Neurologie: Gespräch mit Gott

Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon apostat » Mi 15. Apr 2009, 13:57

ujmp hat geschrieben:Genau, ich würde dabei aber anerkennen, dass die Vorstellung z.B. von Jesus sich nicht nur aus privaten Vorstellungen des Gläubigen zusammensetzt. Es hat mich immer fasziniert, in welch hohem Maß Christen bei bestimmten Zuschreibungen an ihre Heiligen übereinstimmen. Das liegt zweifellos an der Predigt und an dem gemeinsamen Bezugspunkt Bibel.


Ja, auch hier stimme ich zu. Den jeweiligen Vertretern des himmlischen Personals wird meistens ein spezifisches Charaktermuster zugeschrieben. Je besser ein Gläubiger damit vertraut ist, umso eher wird sein virtueller Gesprächspartner sich vermutlich daran orientieren.

Im übrigen gibt es da ja nicht nur Gott, Jesus und Maria, sondern auch ein ganzes Team von Heiligen für alle Lebenslagen. Vor kurzem habe ich mal gelesen, dass z.B. in Italien die meisten Menschen in erster Linie diese Heiligen anbeten, und dass Gott erst an sechster Stelle (oder so) angebetet wird...
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon ujmp » Mi 15. Apr 2009, 14:09

Ich erinnere mich blass an Jacob Levy Morenos "Psychodrama". Das beruht glaube ich auf solchen Effekten. Auch Identifikationen mit Stars sind m.E. sowas. Die Mädels kippen dann aus den Latschen, wenn sie ihrem Schmuseteddy live begegnen...
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon platon » Mi 15. Apr 2009, 16:45

apostat hat geschrieben:Im übrigen gibt es da ja nicht nur Gott, Jesus und Maria, sondern auch ein ganzes Team von Heiligen für alle Lebenslagen. Vor kurzem habe ich mal gelesen, dass z.B. in Italien die meisten Menschen in erster Linie diese Heiligen anbeten, und dass Gott erst an sechster Stelle (oder so) angebetet wird...


Da muss ich dich als Atheist und ehemaliger Katholik berichtigen: Gott (also der eine, der aus drei Teilen besteht) wird angebetet, die Heiligen incl. die Mutter vom Juniorchef werden um Beistand angefleht. Das sind schon kleine aber feine Unterschiede. Wenn Du wissen willst, worin sie bestehen, frag einen Katholiken.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon pinkwoolf » Mi 15. Apr 2009, 22:44

platon hat geschrieben:Gott (also der eine, der aus drei Teilen besteht) wird angebetet, die Heiligen incl. die Mutter vom Juniorchef werden um Beistand angefleht. Das sind schon kleine aber feine Unterschiede. Wenn Du wissen willst, worin sie bestehen, frag einen Katholiken.

Guter Beitrag.
Schade, dass ich keinen Katholiken kenne, den ich fragen könnte. Hier im Norden redet man nicht so viel über den Glauben. Hier schweigt man überhaupt eher.

Über den Unglauben rede ich nur mit einigen ausgewählten Gesprächspartnern. Will ich mich denn ins soziale Abseits begeben? Und will ich meinen Atem an Leute verschwenden, die sich über diese Fragen keinen einzigen Gedanken machen?
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon apostat » Do 16. Apr 2009, 07:43

platon hat geschrieben:Da muss ich dich als Atheist und ehemaliger Katholik berichtigen: Gott (also der eine, der aus drei Teilen besteht) wird angebetet, die Heiligen incl. die Mutter vom Juniorchef werden um Beistand angefleht. Das sind schon kleine aber feine Unterschiede. Wenn Du wissen willst, worin sie bestehen, frag einen Katholiken.


Danke für den Hinweis. In der Tat war mir dieser Unterschied nicht klar, obwohl ich ein ehemaliger Katholik bin. Naja, ich war noch nie aus vollem Herzen Katholik; kann sein, dass mir da das eine oder andere entgangen ist.

