Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 18. Apr 2012, 20:12

laie hat geschrieben:Dieser umfasst nicht nur unmittelbare Erfahrungen, die die Eltern im Laufe ihres Lebens gemacht haben, sondern auch noch einen guten Teil bestimmter Traditionszusammenhänge und Diskurse. Wenn diese Traditionszusammenhänge im Abendland immer noch zum grossen Teil christlich geprägt sind,dann kann man nicht mehr einfach sagen, daß im frühkindlichen Stadium die Erziehung quasi auf natürliche Art und Weise erfolge

Zähl doch mal bitte ein paar Unterschiede der Erziehung im frühkindlichen Stadium auf, die zwischen christlich geprägten und anderen Gesellschaften bestehen. Ich bin sicher, dass du nichts darüber weißt.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Do 19. Apr 2012, 08:05

ujmp hat geschrieben:Zähl doch mal bitte ein paar Unterschiede der Erziehung im frühkindlichen Stadium auf, die zwischen christlich geprägten und anderen Gesellschaften bestehen.
Im Ernst?
Es fängt doch schon da an, welches Bild ein Kleinkind von der Familienhierarchie mitbekommt. Hat Mutter was zu sagen oder nicht?
Welche Stellung haben die Söhne, die Töchter? Müssen wir in die Kirche oder Moschee oder gehen wir am Sonntag ins Museum? Welche Schule besuchen wir und dürfen Mädchen lesen und schreiben lernen? Leben wir in Angst vor dem Militär und hat die Mutter immer etwas Essbares im Kühlschrank? Ist Mutter der Sündenbock für alle und werde ich meinen Geschwistern unter- oder übergeordnet? Bin ich Einzelkind oder werde ich mit vielen anderen in die KiTa abgeschoben und gehe unter oder muss schon früh lernen mich durchzusetzen? Graben wir unser Essen aus dem Müll oder gehen wir in den überfüllten Supermarkt?
Also im Ernst, das Familienleben, das Miteinander, das Leben vor der Haustüre stellt eine ganz elemantare frühkindliche Prägung dar und ich würde sagen, dass wir mit unserer Kultur nicht das schlechteste Modell erwischt haben. Und selbstverständlich spielt bei uns das christlich geprägte Miteinander immer noch eine große Rolle. Wir leben mit traditionellen Festen wie Weihnachten und Ostern, wir haben Religionsunterricht an den Schulen und wir treffen sogar die Politiker in der Kirche, ganz zu schweigen davon, wenn wieder mal ein Unglück mit einem Messablauf aufgearbeitet wird.
Was und wie es innerhalb einer Familie abläuft, prägt selbstverständlich fürs Leben, auch wenn die Richtigkeit der kulturellen Wurzeln immer wieder mal hinterfragt wird. Traditionelles Bürgertum, Hartz4 und Flimmerkiste am Nachmittag, oder ein religionsloses Elternhaus ohne Weihnachten und Ostern sind auch schon für ein Kleinkind prägend.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon laie » Do 19. Apr 2012, 10:37

ujimp hat geschrieben:Zähl doch mal bitte ein paar Unterschiede der Erziehung im frühkindlichen Stadium auf, die zwischen christlich geprägten und anderen Gesellschaften bestehen. Ich bin sicher, dass du nichts darüber weißt.


Die Ethnologie der Kindererziehung hat genügend Beispiele dafür. Es fängt schon damit an, daß der Mutter in unterschiedlichen Gesellschaften unterschiedliche Wertschätzung entgegenschlägt. Und diese Wertschätzung wirkt sich wiederum auf die Kindererziehung aus. Aber man muss dafür eigentlich keine umfangreichen Untersuchungen anstellen, Aufmerksamkeit im Alltag reicht schon: Mütter aus verschiedenen Kulturkreisen verhalten sich zu ihren Nachkommen unterschiedlich. Man sieht schon auf dieser kindlichen Entwicklungsstufe nicht ein und dasselbe Verhaltensmuster, sondern verschiedene.

