Religiöse "Bildung" in der frühen Kindheit
Verfasst: Fr 22. Mai 2009, 15:24
Zur Bedeutung religiöser Bildung in der frühen Kindheit - Vortrag an der Evangelischen Fachhochschule Bochum
Wolfgang Huber
28. Januar 2009
http://www.ekd.de/vortraege/huber/09012 ... ochum.html
"Von Bildung im eigentlichen Sinne kann in christlicher Sicht nur dann gesprochen werden, wenn es sich um Bildung im religiösen Sinne handelt, also um eine Ausrichtung der gesamten Erziehung am Bilde Gottes, wie es uns in der historischen Gestalt Jesu 'vor Augen gestellt wird'. (...)
Die wichtigsten institutionellen Orte christlicher Elementarbildung sind die kirchlichen Kindertagesstätten. (...) In kirchlichen Kindertagesstätten dagegen finden sich regelmäßig ungetaufte Kinder, Kinder aus anderen Religionen oder auch aus dezidiert säkularen Familien. Das heißt mindestens zweierlei: Erstens bieten sich missionarische Chancen für die christlichen Kindertagesstätten. Indem sie ungetauften Kindern inspirierende Erlebnisse mit dem Bildungsmaterial des christlichen Glaubens ermöglichen, laden sie auf menschenfreundliche und unaufdringliche Weise zum Glauben an Jesus Christus ein."
Darauf einen Schopenhauer:
"Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahre keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein".
(Arthur Schopenhauer, Nachlass: Aphorismen und Fragmente, 14. Über Religion und Theologie. S. 428)
"Nun aber kommt man (unredlicher- und schändlicherweise) mit dem 6. Jahre des Kindes und zeichnet mit dicken unauslöschlichen Zügen die Begriffe der positiven Religion auf jene tabula rasa und verdirbt der Natur für immer ihr schönes weißes Blatt: man richtet den jungen Intellekt ab, gegen seine Natur und Organisation, den monströsen Begriff einer individuellen und persönlichen Weltursache zu denken, ferner absoluten Weltanfang u. dergl. m. Dadurch verbaut man auf immer den freien Horizont seines Geistes, versperrt die ihm gegebene Aussicht in die Unendlichkeit der Wesenwelt, verdeckt das Feld der freien Forschung, und verkrüppelt seine Natur, damit sie zur Assimilation des Falschen tauglich werde."
(Arthur Schopenhauer, Nachlass: Aphorismen und Fragmente, 14. Über Religion und Theologie. S. 429)
"Allein die Religionen wenden sich ja eingeständlich nicht an die Ueberzeugung, mit Gründen, sondern an den Glauben, mit Offenbarungen. Zu diesem letzteren ist nun aber die Fähigkeit am stärksten in der Kindheit: daher ist man, vor Allem, darauf bedacht, sich dieses zarten Alters zu bemächtigen. Hiedurch, viel mehr noch, als durch Drohungen und Berichte von Wundern, schlagen die Glaubenslehren Wurzel. Wenn nämlich dem Menschen, in früher Kindheit, gewisse Grundansichten und Lehren mit ungewohnter Feierlichkeit und mit der Miene des höchsten, bis dahin von ihm noch nie gesehenen Ernstes wiederholt vorgetragen werden, dabei die Möglichkeit des Zweifels daran ganz übergangen, oder aber nur berührt wird, um darauf als den ersten Schritt zum ewigen Verderben hinzudeuten ; da wird der Eindruck so tief ausfallen, daß, in der Regel, d.h. in fast allen Fällen, der Mensch fast so unfähig seyn wird, an jenen Lehren, wie an seiner eigenen Existenz, zu zweifeln ; weshalb dann unter vielen Tausenden kaum Einer die Festigkeit des Geistes besitzen wird, sich ernstlich und aufrichtig zu fragen : ist Das wahr ? passender, als man glaubte, hat man daher Die, welche es dennoch vermögen, starke Geister, esprits forts, benannt. Für die Uebrigen nun aber giebt es nichts so Absurdes, oder Empörendes, daß nicht, wenn auf jenem Wege eingeimpft, der festeste Glaube daran in ihnen Wurzel schlüge.
(...) Das haben sie bloß Dem zu danken, daß die Erziehung in den Händen der Geistlichkeit ist, welche Sorge trägt, ihnen sämmtliche Glaubensartikel in frühester Jugend so einzuprägen, daß es bis zu einer Art partieller Gehirnlähmung geht, die sich dann zeitlebens in jeder blödsinnigen Bigotterie äußert, durch welche sogar übrigens höchst verständige und geistreiche Leute unter ihnen sich degradiren und uns an ihnen ganz irre werden lassen. Wenn wir nun aber erwägen, wie wesentlich es zu dergleichen Meisterstücken ist, daß die Glaubensimpfung im zarten Kindesalter geschehe ; so wird uns das Missionswesen nicht mehr bloß als der Gipfel menschlicher Zudringlichkeit, Arroganz und Impertinenz, sondern auch als absurd erscheinen, (...)."
(Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena II, Kap. XV: Über Religion)
Wolfgang Huber
28. Januar 2009
http://www.ekd.de/vortraege/huber/09012 ... ochum.html
"Von Bildung im eigentlichen Sinne kann in christlicher Sicht nur dann gesprochen werden, wenn es sich um Bildung im religiösen Sinne handelt, also um eine Ausrichtung der gesamten Erziehung am Bilde Gottes, wie es uns in der historischen Gestalt Jesu 'vor Augen gestellt wird'. (...)
Die wichtigsten institutionellen Orte christlicher Elementarbildung sind die kirchlichen Kindertagesstätten. (...) In kirchlichen Kindertagesstätten dagegen finden sich regelmäßig ungetaufte Kinder, Kinder aus anderen Religionen oder auch aus dezidiert säkularen Familien. Das heißt mindestens zweierlei: Erstens bieten sich missionarische Chancen für die christlichen Kindertagesstätten. Indem sie ungetauften Kindern inspirierende Erlebnisse mit dem Bildungsmaterial des christlichen Glaubens ermöglichen, laden sie auf menschenfreundliche und unaufdringliche Weise zum Glauben an Jesus Christus ein."
Darauf einen Schopenhauer:
"Wenn die Welt erst ehrlich genug geworden sein wird, um Kindern vor dem 15. Jahre keinen Religionsunterricht zu erteilen, dann wird etwas von ihr zu hoffen sein".
(Arthur Schopenhauer, Nachlass: Aphorismen und Fragmente, 14. Über Religion und Theologie. S. 428)
"Nun aber kommt man (unredlicher- und schändlicherweise) mit dem 6. Jahre des Kindes und zeichnet mit dicken unauslöschlichen Zügen die Begriffe der positiven Religion auf jene tabula rasa und verdirbt der Natur für immer ihr schönes weißes Blatt: man richtet den jungen Intellekt ab, gegen seine Natur und Organisation, den monströsen Begriff einer individuellen und persönlichen Weltursache zu denken, ferner absoluten Weltanfang u. dergl. m. Dadurch verbaut man auf immer den freien Horizont seines Geistes, versperrt die ihm gegebene Aussicht in die Unendlichkeit der Wesenwelt, verdeckt das Feld der freien Forschung, und verkrüppelt seine Natur, damit sie zur Assimilation des Falschen tauglich werde."
(Arthur Schopenhauer, Nachlass: Aphorismen und Fragmente, 14. Über Religion und Theologie. S. 429)
"Allein die Religionen wenden sich ja eingeständlich nicht an die Ueberzeugung, mit Gründen, sondern an den Glauben, mit Offenbarungen. Zu diesem letzteren ist nun aber die Fähigkeit am stärksten in der Kindheit: daher ist man, vor Allem, darauf bedacht, sich dieses zarten Alters zu bemächtigen. Hiedurch, viel mehr noch, als durch Drohungen und Berichte von Wundern, schlagen die Glaubenslehren Wurzel. Wenn nämlich dem Menschen, in früher Kindheit, gewisse Grundansichten und Lehren mit ungewohnter Feierlichkeit und mit der Miene des höchsten, bis dahin von ihm noch nie gesehenen Ernstes wiederholt vorgetragen werden, dabei die Möglichkeit des Zweifels daran ganz übergangen, oder aber nur berührt wird, um darauf als den ersten Schritt zum ewigen Verderben hinzudeuten ; da wird der Eindruck so tief ausfallen, daß, in der Regel, d.h. in fast allen Fällen, der Mensch fast so unfähig seyn wird, an jenen Lehren, wie an seiner eigenen Existenz, zu zweifeln ; weshalb dann unter vielen Tausenden kaum Einer die Festigkeit des Geistes besitzen wird, sich ernstlich und aufrichtig zu fragen : ist Das wahr ? passender, als man glaubte, hat man daher Die, welche es dennoch vermögen, starke Geister, esprits forts, benannt. Für die Uebrigen nun aber giebt es nichts so Absurdes, oder Empörendes, daß nicht, wenn auf jenem Wege eingeimpft, der festeste Glaube daran in ihnen Wurzel schlüge.
(...) Das haben sie bloß Dem zu danken, daß die Erziehung in den Händen der Geistlichkeit ist, welche Sorge trägt, ihnen sämmtliche Glaubensartikel in frühester Jugend so einzuprägen, daß es bis zu einer Art partieller Gehirnlähmung geht, die sich dann zeitlebens in jeder blödsinnigen Bigotterie äußert, durch welche sogar übrigens höchst verständige und geistreiche Leute unter ihnen sich degradiren und uns an ihnen ganz irre werden lassen. Wenn wir nun aber erwägen, wie wesentlich es zu dergleichen Meisterstücken ist, daß die Glaubensimpfung im zarten Kindesalter geschehe ; so wird uns das Missionswesen nicht mehr bloß als der Gipfel menschlicher Zudringlichkeit, Arroganz und Impertinenz, sondern auch als absurd erscheinen, (...)."
(Arthur Schopenhauer, Parerga und Paralipomena II, Kap. XV: Über Religion)