Max hat geschrieben:Manfred Spitzer hat geschrieben:Genau aus diesem Grund ist es auch eine sehr gehaltlose Behauptung, Glaube Wahn zu nennen. Von all den zehntausend Religionenkann höchstens eine einzige wahr sein, da sich in Widerspruch zueinanderer befinden. Es muss also die überwältigende Mehrzahl der Religionen nichts weiter als ein Wahn sein - a priori. Und zu sagen, dass die eine restliche Religion das selbe Schicksal wie all die anderen teilt, ist nun wirklich eine sehr schlichte Behauptung.
Die Hirnforschung erlaubt Einblicke in das Wirken der sozialen und psychologischen Mechanismen religiöser Systeme. Die Religionspsychologie weiß schon sehr lange, wie man die beste spirituelle Wirkung erzielt. Vergleicht man verschiedene Arten von Gottesdiensten, dann beeindrucken immer jene am meisten, die auf Gefühle und stimmungsvolle Musik setzen. Abstrakte Betrachtungen über Moral, Glaubensdogmen und die Natur des Universums mit gehobenen Anspruchen an die Intelligenz der Gläubigen schneiden dagegen ganz schlecht ab. So gesehen bietet der Vatikan mit mittelalterlichen Zeremoniell mit Brim-Bram-Brorioum eine gute Vorführung fürs schlichte Gemüt.
Das VMAT2-Gen bestimmt darüber wie viele Moleküle einer bestimmten Gruppe von Botenstoffen durch das Hirn zirkulieren. Erhöhte oder verringerte Mengen dieser Signalstoffe wie Dopamin, Serotonin oder Noradrenalin führen zu massiven Änderungen von Bewusstseinszuständen. Darauf beruht der halluzinogene Effekt von Drogen wie Ecstasy, LSD usw., aber auch von Wirkstoffen wie sie oft bei religiösen Zeremonien verwendet werden. Unsere Erbanlagen bestimmen unser grundsätzliches Interesse an spirituellen Fragen zumindest teilweise. Studien an getrennt aufwachsenden Zwillingen aus den 80er Jahren zeigen eine verblüffende Übereinstimmung in religiösen Fragen und spirituellen Erfahrungen. Geht es dagegen um das Engagement in kirchlichen und sozialen Organisationen, unterscheiden sich die jeweiligen Zwillinge zum Teil drastisch. Die Ausprägung unseres Glaubens scheint kulturell beeinflusst zu sein.
Die Menschen haben während ihrer Entwicklungsgeschichte stets religiöse Strukturen gebildet. Offenbar muss der Glaube an höhere Mächte einen Evolutionsvorteil bieten, sonst wäre die Spiritualität längst ausgestorben. Eine solch relativierende Betrachtung ist gläubigen Menschen zutiefst suspekt. Angesichts der Tatsache, dass wir alle sterben müssen, verheißt ihnen der Glaube an eine transzendente Wirklichkeit individuellen Trost und Angstbewältigung, zugleich erlaubt er die Durchsetzung ethischer Standards und sichert somit die Stabilität von Gesellschaften.
Religion, politische Macht und Herrschaft sind Zwillinge. Das Phänomen der Apotheose bzw. der Vergöttlichung von Despoten, Diktatoren, Pharaonen, Fürsten, Königen und Kaisern über 6 Jahrtausende ist ein empirischer Beweis für die enge Verflechtung von Religion, Macht, Herrschaft und Ausbeutung. Gott ist eine Erfindung des menschlichen Geistes aufgrund metaphysischer Bedürfnisse des Einzelnen. Sofern an Gottes Existenz geglaubt wird, ist Gott ein Phantasieprodukt bzw. eine Projektion, die aus innerer Einschätzung nach außen verlagert und als real existent gewähnt wird. Psychopathologisch liegt somit
eine Halluzination bzw. ein Wahn vor.
Das Verständnis des Glaubens beruht darauf, Kritik abzuwehren, zu verdammen, Kritik an der Kritik zu äußern ohne auf die Sache einzugehen. Obwohl die Bibel für gleiche Dinge unterschiedlichste Zahlen und Fakten nennt und die über 42 Bibelversionen objektiv falsch sind, für die Fanatiker sind alle Diskrepanzen geklärt ohne je direkt zu einem Fehler Stellung zu nehmen. Man kann komplexe Zusammenhänge nur verstehen, wenn man darüber urteilen kann ohne emotional involviert zu sein. Gläubige haben Probleme Kritik überhaupt zu verstehen, weil sie geistig zu unflexibel sind die Positionen beider Seiten einzunehmen. Glauben ist nicht die Folge schwacher Kritikfähigkeit, sondern die Ursache dafür. Gleichzeitig werfen die Gläubigen der Gegenseite mangelnde Flexibilität vor. Mit diesem Trick arbeiten Sekten und geschlossene Denksysteme - es ist quasi ihr Erkennungszeichen. Wer einen beliebigen Glauben nur verstehen kann, wenn er kritiklos daran glaubt, dann handelt es sich dabei um Hokuspokus oder Gehirnwäsche.
Der psychologische Kern der Missionierung ist dank ihrer Primitivität nachvollziehbar. Gott und seine Gläubigen machen ein Geschäft: Du, Gläubiger, kommst in mein fiktives nicht beweisbares Himmelreich und entgehst meiner fiktiven Hölle - bist ein Auserwählter - wenn du uns auf Erden großzügig unterstützt. Gottes Gnade ist niemals umsonst, sie muss verdient werden. Das ist das Kerngeschäft des gottgefälligen Lebens und die Wurzel der Missionierung. Geschichtlich gesehen war es gottgefällig Ungläubige zu schlachten, sofern sie sich nicht bekehren lassen, Angst vereint und diszipliniert. Genozide und Ethnozide beherrschen die Geschichte und durchziehen sie wie einen roten Faden. Das Macht-Motiv kann bei psychopathologischen und/oder soziopathischen Personen - das Alte Testament ist geradezu voll davon - in paranoide Mordlust und soziopathische Perversionen entgleisen, die zweifelsfrei unserem biblischen Gott zugesprochen werden muss.
Kreationistische Gruppen, Sekten und Amtskirchen unterscheiden sich nur soziologisch, sämtliche Unsitten und Abartigkeiten sind mehr oder weniger in allen Gruppierungen zu finden. Die Sexuallehre ist vom psychologischen und psychopathologischen Standpunkt aus als sektiererisch abartig einzustufen. Es wäre an der Zeit. diesen pathologischen Unsinn aus der Erziehung, den Kindertagesstätten und Schulen zu verbannen, was aber den Nachwuchs an einfältigen Gläubigen reduziert, den Gottes-Agenten Macht und Einkommen nimmt und deswegen mit Scheinargumenten vehement bekämpft wird. Bei Juden, Christen und Moslems ist die Selbsterhöhung als von Gott auserwählt eine potentiell paranoide, menschenrechtsfeindliche, sowie hassförderliche Geisteshaltung. Die verkrusteten Steinzeitreligionen an die Gegenwart anpassen scheitert an der Dogmatisierung der Glaubensinhalte, der fehlenden geistigen Flexibilität der Gläubigen und den Religionsvertreter sich über die pathologische Zwanghaftigkeit ihres Handelns klar zu werden.