Wird das Kind älter kommen in der Erziehung bestimmte Wertvorstellungen zum Tragen, z.B. darüber, wie das Kind lernt. Es gibt Ethnien, da wird einfach gezeigt, nichts lang mit Worten erklärt.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ganimed » Do 19. Apr 2012, 18:05

stine hat geschrieben:Hat Mutter was zu sagen oder nicht? Welche Stellung haben die Söhne, die Töchter? ...

Das sind in der Tat alles wichtige Fragen für die allgemeine Entwicklung des Kindes. Aber welche dieser Punkte wäre für die Entwicklung der eigenen Moral wichtig? Und wie wirkt sich der Punkt jeweils aus? Was kommt denn für eine Moral beim Kind heraus, wenn die Mutter was zu sagen hat? Und was kommt heraus, wenn sie wenig zu sagen hat?
Ich glaube, der Zusammenhang ist wenn überhaupt dann nur schwach vorhanden.
Was mir als belegter Zusammenhang einfällt ist, dass wenn ein Kind häufig Gewalt erlebt, dass es dann selber später zu Gewalt neigt. Aber was mit einem Kind genau passiert, dass bettelarm in der Müllkippe sucht, wer hat das jemals untersucht?

laie hat geschrieben:Mütter aus verschiedenen Kulturkreisen verhalten sich zu ihren Nachkommen unterschiedlich.

Das finde ich schon substantieller. Ich stimme zu, das Verhalten der Mutter gegenüber dem Kind ist sehr wichtig (warmherzig/kaltherzig; respektvoll/herablassend; nachgiebig/unnachgiebig; offen/verheimlichend; ehrlich/unehrlich; positive Weltsicht/negative Weltsicht; angstfrei/angstvoll; bedingungslose Liebe=Urvertrauen/...). Ich glaube, es sind eher solche direkten zwischenmenschlichen Nuancen, die viel entscheiden. Und diese Nuancen sind auch kulturell beeinflusst. Im Westen sind wir tendenziell offener, in Japan soweit ich höre eher indirekter usw.
Relativ egal für die Charakterbildung des Kindes scheinen mir stines Äußerlichkeiten (Essen aus Kühlschrank oder Müllkippe, Spielkameraden in Kita oder Geschwister, Moschee oder Museum...). Die soziale Rolle der Mutter bzw. der Geschlechter hat sicher Auswirkungen auf die geschlechtsspezifische Rollendefinition des Kindes, aber ich zweifle an Auswirkungen auf moralische Grundsätze.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Do 19. Apr 2012, 19:04

ganimed hat geschrieben:...scheinen mir stines Äußerlichkeiten ...
Denkst du, dass die warmherzige Mutter die Gewalt in der Familie ausgleichen kann? Dass das warme Herz der Mutter das Kind vor Hunger schützt? Wenn ein Baby nichts zu Essen bekommt, dann schreit es bis es vor Hunger nicht mehr schreien kann und das prägt auch und genauso verhält es sich mit der Zivilisationskrankheit des Überflusses.
Äußere Umstände sind manchmal grausam.Und all die geschilderten Verhaltensweisen Mutter/Kind sind durchaus oft den äußeren Umständen geschuldet.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ganimed » Fr 20. Apr 2012, 14:08

stine hat geschrieben:Wenn ein Baby nichts zu Essen bekommt, dann schreit es bis es vor Hunger nicht mehr schreien kann und das prägt auch

Du hast immer noch nicht beantwortet, wie diese Prägung genau aussieht. Was wird in welcher Weise geprägt? Und sind dabei auch moralische Aspekte betroffen? Deine Feststellungen sind irgendwie viel zu vage, berühren noch nicht einmal die Frage, was in welchem Maße für die moralische Entwicklung des Kindes relevant ist.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Fr 20. Apr 2012, 14:51

ganimed hat geschrieben:Was wird in welcher Weise geprägt?
Ich bin doch kein Psychologe, aber du wirst nicht abstreiten wollen, dass unterschiedliche Lebensbedingungen unterschiedliche Verhaltensweisen formen, oder doch?
ganimed hat geschrieben:Ich glaube, es sind eher solche direkten zwischenmenschlichen Nuancen, die viel entscheiden.
Du glaubst ja offensichtlich auch nur.
Es ist sicher wieder mal die Summe der Dinge: Äußere Umstände, zwischenmenschliche Beziehungen, genetische Vorraussetzungen. Und der Kulturkreis spielt dabei mE eine erhebliche Rolle.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ganimed » Mo 23. Apr 2012, 16:57

stine hat geschrieben:Ich bin doch kein Psychologe, aber du wirst nicht abstreiten wollen, dass unterschiedliche Lebensbedingungen unterschiedliche Verhaltensweisen formen, oder doch?

