Religionskritik ist Intoleranz

Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon sapere aude » So 14. Sep 2008, 13:13

El Schwalmo hat geschrieben: ich sehe eigentlich nur zwei nicht pejorative Alternativen:
1. Du kennst nur alte Arbeiten
2. Du erkennst nicht, was sich in der Neuzeit in der Argumentation der Religiösen geändert hat.
Du wirfst ständig mit dem Vorwurf der Dummheit um Dich. Das bedingt gewisse Anforderungen an Dein Argumentationsnievau, damit das nicht auf Dich zurückfällt. Ich hoffe, dass Dir das bewusst ist.
Vielen religiösen Menschen ist aufgefallen, dass gerade die modernen Atheisten den Religionen Positionen unterstellen, die sie längst verlassen haben. Das ist dann in etwa so, als würde man uns Naturalisten die Vorstellungen eines Moleschott unterstellen.


1.Die meisten Menschen, die an einen omnipotenten übernatürlichen Mann - den sie Gott nennen - glauben, haben diese alten Positionen, die wir ihnen "unterstellen" nicht "verlassen", da sie die unzweifelhafte Grundlage ihres Glaubens bilden, z.B. Texte wie dieser:

"Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, daß sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner daß auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi."

http://www.ekd.de/bekenntnisse/augsburg ... ntnis.html

2. Die Weiterentwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse auf der Basis von Experimenten mit der willkürlichen Interpretation von Texten gleichzusetzen, verkennt die klaren Unterschiede dieser Herangehensweisen an das Verständnis der Welt und ist ein bekanntes Argument gegen die Religionskritik.

Es ist also ein Unterschied, wenn Christen das Strohmannargument Lamarckismus auffahren und wenn Naturalisten das Argument "Erbsünde" benennen. Das erstere gilt durch jüngere wissenschaftliche Erkenntnisse als überwunden, das andere ist nicht überwindbar, da es die Grundlage des "Opfers" Jesu bildet. Man stelle sich vor, wir wären nicht "voll böser Lust", wie überflüssig wäre dann das Selbstmordattentat* des christlichen Messias gewesen.

3. Die Richtigkeit oder Falschheit der Aussagen, die in Tora, Bibel, Koran und allen weiteren theologischen Schriften über das omnipotente, gasförmige, männliche Wirbeltier gemacht werden, sind nicht überprüfbar. Deshalb gibt es bei diesen Interpretationen kein Richtig oder Falsch, sondern immer nur Meinung, der durch die selbstgemachte "Erfüllung" des angeblich göttlichen Wunsches des überzeugten Gläubigen Nachdruck verliehen wird.

Man stelle sich die Groteske vor, wenn sämtliche Naturwissenschaftler begönnen, ab sofort sämtliche Experimente einzustellen und sich nur noch der Interpretation der bisher erschienen wissenschaftlichen Literatur zu widmen. Wie wichtig würde es dann plötzlich werden, welcher "Schule" man angehört, welchem Messias man nachfolgt. Personenkult wie in Kirche.

All dem entgeht man nur, wenn man seine Argumentation und seinen Glauben an die Welt auf test- und falsifizierbare Hypothesen aufbaut - anstatt auf Tradition, Inspiration und Autorität.

Im Ganzen ist also die Behauptung, ein Glauben - der fundamental auf einem(!) etwa tausendseitigen Buch beruht - sei im Grunde reformfähig, Augenwischerei.

Beruht der Glaube nicht auf den Inhalten irgendeines Buches, ist seine Überlebensfähigkeit stark eingeschränkt und sein Auftreten selten.

Kritik an diesem Buch und seinen Interpretationen, zu welcher Zeit auch immer sie angefertigt wurden, sind also immer korrekt, da es keine Kenntnis über Richtigkeit oder Falschheit dieser Interpretationen gibt. Null !

Diese Ambiguität wird von liberalen Christen auch häufig entsprechend mißbraucht, indem man entrüstet die Behauptung zurückweist, man verträte einen Steinzeitglauben, und sich anschließend in erstaunlich flexibler Rabulistik ergeht, wenn man Erbsünde, Jungfrauengeburt, Auferstehung und Himmelfahrt, sowie Aufforderungen zu Gewalt, Massenmord und Sklaverei in der Bibel erklären soll.

Also bleiben wir seriös! Theologie ist eine Frage der Interpreation. Interpretation ist ein Frage rhetorischer Gewandtheit, Tradition und Autorität von Personen. Jedem Fragenden der die Realitätsangemessenheit religiöser Annahmen infrage stellt wird hierbei höhnisch ins Gesicht gelacht.


* Selbsmordattentat: Die Opferung des eigenen Lebens für eine höhere Sache. Ein Selbstmordattentat ist ein Mordanschlag auf einen oder mehrere Menschen oder geschützte Objekte durch einen Täter, der den Verlust des eigenen Lebens planmäßig in Kauf nimmt. Für die Opfer des Attentats konsultiere man die "Kriminalgeschichte des Christentums" von Karl-Heinz Deschner.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon El Schwalmo » So 14. Sep 2008, 13:41

sapere aude hat geschrieben:[ ... ]

sorry, es war nicht mein Ziel, irgendein Fass aufzumachen.

Mein Punkt war die Inkonsistenz, die ich bei Emporda sehe. Das hat mit Deinen Argumenten wenig zu tun, daher gehe ich nicht weiter darauf ein.

