folgsam hat geschrieben:FF, wir werden wohl in diesem Leben keine Einigung finden können.
Man muss sich ja nicht unbedingt einigen. Vielleicht kann man aus einer Debatte auch was lernen, ohne den Standpunkt der Diskussionspartner zu übernehmen. Ich habe schon ziemlich viel gelernt, glaube ich, auch wenn ich gestehe, dass sich die Diskus zur Zeit mehr und mehr im Kreise dreht.
folgsam hat geschrieben: Du wirfst uns vor deine Erfahrungsvoraussetzungen nicht zu verstehen bzw. nicht ernst zu nehmen
Nur letzteres ist der Vorwurf. Ich werfe niemandem vor, sich nicht auf bestimmte Erfahrungsvoraussetzungen mit Haut und Haaren einzulassen, sondern im Gegenteil:
Ihr tut das, indem Ihr (auch aus rationaler Sicht: fälschlicherweise) behauptet, dass naturwissenschaftliche Erfahrung der einzig verlässliche Weg zur Erkenntnis der (objektiven) Wahrheit sei.
Ich dagegen verlange nicht von Euch, dass Ihr Euch zu irgendeiner mythisch-religiösen Haltung "bekehrt", sondern drücke lediglich mein Befremden darüber aus, dass ihr eine solche Haltung diskreditiert und inkriminiert, obwohl Eure Ontologie (und damit Euer Wahrheitsbezug) genauso kontingent ist wie religiöse, weisheitliche und andere Erfahrungssysteme auch.
Gerade
weil Ihr Euch auf die Vernunft beruft, wirkt das auf einen "Eindringling" wie mich bizarr, irrational, ignorant und/oder chauvinistisch.
Ich komme ganz gut mit El Schwalmos Standpunkt hin. Er hat die Kontingenz wissenschaftlicher Erfahrung festgestellt und - wie mir scheint, als einziger hier - konsequent weitergedacht. Anders als ich nimmt er einen agnostischen, konstruktivistischen Standpunkt ein und pfeift sozusagen auf die objektive Wahrheit, die wir ja doch nicht finden werden. Sein Skeptizismus scheint ihn auch davon abzuhalten, mythisch-religiöse Erfahrungssysteme in Bausch und Bogen zu verdammen, was ihn allerdings nicht hindert, bestimmte
Aspekte der Religion anzugreifen.
Auch damit komme ich zurecht: Dass zB die meisten von Dawkins im "Gotteswahn" geschilderten Extremfälle ganz unerträglich und schädigend für die Menschen sind, finde ich auch. Aber das liegt an wahnhaften, feindbildverseuchten, ideologisierten Denkstrukturen, die in
allen Weltanschauungen auftreten (auch bei Dawkins selbst), und nicht am Erfahrungssystem "Religion".
Qubit scheint zwar das mit der Prämissenabhängigkeit aller rationaler Erkenntnis anzuerkennen, aber dann zaubert er sich mit Hilfe einer letztlich zirkulären Denkfigur die objektive Wahrheit in seinen Rationalismus hinein, so dass ihm das gelingt, was selbst der Papst nicht schafft: Sich an die unmittelbare Wahrheit heranzuschwurbeln.
Myron verteidigt etwas, was auch ich gerne gegen El Schwalmo verteidigen mag: Die Bedeutung und Wichtigkeit der objektiven Wirklichkeit und den Willen, die Wahrheit zu finden. Aber letztlich diktiert ihm sein Glaube, was er doch erst herausfinden will: Dass nämlich die Wahrheit physikalischer Natur sei. Myrons Erklärungen sind faszinierend einleuchtend und griffig - aber, wie sich bei genauerer Betrachtung herausstellt:
Zu einfach. Bei genauerer Betrachtung zerfließen angeblich gesicherte Erkenntnisse und überall tun sich Risse auf zwischen den verschiedenen Erfahrungssystemen (zB auch zwischen sinnlicher Alltags- und wissenschaftlicher Erfahrung), welche sich weder überbrücken noch miteinander vergleichen lassen.
Emporda mag nichts von philosphischen Wissenschaftsgrundlgen hören; das ist ihm Quacksalberei. In diesem Fall kann ich nicht helfen.
Und was Dich betrifft, komme ich nicht ganz mit, weil da anscheinend ganz extreme Schwankungen bestehen zwischen annähernder Übereinstimmung im Hinblick auf die Kontingenz wissenschaftlicher Erkenntnis und völlig unrealistischen und illusionären Hoffnungen auf Entdeckungen, welche schon dem Wesen von Wissenschaft widersprechen. Da werd ich echt nicht schlau draus.
Insgesamt scheint mir, dass bei den meisten Diskussionsteilnehmern die eigene Position mehr auf Wunschdenken als auf einer reflektierten Basis beruht, und genau deshalb bin ich immer wieder hartnäckig geblieben, weil ich dachte, dass sich dies für Vertreter vernünftigen Denkens nicht ziemt.
Aber nun werde ich wirklich eine Pause einlegen.
Ich wollte schon die ganze Zeit über dem Mr. Dawkins ein kleines Feedback auf seinen 'Gotteswahn geben. Das braucht Muße und Zeit.
Bis demnächst,
FF