Das will ich in der Tat nicht abstreiten. Deine eigentliche Behauptung ist aber doch, dass ganz bestimmte Lebensbedingungen, nämlich eine religiöse Erziehung, ganz bestimmte Verhaltensweisen formen, nämlich moralischeres Verhalten. Ich bin auch kein Psychologe, aber das glaube ich einfach erstmal nicht. Mein Halbwissen enthält eher Hinweise darauf, dass das so nicht ist.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mo 23. Apr 2012, 19:44

stine hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Was wird in welcher Weise geprägt?
Ich bin doch kein Psychologe, aber du wirst nicht abstreiten wollen, dass unterschiedliche Lebensbedingungen unterschiedliche Verhaltensweisen formen, oder doch?
ganimed hat geschrieben:Ich glaube, es sind eher solche direkten zwischenmenschlichen Nuancen, die viel entscheiden.
Du glaubst ja offensichtlich auch nur.
Es ist sicher wieder mal die Summe der Dinge: Äußere Umstände, zwischenmenschliche Beziehungen, genetische Vorraussetzungen. Und der Kulturkreis spielt dabei mE eine erhebliche Rolle.

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Bring es dochmal auf den Punkt: welche Verhaltensweisen hat denn deiner Meinung nach z.B. deine Religion geformt? - Verhaltensweisen, von denen du sagen würdest, dass sie typisch für Angehörige deines Glaubens sind und die Andersdenkende nicht zeigen (Alleinstellungsmerkmal)!
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Di 24. Apr 2012, 06:50

Meine Religion ist nicht meine Religion, sondern sie ist die Religion des sogenannten "Christlichen Abendlandes". Und alle meine Vorfahren, meine Anverwandten, meine Freunde und Bekannten sind geprägt von einer christlichen Grundmoral, deren Ursprung die biblischen Gebote sind. Die kann man im Erwachsenenalter zwar ablehnen, aber im Herzen trägt das jeder ein Leben lang mit sich. Was "man" landläufig als gut oder schlecht empfndet ist nun mal nicht über das Grundgesetz in unser Denken getragen worden, sondern durch das Vorleben unserer Eltern und der ethischen Grundlage einer schulischen Erziehung basierend auf der christlichen Religion.
Das ganze Aufmümpfen gegen seine eigene Erziehung ist sinnlos, weil sie schon stattgefunden hat. Man kann versuchen, seine Kinder davon frei zu halten, aber hierzu müsste man umziehen in ein Land, das das Christentum nicht bedient und auch keine andere Religion hat. Als Alternative fallen mir nur Länder ein, die einen Staatschef gleichermaßen verehren, wie andere ihren Gott. Also ich möchte da auch nicht hin. Die Freiheit des Glaubens ist mir wichtiger, als das Diktat des Nichtglaubens.

Was die Andersdenkenden betrifft: auch sie sind moralisch ihren Wurzeln verpflichtet. Und die sind hierzulande christlich, woanders anders religiös.
Ansonsten sagt mir doch bitte, auf was atheistische Moral basiert?
Auf den 10 Angeboten der gbs?

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ganimed » Di 24. Apr 2012, 19:31

stine hat geschrieben:Und alle meine Vorfahren, meine Anverwandten, meine Freunde und Bekannten sind geprägt von einer christlichen Grundmoral, deren Ursprung die biblischen Gebote sind. ... Was "man" landläufig als gut oder schlecht empfndet ist nun mal nicht über das Grundgesetz in unser Denken getragen worden, sondern durch das Vorleben unserer Eltern und der ethischen Grundlage einer schulischen Erziehung basierend auf der christlichen Religion.

