Aufgeklärte Religion

Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon ostfriese » Do 17. Jan 2008, 17:43

El Schwalmo hat geschrieben:Wenn Du das dann in Formeln gießt, kann es durchaus sein, dass Du nicht abbildest sondern konstruierst. Lass mal das 'radikal' weg (das sind Solipsisten), dann passt das schon.

Nee, passt immer noch nicht.
Du gießt ja nicht Messungen in Formeln, sondern gehst deduktiv vor. Weltformeln sind eine zunächst rein mathematische Unternehmung, ihre experimentelle Bewährung misst sich am Vergleich mit anderen (bisherigen) Theorien. Sie wird vorläufig als wahr akzeptiert, wenn sie vor dem gleichen messinterpretatorischen Hintergrund adäquatere Rekonstruktionen liefert als ihre Vorgängertheorie.

Dass Biologen mit einer speziell auf die Physik gemünzten Wissenschaftstheorie ggf. wenig anfangen können, mag ein berechtigter Einwand sein. Aber ebenso berechtigt ist dann mein Hinweis, dass es den meisten Physikern ziemlich weit am Allerwertesten vorbei geht, ob sich Kreationisten einbilden, durch Widerlegung der Evolutionstheorie am Naturalismus (speziell seiner Ontologie) rütteln zu können. Hier haben Physiker schon noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon El Schwalmo » Do 17. Jan 2008, 18:14

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Wenn Du das dann in Formeln gießt, kann es durchaus sein, dass Du nicht abbildest sondern konstruierst. Lass mal das 'radikal' weg (das sind Solipsisten), dann passt das schon.

Nee, passt immer noch nicht.
Du gießt ja nicht Messungen in Formeln, sondern gehst deduktiv vor. Weltformeln sind eine zunächst rein mathematische Unternehmung, ihre experimentelle Bewährung misst sich am Vergleich mit anderen (bisherigen) Theorien. Sie ist dann, vor dem gleichen messinterpretatorischen Hintergrund, adäquater zur Rekonstruktion als ihre Vorgängertheorie.

geh' davon aus, dass ich mich hinlänglich mit der Sorte Wissenschaftstheorie, wie Du sie vertrittst befasst habe. Ich lehne sie nicht ab, sondern betone nur deren Grenzen. Und da zeigt sich dann das, was Du als Unterschied zwischen 'hypothetisch als wahr annehmen' und 'agnostisch' (in diesem Kontext passt 'skeptisch' oder auch das leicht pejorative 'skeptizistisch' besser) sehen möchtest. Du schließt auf der Basis dieser als gültig vorausgesetzten Ontologie bestimmte Wesen aus. In diesem Kontext ist dann der Terminus 'hypothetisch' dicht an einer Immunsierungsstrategie. Gültig ist eventuell eine Aussage wie: 'wenn die bestens bekannten Gesetze gelten und jemand behauptet, dass in einer definierten Form in das Geschehen der Welt eingegriffen wird, müsst ich folgendes messen, was aber nicht der Fall ist'. Die Prämisse dahinter ist, dass sich so ein Wesen an die Naturgesetze halten muss, von denen man auch noch annehmen muss, dass wir sie richtig erkannt haben (von der Frage, ob wir die Natur beschreiben, also Gesetzmäßigkeiten, die 'da' sind, finden, oder ob wir welche 'konstruieren', die Welt also erfolgreich so beschreiben, als ob welche vorhanden wären, mal ganz abgesehen). Dadurch liegt die Beweislast bei dem, der behauptet, es gäbe ein Wesen, das in den Lauf der Welt eingreift. Aber dann sind wir wieder bei den Regeln des rationalen Diskurses, aber nicht beim 'Sein des Seienden'.

Du gehst in etwa wie Dawkins vor: Du machst eine Aussage, die klar ist, aber leicht angreifbar. Wie Dawkins hast Du natürlich hinreichend Kenntnisse, um auf Nachfragen zu präzisieren. Aber genau wie bei Dawkins, bei dem, wenn man die Formulierungen 'herunterbricht', oft recht wenig übrig bleibt, ist das mit der Ontologie, die Du vertrittst. Du kannst zwar, wie ich schon immer schrieb, einen rationalen Diskurs einfordern, wenn ein Theist etwas behauptet, und er wird mit einiger Sicherheit scheitern. Exakt dasselbe würde ich als Agnostiker mit diesem Theisten natürlich auch machen.

