Mad Magic hat geschrieben:Ist daran etwas falsch?
Ja.
Das Gewissen eignet sich aus mehreren Gründen nicht für ein sinnvolles moralisches Handeln. Dass es nicht zur Normbegründung taugt und lediglich etwas rein subjektives und relatives ist, kann man schon daran erkennen, dass sich das Gewissen innerhalb einer Gesellschaft stark unterscheidet. Manche begehen Einbrüche, andere könnten keiner Fliege etwas zuleibe tun. Zwischen einzelnen Gesellschaften unterscheidet sich das, was man als landestypische Gewissen bezeichnen könnte, aber ebenso stark. Es gib Kulturen, in der die Menschen am liebsten Selbstmord begehen möchten, wenn sie außer- oder vorehelichen Sex hatten; so stark sind ihre Gewissensbisse. Hierzulande ist dies hingegen etwas vollkommen natürliches, was keinerlei Aufmerksamkeit mehr erregt.
Viel schwerwiegender ist allerdings der Einwand, dass es sich bei unserem Gewissen um etwas stark kulturgeprägtes, tradiertes handelt. Es ist zu einem sehr großen Anteil reich an Tradionen, Sitten, Bräuchen. Ihm mehr Bedeutung beizumessen, als unbedingt nötig, läuft auf eine Dogmatisierung des Status Quo hinaus. Wenn wir Dinge nur deswegen als gut ansehen, weil unser Gewissen uns dies sagt, führt dies dazu, dass vieles als gut überlieferte, obgleich tatsächlich eher schädliche, beibehalten und dogmatisiert wird.
Weiterhin ist das Gewissen häufig ideologisch oder religiös verblendet. Wenn eine Indoktrinaionsmaschinerie auf ein Individuum so stark einwirkt, dass diese Teil seiner selbst wird, dann handelt das Individuum nur mehr aus Gewissen, wenn es die Befehle der Obrigkeit befolgt. Viele NS-Täter handelten beispielswiese nicht nur aus Opportunismus, sondern aus ihrem Gewissen heraus. Auch die Selbstmordattentäter handelten nicht wider ihrem Gewissen.