Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Mi 27. Mai 2009, 00:05

Wer in der heutigen Zeit noch ernsthaft an die reale Existenz eines ewig existierenden Wesens glaubt, das - wie mal ein strenggläubiger Freund meinte - "das Universum ins Dasein geblasen hat", darf sich nicht wundern, wenn er zumindest in dieser Ansicht nicht für voll genommen wird. Es existiert aller Wahrscheinlichkeit nach kein solches Wesen (erkentnistheoretische Aspekte drängen mich zu dieser relativierenden Aussage, denn ich möchte versuchen, angemessene Aussagen über die Realität zu treffen) - insofern - und gerade, weil es sich noch niemals in seiner eigentlichen Gestalt, sondern nach heutigem Wissensstand lediglich und vermeintlich in der eines einzigen Menschen, gezeigt hat - halte ich es für absolute Zeitverschwendung, über die physiklische Existenz GOTTes eine wahrheitsgemäße Aussage treffen zu wollen. Alle Ausssagen sind schlicht diesbezügliche Mutmaßungen - egal, mit welcher Vehemenz sie vertreten werden.

"Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen" - auf diese Weise wird das Hauptwerk Wittgensteins geheimhin auf den Punkt gebracht. Ich halte es in Bezug auf den Allerwertesten, ähm, den Allerheiligsten genauso. Von Bedeutung ist doch im Wesentlichen das, was hier auf unserem Erdball passiert - oder wie man im fußballbegeisterten Ruhrpott zu sagen pflegt: "Entscheidend is´aufm Platz!"

Ich will damit sagen, dass es doch nun wirklich egal ist, ob ein Mensch an die Macht der Liebe oder die des Hasses, sich selbst, deine Mutter, Schalke oder Dortmund, Yin oder Yan, oder einen wie auch immer gearteten Gott glaubt, von dem er sich leiten lässt. Wichtig ist doch in erster Linie, dass er dir keins auf die Fresse schlägt, nur weil er deine Haarfarbe, deinen Knochenbau oder deine Glaubensgrundsätze nicht als gleichwertig akzeptieren möchte. Kritik üben ist das Eine, aber dagegen Jemanden zum Andersdenken zu nötigen, ist eine Kritik nicht dulden wollen, die schon durch die bloße Existenz dieses Anderen ausgelöst wird.

Ich halte, um wieder zum Thema zu kommen, Jesus von Nazareth für einen großen Lehrer des Friedens. Die Theologie, die seine Lehre umrankt dagegen finde ich schlicht zum Kotzen. Wer Jesus zum Christus erhöht möchte sich damit bloß seine eigene Existenz erhöhen, denn die eigene Belanglosigkeit wird durch die Gnade des erhöhten Christus und auch derjenigen Gottes lediglich von trügerischer Bedeutsamkeit abgelöst; wenn man auch sagen muss, dass das nur ein Aspekt der Vergöttlichung Jesu ist.

Es gibt andere große Friedenslehrer - die Lehre Jesu´ ist für mich dennoch etwas Besonderes, wenngleich ich sie nicht überbewerten möchte. Sie ist schlicht gut und mir oft schon hilfreich gewesen. Aber Jesus ist für mich ein normaler, wenn auch sehr kluger Mensch gewesen. Ich setze mich - auch wenn es jetzt anders aussieht - nicht in erhöhtem Maße mit ihm auseinander.

Einen letzten Aspekt, nämlich den des Betreffs, möchte ich noch äußern (ich weiß, ich nehme mich da wichtiger als ich bin - aber solchen Gedanken Raum zu geben, bin ich bisher nicht gewohnt):

Eine Vorstellung von Gott hat jeder Mensch auf diesem Planeten - ein Atheist lehnt ihn ab, ein Hinudist hat quasi seinen persönlichen Gott, ein Christ betet ihn ebenso an wie ein Moslem usw. Gott ist nach meiner Vorstellung ein personifiziertes Transzendenzempfinden, wobei die Transzendez entscheidend ist. Gott ist demnach einfach ein Gefühl - das uns über die wirkliche Existenz eines solchen Wesens keinerlei realitätsgetreue Auskunft gibt. Da wir aber alle im Laufe unseres Lebens die Fähigkeit erhalten, die Perspektive des Gegenüber zu übernehmen (meist wird diese Fähigkeit im Jugendalter zur vollen Reife entfaltet), somit Mit-Empfinden und Toleranz beherrschen sollten, geht es meiner Meinung nach auch und vor allem darum, das Gegenüber mit all seinen Gefühlen, also auch denen des entsprechenden Transzendenzempfindens, ernst und für voll zu nehmen (wohlgemerkt das Gefühl, nicht unbedingt daraus resultierende Vorstellungen über ungesehene Wesen!). Bildgebende Verfahren in der Hirnforschung machen deutlich, dass dieses Empfinden im Hirn -und nicht von außen! - generiert wird. Das Gefühl ist dennoch echt und meistens von hoher Sensibilität und sehr großer Bedeutung.

Bei mir jedoch nicht - denn wenn meine Mudder zu Gott betet, verliert selbst er den Glauben an sich selbst :^^:
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon stine » Mi 27. Mai 2009, 08:05

NorMill65 hat geschrieben:"Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen"
Naja - sollte man über alles schweigen, was noch nicht ausgegoren ist? ich denke Wittgensteins Anliegen war, nicht zur unrechten Zeit am unrechten Ort unqualifizierte Beiträge von sich zu geben, um sich nicht im großen Stil lächerlich zu machen.

NorMill65 hat geschrieben:Ich halte, um wieder zum Thema zu kommen, Jesus von Nazareth für einen großen Lehrer des Friedens.
Und ich glaube, dass Jesus nur die bildhafte Darstellung einer menschlicheren Religion, zu der man unter Christen damals gefunden hat, ist. Ob es ihn je gegeben hat und ob die Geschichten um ihn wahr sind, weiß ich nicht. Das wäre aber kein Grund nicht an die mit seiner Person verbundenen Werte zu glauben. Letztlich ist es doch egal, welcher Geist jemanden zu einem "guten" Menschen macht.