Aber ich gehe halt einen Schritt weiter und wage zu sagen, dass auch der Naturalist in Grenzbereiche kommt, in denen er keine aufzeigbar gültigen Antworten mehr hat. Dann kann er zwar die Frage als sinnlos abweisen, und hat damit im täglichen Leben vermutlich keinerlei Probleme, aber eine Antwort ist das nicht. Und das macht mich agnostisch, also dass ich nicht etwas behaupte (ohne jedesmal explizit zu sagen, dass ich das nur hypothetisch vertrete), sondern gleich explizit mache, dass ich das eben nicht beweisen kann, denn es könnte auch anders sein.

ostfriese hat geschrieben:Dass Biologen mit einer speziell auf die Physik gemünzten Wissenschaftstheorie ggf. wenig anfangen können, mag ein berechtigter Einwand sein.

Das ist kein Einwand gegen diese Form der Wissenschaftstheorie, nur ein Einwand, falls mit dieser Wissenschaftstheorie in der Biologie gearbeitet werden soll. Das ist nicht trivial. Mayr hat das mal am Beispiel des Populationsdenken Pauli (dem, nach dem das 'Pauli-Prinzip' benannt ist) klar zu machen versucht, und ist gescheitert. Angeblich kamen sie sich etwas näher, als Mayr Pauli bat, sich ein 'individuales Gas' vorzustellen. Das trifft es meiner Meinung nach sehr gut, wenn auch der wesentlichste Aspekt der (Evolutions)Biologie noch fehlt: die Entwicklung in der Zeit. Die kommt natürlich auch in der Physik vor, spielt dort aber nicht die zentrale Rolle.

ostfriese hat geschrieben:Aber ebenso berechtigt ist dann mein Hinweis, dass es den meisten Physikern ziemlich weit am Allerwertesten vorbei geht, ob sich Kreationisten einbilden, durch Widerlegung der Evolutionstheorie am Naturalismus (speziell seiner Ontologie) rütteln zu können. Hier haben Physiker schon noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

Jein. Sie müssten beweisen können, dass die Welt 'geschlossen' gegenüber Eingriffen eines Designers ist. Das setzt voraus, dass wir das 'Sein des Seienden erfassen können. Ich sehe zwar überall virtuose Zirkel und funktionierende Technik auf der Basis der Voraussetzung dieser Gesetzmäßigkeiten, aber das ist 'Passen' und ich weiß nicht, ob das schon 'Stimmen' ist.

Wenn ich daher mit einem Evolutionsgegner auf einer agnostischen (skeptischen) Basis argumentiere, heißt das noch lange nicht, dass ich dem irgendwelchen Raum gebe, den Du ihm nicht geben würdest. Denn eine Position, die man bei kritischer Rückfrage nicht halten kann, nutzt einem wenig. Ich fordere selbstverständlich auch von einem Theisten ein, dass er rational argumentiert. Dazu brauche ich aber weder eine 'geschlossene' Ontologie noch einen negativen Gottesbeweis.

Zurzeit besteht in der Evolutionsbiologie ein Problem: es scheint immer deutlicher zu werden, dass Evolution deutlich mehr ist als es die Selektionstheorie angenommen hat. Dazu muss man sehen, dass diese Menschen den Anspruch erhoben hatten, die gesamte Evolution erklären zu können. Interessanterweise mit ähnlichen Argumenten wie Du sie vertrittst. Nun zeigt sich, dass wir zwar immer mehr über Evolution wissen, aber das passt nicht so recht zur Selektionstheorie. Ich dachte, ich sei selber auf den Gedanken gekommen, habe ihn dann aber bei so vielen Autoren gelesen, dass ich mir nicht mehr sicher bin, dass ich auch unabhängig darauf gekommen bin: mit der Selektionstheorie ist es wie mit der Newton-Mechanik: sie gilt in bestimmten Bereichen, ist aber letztendlich nur ein Spezialfall einer umfassenderen Theorie. Null Juck wirst Du sagen, und Du hast natürlich Recht: keine der beiden Theorien benötigt einen Designer. Aber sieh' das mal 'strategisch': wenn Du eine naturalistische Evolution auf einen Mechanismus gegrüdet hast, der sich als nicht hinreichend mächtig erwiesen hat, fragt Dich Dein Gegner naütrlich, warum Du sicher bist, dass der umfassendere Mechanismus nicht auch in dem Sinn ein Spezialfall ist, dass er in ein Schöpfungshandeln eingebunden ist. Und dann bist Du wieder an dem Punkt, wo nur noch Diskursregeln helfen. Aber die sind dann nicht mehr auf Ergebnisse von Einzelwissenschaften gründbar. Hier ist es dann Hose wie Jacke, ob wir eine TOE haben oder nicht.
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon ostfriese » Do 17. Jan 2008, 19:35

