Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon Zappa » Fr 18. Dez 2009, 18:17

ujmp hat geschrieben:Frag die 10 Leute zweimal und du hast 20 Antworten!


Ist ja auch wissenschaftlich belegt : guckstdu :applaus:
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon smalonius » Fr 18. Dez 2009, 19:54

Zappa hat geschrieben:Ja mach mal, ich habe nämlich mal gelernt, das der politische Katholizismus der einzige Bereich war, in dem die Nazis nur unwesentliche Stimmenanteile erobern konnten.

Der Katholizismus hatte seine eigene Partei, eben die Zentrumspartei, deshalb konnten die Nazis weniger Katholiken als Evangelische gewinnen. Letztlich hat die Zentrumspartei dann doch mit den Nazis kollaboriert.
Zappa hat geschrieben:Auch haben doch wohl eher die Kirchen die Zusammenarbeit mit den Nazis gesucht, oder?

Kann sein. Ich weiß nicht, von welcher Seite die Zusammenarbeit initiert wurde. Tatsache ist, das erste außenpolitische Abkommen des Dritten Reiches wurde mit dem Vatikan geschlossen.

Mehr dazu hier:
viewtopic.php?f=29&t=3252#p59835
viewtopic.php?f=29&t=2867#p49538


Julia hat geschrieben:Ich stimme also damit überein, dass es auch um Menschen geht, aber dem Rest kann ich so nicht folgen.

Denk mal an deinen Gruppen-Thread und setze Religionszugehörigkeit als weiteres Gruppenmerkmal ein. So ungefähr stelle ich mir das vor.

Julia hat geschrieben:Hast du das schon durchgeackert?

Hab's gerade überflogen. Der Artikel behauptet, Religion sei keine Anpassung. Da bin ich anderer Ansicht. Bevor ich mehr dazu sage, erst noch ein paar Zahlen.


Beweisstück Nummer 1:

religiöse Menschen haben mehr Kinder als a-religiöse.

Bild

Für die Schweiz gibt's das nach einzelnen Konfessionen aufgeschlüsselt. Man beachte, daß die Angehörigen der großen Religionen kaum von ihrer Religion profitieren, zumindest soweit es die Fortpflanzungsrate betrifft. Die Atheisten schneiden in jedem Falle am schlechtesten ab.

Bild

Alle Diagramme aus: http://www.blume-religionswissenschaft. ... me2009.pdf


Julia hat geschrieben:In einem anderen Teil der Reihe steht übrigens auch, und damit wären wir wieder bei Gilbert, dass eine religiöse Identität nur halb so glücklich macht wie verheiratet sein. ;)

Dann sieh dir mal diese Tabelle an. Religion und Ehe korrelieren ziemlich stark. Müßte eigentlich Wasser auf deine Mühlen sein. :pfeif: Der religiöse Kontext ändert dabei nichts an den grundlegenden Tatsachen, denke ich. Oder?

Bild

Blume kommentiert das so:
Swiss women not only dominate memberships in all major denominations. They significantly prefer those communities, where living together means to marry, where pairs tend to have children together and where divorce rates are low.
[...]
Therefore, we should not be too surprised to find women attracted to religious movements like patriarchal monotheisms, which did not and do not exactly promote self-actualization and gender mainstreaming. [...] But women tend to prefer communities and prospective husbands sending honest signals of familial cooperation.


Zappa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Frag die 10 Leute zweimal und du hast 20 Antworten!


Ist ja auch wissenschaftlich belegt : guckstdu :applaus:

Genau so. Was die Leute glauben, drehen sie sich so hin, wie sie es gerade brauchen. Eben deshalb ist es verlorene Mühe, übernatürliche Glaubensinhalte auf Logik abzuklopfen.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon ujmp » Fr 18. Dez 2009, 20:12

Zappa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Frag die 10 Leute zweimal und du hast 20 Antworten!