Mit Sorge sehe ich nur, dass die großen Kirchen es nicht schaffen, die christlichen Werte und das direkt damit in Zusammenhang stehende Seelenheil der Menschen dauerhaft zu verkünden. Aufklärung und Toleranz täten Not, um wenigstens den Kern der christlichen Botschaft zu erhalten.

NorMill65 hat geschrieben:...denn wenn meine Mudder zu Gott betet...
Das Gebet verändert nicht die Welt, sondern den Menschen - der Mensch verändert die Welt. So ist zu bedenken, ob ein im Sinne eines guten Gottes Gläubiger die Welt zum Besseren zu verändern in der Lage ist. Dann hätte das Gebet seine Berechtigung.

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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon stine » Mi 27. Mai 2009, 08:12

Übrigens willkommen im Forum, NorMill65!

Hab ich ganz vergessen :mg:

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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Mi 27. Mai 2009, 19:42

stine hat geschrieben:
NorMill65 hat geschrieben:"Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen"
Naja - sollte man über alles schweigen, was noch nicht ausgegoren ist? ich denke Wittgensteins Anliegen war, nicht zur unrechten Zeit am unrechten Ort unqualifizierte Beiträge von sich zu geben, um sich nicht im großen Stil lächerlich zu machen.


Davon sprach ich :^^:

stine hat geschrieben:
NorMill65 hat geschrieben:Ich halte, um wieder zum Thema zu kommen, Jesus von Nazareth für einen großen Lehrer des Friedens.
Und ich glaube, dass Jesus nur die bildhafte Darstellung einer menschlicheren Religion, zu der man unter Christen damals gefunden hat, ist. Ob es ihn je gegeben hat und ob die Geschichten um ihn wahr sind, weiß ich nicht. Das wäre aber kein Grund nicht an die mit seiner Person verbundenen Werte zu glauben. Letztlich ist es doch egal, welcher Geist jemanden zu einem "guten" Menschen macht.


Seine Existenz so wie wesentliche Fakten seines Lebens sind wissenschaftlich gesichert. Man spricht vom "historischen Jesus". So haben ihn z. B. römische Geschichtsschreiber in ihren antiken Berichten erwähnt. Der Forscher Gerd Theissen gilt in diesem Punkt als ausgewiesener Experte (amazon.de könnte näheren Aufschluss geben) innerhalb einer anerkannten, sich streng der Wissenschaft verpflichteten Aufklärung der historischen Figur Jesu.

Was allerdings seine Werte angeht, geb ich dir Recht (wenn ich darf). Seine Tips tragen richtig angewandt zum Frieden bei. Aber es gibt reichlich gute Tips von den verschiedensten Leuten. Ich konzentriere mich wirklich nicht auf ihn speziell.


stine hat geschrieben:Mit Sorge sehe ich nur, dass die großen Kirchen es nicht schaffen, die christlichen Werte und das direkt damit in Zusammenhang stehende Seelenheil der Menschen dauerhaft zu verkünden. Aufklärung und Toleranz täten Not, um wenigstens den Kern der christlichen Botschaft zu erhalten.


Du hast Recht, was die Kirchen angeht. Aber ich finde, sie müssen diese Werte auch nicht dauerhaft verkünden. Ihre seelsorgerische Arbeit in allen Ehren, aber die Kirchen sind mir einfach viel zu extrem. Nach meiner Meinung hat jeder durchschnittlich gebildete und angemessen sozialisierte Mensch der Gegenwart - vor allem hier in Westeuropa - mehr auf dem Kasten, als der gute Jesus seinerzeit, und das nicht nur in Bezug auf moralische Vorstellungen! Warum hängen ihn die Leute so hoch? Warum wird Mohammed so überdimensioniert? Bringt nix, führt nur zu kleinlichem Muskelspiel und Säbelgerassel.

Nee, nee, ich hab kein Bedürfnis, mich irgendeiner Lehre unterzuordnen. Gerade die Tatsache, dass ich mich nicht festlegen muss, verschafft mir ein gutes Gefühl. Meine Vernunft sagt mir, ob ich grad scheiße bau oder gebaut hab, manchmal auch erst mein Umfeld. Um Entschuldigung zu bitten hat mir nicht der "Herr Jesus" beigebracht - und verpflichtet sehe ich mich ihm gegenüber auch nicht, schon eher dem friedlichen Miteinander.

Aber, um das Eingangsposting auch aufrecht erhalten zu können, sage ich ganz klar, dass natürlich jeder nach seiner Facon lebt, weil es ihm so am Besten geht. Insofern achte ich jegliche andere Einstellung, egal, wie weit sie von meiner abweicht...

stine hat geschrieben:
NorMill65 hat geschrieben:...denn wenn meine Mudder zu Gott betet...
Das Gebet verändert nicht die Welt, sondern den Menschen - der Mensch verändert die Welt. So ist zu bedenken, ob ein im Sinne eines guten Gottes Gläubiger die Welt zum Besseren zu verändern in der Lage ist. Dann hätte das Gebet seine Berechtigung.


Sich sammeln macht jeder wie er will, warum also nicht auch "im Sinne eines guten Gottes", wenngleich das Gutsein dieses Gottes immer auch zu relativieren ist. Andere Menschen erfahren das Gutsein auch in anderer Weise. Mir ist dabei klar, dass du das auch selbst weisst. Es haben schon genügend Menschen einen guten Gott angebetet und danach ziemlich viel Scheiße fabriziert. Auch das weisst du natürlich selbst. Das Gebet hat, genau wie du es sagst, nach meiner Auffassung genau dann einen Sinn, wenn es dazu beiträgt, die Welt zum Besseren zu verändern. Wobei das Bessere noch näher zu definieren wäre. Gut finde ich immer, wenn etwas zur Erhaltung und besseren Bewältigung des Lebens beiträgt. Dass die mentalen Produkte eines Gebets einen Menschen zu so etwas befähigen ist wohl möglich - leider aber auch das Gegenteil. Scheißegal also, wie man das Leben lebenswerter macht. Das muss jeder selber wissen.