El Schwalmo, danke für die Rückkehr zur Sachlichkeit.

El Schwalmo hat geschrieben:Du gehst in etwa wie Dawkins vor: Du machst eine Aussage, die klar ist, aber leicht angreifbar.

Jede Aussage ist "leicht angreifbar", wenn man sich hinreichend dumm stellt und bezweifelt, was schon aus lebenspraktischen Gründen heutzutage kaum jemand mehr bezweifeln würde. Man kann natürlich immer sagen: "An 'Deine' Diskursregeln halte ich mich nicht, ich unterwerfe mich nicht der Tyrannei der Ratio." Aber einer solch billigen Strategie werde ich nicht auch noch zur Anerkennung verhelfen, indem ich mich durch sie zum Agnostizismus zwingen lasse.

El Schwalmo hat geschrieben:Aber ich gehe halt einen Schritt weiter und wage zu sagen, dass auch der Naturalist in Grenzbereiche kommt, in denen er keine aufzeigbar gültigen Antworten mehr hat.

Das würde ich nun wiederum für eine Trivialität halten. Das Münchhausen-Trilemma ist unausweichlich, letztgültige Antworten gibt es einfach nicht. Wir haben also Anlass zur Skepsis, aber keinen Grund für Agnostizismus.

El Schwalmo hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Aber ebenso berechtigt ist dann mein Hinweis, dass es den meisten Physikern ziemlich weit am Allerwertesten vorbei geht, ob sich Kreationisten einbilden, durch Widerlegung der Evolutionstheorie am Naturalismus (speziell seiner Ontologie) rütteln zu können. Hier haben Physiker schon noch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

Jein. Sie müssten beweisen können, dass die Welt 'geschlossen' gegenüber Eingriffen eines Designers ist. Das setzt voraus, dass wir das 'Sein des Seienden erfassen können. Ich sehe zwar überall virtuose Zirkel und funktionierende Technik auf der Basis der Voraussetzung dieser Gesetzmäßigkeiten, aber das ist 'Passen' und ich weiß nicht, ob das schon 'Stimmen' ist.

Niemand weiß das. Die Geschlossenheit der Welt zu "beweisen" (unmöglich) ist aber -- wie gesagt -- nicht nötig, um die Schöpfungstheorie vorläufig als Idee außerhalb des rationalen Diskurses zu verwerfen.

Eine vollständige Physik könnte übrigens tatsächlich mehr bieten als nur eine Erklärung für die Existenz aller Elementarteilchen und Wechselwirkungen; sie könnte auch ontologische Konzepte (Kosmos, Raum, Zeit, Materie, Existenz, Möglichkeit etc.) klären und sogar errechnen, dass es zu diesem Kosmos keine hinreichend stabile Alternative gibt. In diesem Fall wären zumindest die Wahlmöglichkeiten eines Designers stark eingeschränkt, und man müsste ihm weniger dankbar sein.

El Schwalmo hat geschrieben:warum Du sicher bist, dass der umfassendere Mechanismus nicht auch in dem Sinn ein Spezialfall ist, dass er in ein Schöpfungshandeln eingebunden ist. Und dann bist Du wieder an dem Punkt, wo nur noch Diskursregeln helfen.