Ist ja auch wissenschaftlich belegt : guckstdu :applaus:

:lachtot:

...aber eigentlich recht ermutigend, es zeigt nämlich, dass "Gott" als moralische Instanz überflüssig ist, die Menschen sind so und so, weil sie so und so sein wollen . Eine höhere Instanz herbei zu dichten, um den eigenen Interessen Gewicht zu verleihen ist allerdings Betrug.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon smalonius » Sa 19. Dez 2009, 18:14

Noch zwei Belege für die Kraft von Religion.

Erstens: religiöse Gemeinschaften sind langlebiger als weltliche.

Bild
http://www.psych.ubc.ca/~ara/Manuscript ... cience.pdf


Zweitens: religiöse Menschen sind glücklicher:

The psychologist Mihaly Csikszentmihalyi pioneered the Experience Sampling Method (ESM) which involves signaling people at random times during the day, prompting them to record where they are, what they are doing, who they are with, and a checklist of cognitive and emotional states on a numerical scale. The method has been used on large numbers of people, enabling the effects of religion to be studied on a moment-by-moment basis.

In one sample of American high school students, religious believers were more prosocial than non-believers, felt better about themselves, used their time more constructively, and engaged in long-term planning rather than gratifying their impulsive desires. On a moment-by-moment basis, they reported being more happy, active, sociable, involved and excited. Some of these differences remained even when religious believers and non-believers were matched for their degree of prosociality.

http://evolution.binghamton.edu/religio ... sGuide.pdf


Zugegeben, bei dieser Methode habe ich meine Bedenken. "Sich gut zu fühlen" ist eine sehr subjektive Sache. Würde man Leute fragen, ob sie gute Autofahrer sind, käme bestimmt heraus, daß die meisten überdurchschnittlich gut fahren.


Noch ein paar Worte zum Link von Julia: http://hpd.de/node/7545?page=0,0

Dort kann man lesen:

[Religion] verringert den Stress und die Anspannung, die aus modernen Zivilisationskrankheiten, vor allem dem Hauptfaktor der ungerechten Einkommensverteilung, hervorgehen. Da diese Zivilisationskrankeiten allerdings modern sind, also erst seit Beginn der Landwirtschaft vor 10 000 Jahren existieren, ist die Religiosität keine Adaption. Adaptionen, also Anpassungen an Umweltbedingungen, die von der Evolution selektiert werden, benötigen weitaus länger als 10 000 Jahre, um den Weg in unsere Gene zu finden.

Das ist gleich dreimal falsch. :pfeif:

Erstens haben auch Jäger und Sammler ihre Religion. Zweitens ist die Ansicht, Evolution brauche "weitaus länger als 10 000 Jahre" zwar weit verbreitet, aber längst widerlegt. Drittens behauptet niemand ernsthaft, der Glaube an die Dreifaltigkeit oder an Allah und seinen Propheten sei genetisch bestimmt.

Religion ist eine kulturelle Angelegenheit. Die Frage lautet nicht: Ist Religion eine genetische Anpassung? Die Frage muß lauten: ist Religion eine kulturelle Anpassung?

Optimistisch betrachtet wird nun kein Soziobiologe oder Religionswissenschaftler jemals wieder behaupten, dass Religiosität ein Bestandteil der menschlichen Natur wäre, weil sie die menschliche Fitness erhöhen würde. So einfach wird es aber leider nicht sein, darum führe ich im Folgenden weitere Argumente gegen den Adaptionismus an.

1. Der Adaptionismus (der Religiosität) basiert auf dem Prinzip der Gruppenselektion. Gruppenselektion existiert nicht. Richard Dawkins hat einen großen Teil seiner Karriere damit verbracht, zu erklären, warum das Gen oder das Individuum (je nach Perspektive) der Ansatzpunkt der natürlichen Selektion sind und nicht die Gruppe.

:mg: Da wundert es mich nicht, daß ich anderer Meinung bin.