Du wiederholst hier noch einmal deine Meinung. Vielen Dank. Aber was ist mit meiner Bitte, mir beispielhaft zu nennen, welches vorgelebte Verhalten der Eltern nun genau welche moralischen Auswirkungen hat? Wenn du nicht mal ein einzelnes Mosaiksteinchen benennen kannst (die und die Handlung der Eltern erzeugt das und das moralische Empfinden im Kind), kommen dir da nicht doch vielleicht Zweifel, dass dein großes Mosaik (viele Leute sind über das Vorleben der Eltern christlich moralisch geprägt worden) vielleicht gar nicht stimmt?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Di 24. Apr 2012, 19:40

O.K., zB lebten die Menschen früher demütiger und, ja, auch gottesfürchtiger. Das färbt sehr wohl auf die Kinder ab und prägt das Gewissen im besonderen Maße.

Reicht das schon?

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Beitragvon Zappa » Di 24. Apr 2012, 20:43

@stine: Kennst Du die 10 Gebote?
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Di 24. Apr 2012, 20:46

stine hat geschrieben:Meine Religion ist nicht meine Religion, sondern sie ist die Religion des sogenannten "Christlichen Abendlandes". Und alle meine Vorfahren, meine Anverwandten, meine Freunde und Bekannten sind geprägt von einer christlichen Grundmoral, deren Ursprung die biblischen Gebote sind. Die kann man im Erwachsenenalter zwar ablehnen, aber im Herzen trägt das jeder ein Leben lang mit sich. Was "man" landläufig als gut oder schlecht empfndet ist nun mal nicht über das Grundgesetz in unser Denken getragen worden, sondern durch das Vorleben unserer Eltern und der ethischen Grundlage einer schulischen Erziehung basierend auf der christlichen Religion.
Das ganze Aufmümpfen gegen seine eigene Erziehung ist sinnlos, weil sie schon stattgefunden hat. Man kann versuchen, seine Kinder davon frei zu halten, aber hierzu müsste man umziehen in ein Land, das das Christentum nicht bedient und auch keine andere Religion hat. Als Alternative fallen mir nur Länder ein, die einen Staatschef gleichermaßen verehren, wie andere ihren Gott. Also ich möchte da auch nicht hin. Die Freiheit des Glaubens ist mir wichtiger, als das Diktat des Nichtglaubens.

Was die Andersdenkenden betrifft: auch sie sind moralisch ihren Wurzeln verpflichtet. Und die sind hierzulande christlich, woanders anders religiös.
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Du bleibst konkrete Beispiele für "christliche" Verhaltensweisen schuldig, die ein Alleinstellungsmerkmal von Christen sind. "Christliche Kultur" ist eine Leerformel.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon Lumen » Mi 25. Apr 2012, 04:34

stine hat geschrieben:Meine Religion ist nicht meine Religion, sondern sie ist die Religion des sogenannten "Christlichen Abendlandes". Und alle meine Vorfahren, meine Anverwandten, meine Freunde und Bekannten sind geprägt von einer christlichen Grundmoral, deren Ursprung die biblischen Gebote sind. Die kann man im Erwachsenenalter zwar ablehnen, aber im Herzen trägt das jeder ein Leben lang mit sich. ...


Die Vorfahren dieser waren mutmaßlich germanische Heiden, und die Vorfahren der christlichen Lehrer und Missionare waren irgendwann der Logik folgend Juden, deren Vorfahren mutmaßlich an eine Spielart der proto-indo-iranischen Religion glaubten. Dazwischen haben mit Sicherheit persische und rómische Rechtsvorstellungen und griechische Philosophie eine größere Rolle gespielt. Das Ganze wurde dann nochmal kräftig mit der Aufklärung verrührt, die ihrerseits natürlich auf allen möglichen Traditionen aufbaute.