Ja, aber die reichen mir eben, um Skeptiker statt Agnostiker zu sein. Denn diese Regeln sind eingebunden in jenen pragmatischen, virtuosen, methodologisch-ontologischen Zirkel, und es gibt wohl niemanden, der ihnen nicht von Zeit zu Zeit gehorcht, wenn er andere Menschen von etwas überzeugen will.

Vielleicht haben Physiker und Biologen hinsichtlich ihrer Modelle getrennte Stützungszirkel, und vielleicht sind die Unsicherheiten in der Evolutionsbiologie groß genug, um Agnostizismus angebracht erscheinen zu lassen. Die Unsicherheiten der Physik bewegen sich in Größenordnungen, die den "god of the gaps" a priori zum Wirkungszwerg machten. Oder zum unergründlichen Zündfunken des Urknalls, zur indiskutablen causa sui.

Ich denke, wir haben unsere Argumente erschöpfend ausgetauscht und die Denkweise des jeweils anderen durchdrungen. Wir sollten uns weder gegenseitig noch die Mitlesenden (falls es noch welche gibt^^) ermüden.

Atheist grüßt Agnostiker
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon stine » Do 17. Jan 2008, 20:29

ostfriese hat geschrieben:Atheist grüßt Agnostiker

Das ist sehr christlich :mg: !
LG stine
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon gerhard » Do 17. Jan 2008, 21:47

ostfriese hat geschrieben:Niemand weiß das. Die Geschlossenheit der Welt zu "beweisen" (unmöglich) ist aber -- wie gesagt -- nicht nötig, um die Schöpfungstheorie vorläufig als Idee außerhalb des rationalen Diskurses zu verwerfen.


Als ein über den Grund das Schließens auf Schöfpungswirklichkeit zur Zeitenwende aufgeklärter Christ kann ich die ganz Diskussion nicht begreifen.

Ein völlig geschlossenes Weltbild hatte sicher auch die antike Philosophie, z.B. die Logoslehre der Stoa nicht zu bieten. Wenn aber in den antiken Bildungsmetropolen nachweislich Denker die als kausal gesehenen kosmischen Konsten bzw. philosophisch erkannten natürlichen Prinzipen als offenbarenden Gottessohn sahen, so Schöpfungswirklichkeit neu vergegenwärtigt wurde, warum müssen wir dann heute außerhalb des natürlichen Denkens, eines weitgehend geschlossenen Weltbildes nach Schöpfung fragen?

Warum muss das, was damals "Christen" machte, uns heute zu Skepikern, Atheisten oder zumindest Agnostiker werden lassen, die dann nur hochintelligente Diskussionen führen, ohne zu einem Schluss zu kommen?
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon Klaus » Do 17. Jan 2008, 22:46

Gerhard, schreib noch weiter, du machst mich zum völligen Atheisten
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon gerhard » Do 17. Jan 2008, 22:59

@klaus, wenn ich z.B. beim Begriff des "Gottessohnes" an das denken würde, was mir als Kind beigebracht wurde und ich "glaubte", würde es mir ähnlich gehen.

Heute weiß ich, dass in ernsthafter antiker Aufklärung über etwas ganz anderes nachgedacht und gestritten wurde, als das, was ich kindlich wie eine Art christlichen Gottesersatz nachbete.
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon ostfriese » Fr 18. Jan 2008, 16:54

gerhard hat geschrieben:warum müssen wir dann heute außerhalb des natürlichen Denkens, eines weitgehend geschlossenen Weltbildes nach Schöpfung fragen?

Wir müssen nicht nach Schöpfung fragen. Wir können nach plausiblen, kritisierbaren, intersubjektiv verständlichen Erklärungen fragen für das, was wir als "Realität" vorfinden (genauer: vorzufinden glauben). Und es gibt eben Menschen wie mich, die halten "Schöpfung" in Bezug auf die (hypothetisch reale) Natur weder für eine plausible noch für eine kritisierbare noch für eine verständliche Idee. Mich interessiert der Schöpfungsgedanke überhaupt nicht, ich halte ihn jenseits von Kultur für vollkommen obsolet.

gerhard hat geschrieben:Warum muss das, was damals "Christen" machte, uns heute zu Skepikern, Atheisten oder zumindest Agnostiker werden lassen ... ?