Über Gruppenselektion habe ich mich bereits genügend ausgelassen, deshalb nur soviel: Dawkins ist nicht der unfehlbare Papst, auch wenn manche so tun.
"Gen oder das Individuum (je nach Perspektive)" :lachtot: Je nach Perspektive ist das Individuum eine Gruppe von Genen. Ziemlich frech eigentlich, in einer Argumention gegen Gruppenselektion implizit ein Gruppenargument zu verwenden. Einmal "Gehirnwäsche" bitte!? :veg:

In einem Satz geht Müller sogar auf die kulturelle Seite ein:
Allenfalls in Bezug auf die kulturelle Evolution ergibt das Konzept der Gruppenselektion Sinn, je nachdem, wie man diese Begriffe definiert, gewiss aber nicht in Bezug auf die natürliche Evolution.

Die Frage, welchen Sinn Religion hat, wenn man sie im Lichte der Evolution sieht, stellt er sich nicht. Gerade da wird's interessant. Ist kulturelle Evolution nicht wert, studiert zu werden?

3. In „Gott, Gene und Gehirn” erfahren wir zudem, dass verschiedene Konfessionen unterschiedlich reproduktiv sind. Aber warum? Sind manche Religionen etwa religiöser als andere Religionen? Laut Michael Blumes These müssten sie das sein. Demnach wären z.B. die römischen Katholiken religiöser als die Zeugen Jehovas (vgl. S. 86). Auf S. 87 steht, dass das Dogma der Enthaltsamkeit zum Aussterben der Shaker geführt habe. Waren ausgerechnet die Shaker weniger religiös als andere? Wohl kaum. Sonst hätte ja nicht ihr konsequent eingehaltenes Dogma der Enthaltsamkeit zu ihrem Aussterben geführt.

Es geht um Evolution von Religion. Da sollte man erwarten, daß einige Religionen aussterben, weil sie kontraproduktiv sind.

Religion ist für die Menschen da. Deshalb muß sich Religion auch den Menschen und ihren veränderten Lebensumständen anpassen. Zumindest in der judäo-christlich-evangelischen Variante läßt sich die Mutation einer Religion von einem zornigen und eifersüchtigen Gottesbild bis zum Gott eines Eugen Drewermanns gut belegen.
Zuletzt geändert von smalonius am Sa 19. Dez 2009, 18:23, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon platon » Sa 19. Dez 2009, 18:21

smalonius hat geschrieben:Religion ist für die Menschen da. Deshalb muß sich Religion auch den Menschen und ihren veränderten Lebensumständen anpassen. Zumindest in der judäo-christlich-evangelischen Variante läßt sich die Mutation einer Religion von einem zornigen und eifersüchtigen Gottesbild bis zum Gott eines Eugen Drewermanns gut belegen.

Absolut richtig. Aber was sagt uns das?
Gott ist eine Idee in den Köpfen von Menschen. Es gibt ihn nicht, denn Ideen sind nicht existent, aber das macht für die betreffenden Menschen keinen Unterschied.
Jetzt erhebt sich nur die Frage, warum beeinträchtigt dann die Religion so sehr auch das Leben der Menschen, die nicht von dieser Idee besessen sind? Und warum darf sie das?
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon ujmp » Sa 19. Dez 2009, 20:18

smalonius hat geschrieben:Noch zwei Belege für die Kraft von Religion.

Erstens: religiöse Gemeinschaften sind langlebiger als weltliche.


