von Falk » Fr 19. Okt 2007, 13:34
Leider sieht man nicht die umliegenden Seiten, und basierend auf dieser einen, ist es kaum möglich einzuschätzen, was Tillich genau meint.
Seine Begriff erinnern freilich an die Grundbegriffe des Existentialismus. "Existenz" scheint er als Sein aufzufassen, Gott als "Grund des Seins" - worauf er sagt, daß der Grund des Seins nicht im Seienden selbst gesucht werden könne, d.h. Gott nicht mit der Kategorie "Existenz" in Verbindung gebracht werden kann. Das stimmt, allerdings ist die Annahme, daß Gott der "Grund des Seins" sei, natürlich genau auf diese Schlußfolgerung hin konstruiert, d.h. bloßes Wunschdenken. Schließlich könnte Gott genauso gut nicht der "Grund des Seins" sein.
Der Existentialismus postuliert, daß die Existenz der Essenz vorausgehe (Sartre). Der Mensch ist also zuerst, und muß sich dann entwerfen. Grob gesagt: Man existiert erst, und gibt seiner Existenz dann einen Sinn (oder mehrere). Aus traditioneller christlicher Sicht steht der Sinn der Existenz aber freilich schon fest, bevor etwas existiert, d.h. die Essenz kommt vor der Existenz. Nun nennt Tillich Gott den "Grund der Essenz und Existenz" - wenn Gott der "Grund der Essenz" ist, kann er natürlich auch nicht mit der Kategorie "Essenz" in Verbindung gebracht werden. Auch das ist richtig, allerdings wiederum bloßes Wunschdenken.
Wenn Gott also der "Grund der Essenz und Existenz" ist, dann kann man Gott weder in der Essenz noch in der Existenz suchen, sondern nur außerhalb derselben. Daher ist die Frage nach der Existenz Gottes unsinnig, und ebenso eine Identifizierung Gottes mit der Essenz, oder eine Verortung Gottes im Übergang vom einen ins andere. Das scheint mir durchaus stringent, allerdings basierend auf willkürlichen, Wunschdenken entspringenden Annahmen.
Danach behauptet Tillich noch, daß Gott auch der Methode des logischen Schließens unzugänglich sei. Leider kann ich dem halben Absatz nicht entnehmen, wie er das begründet, aber jedenfalls scheint er der Ansicht zu sein, die Gott-Hypothese dann gegen jedweden Einwand immunisiert zu haben. Ich vermute, daß er es so versucht: Wenn man nicht sinnvoll fragen kann, ob Gott existiert, ja, überhaupt nicht sagen kann, was Gott eigentlich ist, dann kann die Methode des logischen Schließens keinen Erfolg haben, weil sie dann per definitionem keinen Schlußpunkt hat. Man kann nicht auf etwas schließen, was zu allem für uns Faßbaren in keinerlei Beziehung steht.
Wohlgemerkt: Ich spekuliere bloß, und plappere hier mehr als daß ich philosophierte. Aber auf Basis dieser einen Seite geht wohl auch nicht mehr. Nächste Woche bin ich wieder an der Uni, da werde ich mal schauen, wie nah ich der Wahrheit gekommen bin. ;)