Nur weil es in meinen Kompetenzbereich fällt: 'Lamarckismus' ist ein Breiwort. 'Lamarckismus' im Sinne von 'Vererbung erworbener Eigenschaften' ist nicht widerlegt, eher wieder im Kommen. Denk' an die Epigenetik. Falls Du nur ein Buch dazu lesen möchtest

Jablonka, E.; Lamb, M.J. (2006) 'Evolution in Four Dimensions. Genetic, Epigenetic, Behavioral, and Symbolic Variation in the History of Life' Cambridge, Mass.; London, Bradford Book


Der Ansatz ist natürlich umstritten, aber niemand wirft den Autorinnen vor, dass sie nur 'spinnen'. Es mag noch ein langer Weg sein, bis sie anerkannt werden (falls überhaupt), aber bevor deren Ansatz nicht widerlegt ist, ist 'Lamarckismus' nicht so aus der Welt, wie viele meinen.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon emporda » So 14. Sep 2008, 16:23

sapere aude hat geschrieben:Im Ganzen ist also die Behauptung, ein Glauben - der fundamental auf einem(!) etwa tausendseitigen Buch beruht - sei im Grunde reformfähig, Augenwischerei.

Beruht der Glaube nicht auf den Inhalten irgendeines Buches, ist seine Überlebensfähigkeit stark eingeschränkt und sein Auftreten selten.
Eine sehr schöne Schilderung der Problematik. Allerdings versteht das kein Anhäger der Religion, oder er will es nicht verstehen. Im Grunde ist eine Auseinandersetzugn unmöglich.

Wie verbohrt und hirnlos diese Leute teilweise reagieren, zeigt folgendes

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,578142,00.html
Glaubenskrieg in Deutschland: Wegen eines papstkritischen Liedes wird der evangelische Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger von katholischen Fundamentalisten mit Morddrohungen attackiert und im Internet wüst beschimpft. Die Polizei nimmt die Drohungen ernst.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon HF******* » So 14. Sep 2008, 20:31

Stine hat geschrieben:Die Aufnahme der Hostie symbolisiert die christliche Zugehörigkeit. Wer das Fleisch und Blut, also das Wesen Christi aufnimmt, bekennt sich zum Guten.

Das ist schön, wenn Du es so siehst. Würdest Du die Bezeichnung als Wahn aber als ungerechtfertigt bezeichnen, wenn jemand wirklich hypnotisch/suggestiv annehmen würde, er esse Menschenfleisch? Warum siehst Du das als Sinnbildlich an, die Behauptung der Gottesexistenz aber nicht? Wo ist das Kriterium zur Differenzierung?

Emporda hat schon recht, zumindest die Katholische Kirche (und wohl allerlei andere Sekten auch) nehmen das als Dokma, dass der Keks real in Fleisch verzaubert wird, gerade nicht sinnbildlich!

Im Falle der kath. Kirsche ist das sogar ein wesentliches Dogma, wenn ich mich nicht täusche. Ich bin da nicht so gut informiert, die ehemaligen Katholiken müssten das sagen. Das Anzweifeln (nicht erst das bestreiten) wesentlicher Glaubensdokmen soll dort wohl zur Exkommunikation führen. Ob das ein wesentliches Dogma ist, weiß ich nicht.

@Stine: Wenn Du noch katholisch bist, würde ich Dir empfehlen, das mit der Kirsche zu klären. Du könntest also schreiben, dass Du es vehement ablehnst, Kannibalismus zu betreiben und das Abendmahl ausschließlich sinnbildlich verstehst. Das könntest Du dann an Herrn Dr. Ratzinger Schreiben oder Deinen zuständigen Kardinal :santagrin: : Bitte mit Einschreiben.... Ich wäre auf die Reaktion gespannt. Wenn Du einen Briefentwurf möchtest, melde Dich bitte per PN.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon stine » So 14. Sep 2008, 21:59

HFRudolph hat geschrieben:@Stine: Wenn Du noch katholisch bist, würde ich Dir empfehlen, das mit der Kirsche zu klären. Du könntest also schreiben, dass Du es vehement ablehnst, Kannibalismus zu betreiben und das Abendmahl ausschließlich sinnbildlich verstehst.
Ich denke, dass alle Katholiken (und Evangelen) die Eucharistiefeier als symbolischen Akt sehen. Also jedenfalls kann ich mir das nicht anders vorstellen.
Ich weiß aber durchaus noch, dass ich als Kind die Reden sehr wörtlich nahm. Wohlgemerkt: Als KInd!
Warum einige hier den Anhängern beider Glaubensrichtungen noch immer ihre eigene kindliche Fantasie unterstellen, bleibt mir ein Rätsel. :/

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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon sapere aude » So 14. Sep 2008, 22:09

stine hat geschrieben:Warum einige hier den Anhängern beider Glaubensrichtungen noch immer ihre eigene kindliche Fantasie unterstellen, bleibt mir ein Rätsel.


Ich wär neugierig, wie es denn mit Deinen erwachsenen Phantasien im Bezug auf dieses Bekenntnis steht:

"Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, daß sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner daß auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi."

http://www.ekd.de/bekenntnisse/augsburg ... ntnis.html
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon stine » So 14. Sep 2008, 22:30

sapere aude hat geschrieben:Ich wär neugierig, wie es denn mit Deinen erwachsenen Phantasien im Bezug auf dieses Bekenntnis steht:
"Weiter wird bei uns gelehrt, daß nach Adams Fall alle natürlich geborenen Menschen in Sünde empfangen und geboren werden, das heißt, daß sie alle von Mutterleib an voll böser Lust und Neigung sind und von Natur keine wahre Gottesfurcht, keinen wahren Glauben an Gott haben können, ferner daß auch diese angeborene Seuche und Erbsünde wirklich Sünde ist und daher alle die unter den ewigen Gotteszorn verdammt, die nicht durch die Taufe und den Heiligen Geist wieder neu geboren werden. Damit werden die verworfen, die die Erbsünde nicht für eine Sünde halten, damit sie die Natur fromm machen durch natürliche Kräfte, in Verachtung des Leidens und Verdienstes Christi."

http://www.ekd.de/bekenntnisse/augsburg ... ntnis.html

Genau wie emporda das so gerne tut: Auf alten Zitaten herumreiten, die Menschen zu Zeiten geschrieben haben, die mit unserer heutigen nicht zu vergleichen sind. Wortwahl und Inhalt entsprechen der Zeit des Schreibers.
Meine (ziemlich :mg: ) freie Übersetzung wäre in etwa: Kinder müssen erzogen werden, weil sie nicht von Geburt an wissen, was gut, böse und innerhalb ihres sozialen Umfeldes angebracht ist.