Warum muss die Tatsache, dass Cäsars Mutter den Eiffelturm abreißen ließ, heute dazu führen, dass sie den Reichstag verpackt?
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon gerhard » Sa 19. Jan 2008, 08:09

ostfriese hat geschrieben:Wir können nach plausiblen, kritisierbaren, intersubjektiv verständlichen Erklärungen fragen für das, was wir als "Realität" vorfinden (genauer: vorzufinden glauben). Und es gibt eben Menschen wie mich, die halten "Schöpfung" in Bezug auf die (hypothetisch reale) Natur weder für eine plausible


Erst wenn wir von einem neuen Anfang ausgehen, lässt sich vernünftig auf Schöpfung schließen.

@ostfriese, solange man mir hier nur unterstellt, ich würde bei meinem Bezug auf einen ganz ungewohnten Ursprung von so etwas wie persönlichen Glaubensvisionen reden, von Cäsars Mutter beim Verpacken des Reichstages... kann nie über die Wende zur naturalistischen Vorstellung von "Schöpfung" und somit ein einheitliches Glaubens- und Weltbild nachgedacht werden.

Eine Wende, bei der im ernsthaften (nicht Buchstabenfundamentalistischen oder doch evtl. ID) Biologieunterricht ganz selbstverständlich über den Werkzeugkasten eines "offenbarenden" Schöpfungswerkes gesprochen wird und der Lehrer dann im Ethik- oder Sozialkundeunterricht mit seinen Schülern darüber "nachdenkt", wie jeder Einzelne als Teil des kreativen Ganzen auf menschliche Weise zum Gelingen beitragen kann, damit einer frei zu verstehenden ganz natürlich-schöpferischen Bestimmung nachkommt, bleibt so eine Illusion.

Meine Aussagen über den (im heutigen Sinne) ganz natürlichen/logischen Anfang des christlichen Glaubes, einer Reform vom Mythos/leeren Dogmen... zur griechisch philosophisch durchdachten Logik und somit der damals glaubensaufklärenden Vergegenwärtigung von Schöpfung in einem kausalen Weltbild (als Auferstehung), sind sicher nicht einfach zu akzeptieren, sondern sollen nur ein Denkanstoß sein, selbst nachzusehen.

Denn ohne einen neuen Anfang, wie er sich m.E. aufgrund dessen aufzwingt, was sich auf dem Tisch der Geschichtsforschung und kritischen Theologie ausbreitet, ist kein aufgeklärtes gesamtheitiches Glaubens- und Weltbild möglich, bleibt jede Frage nach Schöpfung und somit höherem Sinn eine Suche nach etwas jenseits der erkannten Realität, plausibler, kritisierbarer Erklärungen... (Schnee von Gestern, untauglich für die Welt von heute. Da sind wir uns einig.)

Der "Christ", nachdem was ich am Anfang sehe, sucht keinen geheimnisvoll sprechenden Gott, Schöpfer, ID, mehr, sondern begeistert sich aufgrund dessen, was er in der gesamten Evolutionslehre/Naturlehre (incl. ihrer astronomischen Ausmaße und wunderbaren Mikrofunktion)sieht, für dessen gegenwärtiges, mündig zu verstehendes Wort (schon wieder ungewohnt, damit absurd, weil...) und versucht es "daher" frei und aufgeklärt zu befolgen.

Doch so die wie geisterhaft-geheimnisvolle Denkweise gegen die Aufklärung des wissenschaftlichen Weltbildes sprach und in Amerika neu spricht,
(was hier ständig Thema ist, selbst wenn hochintelligent über die agnostizistische Hintertür für ID nachgedacht wird)
scheint sie nun auch gegen die Aufklärung der Geistesgeschichte zu sprechen.

Wenn der Klerus nicht darüber nachdenken kann, dass am Anfang Natur und kausales Denken war, dann ist das eigentlich logisch. Wer dies über Jahrhunderte verteufelte und seinen Glaube seit Kindheit auf groooße Geheimnisse, Buchstaben, Gestalten gründet, der kann nicht einfach auf die Seite wechseln, auf der Brights in ihrem naturalistischen Denken (das dann nicht mehr automatisch ein Aus-schluss ist) heute stehen.

