Game over wegen Unsterblichkeit

Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Atanar » Do 4. Feb 2010, 00:21

Ich kann mir nicht vorstellen das Menschen die Beschäftigung ausgeht, man schaue sich nur mal an sie schon an wöchentlichen Pokerabenden oder sonstwelchen Freizeitaktivitäten Spaß haben. Oder wie ständig neue Spiele oder Sportarten erfunden werden. Und wenn man nach mehreren Tausend Jahren keine Lust mehr hat kann man sich ja immer noch (notfalls gegenseitig) umbringen.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon wolfgang » Do 4. Feb 2010, 09:24

@Charles Dawkins
Herzlich Willkommen in unserem Diskussionsforum! Dein Einstandsbeitrag ist ein sehr schöner. :applaus: Ich gehe zu 100% mit Dir konform.

Das mit der Hirnkapazität und unseren angeborenen Stärken habe ich nur gebracht, um Mark darauf hinzuweisen, dass wir einander auch bei dies- oder jenseitiger Unsterblichkeit nie gänzlich einander angleichen würden. Also Individualität würde uns wohl bleiben.

Frage an Religiöse: In welchem Alter bin ich im Jenseits? Als staunendes Kind, als aufbegehrender Jugendlicher, als sexuell aktiver Erwachsener, als gebrechlicher Greis? Das "Ich" ändert sich doch zeitlebens und ist nie gleich! Gibt es im Jenseits Sex und Kinder? Wenn ja, wie verlaufen dort die Geburten? Erleben wir überhaupt irgendetwas im Jenseits? Wenn ja, ändern diese Erlebnisse und Erfahrungen unsere Person? etc., etc.
Aber all diese Fragen und Gedanken sind ob ihrer Unvorstellbarkeit absurd und grotesk. Umso mehr erstaunt es mich, dass es Leute gibt, die dieses inhaltslose Unvorstellbare erhoffen und erwarten. Wie kann man sein Leben an inhaltslose Worthülsen ausrichten und orientieren?
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon ujmp » Do 4. Feb 2010, 11:05

Charles Dawkins hat geschrieben: aber irgendwann ist diese Harmonie auch dem Harmoniebedürftigsten zuviel.


Charles Dawkins hat geschrieben:Meiner Meinung nach wird der größte Wunsch eines ewig lebenden der endgültige Tod sein, der zweitgrößte Wunsch wäre eventuell eine Alzheimererkrankung... um nocheinmal das wunderbare Gefühl zu haben etwas neues zu sehen oder zu lernen, und um einfach nocheinmal staunen zu können..

Du überschätzt das Gedächtnis des Menschen. Glaub mir, sogar nach 20 Jahren kannst du über Dinge staunen, die du schonmal bestaunt hast, weil du dich an das erste Mal nicht mehr erinnerst. Deshalb würdest du auch irgendwann mal vergessen, dass du unsterblich bist. Die Leute vergessen ja auch in einem begrenzten Leben gelegentlich, dass sie sterblich sind.

Auch die Annahme, dass man irgendwann nichts mehr zu lernen hätte, ist unter dem Gesichtspunkt der begrenzten Gehirnkapazität unsinnig. Irgendwann musst du etwas von der Festplatte löschen, um etwas Neues lernen zu können.

Und wenn wir schon von Unendlichkeit reden, dann sollte uns auch gegenwärtig sein, dass auch die Vielfalt der Erlebnisse unendlich groß sein würde - wie könnte das langweilig werden?
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon stine » Do 4. Feb 2010, 11:33

wolfgang hat geschrieben:, dass es Leute gibt, die dieses inhaltslose Unvorstellbare erhoffen und erwarten. Wie kann man sein Leben an inhaltslose Worthülsen ausrichten und orientieren?
Das ist eine Frage der inneren Einstellung und der Wahrnehmung in dieser Welt. Wer nur sieht, was er vor Augen hat, kann das freilich nicht begreifen.
Glaube ist etwas sehr surrealistisches und deswegen ist es auch ganz egal, wie der Einzelne im Jenseits ankommen möchte:
wolfgang hat geschrieben:Als staunendes Kind, als aufbegehrender Jugendlicher, als sexuell aktiver Erwachsener, als gebrechlicher Greis?
such dir einfach was aus!