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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon emporda » Mo 15. Sep 2008, 02:38

stine hat geschrieben:[Genau wie emporda das so gerne tut: Auf alten Zitaten herumreiten, die Menschen zu Zeiten geschrieben haben, die mit unserer heutigen nicht zu vergleichen sind. Wortwahl und Inhalt entsprechen der Zeit des Schreibers.
Ich zietiere hier Ursula und Johannes Neumann
http://ibka.org/artikel/miz90/instructio.html

Es ist der Inhalt der Texte, der unsere Aufmerksamkeit verdient. Die Erfahrung lehrt zweierlei:
1. Bei ungeheuerlichen Texten neigen wir zu der Annahme, so todernst werde es schon nicht gemeint sein. 2. Tatsächlich werden die Dinge aber genauso gemeint, wie sie geschrieben worden sind.

Die Erfahrung zeigt, das religiöse Institutionen genau wie religiöse Menschen unflexibel, lernunfähig und unbeirrbar stur auf das Gestrige fixiert sind. Sobald es zur Nagelprope kommte, dann werden genau diese alten Bücher und Dogumente hervorgekramt und als ewige und uinverrückbare Wahrheiten ihres Gottes repräsentiert - seien die Argumente auch noch so absurd

Aus dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland:
Art. 1 "1. Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
2. Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt."
Art. 4 "1. Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich."
Art. 5 "3. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung."

Dagegen sagt die Glaubenskongeation unter dem Großinquisitor Ratzfatz
"Man kann sich darum nicht auf diese Rechte des Menschen berufen, um sich den Äußerungen des Lehramtes zu widersetzen. Hier von der Verletzung von Menschenrechten zu reden, ist fehl am Platze, denn man verkennt dabei die genaue Hierarchie dieser Rechte" (Gemeint ist Kirchenrecht steht über allen Menschenrechten)

In diesem Sinne ist Religion gleibedeutend mit Intoleranz und jede Kritik daran unbedingt erforderlich, damit einige Menschen aufwachen.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon sapere aude » Mo 15. Sep 2008, 09:29

stine hat geschrieben:Meine (ziemlich :mg: ) freie Übersetzung wäre in etwa: Kinder müssen erzogen werden, weil sie nicht von Geburt an wissen, was gut, böse und innerhalb ihres sozialen Umfeldes angebracht ist.


D.h.

1. Du erkennst die Äußerungen als im Grunde richtig und zutreffend an.

2. Du bist der Meinung, man müßte Sie aus dem Sinn-Kontext der damaligen Zeit verstehen und nur in unsere heutige Sprache übersetzen, dann können wir nachvollziehen, was eigentlich gemeint ist?

Nach Deiner Übersetzung ist die "angeborene Seuche Erbsünde" also das fehlende Wissen über Gut und Böse? Nicht zu wissen, was in einem sozialen Umfeld angebracht ist, übersetzt Du mit "böser Lust". Einen "ewigen Gotteszorn" gibt es nicht und die Taufe ist für Dich identisch mit Erziehung?

Du mußt zugeben, dass

1. sehr schwer nachvollziehbar ist, wie stark sich doch die Begriffe innerhalb von 500 Jahren geändert haben sollen. Das bedeutete ja z.B., wenn mein Ururururururgroßvater vor fünfhundert Jahren in einer Kirche getauft wurde, hieße das, nach Deiner Übersetzung, ihm wurde dort - sozusagen im Schnellverfahren - der Unterschied zwischen Gut und Böse beigebracht?

2. Du Sonderwissen für Dich beanspruchst. Da niemand sagen kann, wie dieser Spruch gemeint ist, ist mein Verständnis davon ebenso angemessen, wie das jedes anderen Bürgers auf Erden auch. Wenn ich also unter "böser Lust, Seuche und Gotteszorn" genau das verstehe, das Du auch verstehst, wenn Du es Dir nicht angestrengt zurechtlegst, dann ist das, was da steht, ganz schön ekelhafter Kram.

3. wenn man sagen will, dass Kindern der Unterschied zwischen Gut und Böse beigebracht werden muß, es doch einfacher gewesen wäre, das so hinzuschreiben.

4. es reichlich merkwürdig ist, warum sich ein Mann sich öffentlich quälen ließ, weil Kinder nicht wissen, was der Unterschied zwischen Gut und Böse ist. D.h. der sinnvolle Beitrag eines Selbstmordes zur Erziehung zu angebrachtem Sozialverhalten wird mir nicht so recht klar. Haben dann also die Menschen vor 2000 Jahren und davor den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht gekannt?

Stine, Du schreibst: "Auf alten Zitaten herumreiten, die Menschen zu Zeiten geschrieben haben, die mit unserer heutigen nicht zu vergleichen sind."

Wieso stehen diese extrem mißverständlichen Zitate dann unkommentiert auf den aktuellen Internet-Seiten der Evangelischen Kirche Deutschlands?

