Die "schöne Seele"

Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon Thomas Reiss » Sa 14. Feb 2009, 01:34

Bei diesem Thema geht es immer wieder um Moral und die Sündenvergebung. Ausserdem um das "Gewissen" und um den "Wohlfühlfaktor Religion".
Eigentlich sollten sich viele Atheisten wie ich, sich in moralischen Dingen besser fühlen als Theisten, da sie nicht über das Instrument "Vergebung" verfügen,
und die "Sünde", die von ihnen differenzierter betrachtet wird. Beispielsweise wird die Leugnung Gottes in vielen Religionen als schwerwiegender betrachtet, als etwa "Diebstahl" . Man braucht auch nicht die Inquisition und die Bereitschaft zu Kriegen (in der heutigen Zeit) bemühen, um zu sehen, dass religiöse Überzeugungen die Welt nicht unbedingt zum Besseren führen - im Gegenteil.
Warum aber die Atheisten nicht die besseren Ethiker sind liegt wohl daran, dass alle moralischen Begriffe , darunter auch verzichtbare wie Sünde und Vergebung, von den Religionsgemeinschaften vereinnahmt wurden, und viele Naturwissenschaftler die Philosophie als "pseudoreligiöses Geschwätz" abtuen.
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon Myron » Sa 14. Feb 2009, 02:56

"Schöne Seele nennt SCHILLER den Sittlichkeit und Sinnlichkeit harmonisch-einheitlich verbindenden, abgeklärten Charakter. »Eine schöne Seele nennt man es, wenn sich das sittliche Gefühl aller Empfindungen des Menschen endlich bis zu dem Charakter versichert hat, daß es dem Affekt die Leitung des Willens ohne Scheu überlassen darf und nie Gefahr läuft mit den Entscheidungen desselben im Widerspruch zu stehen. Daher sind bei einer schönen Seele die einzelnen Handlungen eigentlich nicht sittlich, sondern der ganze Charakter ist es.« In ihr harmonieren Sinnlichkeit und Vernunft, Pflicht und Neigung."
(http://www.textlog.de/5076.html)
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Sa 14. Feb 2009, 10:10

Genau.
Und wie kommt mensch jetzt dahin?
Oder soll er das gar nicht?
Oder ist das Paradies gar megalangweilig? :/

LG stine
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon ganimed » Mo 16. Feb 2009, 21:01

Ich finde Schillers Definition auch sehr schön.

Im Grunde ist das auch der Punkt, wenn meine Frau mich ermahnt, dass ich mich zusammen reißen soll, dass ich mal erwachsen werden soll, dass man nicht alles tun kann was man will und man jede Menge Dinge tun muss, die man nicht will.
Ich sagte bisher immer nur, dass ich dazu aber nun einmal ums Verrecken keine Luste hätte.
Ab heute könnte ich vermutlich auch antworten: "und was soll dann aus meiner schönen Seele werden? Soll ich mich verbiegen in Pflicht und Sitte?"
Nur leider wird meine Frau weiterhin ungerührt sagen: "genau das sollst du." :^^:
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon stine » Di 17. Feb 2009, 07:42

ganimed hat geschrieben:Soll ich mich verbiegen in Pflicht und Sitte?"
Das ist aber genau der Knackpunkt: Wer eine "schöne Seele" sein eigen nennt, muß sich nicht verbiegen, um so zu sein. Er IST das, durchunddurch!! :mg:
Es wäre also eine Gesellschaft gefragt, in der solches Verhalten selbstverständlich wäre. Wenn mein Nachbar mir nichts neidet, muß ich ihm auch nichts neiden. Wenn mein Nachbar mir behilflich ist, helfe ich ihm auch lieber und umgekehrt. Also einfach jeder zu jedem freundlich und achtsam.
Ich befürchte nur, dass das eine Traumwelt ist.

Wäre noch herauszufinden, warum es uns Menschen so schwerfällt, immer gut zu sein. Warum bedeutet das überhaupt ein "Verbiegen"? Wo doch der Vorteil einer friedlichen Welt auf der Hand liegt und gerade Humanisten immer behaupten, das soziale Wesen wäre dem Menschen angeboren?

LG stine
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Re: Die "schöne Seele"

Beitragvon BglBttr » Di 17. Feb 2009, 23:18

Schiller in Ehren, aber seine "schöne Seele" harmonisiert Gegensätze, die ich in meinem Leben nur mit Mühe konzertieren kann. Mir sind Altruismus und Egoismus angeboren. Bis zum Ende meiner Tage werde ich mich nicht einfach gehen lassen können und trotzdem immer mit Fehlentscheidungen (meinerseits) diesbezüglich rechnen müssen. Alles, was ich "Ich" nenne, befasst sich mit dieser Problematik. Diese Einsicht bewirkte gerade meine Abkehr von religiösen Patent-Lösungen und Paradiesen. Solche Zustände und Orte sind tatsächlich "megalangweilig". Zehn Jahre Glückseligkeit und vollkommene Güte, hundert, wer könnte das ertragen ohne sich Alzheimer zu wünschen? Ebenso mit gleichen Zeiträumen an Ingrimm und Bosheit.

Ich bin fähig und willens mich so oft zu ver- und entbiegen wie nötig, und wenns' nicht mehr geht, hörts' von alleine auf. Auch wenn es beizeiten schwer fällt, ich bin Säugetier und werde der Evolution keine Schande machen.

Luther war ja ein derbes Geisterschiff, aber von Träumen halte ich soviel wie er.
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