Meiner Meinung nach ist das eigentlich christliche dabei sogut wie "wegverdünnt" worden. Weder halten wir uns an spezifisch christliche Verhaltensregeln, noch folgen wir spezifisch christlichen Gesetzen. Es gibt auch kein anderes Element, dass spezifisch christlich wirkt. Vielleicht kann man sagen, dass unsere Ästhetik christliche Prägung hat, denn z.B. westliche Musik und Kunst wurde durch spezifische religiöse Motive auch strukturell beeinflußt (denken wir an Harmonie-Lehren, Kirchenskalen und Chöre) aber selbst da wird bei näherem Hinsehen ein vor-christlicher Einfluß auf das Christliche deutlich. Bei Literatur ist es ebenso, wenn man exemplarisch an die heidnisch-christianisierte Arthussage denkt und ihr Einfluß in dieser Gestalt auf die Romantik und andere Strömungen.

Letzlich fallen Entwicklungen nicht einfach so vom Himmel und auch Kontexte (wie ein christlicher) haben ihrerseits Vorläufer. Das Christentum hat natürlich unsere Geschichte nachhaltig begleitet, und dabei sind viele Dinge in diesem Kontext entstanden. Es läßt sich aber schwer sagen "was wäre wenn". Vielleicht wäre die Welt ultimativ besser dran gewesen, vielleicht aber auch schlechter. Im Rückblick wird vor allem der negative Einfluß sehr deutlich durch all die "verpassten" Chancen und Behinderungen die vom christlichen Gedankengut kamen. Aber dann wieder ist das leicht zu sagen, vielleicht hätte es die Chancen garnicht erst gegeben in einer alternativen Welt oder andere wichtige Chancen wären verpasst worden. Wer weiß.

Was sicher ist: in unsere Gesellschaft wird das Christliche deutlich überbetont und die weitreichenden Beiträge durch die Aufklärer sehr stark unterbetont. Wie beim Wulff damals: die kommen zwischen Islam und Christentum mal garnicht vor. Also eine arabische Religion wird noch eher genannt als all die "Dichter und Denker" die sonst manchmal bemüht werden.

Das muss jedenfalls aufhören oder Vetreter der Ansicht "christliche Werte und/oder Leitkultur" legen mal endlich ein paarArgumente vor (oder mal eins, as Anfang), dass sie vor rund 1000 Jahren christlicher seelischer Terrorherrschaft nicht komplett lächerlich erscheinen läßt.
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Mi 25. Apr 2012, 06:34

ujmp hat geschrieben:Du bleibst konkrete Beispiele für "christliche" Verhaltensweisen schuldig, die ein Alleinstellungsmerkmal von Christen sind. "Christliche Kultur" ist eine Leerformel.
Nimm als Beispiel die "Nächstenliebe". Dieser ganz typische und vielzitierte Wert ist natürlich das Kernstück der geltenden Sozialisierung. Welches menschliche Interesse bitteschön basiert darauf, sein Eigentum teilen zu wollen? Die hier vielzitierten Kleinkinder, die so "natürlich brav" sind, wollen schon nichts hergeben und das aus gutem Grund. Wer von euch teilt denn freiwillig sein Haus mit einer verarmten Einwandererfamilie?
Nein, wenn ihr "christliche Werte" als historische Grundlage für unsere Gesellschaft negieren wollt, dann müsst ihr mir beweisen, woher der erzieherische Aspekt zur Zurückhaltung und zum sozialem Engagement kommen.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Mi 25. Apr 2012, 06:37

Lumen hat geschrieben:Wie beim Wulff damals: die kommen zwischen Islam und Christentum mal garnicht vor. Also eine arabische Religion wird noch eher genannt als all die "Dichter und Denker" die sonst manchmal bemüht werden.
Ganz genau und ich wiederhole: Wulff hatte seinen Applaus durch alle Reihen, sogar die Presse lobte ihn dafür. Was sollte das denn?
Immer lieb sein - genau das ist der christliche Aspekt schlechthin.