Wie stehst Du zur Interpretation der Sünden im aktuellen Katechismus der katholischen Kirche:

„Wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften" (Mk 3,29) [Vgl. Mt 12,32; Lk 12,10]. Die Barmherzigkeit Gottes ist grenzenlos; wer sich aber absichtlich weigert, durch Reue das Erbarmen Gottes anzunehmen, weist die Vergebung seiner Sünden und das vom Heiligen Geist angebotene Heil zurück [Vgl. DeV 46.]. Eine solche Verhärtung kann zur Unbußfertigkeit bis zum Tod und zum ewigen Verderben führen.


http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P6I.HTM#OC
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/4J.HTM

Ich deute "Unbußfertigkeit bis zum Tod und zum ewigen Verderben" mal ganz eigenmächtig als eine äußerst unschöne Sache. Bitte berichtige mich, falls ich das mißverstanden habe!
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon achwas » Mo 15. Sep 2008, 10:42

Einen Bekenntnisartikel, z.B., wie hier präsentiert, aus dem 16. Jahrhundert, annehmbarer und angenehmbarer zu machen, indem ich diesen mir einfach (!!) zurechtinterpretiere, heißt ihn im Grunde nicht ernst zu nehmen, d.h., mich selbst in meinem Interesse nicht ernst zu nehmen, indem ich nämlich zwischen objektiver Akzeptanz und subjektiven Unbehagen hin- und herschwanke. Dabei begebe ich mich in eine gefährlich schwache Argumentationsposition und das scheint hier geschehen zu sein.

Nimm den Artikel von der "Erbsünde": Entweder ich bin mir absolut sicher, dass das nicht in meine Weltsicht passen kann, dann bezeichne ich ihn mit Recht als Unsinn. Oder ich nehme ihn nehme ihn als Aufgabe für mein Bewußtsein, dann hätte ich ihn bereits angenommen, aber damit beginnt die eigentliche Mühe, beginnt die Interpetation. Die muss aber dem Gegenstand angemessen sein indem der NACHdenker sich auf ihn einlässt, d.h., dessen Gehalt auszuloten versucht (das kann in einem Internetforum m.A.überhaupt nicht gelingen) Wenn die objektiven Kategorien so weit wie eben möglich geklärt sind, fängt die Einordnung in den eigenen Erfahrungshorizont an - aber wirklich erst dann!
Erst dann wäre ich auch fähig über ihn mit anderen Positionen zu streiten; für diese gilt allerdings das Selbige.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon stine » Mo 15. Sep 2008, 11:11

sapere aude hat geschrieben:1. sehr schwer nachvollziehbar ist, wie stark sich doch die Begriffe innerhalb von 500 Jahren geändert haben sollen. Das bedeutete ja z.B., wenn mein Ururururururgroßvater vor fünfhundert Jahren in einer Kirche getauft wurde, hieße das, nach Deiner Übersetzung, ihm wurde dort - sozusagen im Schnellverfahren - der Unterschied zwischen Gut und Böse beigebracht?
Nein, er wurde kulturell eingebunden. Es wurde offensichtlich gemacht, welcher Erziehung er sich wird beugen müssen.
Außerdem wurde bei der Wortwahl sicherlich noch älteres zitiert. Die Bibel ist über 2000 Jahre alt!
Die Menschen waren damals ehrfürchtig und nicht nur gläubig, sondern auch noch abergläubischer als heute, sie hätten sich niemals getraut die Worte zu verändern.

sapere aude hat geschrieben:2. Du Sonderwissen für Dich beanspruchst. Da niemand sagen kann, wie dieser Spruch gemeint ist, ist mein Verständnis davon ebenso angemessen, wie das jedes anderen Bürgers auf Erden auch. Wenn ich also unter "böser Lust, Seuche und Gotteszorn" genau das verstehe, das Du auch verstehst, wenn Du es Dir nicht angestrengt zurechtlegst, dann ist das, was da steht, ganz schön ekelhafter Kram.
Es gibt einigen ekelhaften Kram, den wir uns vom Leibe halten sollten. Auch und gerade in der Jetztzeit.

sapere aude hat geschrieben:3. wenn man sagen will, dass Kindern der Unterschied zwischen Gut und Böse beigebracht werden muß, es doch einfacher gewesen wäre, das so hinzuschreiben.
Ich schrieb schon, dass Wortwahl und Ausdruck der Zeit des Schreibers entsprachen.

sapere aude hat geschrieben:4. es reichlich merkwürdig ist, warum sich ein Mann sich öffentlich quälen ließ, weil Kinder nicht wissen, was der Unterschied zwischen Gut und Böse ist. D.h. der sinnvolle Beitrag eines Selbstmordes zur Erziehung zu angebrachtem Sozialverhalten wird mir nicht so recht klar. Haben dann also die Menschen vor 2000 Jahren und davor den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht gekannt?
Ganz offensichtlich nicht!
Der gewaltsame Tod Jesus Christus am Kreuz ist das Fundament des christlichen Glaubens. Wie ein roter Faden zieht sich die Erneuerung durch das christliche Leben. Die Auferstehung ist das wirkliche Symbol und überall wo wir Neues schaffen wollen, muss das Alte sterben. Das geht niemals ohne Schmerz.
Das kannst du prinzipiell auf alles in deinem Leben anwenden.

sapere aude hat geschrieben:Wieso stehen diese extrem mißverständlichen Zitate dann unkommentiert auf den aktuellen Internet-Seiten der Evangelischen Kirche Deutschlands?
Nicht jeder Gläubige geht mit der Bibel und der Religion so um, wie ich.
Ich bin gläubig, ja, aber ich mache mir eben meinen eigenen Reim auf alles. Ich versuche zu entdecken, was wirklich gemeint sein könnte und welche Erfahrungen die Menschen gemacht haben, was wollten sie uns sagen? Was war ihre Intention?
Es wurde viel geschrieben und viel überliefert. Auch die frühen Philosophen haben uns ihre Gedanken hinterlassen, wenn gleich sie eher weltlicher Natur waren. Auch heute werden dem Volk Geschichten erzählt, um ganz bestimmte Verhaltensweisen anzuprangern. Jeder gute Filmemacher sieht in seinem Werk auch eine Botschaft.


