mal zur Frage: Eine sehr gute Freundin von mir ist tatsächlich Studentin der evangelischen Theologie.
Überzeugt davon, dass es einen Gott gibt, und dann auch noch den christlichen, ist sie aber durchaus nicht immer. Natürlich nicht.
Ein paar Seminare / Vorlesungen aus dem Fachbereich Theologie habe ich auch selbst vor einigen interessehalber als Gasthörerin besucht. Aber keine Sorge - ich war damals dort willkommen, auch mit meinen kritischen Fragen - aber ganz sicher keine gläubige Christin...
Man muss zuerst davon ausgehen, dass der typische Zielberuf Theologiestudenten "Pfarrer" oder "Seelsorger" ist.
Dementsprechend wird die Frage "Gibt es einen christlichen Gott?" gar nicht gestellt und erst recht nicht beantwortet. Bereits seit dem Mittelalter hat man die Suche nach dem Gottesbeweis aufgegeben!
Tatsächlich gehen die Theologen immer bei allem was sie tun von der Hypothese aus: "Es gibt ein christliches Gott-Etwas, dass sich in der Bibel und in Jesus Christus offenbart hat." Allerdings darf und sollte man sich durchaus immer bewusst sein, dass dies eine Hypothese und nicht "die absolute Wahrheit" ist - jedenfalls in der hiesigen evangelischen Theologie.
Am Anfang beschäftigen sich Theologiestudenten zunächst erstmal mit den alten Sprachen: Häbräisch, griechisch, Latain, (aramäisch?). Dann mit dem geschichtlichen Umfeld und den Umständen unter denen die einzelnen Texte der Bibel vermutlich entstanden sind.
Natürlich lernen sie auch Kirchengeschichte und weshalb welche Dinge in welchen Zeitaltern geglaubt, gelehrt und getan wurden. Kultureller und geschichtlicher Hintergrund ist also extrem wichtig.
Philosophie und Religionsphilosophie als Hintergrundwissen bekommen sie auch vermittelt.
In "Exigese" geht es darum, verschiedenste Auslegungen der Bibel unter verschiedenesten Gesichtspunkten (z.B. feministischen, historischen, philosophischen, usw. ) kennenzulernen und selbst zu schreiben.
Dogmatik und systematische Theologie:
Weiss ich am ungenauesten, was das ist.
Dogmas sind aber die Grundvoraussetzungen, auf denen die jeweilige Konfession fusst. Bei Lutheranern also nach meinem Wissen das Augsburger Bekenntnis und der Luthersche Katechismus. "Solar fide", "sola gratia", "solus christus" und "solar scriptura" sind die einzigen "Dogmen" des lutheranischen Glaubens. Aber darauf bauen sich natürlich viele unterschiedliche Auslegungen und Schulen des lutheranischen Glaubens auf...
Praktische Theologie:
Vielleicht der wichtigste Punkt für angehende Pfarrer und Seelsorger: Wie leitet und organisiert man eine Gemeinde?
Was für möglichkeiten der Gottesdienstgestaltung gibt es? Welche Möglichkeiten gibt es nicht?
Wann verwendet man am besten welche Liturgie?
Wie sieht gute Seelsorge aus? Im Altenheim, im Gefängnis, für Trauernde? Bei Partnerschaftsproblemen?
Was macht gute Schwangerenkonfliktberatung aus? Oder Aufklärung für Jugendliche (falls man später nicht als Pfarrer, sondern bei der Carritas eher als Sozialarbeiter und Streetworker arbeitet)?
Welchen Angebote kann man machen und wie gestalten, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen (z.B. Gemeindeabende in der Kneipe, Gemeindefreizeiten, Themenabende, Glaubensgrundkurse)
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen am besten?
Ethik und Morallehre:
Versteht sich von selbst - denke ich. Wobei es hier natürlich nicht nur das ethik-Konzept der jeweiligen Kirche aufgedrückt wird. Sondern ganz normal verschiedenste Ethiken - egal woher sie stammen - untersucht werden. Jedenfalls bei den Protestanten nicht.
Konfessionslehre und Ökomene:
versteht sich auch von selbst. Ich denke, dass das bei den Protestanten auch Verständigung mit den anderen Monotheistischen Religionen (Juden, Moslems) gleichen Ursprungs dazu gehören könnte.
Ob ich jetzt das wesentlichste alles erwischt habe, weiss ich nicht...
Myron hat geschrieben:Außerdem sollte die praktische Ausbildung von Pfarrern von den Kirchen selbst finanziert werden.
Ich glaube, das ist bereits jetzt so, dass die Kirchen das Theologie-Studium bezahlen. Jedenfalls erzählte meine Freundin mir, dass sie später nur bei der evangelischen Kirche hessen-Nassau arbeiten darf - weil sie jetzt eben an der evangelischen Kirche Hessen-Nassaus studiert.