Darth Nefarius hat geschrieben:Das alte, immer gültige Muster ist Autorität, gesellschaftliche Schichten, Nutzende und Ausgenutzte und Idealisten, die meinen, sie hätten die Lösung für diese für sie unzufriedenstellende Situation, dabei aber auch nur anstreben die Mächtigen, die Nutzenden zu werden. Was dabei die Gesellschaftsideologie ist (Gottesgnadentum/Rassenreinheit/Gleichheit/Freiheit), spielt keine große Rolle.
Du schreibst das “alte, immer gültige Muster„ sei Autorität und weiter unten dass Ordnung Autorität erfordere „und solche die sie wollen“. Ich bemühe mich dir nicht mehr vorzuwerfen, dass das wieder furchtbar allgemein ist, weil es ja stimmt, dass die ganze Diskussion etwas daran „krankt“, dass das Thema etwas unklar/schwammig bleibt. Ich versuche mich jetzt mal auf 3 Punkte in deiner Darstellung zu beschränken. Entscheide du an welcher Stelle es lohnt speziell weiter zu machen, um dieser „Allgemeinheit“ zu entkommen.
Der 1. Punkt ist mit dem Stichwort „Autorität“ gegeben. Da frage ich mich sofort, ob du da von Machtverhältnissen (Herrschaftsverhältnissen) sprichst oder ob es schlicht darum geht, dass jemand qua Wissen und Erfahrung als Autorität auf einem bestimmten Sachgebiet angesehen wird und man dessen Rat einholt. Ich würde mir da tatsächlich genau anschauen wollen, was ich da alles in einen Topf werfe, wenn es nur um Sachwissen geht, kann ich deine allgemein gehaltenen Sätze auch durchaus unterschreiben.
„Mensch“ hat so in seiner Gattungsgeschichte diverse Gesellschaftsformen durchlaufen. Von der Biologie her ist „Mensch“ sicher eine Tierart, die kein Einzelgänger ist, sondern immer in verschiedenen Sozialformen anzutreffen war. Aber welcher Art dieser soziale Verbund (Herde, Rudel, etc.…) war, ist offenbar anders als bei den uns sonst bekannten Tierarten recht mannigfaltig und nicht immer ist da eindeutig ein „Herdenführer“ auszumachen. Die Gattung „Mensch“ hat im Vergleich zu anderen Tieren nur sehr geringfügig festgelegte Instinkte. Diese „Instinktlosigkeit“ ist einer ihrer entscheidendsten Selektionsvorteile in der Konkurrenz mit anderen Tierarten gewesen, da sie sich so mittels ihres Intellektes (statt relativ starrer Instinkte) auch an größere Umweltveränderungen anzupassen vermochte, insofern kann man schon recht allgemein auch davon sprechen, dass „Mensch“ durch seine „Anpassungsfähigkeit“ einen deutlichen Selektionsvorteil hatte. So ist es der Gattung gelungen den Planeten vollständig zu übernehmen, ohne die Konkurrenz durch andere Tierarten/Gattungen noch fürchten zu müssen. Die Gattung muss sich schon relativ lange nicht mehr gegen andere Tierarten behaupten, es geht schon lange nicht mehr darum, welche Art in einem bestimmten Gebiet die besseren Überlebenschancen hat. Diese Sache ist entschieden. Innerhalb der Gattung hat man auch konkurriert und die verschiedensten Sozialformen/Gesellschaften sind so im Verlaufe der Jahrhunderte entstanden. In Naturvölkern und frühen Zeiten soll z. B. auch das Matriachat gar nicht unbedeutend als eine „Herrschaftsform“ gewesen sein, wobei ich tatsächlich „Herrschaft“ immer dann durchstreichen würde, wenn sich die Organisation jeweils auf Sachwissen von Subjekten stütze. Ältestenräte gab es sicher auch einige, wobei es mich dann tatsächlich immer sehr interessieren würde, wie so ein Rat zustande kam, ob über Sachwissen oder über Machtmittel. Es gab in den Naturvölkern durchaus Gesellschaftsformen, die sich v.a. auf „Wissen“ zu stützen suchten und nicht auf „Machtmittel“ und es gab da in anderen Völkern auch jede Menge derbe Sitten, was auch zu erwähnen ist, um da keine Romantisiererei aufkommen zu lassen. Und wie selektiert wurde, das hing sehr davon ab, wer eben das Sagen hatte und welche Zwecke in den betreffenden Gesellschaften Gültigkeit hatten. Wenn ich mich z. B. frage wer im Mittelalter im starren Zunftwesen oder in stark religiös dominierten Gesellschaftsformen einen Selktionsvorteil hatte, so waren es vermutlich v. a. „dumme Schafe“ mit wenig Neugier, denen es dadurch leichter fiel sich unterzuordnen, die weniger „beugsamen“ wurden eben schneller einen Kopf kürzer gemacht. Und wenn da jeder gesagt hätte, das ist eben „natürliche Selektion“, dann hätte man das Mittelalter nie verlassen…(es wäre da sicher noch mehr zu sagen, aber ich will hier nicht all zu sehr ausufern – ich hoffte das Thema nur deutlicher zu umgrenzen)
Der 2. Punkt an den ich denke, dreht sich etwas um „determiniert oder nicht“ – da es da schon einen Thread dazu gibt, würde ich das eher knapp halten wollen und nicht so in den Mittelpunkt rücken, was mir selbst nicht leicht fällt, da sich unsere Diskrepanzen z.T. offenbar daraus nähren. Wenn man sagt „determiniert“, dann behauptet man doch es gäbe einen hinter allem liegenden „Plan“ auf den man festgelegt sei. Wenn ich wissen will worin ich den nun so furchtbar festgelegt bin, bekomme ich vermutlich nur zur Auskunft, der Plan sei mit meinem Intellekt nicht zu fassen. Dann ist er mir aber auch reichlich egal, genauso wenig wie ein Plan Gottes, interessiert mich ein biologischer Plan, der hinter allem wirken soll, wenn dieser meinem Intellekt nicht zugänglich sei, dann ist es praktisch erst mal höchst gleichgültig ob ich daran „glaube“ oder nicht, dass ein Plan wirkt, bleibt die bloße Behauptung eines anderen Menschen. Und einer Behauptung, die sich auf das „Nichtwissen“ zurückzieht, kann ich auch rein logisch nichts abgewinnen.