Und wann ist ein Leben schon lebenswerter? Hat doch jeder seine eigenen Vorstellungen, was gut für ihn ist. Pauschal zu sagen, "jeder muss", halte ich grundsätzlich für zweifelhaft. Klar leben wir in einer Gemeinschaft - trotzdem lebt doch jeder sein eigenes Leben. Erst wenn man in das Leben eines anderen in einer Weise eingreift, die diesem nicht passt, sollte man für sich selbst einsehen, dass der Wille zur Selbstverwirklichung immer noch den Bedürfnissen anderer Individuen untergeordnet ist. Auch das darf man dann bei diesem "Aggressor" nicht mit Macht durchsetzen wollen (es sei denn mann hält es für angemessen, was wiederum neue Verstrickungen nach sich ziehen kann usw. usf.), vielmehr ist dann wichtig, dessen graue Zellen zu kitzeln und ihm diese Einsicht positiv zu vermitteln, so dass er sie auch als selbstverständlich verinnerlichen kann. -- ist aber in dieser Weise erst mal nur meine persönliche Ansicht,
glaub ich :ka:

stine hat geschrieben:LG stine


Zurück =)
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon platon » Mi 27. Mai 2009, 22:25

NorMill65 hat geschrieben:Seine Existenz so wie wesentliche Fakten seines Lebens sind wissenschaftlich gesichert. Man spricht vom "historischen Jesus". So haben ihn z. B. römische Geschichtsschreiber in ihren antiken Berichten erwähnt.

Bleib auf dem Teppich. EIn einziger römischer Geschichtsschreiber (Tacitus) hat knapp 100 Jahre nach Jesus' angeblicher Himmelfahrt von den Chrestianern berichtet, die aus Rom vertrieben wurden. Dass der Mann in den Himmel aufgefahren ist, war Tacitus unbekannt, er hätte dieses auch damals sehr seltene Ereignis sicher erwähnt.
Über die Lehre dieses "Heilsbringers" wissen wir nur aus jüdisch/christlichen Quellen, die auch nicht älter sind. Nicht ein einziger Zeitgenosse hat von diesem Gottessohn berichtet.
Im Übrigen: Wenn Du sagen willst, Religion ist eine sehr persönlich Angelegenheit, die keinen Dritten etwas angeht, dann stimme ich Dir voll zu.
Das schließt aber dann auch Glockengebimmel und Muezzingeschrei am Sonntag oder sonstigen Tagen ein, genauso wie Kirchensteuern und Fronleichnamsprozessionen außerhalb der Gotteshäuser, für deren Erhaltung die Gläubigen zu sorgen haben und sonst niemand.
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Mi 27. Mai 2009, 23:31

platon hat geschrieben:
NorMill65 hat geschrieben:Seine Existenz so wie wesentliche Fakten seines Lebens sind wissenschaftlich gesichert. Man spricht vom "historischen Jesus". So haben ihn z. B. römische Geschichtsschreiber in ihren antiken Berichten erwähnt.

Bleib auf dem Teppich. EIn einziger römischer Geschichtsschreiber (Tacitus) hat knapp 100 Jahre nach Jesus' angeblicher Himmelfahrt von den Chrestianern berichtet, die aus Rom vertrieben wurden. Dass der Mann in den Himmel aufgefahren ist, war Tacitus unbekannt, er hätte dieses auch damals sehr seltene Ereignis sicher erwähnt.


Du hast Recht, dass die ersten von theologischen Erhöhungen freien, historischen Quellen, die sich auf Jesus beziehen, erst auf etwa 100 n Chr. datiert werden. Aber es gibt neben Tacitus definitv weitere Quellen. Entsprechende Belege kann ich zugestandenermaßen nicht nennen, lediglich den dir sicher auch bekannten Vergleich zu Sokrates führen, dessen Existenz gemeinhin nicht bezweifelt wird, obwohl es auch von ihm keine selbst verfassten Schriftstücke o. ä. gibt. Kann nicht verstehen, weshalb man oft nicht anerkennen möchte, dass Jesus eine historische Figur ist. Schließlich sind auch von Siddharta keine historischen Belege bekannt. Aber gut, deinen angemessenen Zweifel kann ich nachvollziehen, nur nicht ausräumen. Ich sehe die Angelegenheit offenbar mit weniger Skepsis.

platon hat geschrieben:Über die Lehre dieses "Heilsbringers" wissen wir nur aus jüdisch/christlichen Quellen, die auch nicht älter sind. Nicht ein einziger Zeitgenosse hat von diesem Gottessohn berichtet.


Selbst, wenn du Recht haben solltest, und es den historischen Jesus nie gegeben hat, so ist doch die Lehre, die ihm zugeschrieben wird, von großer Tragweite. Auch wenn sie nur erfunden sein sollte, muss sie sich jemand anderes ausgedacht haben. Ob er es nun selbst war oder er für die Zwecke antiker Friedensprediger ausgenutzt wurde, ist schlicht egal. Die gewaltfreie und fürsorgliche Art des Miteinanders hat er womöglich also gar nicht selbst erdacht, zumindest nicht in aller Vollständigkeit. Dennoch gilt er weltweit als ein Symbol dieses produktiven Umgangs. Warum sollte man das nicht für sich nutzen, wenn es hilfreich ist? [Ich weiss, das hast du so auch gar nicht in Frage gestellt.]

platon hat geschrieben:Im Übrigen: Wenn Du sagen willst, Religion ist eine sehr persönlich Angelegenheit, die keinen Dritten etwas angeht, dann stimme ich Dir voll zu.