sapere aude hat geschrieben:Wie stehst Du zur Interpretation der Sünden im aktuellen Katechismus der katholischen Kirche:

„Wer aber den Heiligen Geist lästert, der findet in Ewigkeit keine Vergebung, sondern seine Sünde wird ewig an ihm haften" (Mk 3,29) [Vgl. Mt 12,32; Lk 12,10]. Die Barmherzigkeit Gottes ist grenzenlos; wer sich aber absichtlich weigert, durch Reue das Erbarmen Gottes anzunehmen, weist die Vergebung seiner Sünden und das vom Heiligen Geist angebotene Heil zurück [Vgl. DeV 46.]. Eine solche Verhärtung kann zur Unbußfertigkeit bis zum Tod und zum ewigen Verderben führen.


http://www.vatican.va/archive/DEU0035/_P6I.HTM#OC
http://www.vatican.va/archive/DEU0035/4J.HTM

Ich deute "Unbußfertigkeit bis zum Tod und zum ewigen Verderben" mal ganz eigenmächtig als eine äußerst unschöne Sache. Bitte berichtige mich, falls ich das mißverstanden habe!
Wie bereits erwähnt, zieht sich die Auferstehung, dh die Erneuerung durch das ganze Leben. Wenn du deine Verfehlungen nicht bereust, dann bleibst du selbst das Opfer derselbigen.
Du kannst einen schweren Fehler machen, aber wenn du nichts daraus gelernt hast..., tja!

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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon stine » Mo 15. Sep 2008, 11:22

achwas hat geschrieben:Nimm den Artikel von der "Erbsünde": Entweder ich bin mir absolut sicher, dass das nicht in meine Weltsicht passen kann, dann bezeichne ich ihn mit Recht als Unsinn. Oder ich nehme ihn nehme ihn als Aufgabe für mein Bewußtsein, dann hätte ich ihn bereits angenommen, aber damit beginnt die eigentliche Mühe, beginnt die Interpetation. Die muss aber dem Gegenstand angemessen sein indem der NACHdenker sich auf ihn einlässt, d.h., dessen Gehalt auszuloten versucht (das kann in einem Internetforum m.A.überhaupt nicht gelingen) Wenn die objektiven Kategorien so weit wie eben möglich geklärt sind, fängt die Einordnung in den eigenen Erfahrungshorizont an - aber wirklich erst dann!
Erst dann wäre ich auch fähig über ihn mit anderen Positionen zu streiten; für diese gilt allerdings das Selbige.

Das ist die alte Geschichte zwischen den Bibeltreuen und derer, die versuchen inhaltlich einen Konsens zu finden, der uns auch heute noch tragen könnte.
Ich glaube auch nicht, dass solch ein Thema in Kurzform abgehandelt werden kann. Der Versuch auf provokante Fragen kurz und bündig zu antworten wird immer als ungenügend gelten müssen.

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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon HF******* » Mo 15. Sep 2008, 11:35

@Stine: Um ehrlich zu sein verstehe ich das Geschwurbel ja ohnehin nicht, vor allem, warum das alles so sein sollte, was die Herrn da an „Wahrheit“ wissen:
http://www.vatican.va/roman_curia/synod ... ly_ge.html

Christus ist nicht in geistiger oder symbolischer Weise, sondern wahrhaftig in der Eucharistie gegenwärtig, die Quelle der Einheit der Kirche, seines Leibes, ist.[83] Dem Glauben entsprechend, den die Kirche am Anfang bekannt hat, ist die Eucharistie zum Unterschied von den anderen Sakramenten »das Fleisch unseres Erlösers Jesus Christus, der für unsere Sünden gelitten hat und den der Vater in seiner Güte auferweckt hat«.[84] Hinsichtlich der Transsubstantiation der Gestalten, bekräftigt Paul VI. in seinen Enzykliken sowie im Glaubensbekenntnis ihre ursächliche Verbindung mit der Gegenwart: Christus macht sich in der Eucharistie gegenwärtig durch eine Verwandlung der ganzen Substanz der zwei Gestalten.[85]

Ist das nicht mehr aktuell? Hat der Papst einen irrigen Wahn vertreten?

Vielleicht verstehe ich ja einfach nicht, was die unter „Jesus“ verstehen, vielleicht meinen sie keine Person, sondern irgendeine Stimmung? Vielleicht verstehen die etwas anderes unter „wahrhaftig“ als ich, vielleicht ist es ein Fachwort - vielleicht meinen sie damit: Eigentlich doch nicht wahr, sondern eher eine Lüge.... ?

Transubstantiation bedeutet die Umwandlung der Substanz, der Keks verwandelt sich in frischen Jesus. Sagen die nicht auch: Trink das Blut (oder so?). In Hamburg etwa gibt es (ev.) Pastoren, die sagen ausdrücklich, dass das nur symbolisch gemeint ist und die sagen dann auch: Trink den Wein (nicht "trink das Blut", brrr). Das hagelt dann aus konservativen Kreisen Protest, auch heute noch.

Wenn es denn ein symbolischer Vampirismus und Kannibalismus wäre, ist es zwar kein Wahn, aber ist es dann schön, macht das Freude? ... Wie weit ist das vom Satanismus auf Bravo-Niveau entfernt?

Wenn man alles symbolisch versteht, auch die Gottesvorstellung, dann wäre Wahn ganz gewiss eine Diffamierung. Aus eigener Erfahrung kann ich Dir sagen, dass das in der evangelischen Kirche teilweise so geduldet wird, von konservativen Kreisen werden diese Menschen auch in der Kirche allerdings wie Ausssätzige und Atheisten (also feindseelig) behandelt - und letzteres sind sie ja eigentlich auch.

