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EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: So 4. Nov 2007, 20:15
von stefan2
hier die stellungnahme des ratsvositzenden der ekd, bischof huber, zu ID, kreationismus etc. in seinem bericht auf der synode der ekd in dresden am 4.11.2007:

http://www.ekd.de/synode2007/2007_ratsb ... l_a_4.html

stefan

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: So 4. Nov 2007, 20:59
von ostfriese
Huber hat geschrieben:Der grundlegende Fehler in dieser Debatte liegt darin, dass der Schöpfungsgedanke nicht als Thema des Glaubens, sondern des Wissens angesehen wird. Der Glaube richtet sich auf die Wirklichkeit im Ganzen; er hat es mit dem Grund der Welt wie meines persönlichen Lebens zu tun. Ihm verdanke ich die Weltgewissheit wie die Daseinsgewissheit, die meinem Leben Sinn verleihen.

Hübscher Huberscher Selbstwiderspruch. Glauben ist nicht Wissen, bringt aber Gewissheit. Aja, alles klar. ;D

Huber findet, Biologen könnten über Theologie ebenso wenig aussagen wie Theologen über Biologie. Das Wörtchen "Philosophie" kommt in seinem Aufsätzchen nicht vor. In seiner erwartungsgemäßen Kritik an Dawkins unterschlägt Huber, dass nicht die (biologische) Tatsache, dass die Evolutionstheorie zur Erklärung des Lebens und seiner Erscheinungsformen ausreicht, sondern dass das (philosophische) Rasiermesserprinzip entscheidend ist dafür, vernünftigerweise auf die Gotteshypothese zu verzichten.

Sehr lehrreich, diese Strategie. Der wahre Feind der Theologie ist nämlich gar nicht die Naturwissenschaft, sondern die Philosophie. Deshalb tun die Theologen gern so, als ob der Angriff auf die Religionen von naturwissenschaftlicher Seite käme; einem solchen Angriff könnten sie nämlich ausweichen, den philosophischen Argumenten dagegen erliegen sie hilflos.

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2007, 09:37
von HF*******
Naja, „Wahrheit“, „Gewissheit“, „Realität“, „Freiheit“ u. s. w. werden in der Theologie als teils eigenständige Begriffe verwendet, die umdefiniert sind und mit einer vollständig anderen Bedeutung besetzt wurden.

Es wird von der katholischen Kirche auch gesagt, diese habe die Wahrheit. Schon sprachlich wäre das falsch. Gemeint ist die Befugnis, die Wahrheit zu definieren. Die Wahrheit des Glaubens ist nicht die wissenschaftliche Wahrheit: Nur wenige Menschen differenzieren da allerdings.

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2007, 19:21
von emporda
Huber hat geschrieben:Der grundlegende Fehler in dieser Debatte liegt darin, dass der Schöpfungsgedanke nicht als Thema des Glaubens, sondern des Wissens angesehen wird. Der Glaube richtet sich auf die Wirklichkeit im Ganzen; er hat es mit dem Grund der Welt wie meines persönlichen Lebens zu tun.

Dawkins restauriert ein Weltbild, nach welchem Religion einem vorwissenschaftlichen Zeitalter angehört und mit dem Siegeszug des wissenschaftlichen Bewusstseins zum Verschwinden kommt.

Wer aus biologischer Perspektive über den biblischen Schöpfungsglauben spricht, braucht dafür entsprechende theologische Kenntnisse. Insbesondere muss er es vermeiden, die biblischen Schöpfungserzählungen zu konkurrierenden Welterklärungsmodellen zu machen und das eine gegen das andere auszuspielen.

Schon Clemens of Rome (30 - 96 n.C) und St.Augustine (354 – 430 n.C.) sagen, die kanonischen Autoren hätten sich niemals geirrt und nur geschrieben was Gott selber ihnen zeigte und sagte. Papst Pius IX erklärt 1870 n.C. die Bibel ist ohne jeden Irrtum, Gott ist ihr Urheber und der heilige Geist hat sie diktiert. In siesem Sinne gilt das Dogma der KK
„Wer sagt, in der göttlichen Offenbarung gebe es nicht wahre Geheimnisse im eigentlichen Sinn, sondern alle Glaubenssätze könnten durch die richtig gebildete Vernunft von den natürlichen Grundsätzen aus verstanden und bewiesen werden, der sei ausgeschlossen.“

Ich versuche das zu verstehen, im Alter dauert das viel länger. Die Bibel hat in allem Recht, niemand hat sich geirrt oder ein Fehler gemacht - das ist die heute gültige Lehre der KK. Huber sagt, der biblische Schöpfungsmythos kann nicht ohne theologische Kenntnisse verstanden werden, allerdings darf er nicht im Widerspruch zu wissenschaftlichen Erkennntniss stehen bzw. gebracht werden.