Ist das eine Gute oder schlechte Nachricht? Hier zeigt sich doch im Kleinen, was die Religon im Großen ist: eine Anpassungsstörung.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon musicman » So 20. Dez 2009, 00:18

Was mir zu denken gibt, ist der Glaube mancher Atheisten, daß sie auf jeden Fall recht haben, also das hat teilweise schon religiöse Züge.
Bei Dawkins, den ich sehr schätze, fällt mir im Gotteswahn ein schon irrationaler Haß gegen alles religiöse auf, der über ein reines Ablehnen dieser Philosophie weit hinausgeht, es entstand bei mir oftmals der Eindruck eines persönlichen Beleidigtseins des Autors. Ich bin in der Sache bei ihm, aber beim lesen des Buchs hatte ich oft den Gedanken, warum regt er sich über die Dummeit der Hansel so auf, was kränkt ihn so ?
Das hatte etwas ereiferndes, das ich nicht nachvollziehen konnte, das ich ansonsten nur bei Gläubigen kenne.
Man trifft auch in Foren wie diesem auf dieses Phänomen, daß sich Leute gebärden, als hätte man sie persönlich beleidigt, dadurch das man ihre Sicht der Dinge nicht teilt. Es gibt eine Kaste von - ich nenn sie mal Berufsatheisten - bei denen es schon fast religiösen Charakter annimmt, wie sie die Sache angehen - ist mein Eindruck.

vallahu, musicman
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon Sabrist » So 20. Dez 2009, 11:01

Ganz einfach: "auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil".
Wenn Religiöse ihren Schwachsinn verbreiten, dann ist es den Aufwand nicht wert, sich damit höflich und zurückhaltend zu befassen. Das tun die Religiösen schließlich in ihrer grenzenlos arroganten Ignoranz auch nicht.
Wenn mir hier einer zB damit ankommt, dass Kreationismus eine akzeptable "Theorie" sei, dann würdige ich so einen Käse nicht mit einer langen und klugen Argumentation, sondern dann sage ich diesem Narren wohin er sich derartigen Schmarrn stecken kann.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 20. Dez 2009, 11:58

Sabrist hat geschrieben:Ganz einfach: "auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil".
Wenn Religiöse ihren Schwachsinn verbreiten, dann ist es den Aufwand nicht wert, sich damit höflich und zurückhaltend zu befassen.
Normale Höflichkeit scheint nur dann ein Aufwand zu sein, wenn man es nicht gewöhnt ist höflich zu sein. Immer grober Klotz und grober Keil zu sein, scheint mir hingegen sinnloser Aufwand zu sein.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon Julia » So 20. Dez 2009, 14:42

smalonius hat geschrieben:Zweitens: religiöse Menschen sind glücklicher:

http://bhascience.blogspot.com/2009/04/ ... eally.html

Und dass sie mehr Kinder kriegen nützt ihnen gar nichts, wenn es keine "Gottesgene" gibt, das Beispiel das von Edgar Dahl aufgegriffen wurde sollte ja nur zeigen, dass es nicht das Maß an Religiösität ist, welches die Anzahl der Nachkommen bestimmt, sondern die Sexualmoral der Religion.
http://www.wissenslogs.de/wblogs/blog/l ... ser-glaube

Auch aus meinem Feedreader:
Lachen sollte man überhaupt mal wieder öfter. Zum Beispiel über Spekulationen, dass gewisse Verhaltensweisen evolutionär im Menschen fest angelegt seien: Verhaltensweisen, die gerade dann in Populationen nachlassen, je weitgehender Menschen aus materiell-existenzieller Unsicherheit und sozialen Vorgaben befreit werden und damit mehr Freiheiten gewinnen, nach ihren eigenen Maßstäben (und gemäß ihrer eigenen Anlagen) zu leben. Unterhalb dieser Schwelle besteht die Veranlagung ansonsten vielleicht nur darin, jeden Scheiß mitzumachen, wenn er einem das Leben erleichtert. Aber weil die Art Veranlagung keine Lobby hat und sich nicht besonders nobel im Titel eines Instituts machen würde, wird es wohl noch einige Zeit dauern bis die Phänomen-Wahrsager in den gesellschaftswissenschaftlichen Instituten sowas groß herausstellen wollen — und davon absehen, Evolution weiter als allegorisch und analogisch zu begründende, denn als biologisch-mathematische Wissenschaft zu verstehen.

http://kamenin.wordpress.com/2009/10/25 ... evolution/
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon Julia » So 20. Dez 2009, 16:20

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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon smalonius » So 20. Dez 2009, 17:39

platon hat geschrieben:Gott ist eine Idee in den Köpfen von Menschen. Es gibt ihn nicht, denn Ideen sind nicht existent, aber das macht für die betreffenden Menschen keinen Unterschied.

