Theologiestudium

Re: Theologiestudium

Beitragvon platon » So 12. Apr 2009, 18:12

Julia hat geschrieben:Es gibt auch Leute, die etwas glauben, obwohl sie es eigentlich besser wissen (sollten).


Richtig, das sind etwa 5 Mrd. Menschen auf diesem Planeten, die an einen oder mehrere Götter glauben - obwohl sie es besser wissen sollten.

Nicht die Hoffnung, die Dummheit stirbt zuletzt!
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Re: Theologiestudium

Beitragvon smalonius » Mo 13. Apr 2009, 19:42

platon hat geschrieben:Im Glauben ist die Wahrheit absolut, ewig und unumstößlich,...
Laß das bloß Joseph Smith nicht hören... oder die Leute vom Konzil zu Nicäa.
... in der Wissenschaft ist die Wahrheit mit der Falsifizierung der Aussage, auf der sie basiert, Geschichte.
Wissenschaftler haben damit aber auch kein Problem.
Tja, deshalb gibt es auch nur eine Wissenschaft, aber viele Theologien. ;)

HFRudolph hat geschrieben:Deshalb würde ich die Begrifflichkeit „ich glaube“ aus dem wissenschaftlichen Wortschatz streichen: Wenn man es nämlich im religiösen Sinne deutet, wäre die Aussage im wissenschaftlichen Sinne ohnehin belanglos.
So würde ich das Wittgenstein-Zitat auch lesen.
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Re: Theologiestudium

Beitragvon PW_ » Di 14. Apr 2009, 22:38

mal zur Frage: Eine sehr gute Freundin von mir ist tatsächlich Studentin der evangelischen Theologie.
Überzeugt davon, dass es einen Gott gibt, und dann auch noch den christlichen, ist sie aber durchaus nicht immer. Natürlich nicht. :irre:
Ein paar Seminare / Vorlesungen aus dem Fachbereich Theologie habe ich auch selbst vor einigen interessehalber als Gasthörerin besucht. Aber keine Sorge - ich war damals dort willkommen, auch mit meinen kritischen Fragen - aber ganz sicher keine gläubige Christin...

Man muss zuerst davon ausgehen, dass der typische Zielberuf Theologiestudenten "Pfarrer" oder "Seelsorger" ist.
Dementsprechend wird die Frage "Gibt es einen christlichen Gott?" gar nicht gestellt und erst recht nicht beantwortet. Bereits seit dem Mittelalter hat man die Suche nach dem Gottesbeweis aufgegeben!
Tatsächlich gehen die Theologen immer bei allem was sie tun von der Hypothese aus: "Es gibt ein christliches Gott-Etwas, dass sich in der Bibel und in Jesus Christus offenbart hat." Allerdings darf und sollte man sich durchaus immer bewusst sein, dass dies eine Hypothese und nicht "die absolute Wahrheit" ist - jedenfalls in der hiesigen evangelischen Theologie.

Am Anfang beschäftigen sich Theologiestudenten zunächst erstmal mit den alten Sprachen: Häbräisch, griechisch, Latain, (aramäisch?). Dann mit dem geschichtlichen Umfeld und den Umständen unter denen die einzelnen Texte der Bibel vermutlich entstanden sind.

Natürlich lernen sie auch Kirchengeschichte und weshalb welche Dinge in welchen Zeitaltern geglaubt, gelehrt und getan wurden. Kultureller und geschichtlicher Hintergrund ist also extrem wichtig.

Philosophie und Religionsphilosophie als Hintergrundwissen bekommen sie auch vermittelt.

In "Exigese" geht es darum, verschiedenste Auslegungen der Bibel unter verschiedenesten Gesichtspunkten (z.B. feministischen, historischen, philosophischen, usw. ) kennenzulernen und selbst zu schreiben.

Dogmatik und systematische Theologie:
Weiss ich am ungenauesten, was das ist.
Dogmas sind aber die Grundvoraussetzungen, auf denen die jeweilige Konfession fusst. Bei Lutheranern also nach meinem Wissen das Augsburger Bekenntnis und der Luthersche Katechismus. "Solar fide", "sola gratia", "solus christus" und "solar scriptura" sind die einzigen "Dogmen" des lutheranischen Glaubens. Aber darauf bauen sich natürlich viele unterschiedliche Auslegungen und Schulen des lutheranischen Glaubens auf...