Aus Ausweg bleibt doch nur, die Wissenschaft muß ihre gesamten Erkenntnisse verwerfen und die Genesis als der Weisheit letzter Schluß akzeptieren. Außerdem muß die Wissenschaft darauf verzichten Erkenntnisse immer nur in kleinen Schritten zu gewinnen, das große Ganze muß in Angriff genommen werden. Was daran theologisch so schwierig ist, das bleibt Huber seinen Lesern allerdings schuldig, beweist aber sein totales Unwissen im wissenschaftlichen Denken. Wissen und Glauben bleiben auch mit oder trotz Huber zwei unvereinbare Gegenpole, die Bibel hat zuerst Fakten des Wissens in steinzeitlicher Einfalt erklärt - und nicht etwa umgekehrt mit dem Adam der doch eine Rippe weniger hat.

Der Super-Kreationist Henry Morris sagte 1970 "Keinem geologischen Fakt, keinem historischem Fossil und keiner wissenschaftlichen Erkenntnis kann erlaubt werden über dem geschriebenen Wort Gottes zu stehen". Folglich ist Bischof Huber ein Kreationist, er ist genau das was er anprangert.

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: Mo 5. Nov 2007, 20:20
von pinkwoolf
Bischof Huber ist ein Kirchenvertreter, dessen Ansichten ich oft nicht teile, wenn ich sie überhaupt zur Kenntnis nehme. Ihn als Kreationisten zu bezeichnen halte ich jedoch für abenteuerlich. Er postuliert ja gerade die grundsätzliche Unterscheidung von Naturwissenschaft und Theologie, die die Kreationisten aus den Angeln heben wollen.

Ich meine auch, dass du zumindest bei einem protestantischen Theologen offene Türen einrennst, wenn du in Abrede stellst, dass die Texte der Bibel, ungefiltert und unumstößlich Gottes Wort darstellen. Ein ganzer Zweig der Theologie, deren Name mir entfallen ist, beschäftigt sich mit der Entstehung dieser Texte und mit ihrer Verballhornung durch Hinzufügungen und Abschreibefehler.

Wenn Huber dann in seiner theologischen Terminologie von Wirklichkeit spricht, meint er eben nicht die Erkenntnisse der Naturwissenschaft. Die akzeptiert er genauso wie wir.

Was er aber genau mit seiner Wirklichkeit meint, ist mir ein Rätsel, das ich auch nicht zu lösen beabsichtige, jedenfalls nicht nach seinen Bedingungen.

Hier im Forum bin ich immer wieder auf den Begriff Subjektivität gestoßen. Ich bin übrigens wie Huber nicht der Ansicht, dass wir mit naturwissenschaftlichen Mitteln jemals alle Fragen beantworten und alle Probleme lösen werden, die sich uns stellen. Man wird wohl beschreiben können, welche chemischen Prozesse sich im Gehirn abspielen, wenn der Mensch sich freut oder erstaunt ist oder Angst hat oder verliebt ist, aber ich bezweifle, dass man mit dieser Kenntnis einen anständigen Film drehen kann, der diese Reaktionen hervorruft.

Also unterscheide ich auch zwischen Naturwissenschaft und etwas anderem. Nur den einen oder anderen Gott sehe ich dabei nicht im Spiel. Das reicht doch, um ein Bright zu sein, oder?

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: Di 6. Nov 2007, 12:30
von emporda
pinkwoolf hat geschrieben:Ich meine auch, dass du zumindest bei einem protestantischen Theologen offene Türen einrennst, wenn du in Abrede stellst, dass die Texte der Bibel, ungefiltert und unumstößlich Gottes Wort darstellen. Ein ganzer Zweig der Theologie, deren Name mir entfallen ist, beschäftigt sich mit der Entstehung dieser Texte und mit ihrer Verballhornung durch Hinzufügungen und Abschreibefehler.