Das bezweifelt hier wohl niemand. (OK, stine vielleicht.)
Jetzt erhebt sich nur die Frage, warum beeinträchtigt dann die Religion so sehr auch das Leben der Menschen, die nicht von dieser Idee besessen sind? Und warum darf sie das?

Religion sollte das nicht dürfen. Trennung von Staat und Kirche wäre eine feine Sache. Es gibt aber auch weltliche Gruppen, die ihre Interessen durchsetzen wollen. Ich sag nur halber Mehrwertsteuersatz für Hoteliers. :down:

Sabrist hat geschrieben:Wenn Religiöse ihren Schwachsinn verbreiten, dann ist es den Aufwand nicht wert, sich damit höflich und zurückhaltend zu befassen.

Es geht nicht darum, eine bestimmte Theologie zu widerlegen. Es geht darum zu erklären, warum Religion so weit verbreitet ist.

Die bisher gegebenen Antworten überzeugen mich nicht ganz. Mir kommt es fast so vor, als würde den Vorzeige-Atheisten ein Zacken aus der Krone fallen, wenn sie zugeben müßten, daß Religion - von mir aus auch Aberglaube - nützliche Auswirkungen haben kann.

Julia hat geschrieben:http://bhascience.blogspot.com/2009/04/atheists-are-unhappy-really.html


OK, sieht vernünftig aus.
Another key result is shown in the figure. The people with the high emotional stability are those at either extreme of the belief scale. The people with the problem are those in the middle. So it seems that, in this group at least, confident non-believers who have a like-minded peer group have similar emotional characteristics to the confident believers.

Widerspricht aber auch nicht dem was ich oben geschrieben haben, daß es nicht darauf ankommt, was die Leute glauben, sondern nur, daß sie etwas glauben. Quasi der starke Glaube - oder die starke weltliche Überzeugung - als Placebo Forte.

Julia hat geschrieben:Und dass sie mehr Kinder kriegen nützt ihnen gar nichts, wenn es keine "Gottesgene" gibt,

Das ist ein guter Einwand - abgesehen davon, daß es nicht um Gene, sondern um Kultur geht. Damit haben wir eine überprüfbare Hypothese. Man müßte zeigen, wie sich Religion verbreitet, ob von Eltern auf Kinder, oder aus der Gemeinde auf kulturellem Wege. Wenn man dabei keine Kontinuitäten findet, wird es für die obige These vom adaptiven Wert einer Religion schwierig.

Julia hat geschrieben:das Beispiel das von Edgar Dahl aufgegriffen wurde sollte ja nur zeigen, dass es nicht das Maß an Religiösität ist, welches die Anzahl der Nachkommen bestimmt, sondern die Sexualmoral der Religion.

Was zählt ist was die Menschen tun. Ihre Motive können dabei völlig falsch sein, solange sie nur das richtige tun.

Und natürlich ist es das Maß an Religiösität, das bestimmt, wie sehr sich Leute an die Sexualmoral ihrer Religion halten. (Wie sieht eigentlich die Sexualmoral von Hindus aus?)

Julia hat geschrieben:
Unterhalb dieser Schwelle besteht die Veranlagung ansonsten vielleicht nur darin, jeden Scheiß mitzumachen, wenn er einem das Leben erleichtert.

Hehe, da kann ich mit OT-Julia antworten: "In der Not ist das eine Tugend." =)

Aber weil die Art Veranlagung keine Lobby hat und sich nicht besonders nobel im Titel eines Instituts machen würde, wird es wohl noch einige Zeit dauern bis die Phänomen-Wahrsager in den gesellschaftswissenschaftlichen Instituten sowas groß herausstellen wollen — Evolution weiter als allegorisch und analogisch zu begründende, denn als biologisch-mathematische Wissenschaft zu verstehen.

http://kamenin.wordpress.com/2009/10/25 ... evolution/

Die Verhaltensforschung hat sich durchaus damit beschäftigt, welchen Scheiß Leute so mitmachen.