Die Tatsache, dass man zweifelt und dass man viele Dinge nicht weiß, sind mir nur ein Grund meinen Verstand umso mehr anzustrengen und mich nie auf dem vorhandenen Wissen auszuruhen, aber keine Bestätigung, dass man eigentlich nichts wissen kann, warum sollte man sich da überhaupt irgendwelchen geistigen Mühen unterziehen. Dass man es für eine tolle Errungenschaft hält „Zweifel“ hochleben zu lassen, finde ich eigenartig. Nachdem ich das Kindesalter verlassen hatte, fand ich den Satz „ich weiß, dass ich nichts weiß“ zunächst auch recht befreiend. Ich denke es liegt daran, dass man im Aufwachsen häufig mit Autoritäten konfrontiert ist, die einem ihr fadenscheiniges Wissen als der Weisheit letzter Schluss verkaufen. Da ist es dann erst mal erfreulich zu hören, dass sich so ziemlich alles hinterfragen lässt und es keine „ewigen Wahrheiten“ gibt. Wiewohl ich bei den vielen Entscheidungen, die einem der Alltag regelmäßig abverlangt werden oft diverse Zweifel bei habe, halte ich es heute nicht mehr für eine tolle Sache den „Zweifel“ zu feiern (er ist eigentlich immer v. a. lästig). Auf dem Zweifel herumzureiten dient auch „Herrschaftsinteressen“ (dem Erhalt eines status quo). Wer würde sich schon zu irgendwelchen Taten aufraffen, um etwas zu ändern, wenn er ständig herumzweifelt. Ein Gedanke, der mal dazu gedacht war die behauptete Definitionshoheit von autoritären Herrschaften anzuzweifeln, ist in libertäreren Herrschaftsformen zur Stillhalteparole mutiert.
Zum 3. Punkt: Mir war durchaus bewusst das „Verantwortung und Entschuldigung“ als Kategorie normalerweise zu den moralischen Urteilen gehören, die ich auch nicht so brauchbar finde. Es war eine begriffliche Bequemlichkeit, dass ich sie verwendet habe. Du sprichst davon, dass „Vertrauen keine moralische Größe“ sei sondern „ein emotionales Gebilde in Beziehungen“. In dem Sinne habe ich auch bei Verantwortung/Entschuldigng etwas bequem gedacht. „Mensch“ hat nicht selten ein ausgeprägtes (Eigen-) Interesse am Austausch und Zusammensein mit anderen Menschen. Wie erquicklich und erfreulich das abläuft, wie weit das eigene Interesse befriedigt wird, hängt schon etwas davon ab, wieweit man da auf „Gegenseitigkeit“ trifft. (Und ich bin im Moment sehr am Zweifeln, wie ich das am treffendsten formuliere). Ich richte tatsächlich auch Ansprüche und Erwartungen an ein anderes Subjekt (was ich trotz einer Art „Sollen“, die man da wohl reinlesen kann, nicht moralisch finde, weil ich damit keinerlei Allgemeingültigkeit beanspruche, sondern nur über mein Interesse informiere und wissen will, ob das eben geteilt wird). Ich erwarte da z. B., dass ich mich da in irgendeiner Weise darauf verlassen kann, was einer sagt, dass er nicht morgen das Gegenteil behauptet mit dem Argument es war nur ein Witz (natürlich kann man sein Urteil auch durchaus ändern, wenn man es mit neuem Wissen angereichert hat). Und gesagte Dinge sind nicht belanglos – ich werfe jemandem deshalb z.B. keine gedankenlosen Beleidigungen an den Kopf und meine er hätte es morgen wieder vergessen. Ich habe z.B. auch selbst den Wunsch für jemanden verlässlich zu sein , wenn mir z.B. an ihm liegt (dafür verwende ich u.a. den Verantwortungsbegriff) . Wenn ich seine Interessen beschädige und das nicht gewollt habe, würde ich mich zur Klarstellung auch „entschuldigen“,. Wenn du sagst du seist „manipulativ“, dann komme ich mir etwas blöd vor mich noch um ernsthafte Antworten zu bemühen. Ich kann das noch akzeptabel finden, wenn man in beruflichen Zwängen steckt und da kaum noch Bewegungsfreiheit hat, dass man auf manipulative Mittelchen als Notbehelf zurückgreift, aber ich verstehe nicht, wie es im eigenen Interesse (u.a. am Wissensaustausch mit anderen Menschen) liegt. Ich kenne viele Menschen, die sehr manipulativ drauf sind, insbesondere einige „Weibchen“ und mit denen meide ich eigentlich gewöhnlich den Kontakt in meinen sehr egoistischen Eigeninteressen. Es macht mich aber neugierig, warum du das ansprichst, das passt normalerweise nicht ins Muster, wenn man manipulieren will, ist es ja geschickter, wenn andere das nicht merken, also wozu ist das gut und warum in deinem Interesse?