Weißt Du denn auch, wie das dann (aus Sicht der Katholiken) mit dem Beistand funktioniert? Gehen die angeflehten Heiligen dann zu Gott und reichen die Bitten ein? Wieso sollte dieser Weg mehr bringen als ein direktes Gebet zu Gott?
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon platon » Do 16. Apr 2009, 19:57

Aeternitas hat geschrieben: das Gott irgendwie immer nett ist, was bei einer multiplen Persönlichkeitsstörung ja nicht immer der Fall ist..


Da gehst Du jetzt aber von Deiner christlichen Gottesvorstellung aus. Frag mal die Juden. Deren Gott ist eifersüchtig, nachtragend, zornig und gewalttätig.
Soll aber - hab ich mal gelesen - der selbe sein wie eurer und auch der selbe, der seinen Selbstmordattentätern angeblich 72 Jungfrauen zur freien Verfügung stellt. Selbstverständlich erst nachdem sie die Drecksarbeit für ihn gemacht haben.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon platon » Do 16. Apr 2009, 20:11

apostat hat geschrieben:Weißt Du denn auch, wie das dann (aus Sicht der Katholiken) mit dem Beistand funktioniert? Gehen die angeflehten Heiligen dann zu Gott und reichen die Bitten ein? Wieso sollte dieser Weg mehr bringen als ein direktes Gebet zu Gott?


Katholiken denken da ganz praktisch. Stell Dir vor, eineinhalb Milliarden Menschen reden gleichzeitig auf Dich ein - was für ein Stress.
Also hat Gott das Kundengeschäft delegiert - an Mutti und die Heiligen. Und von denen holt er dann täglich jeweils ein paar Millisekunden (geht leider nicht länger, sind nämlich arg viele) feed back ein und läßt die Info dann in seinen unerschöpflichen Ratschluss einfließen.
Offensichtlich sind aber immer noch viel zu wenige Heilige am Rohr (oder es haben welche den Krempel hingeschmissen), egal, auf jeden Fall ist der Filialleiter Erde momentan mal wieder heftig mit der Neuproduktion von Frischfleisch (sprich Heiligen) zugange.
Also, falls Du Interesse hast: Ein paar Erscheinungen, Hexenverbrennungen oder Vertragsabschlüsse mit Nazis oder anderem unappetitlichem Gesindel qualifizieren Dich für den Job.
Beinahe hätt ichs vergessen: Sterben musst Du vorher leider aber auch noch.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon ganimed » Do 16. Apr 2009, 20:20

Mir fallen als weiteres Beispiel fürs "Reden mit Gott" noch die Don Camillo Filme ein.

Dort hält Don Camillo ja regelmäßig Zwiesprache mit der Jesus-Figur am Kreuz in seiner Kirche. Ich habe das eigentlich immer so verstanden, dass dies nicht die Darstellung einer Persönlichkeitsstörung ist, sondern die filmische Aufbereitung, wie ein Geistlicher mit seinem eigenen Gewissen "verhandelt".

Das Abwägen von Alternativen findet bei den meisten vermutlich relativ formlos und still im Kopf statt. Aber auch dort werden sprachliche Argumente gebildet. Ja meistens sogar mit einer inneren Stimme "gesprochen", die man mitunter auch innerlich "hören" kann. (Oder geht es nur mir so? :^^: )
Wenn ein religiöser Mensch diesen Vorgang nun etwas anders ausschmückt und die innere Stimme konkret auf eine Jesusfigur projeziert, oder sich andere einfach nur das Gegenüber als Gott vorstellen, dann ist das, so vermute ich, tatsächlich nicht bedenklich oder krankhaft.

Will sagen: die Religiösen machen nicht total verrückte Sachen, sondern machen die total verrückten Sachen, die alle Menschen machen, nur teilweise ein wenig anders.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon Aeternitas » Do 16. Apr 2009, 20:42

platon hat geschrieben:
Aeternitas hat geschrieben: das Gott irgendwie immer nett ist, was bei einer multiplen Persönlichkeitsstörung ja nicht immer der Fall ist..