Ich hoffe weiter auf kritische, naturalistische Denkern, die nicht alles Vorgesetzte nachbeten, so auch zu einem Wechsel der Perspetive im Nachdenken über das Alte bereit sind, um die Auflärung wirklich weiterzuführen: auch in das, was wir mit bisher mit Glaube bezeichneten.
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon ostfriese » Sa 19. Jan 2008, 13:44

gerhard, wenn Du meinst, dass Aufklärung ohne den von Dir postulierten Anfang im frühchristlichen Denken und ohne einen Neunanfang im heutigen Denken nicht auskommt, dann wirst Du diese Art der Aufklärung ohne uns betreiben müssen. Vielleicht hast Du damit bei gläubigen Christen mehr Erfolg als wir. In dem Fall wäre es geradezu unverantwortlich, weiter Zeit im Brights-Forum zu vertändeln. Erzähl es den Religiösen und versöhne sie mit den Naturwissenschaften. Ich wünsche Dir viel Erfolg!
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon gerhard » Mo 28. Jan 2008, 06:26

Wenn es vor 2000 Jahren nicht um einen kirchlich vergotteten Wanderguru, sondern die kreative Vernunft in menschlicher Person ging, dann ist die Aufklärung seine Auferstehung.


Wer wissen will, was vor 2000 Jahren Grund der griechisch-jüdischen Glaubensaufklärung war, hinter der menschlichen Gestalt dessen steht, den alle Welt Jesus nennt, der google einmal unter "Weltvernunft".

Und genau um diese Vernunft, die nichts mit "Übernatürlichkeit" zu tun hat, sondern sich aus der Logik der Welt ableitet, geht es. Die Vernunft, auf der der urchristliche Glaube gründet und aufgeklärter Glaube erneut seine Basis haben muss, sind nicht menschliche Meinungen und Moralvorstellugen, sondern leitet sich aus den Gesetzen ab, die heute in aller Wissenschaft über das natürliche Werden der Welt nachgewiesen werden.

Religiöse Aufklärung, durch die ich den derzeitigen Buchstaben-Fundamentalismus zu überwinden sehe, kann m.E. nicht neue metaphysische Begrifflichkeit einführen, die allenfalls philsophische Abstraktionen bleiben. Jeder kann Skeptiker bleiben. Die Vernunft zwingt nicht, sondern lässt neu verstehen. Sie kann nur auf bekannte Bilder und zeitgemäße Begriffe aufbauen, diese auf einen Nenner bringen. (Auch wenns ungewohnt ist, verrückt erscheint.)
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon El Schwalmo » Mo 28. Jan 2008, 07:17

@ostfriese

Sorry, ich habe Deine Antwort übersehen, sonst hätte ich schon früher geantwortet.

[ ... ]

ostfriese hat geschrieben:Ich denke, wir haben unsere Argumente erschöpfend ausgetauscht und die Denkweise des jeweils anderen durchdrungen. Wir sollten uns weder gegenseitig noch die Mitlesenden (falls es noch welche gibt^^) ermüden.

Atheist grüßt Agnostiker

lassen wir das so stehen :-)
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon JustFrank » Mo 28. Jan 2008, 13:50

El Schwalmo hat geschrieben:lassen wir das so stehen :-)


Ja, ich denken schon, dass wir das so stehen lassen.

Denn ich verstehe diese ganze Diskussion nicht. Allein der Titel ist schon so widersinnig, dass an sich gar keine Auseinandersetzung darüber nötig ist.

Es gibt keine aufgeklärte Religion. Es gibt ja auch keine grünäugigen Seelenfresser.

Hier sollte wieder mal die Akzeptanz für etwas Übernatürliches geschaffen werden. Hat bei den Brights wohl kaum etwas verloren.
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Re: Aufgeklärte Religion

Beitragvon Peter Janotta » Mo 28. Jan 2008, 13:56

Hat bei den Brights wohl kaum etwas verloren.


Sehe ich auch so. Deshalb wird das Thema geschlossen. Nach den neuen Forenregeln sind Missionierungsposts verboten und das ganze Thema scheint mir doch auf dieser Motivation zu gründen.
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