Die Bemerkung über Evolution ist schon fast ignorant. Seit über zwanzig Jahren wird versucht Kultur im Lichte der Evolution zu sehen - und der Versuch ist gespickt mit Algebra. Religion ist nur ein Spezialfall unter allen kulturelle Erscheinung.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon smalonius » So 20. Dez 2009, 18:23

Julia hat geschrieben:Nochmal zum Glück:
http://bhascience.blogspot.com/2009/11/ ... iphenom%29

Gutes Material. Genau darum gehts. Wissenschaft zu betreiben, und erst dann Urteile fällen - nicht aber vorher schon zu sagen, Religion ist so-und-so.

Religious service-goers tend to be happier. Teasing apart the data in more detail in a multilevel analysis that takes into account all sorts of national-level factors (wealth, democracy, corruption etc) and individual-level factors (personal income, health, education, number of friends, recreational activities, etc) shows that people who go to religious services and belong to religious organisations are happier.

Non-believers tend to be happier. In the same analysis, people who believe in god are much less happy. In other words, the happiest people are those who take part in the social side of religion but don't take all the god stuff too seriously.

(Hervorhebung von mir.)




Mal was Grundsätzliches, das ich in der aktuellen Debatte vermisse. William James hat bereits vor hundert Jahren etwas differenzierter argumentiert, als heute üblich.

Erstens ist Religion eine äußerst diverse Sache. Die Jonestown-Leute haben wenig mit den Quäkern gemein, um zwei Extrembeispiele zu nennen. Zweitens gibt es keine scharfe Grenze zwischen religiösen und sekulären Motiven.

William James - The Varieties of Religious Experience (1902)

MOST books on the philosophy of religion try to begin with a precise definition of what its essence consists of. Some of these would-be definitions may possibly come before us in later portions of this course, and I shall not be pedantic
enough to enumerate any of them to you now. Meanwhile the very fact that they are so many and so different from one another is enough to prove that the word ‘religion’ cannot stand for any single principle or essence, but is rather a collective name.

[...]

In the psychologies and in the philosophies of religion, we find the authors attempting to specify just what entity it is. One man allies it to the feeling of dependence; one makes it a derivative from fear; others connect it with the sexual
life; others still identify it with the feeling of the infinite; and so on. [...]

There is religious fear, religious love, religious awe, religious joy, and so forth. But religious love is only man’s natural emotion of love directed to a religious object; religious fear is only the ordinary fear of commerce, so to speak, the common quaking of the human breast, in so far as the notion of divine retribution may arouse it; religious awe is the same organic thrill which we feel in a forest at twilight, or in a mountain gorge; only this time it comes over us at the thought of our supernatural relations;

http://www.pinkmonkey.com/dl/library1/book1126.pdf
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon ujmp » So 20. Dez 2009, 18:29

smalonius hat geschrieben:Es geht nicht darum, eine bestimmte Theologie zu widerlegen. Es geht darum zu erklären, warum Religion so weit verbreitet ist.

Die bisher gegebenen Antworten überzeugen mich nicht ganz. Mir kommt es fast so vor, als würde den Vorzeige-Atheisten ein Zacken aus der Krone fallen, wenn sie zugeben müßten, daß Religion - von mir aus auch Aberglaube - nützliche Auswirkungen haben kann.


