel, viel tiefer.
In der religiös-mythologischen Erkenntnis gelten weder die apriorischen Anschauungen noch die Kategorien der Wissenschaft: Eine andere Zeitvorstellung, eine andere Raumvorstellung, eine völlig andere Vorstellung von Kausalität, deskriptives statt analytisches Denken, usw. Der einzige gemeinsame Nenner ist die Logik. Es ist, wie ich hier schon hundertmal schrieb, eine andere "Erkenntnisdimension".
Qubit hat geschrieben:Alle diese Behauptungen sind im Wesen wissenschaftliche und lassen sich daher mit wissenschaftlicher Methodik untersuchen; "Religiösität" wird hierdurch auf ein wissenschaftliches Phänomen reduziert.
Untersuchen lässt sich alles. Nur werden - das vorauszusagen braucht es keine prophetische Gabe - die Ergebnisse in etwa so angemessen und neutral ausfallen wie die Erwägungen des religiösen Paradigmas hinsichtlich der menschengeschaffenen Wissenschaften.
Grüßle,
FF