Da gehst Du jetzt aber von Deiner christlichen Gottesvorstellung aus. Frag mal die Juden. Deren Gott ist eifersüchtig, nachtragend, zornig und gewalttätig.
Soll aber - hab ich mal gelesen - der selbe sein wie eurer und auch der selbe, der seinen Selbstmordattentätern angeblich 72 Jungfrauen zur freien Verfügung stellt. Selbstverständlich erst nachdem sie die Drecksarbeit für ihn gemacht haben.


Da ich die Bibel und den Koran zu Hause habe ist mir das schon klar, im übrigen ist der Christlich Gott auch erst durch die Aufklärung so weichgespült worden. Allerdings habe ich hier von Gott als dem imaginären Gesprächspartner geredet. Und ich kenne aus heutiger Zeit keine Berichte in denen der angebetete "gute Freund" einem guten Gläubigen irgendwie Böse gesonnen sein, zumindest scheint das nie so wahrgenommen zu werden.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon platon » Do 16. Apr 2009, 20:50

ganimed hat geschrieben: Dort hält Don Camillo ja regelmäßig Zwiesprache mit der Jesus-Figur am Kreuz in seiner Kirche.

Ist doch ein Supergag. Und der Herr antwortet auch noch mit salbungsvoller Stimme. Heutzutage sind Gläubige da etwas vorsichtiger.
Es könnte ja sein, wenn man seiner Umwelt kund tut, dass man auch noch Antworten - laut gesprochen - vom Chef bekommt, dass dann eines Tages die freundlichen Herren mit dem weißen Jäckchen vor der Tür stehen. Und die meinen es nur gut mit einem.

ganimed hat geschrieben: Will sagen: die Religiösen machen nicht total verrückte Sachen, sondern machen die total verrückten Sachen, die alle Menschen machen, nur teilweise ein wenig anders.


Wenn Du meinst, Religiöse machen keine ungewöhnlich verrückten Sachen, dann pilgere mal nach Lourdes oder Fatima.
Dann bist Du kuriert - für den Rest Deines Lebens!. Was nicht heißt, dass man religiös sein muss, um verrückte Sachen machen zu dürfen oder können.
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon stine » Fr 17. Apr 2009, 09:10

ganimed hat geschrieben:Das Abwägen von Alternativen findet bei den meisten vermutlich relativ formlos und still im Kopf statt. Aber auch dort werden sprachliche Argumente gebildet. Ja meistens sogar mit einer inneren Stimme "gesprochen", die man mitunter auch innerlich "hören" kann. (Oder geht es nur mir so? :^^: )
Ich liebe die Don Camillo Filme genau deswegen, weil sie zeigen, dass "Gott" das bessere ICH in einem selbst ist. Als Christ ist man angehalten dieses bessere Selbst zu Wort kommen zu lassen und das funktioniert sicherlich dann am besten, wenn man es "bewusst" zu "Wort" kommen lässt. :^^:

LG stine
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Re: Neurologie: Gespräch mit Gott

Beitragvon Sabrist » Fr 17. Apr 2009, 09:49

Die Don Camillo - Filme sind deshalb so nett, weil sie zwei Moralvertreter zeigen: Don Camillo und Peppone. Beide sind moralische Menschen und beide sind in ihren jeweiligen Dogmen verfangen aus denen beide versuchen, auszubrechen.
Im innersten Herzen sind beide Humanisten und zeigen die Tatsache, dass es gute Menschen gibt, die Gutes tun und böse Menschen die Böses tun.
Don Camillo und Peppone sind beide gut und tun letzten Endes beide Gutes, unabhängig von ihren ideologischen/religiösen Ausgangspositionen.
In den Filmen ist gesunder Menschenverstand und allgemein gültige Ethik und Moral stets den jeweiligen Dogmen überlegen.
So hat Don Camillo mit seinen Kirchenoberen ebenso Probleme wie Peppone mit den Parteibossen. Stets aber zeigt sich die menschliche Weisheit die unabhängig von Dogmen ist (im Film symbolisch durch die witzigen Zwiegespräche Jesus-Don Camillo dargestellt) den Glaubendogmen überlegen.
Insofern sind die Filme humanistisch und keinesfalls religiös.
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