Die Mehrheit der Kreationisten sind Protestanten aller Schattierungen. Dabei bedeutet Kreationismus der Glaube an die biblische Schöpfung. Dazu gehört dann zwangsläufig die Schöpfung von Mensch im Aussehen wie heute zusammen mit Dinosauriern und anderen am 6.ten Tag, das Leben aller Wesen im Paradies als Vegetarier bis zum Sündenfall, anschließend die gemeinsame Existenz von Mensch und Dinos beginnend vor etwa 250 Millionen Jahren oder auch nur 6.000 Jahren usw. usw.

Bischof Huber erkennt zwar an, das die Inhalte der Bibel durch keine wissenschaftliche Fakten und Erkenntnisse bestätigt werden, entzieht sich aber der notwendigen Schlußfolgerung, in dem er von einer höheren göttlichen Existenz des Ganzen jenseits von Zeit und Raum phantasiert, die nur nach langem theologischen Studien verstanden werden kann. Das ist reines Wischi-Waschi Geschwafel, denn jeder andere Kirchenmann hat ganz andere Eklärungen, ebenso sinnloses Wortgeklingel ohne Inhalt.

Da 'Bsichof Huber die Bibel mit Genesis und Sintflut nicht ausdrücklich als Mythos ohne jegliche Fakten definiert, bleibt er ein halbherziger Kreationist, der geschickt an der Kernfrage vorbeiredet.

Re: EKD-Synode um Thema ID/Kreationismus

BeitragVerfasst: Mi 7. Nov 2007, 17:03
von El Schwalmo
ostfriese hat geschrieben:
Huber hat geschrieben:Der grundlegende Fehler in dieser Debatte liegt darin, dass der Schöpfungsgedanke nicht als Thema des Glaubens, sondern des Wissens angesehen wird. Der Glaube richtet sich auf die Wirklichkeit im Ganzen; er hat es mit dem Grund der Welt wie meines persönlichen Lebens zu tun. Ihm verdanke ich die Weltgewissheit wie die Daseinsgewissheit, die meinem Leben Sinn verleihen.

Hübscher Huberscher Selbstwiderspruch. Glauben ist nicht Wissen, bringt aber Gewissheit. Aja, alles klar. ;D

natürlich. Wissen ist objektiv, Gewissheit subjektiv.

ostfriese hat geschrieben:Huber findet, Biologen könnten über Theologie ebenso wenig aussagen wie Theologen über Biologie. Das Wörtchen "Philosophie" kommt in seinem Aufsätzchen nicht vor. In seiner erwartungsgemäßen Kritik an Dawkins unterschlägt Huber, dass nicht die (biologische) Tatsache, dass die Evolutionstheorie zur Erklärung des Lebens und seiner Erscheinungsformen ausreicht, sondern dass das (philosophische) Rasiermesserprinzip entscheidend ist dafür, vernünftigerweise auf die Gotteshypothese zu verzichten.

Hmmmm, dann habe ich Dawkins falsch verstanden. Warum Philosophen das Rasiermesserprinzip anerkennen sollten, ist mir auch nicht klar. Wenn man einen Okkasionalismus vertritt, scheint mir das die einfachste Auffassung zu sein: eine Ursache für alles. Da ist nichts mehr zu schnippeln.

ostfriese hat geschrieben:Sehr lehrreich, diese Strategie. Der wahre Feind der Theologie ist nämlich gar nicht die Naturwissenschaft, sondern die Philosophie.

Warum? Solange sie die 'ancilla theologiae' bleibt, ist sie eine Freundin. Und die modernen Bindestrich-Philosophien haben mit dieser doch nur den Namen gemeinsam.

ostfriese hat geschrieben:Deshalb tun die Theologen gern so, als ob der Angriff auf die Religionen von naturwissenschaftlicher Seite käme; einem solchen Angriff könnten sie nämlich ausweichen, den philosophischen Argumenten dagegen erliegen sie hilflos.

Das musst Du mir näher erläutern. Welchen philodophischen Angriffen Angriffen erliegt die Theologie? Ist vielleicht Deine Verwendung des Begriffs 'Philosophie' etwas restringiert? Gibt es inzwischen einen negativen Gottesbeweis?

Hat Dawkins nicht selber gesagt, dass Darwins Theorie benötigt werde, um ein 'intellectually fulfilled atheist' sein zu können? Schreibt Dawkins nicht expressis verbis, dass Philosophie allein nie überzeugend war?