In den 70gern herrschte teilweise eine recht liberale Stimmung vor, aber als Position durften und dürfen solche Dinge nicht vertreten werden, die Kirche grenzt sich da ganz klar ab und schmeißt im Zweifel die Leute raus, die soetwas vertreten. Es gibt glücklicherweise genügend Fälle, die das bestätigen, so etwa der Rauswurf des ehemaligen Pastors Paul Schulz (Autor des Codex Atheos, http://www.amazon.de/Codex-Atheos-Die-Kraft-Atheismus/dp/393551915X/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1221475655&sr=8-1). Auch die relativ offenen evangelischen Kirchen stehen symbolischer Auslegung überwiegend ablehnend gegenüber. Die Bremer Landeskirche ist da auch wegen ihrer Organisationsform sicherlich ein Ausnahmefall.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon stine » Mo 15. Sep 2008, 14:14

HFRudolph hat geschrieben:...Wenn man alles symbolisch versteht, auch die Gottesvorstellung,...
Das möchte ich nicht gesagt haben. Meine Rede ist nur, wenn es einen Gott gibt (das ist eben Glaubenssache), dann ist es unvorstellbar, dass er sich allein in der Bibel zu erkennen gibt, denn jede Religion nimmt für sich in Anspruch die einzig Wahre zu sein.

HFRudolph hat geschrieben:... von konservativen Kreisen werden diese Menschen auch in der Kirche allerdings wie Ausssätzige und Atheisten (also feindseelig) behandelt - und letzteres sind sie ja eigentlich auch.
stimmt leider.
Dabei zeigt meine Erfahrung, dass genau die Menschen sich mit Gott am meisten auseinandersetzen, die die Religionen in Frage stellen.

HFRudolph hat geschrieben:...die Kirche grenzt sich da ganz klar ab und schmeißt im Zweifel die Leute raus, die soetwas vertreten.
Hier macht sie mE einen gewaltigen Fehler!
Natürlich ist für die Kirchen dieser Welt der geduldige, glaubende und sich unauffällig einfügende Mitmensch am beliebtesten. Alle Kirchen dieser Welt werden aber früher oder später einsehen müssen, dass sie verlieren, wenn sie nicht das Fänomen Gott auch jenen wieder zugänglich machen, die ihren Glauben aufgrund mittelalterlichen Dogmen verloren haben.

Ich weiß ganz klar, dass ich in der Katholikenwelt genauso daneben bin, wie hier bei den Naturalisten. Für mich macht es jedoch immer noch einen riesigen Unterschied, ob ich an einen Gott oder an eine Kirche (religiöse Einrichtungen im allgemeinen) glaube.

Für mich ist übrigens, entgegen aller anderen Meinungen hier, Papst Benedikt ein hochintelligenter Mensch, der auf seine ihm angetragene Weise versucht, das Heute mit dem Gestern zu verbinden.

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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon pariparo » Mo 15. Sep 2008, 16:31

stine hat geschrieben:Für mich ist übrigens, entgegen aller anderen Meinungen hier, Papst Benedikt ein hochintelligenter Mensch, der auf seine ihm angetragene Weise versucht, das Heute mit dem Gestern zu verbinden.


„Ich bete für alle, deren Leben durch diese grausame Seuche zerstört worden ist. Die katholische Kirche war immer an vorderster Front bei der Prävention und Behandlung dieser Krankheit dabei.“ (PapaRatzi bzgl. Aids in Afrika)

„Die Ureinwohner hätten die Christianisierung still herbeigesehnt und die katholische Kirche habe die Ureinwohner erlöst“ (PapaRatzi anlässlich der lateinamerikanischen Bischofskonferenz in Brasilien im Mai 2007 Anm.: Durch die Kolonisation Lateinamerikas, die von der katholischen Kirche unterstützt wurde, starben Millionen Ureinwohner.)

3000 neue Exorzisten werden ausgebildet...

"Der Friede und die Familie sind unlösbar miteinander verbunden und jede Bedrohung der traditionellen Familie wird von uns Katholiken widersprochen werden." (PapaRatzi zur Homo-Ehe)

„Es solle gebetet werden für die Juden, „damit sie Jesus Christus erkennen, den Heiland aller Menschen“ (PapaRatzi in der berühmten Karfreitagsfürbitte)

Sehr intelligent... :irre:
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon Klaus » Mo 15. Sep 2008, 17:44

@pariparo, die Frage ist doch, welches Bezugssystem man nimmt. Im Vergleich mit Schimpansen, Gorillas und "Waldmenschen" ist er hochintelligent, menschlich gesehen ist er doch nur Durchschnitt. :^^:
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Klaus
 
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon sapere aude » Mo 15. Sep 2008, 18:00

stine hat geschrieben:Außerdem wurde bei der Wortwahl sicherlich noch älteres zitiert. Die Bibel ist über 2000 Jahre alt!


Was hat das Alter der Bibel mit dem Zitat zu tun? Falls die Bibel zitiert wurde, könnte ja schon Melanchton was falsch verstanden haben. D.h. dreifaches Mißverstehen. Wie willst du ausschließen, dass Du keine Fehl-Interpretation vorgenommen hast und dass nicht durch die Mehrfachinterpreation der eigentliche Sinn, was auch immer das in diesem Fall sein mag, völlig ins Gegeneil verkehrt wurde?


stine hat geschrieben:Die Menschen waren damals ehrfürchtig und nicht nur gläubig, sondern auch noch abergläubischer als heute, sie hätten sich niemals getraut die Worte zu verändern.