Danke.

platon hat geschrieben:Das schließt aber dann auch Glockengebimmel und Muezzingeschrei am Sonntag oder sonstigen Tagen ein, genauso wie Kirchensteuern und Fronleichnamsprozessionen außerhalb der Gotteshäuser, für deren Erhaltung die Gläubigen zu sorgen haben und sonst niemand.


Im Grunde geb ich dir Recht. Ich kann dazu nur sagen, dass mir das sonntägliche Glockengebimmel eher ein gutes Gefühl gibt, als dass es mich nervt. Ich selbst gehe aber quasi nicht in die Kirche, zumindest nicht um IHM zu huldigen. Was die Kirchensteuer angeht rate ich dir einfach, aus der Kirche auszutreten, schon hast du das Problem nicht mehr. Und ob ich einer Fronleichnamsprozession städtischen Raum gewähren muss oder während des CSD oder sonstigen Karnevals 10 Minuten warten muss, um beschissene 12 Meter Ampelkreuzung hinter mich zu bringen, stellt für mich keinen Unterschied dar. Es gibt reichlich Dinge, die mir echt auf´n Piss gehen. Aber ich bin eben nicht alleine hier.
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon platon » Do 28. Mai 2009, 20:10

NorMill65 hat geschrieben: Kann nicht verstehen, weshalb man oft nicht anerkennen möchte, dass Jesus eine historische Figur ist.

Damit wir uns nicht missverstehen, die Tatsache, dass ein völlig Unbeteiligter wie Tacitus von diesen Chrestianern schreibt, ist ein ganz starker Hinweis, dass ein Mensch, den man den "Gesalbten" nannte, um diese Zeit gelebt haben dürfte. Aber: Ob er das gesagt und getan hat, was vier Evangelien, eine Offenbarung und noch 20 weitere Bücher behaupten, das darf doch stark bezweifelt werden, zumal hinter diesen Werbebroschüren, die 100 bis 400 Jahre nach dem Tod des Heilsbringers geschrieben wurden, ausschließlich Eigennutz steckt
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon stine » Do 28. Mai 2009, 20:15

platon hat geschrieben:...zumal hinter diesen Werbebroschüren, die 100 bis 400 Jahre nach dem Tod des Heilsbringers geschrieben wurden, ausschließlich Eigennutz steckt
Welchen Eigennutz meinst du?
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon platon » Do 28. Mai 2009, 20:31

stine hat geschrieben:Welchen Eigennutz meinst du?

Na, schau Dir doch mal an, was für einen Popanz die Herrschaften aufgezogen haben, wie das liebe Jesulein mit 12 Jahren im Tempel aufgeräumt hat, wie er vierzig Tage ohne Wasser in der Wüste verbracht hat, stinkende Kadaver wieder zum Leben erweckt hat, aus Wasser Wein gemacht hat (gut, das kann auch jeder Winzer) usw. usw. Das ist PR für den Häuptling in der Hoffnung, dass von dem ganzen Glanz auch noch etwas für den Verein abfällt, dessen Mitglied man selbst ist. Und überlegt haben sich den ganzen Schwindel nicht die Gründungsmitglieder, sondern deren Urenkel, hundert Jahre nach dem Ende, als die Bewegung vermutlich am Abschmieren war.
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon stine » Fr 29. Mai 2009, 07:33

Lieber Platon,
du hast wirklich keine Ahnung vom christlichen Leben.

Die Botschaft, die christliche Evangelisten in die Welt gesetzt haben, war für damalige Verhältnisse, in der entweder religiöse Riten vor Menschlichkeit gesetzt wurden oder völlige Dekadenz das alte Reich gefährdete, ein Hammer!
Dass du heute hier sitzt und deine provokanten Gedanken dazu in den Computer tippen kannst, hast du einer langen Tradition christlicher Kultur zu verdanken. Ansonsten wärst du vielleicht in einer kommunistischen Militatärdiktatur, wo die Freiheit der Gedanken mit dem Tode bestraft werden würde.
Kirchliche Machthaber kämpfen noch heute darum, dass der christliche (durchaus humanitäre) Grundgedanke nicht ihre religiöse Macht zerschlagen möchte. Die Botschaft der Evangelisten ist eine durchwegs humane.

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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon Jan R. » Fr 29. Mai 2009, 11:44

Liebe Stine,

Warum kann dann selbst ich als Zwölftklässler eines deutschen Gymnasiums anhand von Unterrichtsmaterialien aus dem Philosophie Unterricht zeigen, dass der Grundgedanke des Christentums misanthropisch ist und den Menschen in eine Beziehung zu "Gott" bzw. seinen Verbreitern setzen will, die man bestenfalls als Abhängigkeit bezeichnen kann? So zum Beispiel. Was dort in den "Bedingungen der Nachfolge" verlangt wird, ist doch nichts anderes als eine totale Selbstaufgabe und Unterordnung in das christliche System, sodass man quasi keine Kritik mehr an selbigen üben dürfte.
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon stine » Fr 29. Mai 2009, 12:00

Ja, die Bibelstellen!!
Immer wieder das Problem der Übersetzungen und der Interpretation. Schön, dass ihr das philosphisch betrachtet, denn ich denke, so sollte die Bibel gelesen werden. Also ich wenigstens tu das so :mg: .