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon ujmp » Mi 25. Apr 2012, 07:19

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Du bleibst konkrete Beispiele für "christliche" Verhaltensweisen schuldig, die ein Alleinstellungsmerkmal von Christen sind. "Christliche Kultur" ist eine Leerformel.
Nimm als Beispiel die "Nächstenliebe". Dieser ganz typische und vielzitierte Wert ist natürlich das Kernstück der geltenden Sozialisierung. Welches menschliche Interesse bitteschön basiert darauf, sein Eigentum teilen zu wollen? Die hier vielzitierten Kleinkinder, die so "natürlich brav" sind, wollen schon nichts hergeben und das aus gutem Grund. Wer von euch teilt denn freiwillig sein Haus mit einer verarmten Einwandererfamilie?


a) "z.B" ist ein Bluff, viel mehr fällt die dir nämlich nicht ein, sonst hättest du eine ordentliche Liste abgeliefert.
b) "Nächstenliebe" ist auch nur eine Worthülze, man kann auch "Solidarität" zu diesem Verhalten sagen. Um deine Rede dem Verdacht der Schönrednerei zu entziehen, müsstest du noch konkretes Verhalten benennen, durch das sich Christen unterscheiden.
c) Ich darf mal auf christlicher Charaktere wie Herrn Mixa verweisen, der sein Haus gewiss nicht mit armen Familien geteilt hat, sondern der, wenn ich das richtig sehe, sogar wehrlose Heimkinder ausgenommen hat. Was kommt also außer Sonntagsreden bei der christlichen Nächstenlibe wirklich rum - im Vergleich zu anderen!?
stine hat geschrieben:Nein, wenn ihr "christliche Werte" als historische Grundlage für unsere Gesellschaft negieren wollt, dann müsst ihr mir beweisen, woher der erzieherische Aspekt zur Zurückhaltung und zum sozialem Engagement kommen.


Das ist ein Zirkelschluss. Du setzt das, was du belegen möchtest schon als Prämisse voraus, namlich, dass die Erziehung dabei ein besondere Rolle spielt. Aber wenn schon. Selbstverständlich hast du auch dafür keinen konkreten Beleg - selbstgefälliges Christengeschwätz!
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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon stine » Mi 25. Apr 2012, 07:32

ujmp hat geschrieben:b) "Nächstenliebe" ist auch nur eine Worthülze, man kann auch "Solidarität" zu diesem Verhalten sagen.
Und woher kommt sie, die Solidarität?
Das "natürliche" Empfinden des Menschen alles teilen zu wollen?

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Re: Nach einem Gott fragen heißt Thema verfehlen

Beitragvon laie » Mi 25. Apr 2012, 18:09

ujmp hat geschrieben:
stine hat geschrieben: Nein, wenn ihr "christliche Werte" als historische Grundlage für unsere Gesellschaft negieren wollt, dann müsst ihr mir beweisen, woher der erzieherische Aspekt zur Zurückhaltung und zum sozialem Engagement kommen.



Das ist ein Zirkelschluss. Du setzt das, was du belegen möchtest schon als Prämisse voraus, namlich, dass die Erziehung dabei ein besondere Rolle spielt. Aber wenn schon. Selbstverständlich hast du auch dafür keinen konkreten Beleg - selbstgefälliges Christengeschwätz!


Warum soll das ein Zirkelschluss sein? Nehmen wir an, daß Werte wie "Zurückhaltung" und "soziales Engagement" kein Alleinstellungsmerkmal des Christentums sind. Dazu haben wir nämlich jeden Grund. Auch Muslime, Hindus und Buddhisten kennen solche Werte. Nun ergibt sich die nächste Frage: sind solche Werte "angeboren" oder "erworben". Sind sie erworben, dann ist es an dir zu zeigen, a) wie solche Werte in einem atheistischen Haushalt vermittelt werden und b) daß eine solche Erziehung sich in einem komplett religionslosen Umfeld denken liesse. Mit "komplett religionslos" meine ich eine Gesellschaft, die nie eine religiöse Tradition hatte.

Worauf ich hier hinaus will: der Atheismus in seiner westlichen Ausprägung zehrt von der christlichen (und neuplatonischen und stoischen und arabischen) Tradition seines Umfelds. Er ist ohne dieses Umfeld nicht denkbar. Ohne diese Tradition wüsste ich nicht zu sagen, woher der Atheismus überhaupt irgendwelche Werte nimmt.
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