Was ändert das an der Frage nach der Gültigkeit dieser Aussagen?

stine hat geschrieben:Es gibt einigen ekelhaften Kram, den wir uns vom Leibe halten sollten. Auch und gerade in der Jetztzeit.


Was hat das damit zu tun, dass das von mir zitierte ("böse Lust, Seuche Sünde und Gotteszorn") ekelhafter Kram ist?

stine hat geschrieben:Ich schrieb schon, dass Wortwahl und Ausdruck der Zeit des Schreibers entsprachen.


Du meinst also, dass man vor fünfhundert Jahren die Kindererziehung noch mit so blumigen Worten, wie "böse Lust, Seuche Sünde und Gotteszorn", weil das so üblich war?

Im Spätmittelalter (13.-15. Jahrhundert) beeinflussten die Bildungsansprüche der Bürger in den Städten und größeren Märkten die Schulentwicklung. In dieser urbanen Phase von Unterricht und Erziehung wurde die kirchliche Ausrichtung institutionellen Lernens zugunsten weltlicher Interessen verschoben und ein eigener Schultyp mit deutscher Unterrichtssprache ( Deutsche Schule) geschaffen.

Bitte wirf einen Blick in die Werke Machiavellis und Erasmus von Rotterdams. In Erasmus Werk "Die Erziehung des Christlichen Fürsten" aus dem Jahr 1516 zeigt relativ gut, dass man Kindererziehung nicht mit Taufe verwechselte.

Wenn man Deine Argumentation weiterdenkt, müßte Geschriebenes immer unverständlicher sein, je älter es ist. So wäre z.b. ein Seneca oder Platon für uns absolut unverständlich - oder würde maximal mißverstanden werden.

stine hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:4. es reichlich merkwürdig ist, warum sich ein Mann sich öffentlich quälen ließ, weil Kinder nicht wissen, was der Unterschied zwischen Gut und Böse ist. D.h. der sinnvolle Beitrag eines Selbstmordes zur Erziehung zu angebrachtem Sozialverhalten wird mir nicht so recht klar. Haben dann also die Menschen vor 2000 Jahren und davor den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht gekannt?
Ganz offensichtlich nicht!
Der gewaltsame Tod Jesus Christus am Kreuz ist das Fundament des christlichen Glaubens. Wie ein roter Faden zieht sich die Erneuerung durch das christliche Leben. Die Auferstehung ist das wirkliche Symbol und überall wo wir Neues schaffen wollen, muss das Alte sterben. Das geht niemals ohne Schmerz.
Das kannst du prinzipiell auf alles in deinem Leben anwenden.


Habe ich das richtig verstanden? Die Menschen kannten vor der Geburt Jesus den Unterschied zwischen Gut und Böse nicht? Also auch nicht Moses, Abraham und Konsorten?

Mir wird auch der Zusammenhang zwischen einem Selbstmord und Kindererziehung nicht so recht klar.

Nicht jeder Gläubige geht mit der Bibel und der Religion so um, wie ich. Ich bin gläubig, ja, aber ich mache mir eben meinen eigenen Reim auf alles. Ich versuche zu entdecken, was wirklich gemeint sein könnte und welche Erfahrungen die Menschen gemacht haben, was wollten sie uns sagen? Was war ihre Intention? Es wurde viel geschrieben und viel überliefert. Auch die frühen Philosophen haben uns ihre Gedanken hinterlassen, wenn gleich sie eher weltlicher Natur waren. Auch heute werden dem Volk Geschichten erzählt, um ganz bestimmte Verhaltensweisen anzuprangern. Jeder gute Filmemacher sieht in seinem Werk auch eine Botschaft.


Was hat das alles mit "böser Lust und Neigung vom Mutterleib an" und "Unbußfertigkeit bis zum Tod sowie ewigem Verderben" zu tun?


Wie bereits erwähnt, zieht sich die Auferstehung, dh die Erneuerung durch das ganze Leben. Wenn du deine Verfehlungen nicht bereust, dann bleibst du selbst das Opfer derselbigen. Du kannst einen schweren Fehler machen, aber wenn du nichts daraus gelernt hast..., tja!


Wozu bracht es den "Heiligen Geist", "Erbarmen Gottes" und ähnlichen Unsinn, um zu sagen, dass man aus Fehlern lernen kann. Das wußte man bereits seit man denken kann. Bereits in der Antike gab es bekanntermaßen pädagogische Prinzipien und Schulen, in denen man hervorragend ohne verschwurbelte Sprache und ohne übernatürliche Bezüge auskam.

Insgesamt verwechselst Du meiner Ansicht nach Pädagogik mit Theologie.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon HF******* » Mo 15. Sep 2008, 18:36

stine hat geschrieben:
HFRudolph hat geschrieben:...Wenn man alles symbolisch versteht, auch die Gottesvorstellung,...
Das möchte ich nicht gesagt haben. Meine Rede ist nur, wenn es einen Gott gibt (das ist eben Glaubenssache), dann ist es unvorstellbar, dass er sich allein in der Bibel zu erkennen gibt, denn jede Religion nimmt für sich in Anspruch die einzig Wahre zu sein.

Es geht hier aber nicht darum, was Du Dir ausdenkst. „Wenn es einen Gott gibt...“ - was soll das? Es gibt dafür überhaupt keinen Grund, das überhaupt als Möglichkeit einzubeziehen. Es ging hier um den Gotteswahn bzw. um die Frage, ob man von einem Wahn sprechen kann. Sag mir wie man es nennen soll, wenn Menschen wie Du aufgrund ihrer Erziehung und kulturellen Prägung nicht mehr über ein Thema diskutieren können, sondern so tun, als sei das in irgendeiner Form realitsisch, über die Möglichkeit einer Gottesexistenz zu reden...