Es lässt sich sicher nachweisen, dass Kinder von Religiösen gerne Süßigkeiten essen. Das wird aber niemand auf deren Religion zurückführen. Man muss deshalb, wie bei jeder Hyphhese, Falsifikationsversuche machen, um sie zu testen. Es gilt also z.B. Lebenskonzepte zu finden, die nicht religiös sind und dennoch kinderreich, dennoch Zufriedenheit stiften usw. Oder Religionen, die nicht kinderreich sind. Die Religion greift ihre Selbstbeurteilungen erfahrungsgemäß (auch hier im Forum) völlig willkürlich aus der Luft, darauf muss man nun überhaupt nichts geben.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Vergleich mit dem Alkohol keineswegs nur Polemik ist. Ich fühlte am Anfang meiner religiösen Zeit eine vorher nie gekannte Geborgenheit und Lebenszuversicht. Nüchtern betrachtet, war das alles eine naive Ignoranz der Realität. Es ist genau, wie mit dem Suff: man fühlt sich eine Zeit unbeschwert und sorgenfrei, aber am nächsten Morgen hat man einen schweren Kopf - und seine Sorgen dazu! Und anstatt gesoffen gehabt zu haben, hätte man über Lösungen für seine Probleme nachgedacht haben können. Diese Lösungen fallen vielleicht nicht so großartig aus, wie die wundersamen Versprechungen der Religion, aber sie bringen einen wenigstens wirklich etwas nach vorn, während der Suff überhaupt nichts bewirkt. Manchen ist dieses Etwas, die Realität, zu wenig und sie besaufen sich gleich wieder. Wenn man sie fragt, geben sie natürlich nicht zu, dass sie Trinker sind - "supi, alles bestens". Sollen wir also sagen "Religion hat doch ihr Gutes, da sie die Leute betäubt"? Wie unwürdig!

Übrigens sagt sogar die Bibel "Wo viel Weisheit ist, ist viel Verdruss und wer Erkenntnis mehr, mehr Kummer" - was bedeutet es schon, dass sich jemand als "zufrieden" bezeichnet? Der Unterscheid zwischen Pessimisten und Optimisten ist bekanntlich der: Der Optimist meint in der besten aller Welten zu leben - der Pessimist befürchtet, dass das wahr ist.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon smalonius » Mo 21. Dez 2009, 17:22

ujmp hat geschrieben:Man muss deshalb, wie bei jeder Hyphhese, Falsifikationsversuche machen, um sie zu testen. Es gilt also z.B. Lebenskonzepte zu finden, die nicht religiös sind und dennoch kinderreich, dennoch Zufriedenheit stiften usw. Oder Religionen, die nicht kinderreich sind.

Da rennst du bei mir offene Türen ein.

Stephen Gould und Richard Lewontin haben in den siebziegern gegen die Adaptionisten gewettert, die überall biologische Anpassungen sehen wollen, obwohl vielleicht gar keine besteht. Ein typischer Adaptionist wäre Dawkins. Merkwürdig, daß der selbe Dawkins eine mögliche adaptive Komponente von Religion ziemlich kategorisch ablehnt.

Wie sehen die Möglichkeiten überhaupt aus?


- Religion ist eine individuelle Anpassung, weil sie ihrem Träger einen Vorteil verschafft.
- Religion ist eine Gruppenanpassung, weil sie ihren Gläubigen als Gruppe einen Vorteil verschafft, auch wenn individuelle Kosten damit verbunden sind.
- Religion ist eine Fehlanpassung, weil sich religiöse Führer mit ihr einen individuellen Vorteil auf Kosten des Fußvolkes verschaffen.
- Religion ist eine Fehlanpassung, bei der ein parasitisches Mem Besitz von den Gläubigen ergriffen hat. (Sofern man was auf Memetik gibt.)
- Religion war mal eine Anpassung, ist es heute aber nicht mehr. (Appetit auf süßes und fettiges war in der Urgeschichte eine Anpassung, heute ist er eher abträglich.)
- Religion ist ein Nebenprodukt. (Ein blanker Busen auf der Titelseite einer Zeitschrift erhöht die Verkaufszahlen, aber das ist nicht der Zweck von Busen.)
- Religion ist Zufall; kulturelle Drift.


