stine hat geschrieben:Das Andere ist, dass ich nicht ein tieferes Glauben leugnen muß, um mit verstaubten Traditionen zu brechen. Möchte jemand also nur "religionslos" im traditionellen Sinn sein oder ist er wirklich Atheist? Und zwar aus tiefster Überzeugung?
Nun, das sind zwei verschiedene Dinge. Was Du mit "religionslos im traditionellen Sinn" zu meinen scheinst, würde ich eher als konfessionslos bezeichnen. Wenn ich mich aus den etablierten Glaubensgemeinschaften verabschiede und mich auch keiner anderen anschließe, dann bin ich konfessionslos. Aber solange ich mich nicht von der Vorstellung von etwas "Göttlichem" oder gar Gott gelöst habe, bin ich kein Atheist.
Da ich den Glauben an etwas Göttliches mit dem Begriff "religiös" verbinde, kann ich einen Menschen, der sich aus der Kirche löst, noch nicht allein deshalb als religionslos bezeichnen. Er muß sich auch von der Vorstellung eines Gottes lösen.
Wer also, um mit Deinen Worten zu sprechen, mit verstaubten Traditionen bricht, aber auf einem tieferen Glauben beharrt, der ist nicht religionslos, sondern konfessionslos. Er gehört vielleicht keiner Glaubensgemeinschaft an, aber er
glaubt. Religionslos ist er, wenn er gottlos ist - also Atheist.
Was im Einzellfall zutrifft, muß der Betroffene schon selber wissen. Manch einen führt die Kritik an seiner Kirche zu einer Kritik der Religion an sich. Den Nächsten führt es nur in eine andere Glaubensgemeinschaft oder er bleibt eben "freischwebend" religiös.
Einstein wurde zwar manchmal von einem "quasireligiösen" Gefühl heimgesucht, dabei handelt es sich aber um ein überwältigendes Staunen angesichts der Komplexität der Natur. Er war trotzdem zweifelsfrei religions- und gottlos.
Grüße, Jakob