HFRudolph hat geschrieben:... von konservativen Kreisen werden diese Menschen auch in der Kirche allerdings wie Ausssätzige und Atheisten (also feindseelig) behandelt - und letzteres sind sie ja eigentlich auch.
stimmt leider. Dabei zeigt meine Erfahrung, dass genau die Menschen sich mit Gott am meisten auseinandersetzen, die die Religionen in Frage stellen.

Du meinst wohl mit der Gottheitssuggestion. Die Gottheit gibt es ja nicht wirklich.
Um zum Thema zurück zu kommen: Was hat der Satz mit dem Thema hier zu tun? Nichts. Ich versuche darzustellen, warum auch in den Kirchen keinerlei Platz ist für rationalen Umgang mit dem Glauben und nur der wahnhafte Umgang geduldet wird und Du versuchst eine Suggestion einzubauen, in dem Du von der Gottheit schreibst, als gäbe es sie wirklich. Ich würde Dir empfehlen, Deinen Gott "Hinnack" zu nennen und allen Menschen gegenüber nur noch von Horst zu sprechen. Die Suggestionsgestalt wird es Dir nicht übel nehmen. Vielleicht fällt Dir dann aber selbst mal auf, wie Dein Gerede auf andere wirkt.

Ich weiß ganz klar, dass ich in der Katholikenwelt genauso daneben bin, wie hier bei den Naturalisten. Für mich macht es jedoch immer noch einen riesigen Unterschied, ob ich an einen Gott oder an eine Kirche (religiöse Einrichtungen im allgemeinen) glaube.

? Die Kirche gibt es doch wirklich, da brauchst Du nicht dran zu glauben. Wenn Du glaubst, dass es die Kirche nicht gibt, dann ist sie aber immer noch da. In dem Fall wären wir uns über den Wahn wohl einig?

Für mich ist übrigens, entgegen aller anderen Meinungen hier, Papst Benedikt ein hochintelligenter Mensch, der auf seine ihm angetragene Weise versucht, das Heute mit dem Gestern zu verbinden.

Ja aber ganz ein schlauer ist das.

@Stine: Ich weiß nicht, ob man Dich als Kind mal irgendwann einer richtig guten Gehirnwäsche unterzogen und Dir immer suggeriert, dass es Hinnack wirklich gibt, was er will und dass man abends vor dem Schlafengehen mit ihm reden soll, damit sich nachts die Vorstellung richtig gut im Unterbewusstsein verankert u. s. w. Es ist nicht schwer zu erkennen, dass man so und auf ähnliche Weise einem Kind alles suggerieren kann, dass es dann lebenslang für wahr hält. Du kannst Dir vorstellen, was ich davon halte.

Es nervt, Stine. Wenn Du aus der Nummer nicht mehr selbst rauskommst, ist das Dein Problem.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon ganimed » Mo 15. Sep 2008, 20:43

Ich muss Stine jetzt aber mal irgendwie recht geben. Was hier an 'bösen' Zitaten gebracht wird hat auch mit meiner Realität als Christ (die vorbei ist aber an die ich mich noch gut erinnern kann) nichts zu tun.

Eine Religionskritik die mit einem finsteren Zitat des Papstes daher kommt oder anderen finsteren Textstellen erscheint auf den ersten Blick recht plausibel. Aber glaubt mir (ja auch ihr Atheisten dort hinten in der Ecke), dass ich seinerzeit als Kirchengänger mit solchen Texten kaum jemals zu tun bekam. Der Pastor in unserer Kirche war viel überzeugender. Es ging um Lebenshilfe und nicht um verstaubte Dogmata.

Man müsste mal überlegen, was die hier im Forum geäußerte Religionskritik eigentlich will. Dem Papst ans Bein pinkeln? Eigenen Frust rauslassen? Die katholische Kirche stürzen und die westlichen Gesellschaften umkrempeln?

Wer mit Stine über den Glauben reden will (so meine ich zu ahnen, weil es bei mir ähnlich gewesen wäre) kann sich die abstrusen Kirchauswüchse sparen. Nehmt doch mal gelebte Kirche hier vor Ort aufs Korn. Das letzte ARD Wort zum Sonntag (gibt es das als Text zum Download?) zum Beispiel. Weist doch mal Widersprüche und Unhaltbares in solchen, nennen wir es mal, gemäßigten, aktuellen und weniger ungünstigen Texten nach.

Wenn die Religionen wirklich alle so total durchgeknallt und dämlich sind, wie hier behauptet wird, sollte man doch auch in deren guten Stellen Mängel finden. Kritik auf dieser Ebene fände ich jedenfalls irgendwie effektvoller (wenn es gelingt) und wohl auch mal eine erfrischende Abwechslung.
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Re: Religionskritik ist Intoleranz

Beitragvon apostat » Di 16. Sep 2008, 07:35

ganimed hat geschrieben:Nehmt doch mal gelebte Kirche hier vor Ort aufs Korn.


Also, ich persönlich kann nur sagen, dass die "gelebte Kirche", wie ich sie in meiner Jugend erlebt habe stark von Intoleranz geprägt war: Intoleranz gegenüber Andersgläubigen (schon die Evangelischen waren ja irgendwie keine "richtigen" Christen), Intoleranz gegenüber Kriegsdienstverweigerern (in meiner damaligen Gemeinde tat man alles, um die jungen Männer davon abzuhalten), Intoleranz gegenüber Geschiedenen und Wiederverheirateten, Intoleranz gegenüber allen, die nicht ins richtige Weltbild passten.

Toleranz gegenüber Gläubigen und Religionen: sehr gern. Aber ich würde mich auch sehr freuen, wenn ich umgekehrt auch mal nur ansatzweise Toleranz von Gläubigen und Religionen bzw. Religionsvertretern gegenüber Andersglaubenden und Andersdenkenden erleben dürfte.
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