Deser Auszug, den du offensichtlich meintest,

"Es ging aber viel Volks mit ihm; und er wandte sich und sprach zu ihnen: {5 Mose.33,9} 33,9
Wer von seinem Vater und von seiner Mutter spricht: Ich sehe ihn nicht, und von seinem Bruder: Ich kenne ihn nicht, und von seinem Sohn: Ich weiß nicht, die halten deine Rede und bewahren deinen Bund;{Lukas.18,29} 18,29
Er aber sprach zu ihnen: Wahrlich ich sage euch: Es ist niemand, der ein Haus verläßt oder Eltern oder Brüder oder Weib oder Kinder um des Reiches Gottes willen,{1 Korinther.7,29} 7,29
Das sage ich aber, liebe Brüder: Die Zeit ist kurz. Weiter ist das die Meinung: Die da Weiber haben, daß sie seien, als hätten sie keine; und die da weinten, als weinten sie nicht; 26So jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein."


steht in meinen Augen dafür, dass man nicht zwei Herren zur gleichen Zeit dienen kann; Entscheidungen treffen muss.
Hart, aber fair!

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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Fr 29. Mai 2009, 12:04

platon hat geschrieben:
NorMill65 hat geschrieben: Kann nicht verstehen, weshalb man oft nicht anerkennen möchte, dass Jesus eine historische Figur ist.

Damit wir uns nicht missverstehen, die Tatsache, dass ein völlig Unbeteiligter wie Tacitus von diesen Chrestianern schreibt, ist ein ganz starker Hinweis, dass ein Mensch, den man den "Gesalbten" nannte, um diese Zeit gelebt haben dürfte. Aber: Ob er das gesagt und getan hat, was vier Evangelien, eine Offenbarung und noch 20 weitere Bücher behaupten, das darf doch stark bezweifelt werden, zumal hinter diesen Werbebroschüren, die 100 bis 400 Jahre nach dem Tod des Heilsbringers geschrieben wurden, ausschließlich Eigennutz steckt


Ich geb dir da tendenziell Recht. Ich sehe die Sache im Grunde so, dass der Herr Jesus tatsächlich lebte und aufgrund besonderer Umstände, besonderer Erfahrungen einfach eine beeindruckende Persönlichkeit mit einer für seine Zeit recht ungewöhnlichen Lebensweise war, die er den Menschen, wie es in der Zeit in der Region durchaus üblich gewesen ist, gerne predigte - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Er hat sich, davon bin ich auch übezeugt, mit den Aussätzigen der Bevölkerung auseinandergesetzt, Bettler, Prostituierte etc. Sind alles nicht so Besondere Sachen, aber für die Zeit bemerkenswert. Er hat dafür womöglich ne Menge Aufmerksamket bekommen, positive (im Volk), negative (auch vom Volk oder auch von Gelehrten etc), was er an sich nicht unbedingt gewohnt war. Ihm ist die ganze Sache so dermaßen zu Kopf gestiegen, dass er schön einen an die Mamel bekommen hat und sich tatsächlich für einen Auserwählten und vielleicht sogar den Sohn Gottes angesehen hat. Soweit ist noch alles im Lot, oder?

Ich glaube, er war mit seinen Ansichten so erfolgreich, dass er in heutiger Zeit ggf sogar A1-Prominenz hätte sein können. Die ganzen Geschehnisse um seine Person sind dann im Nachhinein derart aufgebauscht worden, dass man ihn quasi "in den Himmel gelobt" hat. Die Theologie, die Paulus, seine Nachfolger und andere "Interpreten" u.a. ja auch in den unterschiedlichsten Evangelien verbreitet haben, dienten tatsächlich in gewisser Weise dem eigenen Nutzen. Sie hielten Jesus für so Besonders, dass sie versuchten, die Leute für ihre Sache zu gewinnen. Haben sie ja auch viele Jahrhunderte geschafft. Dein Vergleich mit der PR in eigener Sache ist wirklich gut: sie haben sich diese Sache zu Nutze gemacht, um für sich einen Profit zu haben - genau wie heute: DSDS, GNTM, Supertalent etc. (heute sind eben andere Qualitäten gefragt, um populär zu werden, und die Vermarktung führt schneller zum Profit).

Im Zuge der Aufklärung ist natürlich das gesamte jüdische Weltbild, das ja auch der christlichen Wahrnehmung zu Grunde liegt, überholt und dient maximal noch als nette Metapher. Dass die Kirchen daran so festhalten, muss man ihnen verzeihen: wer über knapp zwei Jahrtausende eine solche Macht und solchen Reichtum angehäuft hat, und das mit Hilfe einer Lehre, die genau die gegenteiligen Ideale fordert, möchte sich das natürlich nicht wieder nehmen lassen - die Entwicklung dahin begann aber vermutlich nicht mit einer solchen Perspektive.

Ich denke, dass das besondere Wirken eines überaus normalen Menschen durch die zunächst rein mündliche Tradierung und dabei stete Hinzudichtung von prägnanten Einzelheiten in Verbindung gesetzt mit der jüdischen Messias-Prophetie (die ersten Christen WOLLTEN diesen Messias!) zu der besonderen Rezeption und Legendenbildung der Jesus-Figur geführt haben - alles andere hat sich dann bis heute eben so weiterentwickelt.

Entscheidend bei der Erhöhung könnte die "Wiederauferstehung" des Jesus sein, ein Vorgang, dessen Alltäglichkeit man heute in jedem Leichenschauhaus gewohnt ist - der zu der damaligen Zeit aber womöglich noch nicht als so gewöhnlich bekannt war. Was die Himmelfart angeht, versuche ich tatsächlich auch schon länger, mir einen Reim darauf zu machen. Ich halte es dabei definitiv für realistischer, dass irgendwelche Aliens zufällig damals hier waren und Jesus zu sich hoch beamten, als dass Gott ihn zu sich holte (und ich sage auch ganz offen, dass ich die Existenz von Aliens für nahezu ausgeschlossen halte). Sie ist wahrscheinlich vielmehr theologisch notwendig gewesen, und sollte - bitte liebe Fundis! - nicht wörtlich genommen werden.

stine hat geschrieben:Ansonsten wärst du vielleicht in einer kommunistischen Militatärdiktatur, wo die Freiheit der Gedanken mit dem Tode bestraft werden würde.
Kirchliche Machthaber kämpfen noch heute darum, dass der christliche (durchaus humanitäre) Grundgedanke nicht ihre religiöse Macht zerschlagen möchte.