Praktische Theologie:
Vielleicht der wichtigste Punkt für angehende Pfarrer und Seelsorger: Wie leitet und organisiert man eine Gemeinde?
Was für möglichkeiten der Gottesdienstgestaltung gibt es? Welche Möglichkeiten gibt es nicht?
Wann verwendet man am besten welche Liturgie?
Wie sieht gute Seelsorge aus? Im Altenheim, im Gefängnis, für Trauernde? Bei Partnerschaftsproblemen?
Was macht gute Schwangerenkonfliktberatung aus? Oder Aufklärung für Jugendliche (falls man später nicht als Pfarrer, sondern bei der Carritas eher als Sozialarbeiter und Streetworker arbeitet)?
Welchen Angebote kann man machen und wie gestalten, um verschiedene Zielgruppen anzusprechen (z.B. Gemeindeabende in der Kneipe, Gemeindefreizeiten, Themenabende, Glaubensgrundkurse)
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen am besten?

Ethik und Morallehre:
Versteht sich von selbst - denke ich. Wobei es hier natürlich nicht nur das ethik-Konzept der jeweiligen Kirche aufgedrückt wird. Sondern ganz normal verschiedenste Ethiken - egal woher sie stammen - untersucht werden. Jedenfalls bei den Protestanten nicht.

Konfessionslehre und Ökomene:
versteht sich auch von selbst. Ich denke, dass das bei den Protestanten auch Verständigung mit den anderen Monotheistischen Religionen (Juden, Moslems) gleichen Ursprungs dazu gehören könnte.

Ob ich jetzt das wesentlichste alles erwischt habe, weiss ich nicht...

Myron hat geschrieben:Außerdem sollte die praktische Ausbildung von Pfarrern von den Kirchen selbst finanziert werden.

Ich glaube, das ist bereits jetzt so, dass die Kirchen das Theologie-Studium bezahlen. Jedenfalls erzählte meine Freundin mir, dass sie später nur bei der evangelischen Kirche hessen-Nassau arbeiten darf - weil sie jetzt eben an der evangelischen Kirche Hessen-Nassaus studiert.
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Re: Theologiestudium

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 15. Apr 2009, 11:56

PW_ hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Außerdem sollte die praktische Ausbildung von Pfarrern von den Kirchen selbst finanziert werden.

Ich glaube, das ist bereits jetzt so, dass die Kirchen das Theologie-Studium bezahlen. Jedenfalls erzählte meine Freundin mir, dass sie später nur bei der evangelischen Kirche hessen-Nassau arbeiten darf - weil sie jetzt eben an der evangelischen Kirche Hessen-Nassaus studiert.
Muss rein gar nichts heißen, der Staat zahlt den Kirchen viel in dem er diesen Geld zweckgebunden zuschiebt, die aber ihre eigenen (nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden) Bedingungen daran knüpfen können. Das Geld für konfessionelle Kindergärten und Altenheime kommt meist irgendwie vom Staat und doch wird da eine eigentlich grundgesetzwidrige Konfessionsgebundenheit der Arbeitnehmer meist damit verknüpft.
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Re: Theologiestudium

Beitragvon PW_ » Mi 15. Apr 2009, 12:44

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Muss rein gar nichts heißen, der Staat zahlt den Kirchen viel in dem er diesen Geld zweckgebunden zuschiebt, die aber ihre eigenen (nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehenden) Bedingungen daran knüpfen können. Das Geld für konfessionelle Kindergärten und Altenheime kommt meist irgendwie vom Staat und doch wird da eine eigentlich grundgesetzwidrige Konfessionsgebundenheit der Arbeitnehmer meist damit verknüpft.


Mit den Kindergärten, Altenheimen, Jugendzentren usw. hast du natürlich recht. Die leben alle von den Zuschüssen von Stadt, Land, Bund oder Staat. Und die grössten und häufigsten Träger von soetwas sind die Kirchen.
Ich denke aber nicht, dass man soziale Einrichtungen wie Kindergärten und Altenheime, die jede Stadt verpflichtet ist, vorzuhalten (und wo deshalb wahrscheinlich der Einfachheit und Bequemlichkeit halber am ehesten auf die Kirchen zurückgegriffen wird), mit Universitäten in einen Topf werfen kann.
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Re: Theologiestudium

Beitragvon Julia » Mi 15. Apr 2009, 15:44

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Re: Theologiestudium

Beitragvon PW_ » Mi 15. Apr 2009, 22:53

Danke für den Link! Bin ich doch wieder etwas schlauer geworden!

Besonders spannend finde ich allerdings die Ansichten über Jesus von Herrn Lüdemann. Die werde ich bestimmt in den nächsten Tagen mal in Ruhe lesen.

Evangelisch-Theologisch fundierte Argumente gegen die Auferstehung... ebenso theologische Argumente für die Verfälschung des Glaubens - direkt durch die Jünger Jesu... klingt alles sehr spannend und danach, wie gute Religionskritik für mein Empfinden sein sollte. Danke für den Link!
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