Ich denke, daß man für jede dieser Möglichkeiten Beispiele finden kann in der Religionsgeschichte. Vorausgesetzt man macht sich die Mühe, näher hinzusehen.

ujmp hat geschrieben:Sollen wir also sagen "Religion hat doch ihr Gutes, da sie die Leute betäubt"? Wie unwürdig!

Nicht unwürdiger als zu einer politischen Partei zu gehören. Das betäubt die Leute meist auch. :pfeif:
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon platon » Mo 21. Dez 2009, 21:34

smalonius hat geschrieben:Nicht unwürdiger als zu einer politischen Partei zu gehören. Das betäubt die Leute meist auch.

Das ist nun ein Vergleich zwischen Äpfeln und Wollsocken. In eine politische Partei trete ich i.a.R. als erwachsener Mensch ein, nachdem ich entsprechend lange mit den Meinungen dieser Partei sympathisiert habe. In die Religion werde ich eingetreten, ohne, dass ich mich dagegen wehren kann.
Der Beitritt zu einer Partei ist ein Akt der eigenen Willensäußerung, der Beitritt zu einer Religion eine Vergewaltigung.
Könntest Du den dummen Spruch von der Betäubung durch Beitritt zu einer politischen Partei vielleicht mal erläutern?
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon ujmp » Mo 21. Dez 2009, 22:53

smalonius hat geschrieben:Wie sehen die Möglichkeiten überhaupt aus?

Was du über die Religion sagst, kann man auch über die Lüge sagen.
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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon stine » Di 22. Dez 2009, 08:19

smalonius hat geschrieben:- Religion ist eine individuelle Anpassung, weil sie ihrem Träger einen Vorteil verschafft.
- Religion ist eine Gruppenanpassung, weil sie ihren Gläubigen als Gruppe einen Vorteil verschafft, auch wenn individuelle Kosten damit verbunden sind.
- Religion ist eine Fehlanpassung, weil sich religiöse Führer mit ihr einen individuellen Vorteil auf Kosten des Fußvolkes verschaffen.
- Religion ist eine Fehlanpassung, bei der ein parasitisches Mem Besitz von den Gläubigen ergriffen hat. (Sofern man was auf Memetik gibt.)
- Religion war mal eine Anpassung, ist es heute aber nicht mehr. (Appetit auf süßes und fettiges war in der Urgeschichte eine Anpassung, heute ist er eher abträglich.)
- Religion ist ein Nebenprodukt. (Ein blanker Busen auf der Titelseite einer Zeitschrift erhöht die Verkaufszahlen, aber das ist nicht der Zweck von Busen.)
- Religion ist Zufall; kulturelle Drift.
Wenn du jetzt statt Religion "Sozialismus" oder "Kommunismus" einsetzt, dann passt es auch.

Religion ist eben mehr: Religion hat eine Leitfigur, die KEIN weltliches Interesse hat.

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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon stine » Di 22. Dez 2009, 08:21

platon hat geschrieben: In eine politische Partei trete ich i.a.R. als erwachsener Mensch ein, nachdem ich entsprechend lange mit den Meinungen dieser Partei sympathisiert habe. In die Religion werde ich eingetreten, ohne, dass ich mich dagegen wehren kann.
Dafür kannst du als erwachsener Mensch aus der Zugehörigkeit auch wieder austreten. Wir haben ja hier keine Religionspflicht.
Sich von einem Staatssystem zu distanzieren ist schwerer, wie die DDR gezeigt hat.

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Re: Ein Artikel zum Atheismus-Wahn. Was haltet ihr davon?

Beitragvon Sabrist » Di 22. Dez 2009, 10:33

Jaja, stine, wir wissen: Religionen sind toll und dein Christentum ist die wunderbarste Sache der Welt. Göttlich, fehlerlos und das Paradies auf Erden.
:gott:

Pech nur, dass du irrst...
Aber bekanntlich sind Diskussionen mit Religiösen völlig sinnlos.
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