Das Erste weisst du nicht. Die Lehre wird zwar auf Jesus zurückgeführt. Ob er der Erste war ist nicht gesichert. Ich sehe, vielleicht klingt das jetzt auch etwas strange, eine stete (evolutionäre) Entwicklung, beim Menschen insbesondere des Geistes und des Bewusstseins. Vieles musste einfach so kommen, weil die Zeit reif dafür war. Die Relativitätstheorie Einsteins war zu Beginn des letzten Jahrhunderts als menschliches Geistesprodukt einfach fällig und ein Kind ihrer Zeit. Hätte Einstein sie nicht formuliert, hätte es später ein anderer getan. Genauso ist es vermutlich mit der Lehre, die auf Jesus Christus zurückgeführt wird. Warum glaubst du, wurde sie so populär? Weil die Menschen sie verstehen und begreifen können! Anderenfalls wärene seine Gedanken weniger als ein Furz in der Wüste! Die Menschen leben den Geist, weil sie es so wollen, nicht weil Jesus diese Lehre in die Welt brachte.

Und was die Kirche, insbesonder die katholische, angeht, liebe stine, bei allem Respekt: die Typen leben nicht in unserer Zeit oder Realität! Sie geben sich irgendwelchen Idealen hin, weil es ihnen in ihrem eigenen "Gotteswahn" damit besser geht - aber mit dem Leben von den Menschen hat das nix zu tun. Ein Mann wie der Papst fordert allen Ernstes die leidgeplagte, afrikanische Bevölkerung auf, enthaltsam zu leben, bitte bitte keine Kondome zu benutzen, um so die Verbreitung von AIDS einzudämmen - und das nur, weil er selber ein Riesen-Problem mit seiner eigenen Sexualität hat und sich sein Leben lang verklemmt einschränken musste. Hat der eigentlich schon mal was von Verantwortungsbewusstsein mitbekommen, und zwar SEINER Verantwortung bei seiner Stellung in der Welt? Hat der schon mal realisiert, dass sein kleinster Staat der Welt da oben auf dem Elfenbeinturm so rein gar nichts mit dem zu tun hat, was hier unten auf der Erde passiert? Zwischen seinen alten Männern kann er mit seinen Lehren wohl für Frieden sorgen, keine Frage, aber was hat dieser Mini-Flecken Erde mit seinen geistig einigen Bewohnern mit dem Rest des Planeten zu tun: mit dem Kongo, mit dem Sudan, mit Nordkorea, mit Afghanistan, mit den Favelas Südamerikas und und und. Da nämlich geht´s um nix anderes als um das nackte Überleben! Und nicht um heere Ideale!Mann, mann! Die Katholiken müssen einfach endlich mal klar kommen!Und endlich mal im Hier und Jetzt ankommen und ihre gutgemeinten Ratschläge in praktikable Vorgehensweisen ummünzen.

Anders geht es einfach nicht!
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon Jan R. » Fr 29. Mai 2009, 16:14

Jan R. hat geschrieben: Beispiel

Die Stelle die ich meinte, war eigentlich mit angegeben. ;-)
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon platon » Fr 29. Mai 2009, 18:13

stine hat geschrieben: steht in meinen Augen dafür, dass man nicht zwei Herren zur gleichen Zeit dienen kann; Entscheidungen treffen muss.
Hart, aber fair!

Das kann ja wohl nicht wahr sein. Gilt das auch für jeden Mann / Frau, die die Familie im Stich lassen, weil sie nicht gleichzeitig die neue Liebe und den alten Anhang bedienen können? Hart aber fair?
Überleg Dir mal, was du so an grotesker christlicher Nächstenliebe absonderst, ehe Du sie hier im Forum zum Besten gibst.
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon smalonius » Fr 29. Mai 2009, 19:29

Jan R. hat geschrieben:
Jan R. hat geschrieben: Beispiel

Die Stelle die ich meinte, war eigentlich mit angegeben. ;-)
Immer wieder ein schönes Beispiel, das bei Christen arge Erklärungsnot auslöst. :up:

Wie sagt man auf englisch: "Even the devil can quote the scripture to his own end." - Sogar der Teufel kann die Bibel für seine Zwecke auslegen. :mg:
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon platon » Fr 29. Mai 2009, 22:05

NorMill65 hat geschrieben: Im Zuge der Aufklärung ist natürlich das gesamte jüdische Weltbild, das ja auch der christlichen Wahrnehmung zu Grunde liegt, überholt und dient maximal noch als nette Metapher. Dass die Kirchen daran so festhalten, muss man ihnen verzeihen: wer über knapp zwei Jahrtausende eine solche Macht und solchen Reichtum angehäuft hat, und das mit Hilfe einer Lehre, die genau die gegenteiligen Ideale fordert, möchte sich das natürlich nicht wieder nehmen lassen - die Entwicklung dahin begann aber vermutlich nicht mit einer solchen Perspektive.

Das ist, bitte schön, nicht zu Ende gedacht. Sowohl die jüdische als auch die christliche Religion bestehen darauf, ihre Weisheiten von einem unfehlbaren, allmächtigen und allwissenden Gott eingeblasen bekommen zu haben. Der hätte das alles voraussehen und entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen.
Im Übrigen muss man den Kirchen überhaupt nichts verzeihen. Ihr Verhalten war absehbar und ist nachvollziehbar, aber entschuldbar ist es keineswegs.
Es war absehbar, weil die Kirchen seit mindestens 1500 Jahren ihren Gläubigen Wasser predigen aber selbst Wein saufen, es ist nachvollziehbar, weil sie das natürlich weiterhin tun wollen aber wenn der moralische Anspruch der Kirchen nicht über den von kleinen Trickbetrügern hinausgeht, wozu brauche ich dann noch Kirchen?
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Fr 29. Mai 2009, 22:19

smalonius hat geschrieben:Das ist, bitte schön, nicht zu Ende gedacht. Sowohl die jüdische als auch die christliche Religion bestehen darauf, ihre Weisheiten von einem unfehlbaren, allmächtigen und allwissenden Gott eingeblasen bekommen zu haben.


Damit haste wohl echt Recht! :up: Zwar nicht insofern der Gott das vorausschauend hätte wissen müssen, aber damit, dass jene "Ersten" für sich in Anspruch genommen haben, die letzte Weisheit quasi über einen sonstwie gearteten direkten und auschließlichen Zugang zum Höchsten zu erfahren, was sie damit gleichzeitig eben auch zu besseren Menschen und somit potenziellen Herrschern ("im Geiste"! :lachtot: ) machte. Dass diesem Anspruch jegliche Grundlage fehlt und einer Überbewertung persönlicher Wahrnehmungen geschuldet ist, raffen die glaub ich bis heute nicht!

platon hat geschrieben:der moralische Anspruch der Kirchen nicht über den von kleinen Trickbetrügern hinausgeht, wozu brauche ich dann noch Kirchen?


Finde ich genauso! Die sollten einfach mit offenen Karten spielen. Ehrenamtliche Seelsorge in allen Ehren, das ohne scheinheilge Begründung zu machen verdient aber deutlich mehr Respekt. Die caritas etc. könnten auch so Steuergelder vom Bürger bekommen, aber die Grundlage ihres Wirkens und die damit verbundene Forderung ist eben schlicht nicht mit der Wirklichkeit vereinbar!
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon PW_ » Fr 29. Mai 2009, 23:37

NorMill65 hat geschrieben:Wer in der heutigen Zeit noch ernsthaft an die reale Existenz eines ewig existierenden Wesens glaubt, das - wie mal ein strenggläubiger Freund meinte - "das Universum ins Dasein geblasen hat", darf sich nicht wundern, wenn er zumindest in dieser Ansicht nicht für voll genommen wird. Es existiert aller Wahrscheinlichkeit nach kein solches Wesen (erkentnistheoretische Aspekte drängen mich zu dieser relativierenden Aussage, denn ich möchte versuchen, angemessene Aussagen über die Realität zu treffen) - insofern - und gerade, weil es sich noch niemals in seiner eigentlichen Gestalt, sondern nach heutigem Wissensstand lediglich und vermeintlich in der eines einzigen Menschen, gezeigt hat - halte ich es für absolute Zeitverschwendung, über die physiklische Existenz GOTTes eine wahrheitsgemäße Aussage treffen zu wollen. Alle Ausssagen sind schlicht diesbezügliche Mutmaßungen - egal, mit welcher Vehemenz sie vertreten werden.

"Worüber man nicht reden kann, darüber soll man schweigen" - auf diese Weise wird das Hauptwerk Wittgensteins geheimhin auf den Punkt gebracht. Ich halte es in Bezug auf den Allerwertesten, ähm, den Allerheiligsten genauso. Von Bedeutung ist doch im Wesentlichen das, was hier auf unserem Erdball passiert - oder wie man im fußballbegeisterten Ruhrpott zu sagen pflegt: "Entscheidend is´aufm Platz!"

Ich will damit sagen, dass es doch nun wirklich egal ist, ob ein Mensch an die Macht der Liebe oder die des Hasses, sich selbst, deine Mutter, Schalke oder Dortmund, Yin oder Yan, oder einen wie auch immer gearteten Gott glaubt, von dem er sich leiten lässt. Wichtig ist doch in erster Linie, dass er dir keins auf die Fresse schlägt, nur weil er deine Haarfarbe, deinen Knochenbau oder deine Glaubensgrundsätze nicht als gleichwertig akzeptieren möchte. Kritik üben ist das Eine, aber dagegen Jemanden zum Andersdenken zu nötigen, ist eine Kritik nicht dulden wollen, die schon durch die bloße Existenz dieses Anderen ausgelöst wird.

Ich halte, um wieder zum Thema zu kommen, Jesus von Nazareth für einen großen Lehrer des Friedens. Die Theologie, die seine Lehre umrankt dagegen finde ich schlicht zum Kotzen. Wer Jesus zum Christus erhöht möchte sich damit bloß seine eigene Existenz erhöhen, denn die eigene Belanglosigkeit wird durch die Gnade des erhöhten Christus und auch derjenigen Gottes lediglich von trügerischer Bedeutsamkeit abgelöst; wenn man auch sagen muss, dass das nur ein Aspekt der Vergöttlichung Jesu ist.

Es gibt andere große Friedenslehrer - die Lehre Jesu´ ist für mich dennoch etwas Besonderes, wenngleich ich sie nicht überbewerten möchte. Sie ist schlicht gut und mir oft schon hilfreich gewesen. Aber Jesus ist für mich ein normaler, wenn auch sehr kluger Mensch gewesen. Ich setze mich - auch wenn es jetzt anders aussieht - nicht in erhöhtem Maße mit ihm auseinander.

Einen letzten Aspekt, nämlich den des Betreffs, möchte ich noch äußern (ich weiß, ich nehme mich da wichtiger als ich bin - aber solchen Gedanken Raum zu geben, bin ich bisher nicht gewohnt):

Eine Vorstellung von Gott hat jeder Mensch auf diesem Planeten - ein Atheist lehnt ihn ab, ein Hinudist hat quasi seinen persönlichen Gott, ein Christ betet ihn ebenso an wie ein Moslem usw. Gott ist nach meiner Vorstellung ein personifiziertes Transzendenzempfinden, wobei die Transzendez entscheidend ist. Gott ist demnach einfach ein Gefühl - das uns über die wirkliche Existenz eines solchen Wesens keinerlei realitätsgetreue Auskunft gibt. Da wir aber alle im Laufe unseres Lebens die Fähigkeit erhalten, die Perspektive des Gegenüber zu übernehmen (meist wird diese Fähigkeit im Jugendalter zur vollen Reife entfaltet), somit Mit-Empfinden und Toleranz beherrschen sollten, geht es meiner Meinung nach auch und vor allem darum, das Gegenüber mit all seinen Gefühlen, also auch denen des entsprechenden Transzendenzempfindens, ernst und für voll zu nehmen (wohlgemerkt das Gefühl, nicht unbedingt daraus resultierende Vorstellungen über ungesehene Wesen!). Bildgebende Verfahren in der Hirnforschung machen deutlich, dass dieses Empfinden im Hirn -und nicht von außen! - generiert wird. Das Gefühl ist dennoch echt und meistens von hoher Sensibilität und sehr großer Bedeutung.

Bei mir jedoch nicht - denn wenn meine Mudder zu Gott betet, verliert selbst er den Glauben an sich selbst :^^:


Ohne den Rest des Textes gelesen zu haben: Danke! Was du schreibst, gefällt mir! Das meiste, was du hier schreibst, sehe ich genauso! Der grosse Unterschied zwischen uns besteht wohl darin, dass ich über die Jahre eine Art "Beziehung" zu Jesus entwickelt habe.
Einen kleinen Einwand noch: ich meine, Jesus hat sich selbst zum "Christus" gemacht. Er hat zumindest gesagt "Ich bin das Licht der Welt..."
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Re: Gottesvorstellung? - Gott ist Vorstellung!

Beitragvon NorMill65 » Sa 30. Mai 2009, 11:23

PW_ hat geschrieben:Der grosse Unterschied zwischen uns besteht wohl darin, dass ich über die Jahre eine Art "Beziehung" zu Jesus entwickelt habe.


Danke erstmal für dein Lob :ops:

Spricht nach meinem Empfinden auch nix dagegen. Nur ihn als menschgewordenen Gott zu proklamieren, und das in der wortgetreuen Bedeutung!, halte ich nach den Erkenntnissen der letzten 250 Jahre für höchst zweifelhaft und n ganzes Stück weit für psychopathisch.

PW_ hat geschrieben:Einen kleinen Einwand noch: ich meine, Jesus hat sich selbst zum "Christus" gemacht. Er hat zumindest gesagt "Ich bin das Licht der Welt..."


Er sagte ja sogar selbst, zumindest wird das so gesagt, dass er der "Sohn Gottes" sei. Ob die historische Person das wirklich jemals gesagt hat, oder inwiefern die Theologen und Evangelisten etc. da ihren Teil beigetragen haben, weiß ich nicht. Fest steht für mich aber, dass ungeachtet der ersten Idee, er könne es sein, bis zu dem Punkt, wo Milliarden Menschen das glauben und geglaubt haben, wesentlich mehr passiert sein muss, als die bloße Überzeugung eines einzelnen zu äußern - und das, wo diese Überzeugung in keinster Weise verwertbar von Jesus selbst verfasst wurde - also: die Menschen machten ihn zu CHRISTUS, nicht er hat es getan. Was meinst du, wieviele Menschen von sich schon behauptet haben, sie wären sonst wer und von ihnen hat man nie wieder was gehört? Oder haben tatsächlich Nachfolger gefunden wie Ron L. Hubbard oder Jim Jones etc. Die Menschen geben den Worten dieser Leute das Gewicht - sie selbst können da meist gar nicht so viel dafür (glaub ich :nosmile: ).



Aber um nochmal zum eigentlichen Thema zu kommen: Die Vorstellung von Gott. Für mich steht unumstößlich fest, dass es kein Wesen im Universum oder außerhalb dessen gibt, das diese Welt geschaffen hat. Gott selbst wurde und wird immer noch stets von den Menschen selbst geschaffen, und zwar im Geist. Gott ist bloß eine Vorstellung, eine Metapher für die verschiedensten Dinge - für viele Menschen so bei der Lebensbewältigung äußerst hilfreich, für andere nicht von größerem Belang. Ich persönlich setze mich ausschließlich theoretisch mit ihm auseinander, denn er ist ein Massenphänomen, das seit Jahrtausenden die Gemüter der unterschiedlichsten Völker erhitzt (oder auch beruhigt), für mich einfach total spannend - ich halte die Auseinandersetzung mit etwas Göttlichem sogar für etwas ur-menschliches, nur wird diese Auseinandersetzung schon immer erschwert durch Traditionalisten oder gewaltbereite Rechthaber, die auf die vermeintlich "ewig" vorgeschriebenen Konventionen pochen und somit der geistigen Freiheit, die eigentlich erlangt werden soll, ihre eigenen geistigen Schranken aufoktruiert.

Das ist dann das Problem der Religionen: Hilfe versprechen, aber Zwänge und Abhängigkeiten schaffen - und zwar dadurch, dass immerwährende Rituale größere Bedeutung erfahren, als die freie Persönlichkeitsentfaltung. Ich denke, Religionen können, wie vieles andere auch, Hilfestellung im Leben geben und Sicherheit vermitteln - aber Dogmen sind lebensverneinend, denn menschliches Leben braucht bei aller notwendigen Konstanz seine geistige Freiheit!

Die Religionen schaden offenbar der globalen Gemeinschaft mehr, als dass sie sie weiterbringen. Es muss dennoch plausible Gründe geben, weshalb die Menschen so unabdingbar daran festhalten. Vernunft ist es nicht (wobei man das, sofern man von Leuten aus bestimmten religiösen Zirkeln spricht, auch nicht pauschal sagen darf :/ )!

Aber was dann?!? :kopfwand:
Zuletzt geändert von NorMill65 am Sa 30. Mai 2009, 11:29, insgesamt 2-mal geändert.
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