Naturalistisch gesehen könnte es durchaus sein, dass auch das menschliche Leben, genau wie das der Pflanzen ein wiederkehrendes ist. Die Form ändert sich nicht, nur die Person ist anders. Das heisst, unsere Materie ist solange unauslöschlich solange die Möglichkeit besteht, in dieser Form zu existieren.
Man könnte auch sagen, wenn ich gewusst hätte, dass ich als armes Afrikanerlein wiedergeboren werde, dann hätte ich doch in diesem Leben mehr in die dritte Welt gespendet. :mg:

LG stine
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Charles Dawkins » Do 4. Feb 2010, 21:04

wolfgang hat geschrieben:Umso mehr erstaunt es mich, dass es Leute gibt, die dieses inhaltslose Unvorstellbare erhoffen und erwarten. Wie kann man sein Leben an inhaltslose Worthülsen ausrichten und orientieren?


Das wiederum erstaunt mich nicht.
Dies hat nichteinmal unbedingt etwas mit Intelligenz zu tun, vielmehr mit Indoktrination, meist im Kindesalter.
Auch wenn es beim Menschen keine derartig starke Prägung wie bei Vögeln gibt, so ist es doch für den menschlichen Nachwuchs meist von Vorteil auf ältere Personen zu hören, seien es nun die Eltern, andere Verwandte oder Lehrer etc.

In den meisten Fällen ist dies auch gut so, und bewahrt die Kinder tatsächlich vor vielen negativen Einflüssen und Gefahren.
Leider kann man diese grundsätzlich erstmal nützliche Eigenschaft für andere Zwecke ausnutzen. Es ist relativ leicht Kinder zu fanatischen Kindersoldaten zu machen, sie zu Selbstmordattentätern werden zu lassen oder sie Plakate mit religiösen Hasstiraden hochhalten zu lassen (siehe Westboro Baptist Church).
Kinder sind sehr formbar, darum finde ich es wichtig Menschen frei zu erziehen, so dass sie später ihren Weg selber wählen können.
Erst mit einer gewissen geistigen Reife ist es den Menschen möglich freie, überlegte Entscheidungen für sich selber zu treffen.

Ein anderer Teil der Menschen die sich an diesen Worthülsen orientiert tut dies sicherlich auch aus anderen Gründen. Gruppenzugehörigkeitsgefühl, finanzielle/soziale Vorteile, Trost/Haltsuche bei psychischen Belastungen... all dies mag Menschen in die Fänge der Religionen treiben. Bildung und Umgang spielen bei diesen Faktoren sicher eine erhebliche Rolle.

Aber egal wie man in diese bemitleidenswerte Situation gelangt: Viele sind in ihrem Irrglauben extrem verwurzelt und halten an ihrer Vorstellung verzweifelt fest, auch wenn sie merken, das dem ganzen Lügenbgebilde Hand und Fuß fehlt.

Meinen tiefen Respekt haben die wenigen Gläubigen, die anfangen sich eigene Gedanken zu machen, und Atheisten werden.

Viele führen ein Leben auf niedrigem intellektuellen Niveau, und werden ihre einmal gelernte religiöse Überzeugung nichtmehr ändern. Dies gilt selbstverständlich auch für nichtreligiöse Dinge des Lebens, z.B. Homöotherapie. Der Hinweis, das es in Studien keinen nachweisbaren Effekt gibt, es also nicht über die Wirkung eines Plazebos hinauskommt, hält die Menschen heutzutage ja auch nicht davon ab 'alternative Medizin' zu nutzen. Man muss einfach in der Lage sein Dinge konsequent zu hinterfragen, ohne dabei den Fehler zu machen, schon von Anfang an ein Wunschergebnis zu haben.#

Zum Post von ujmp:
Du hast natürlich Recht. Aber wer sagt das sich im 'Himmel' alles genauso verhält wie auf der Erde?

Warum sollte das das Gedächtnis im 'Himmel' nachlassen? Das 'Ewige Leben' wird ja nach der Überzeugung vieler nicht physisch stattfinden. Also gibt es auch keine Apoptose, Zelltod etc.

Wenn nur Menschen in den Himmel kommen (nur diese haben ja eine 'Seele'), aber keine anderen Lebewesen, was soll ich dann als Tier/Botanikfreund mit der Ewigkeit anfangen?

ujmp hat geschrieben:Und wenn wir schon von Unendlichkeit reden, dann sollte uns auch gegenwärtig sein, dass auch die Vielfalt der Erlebnisse unendlich groß sein würde - wie könnte das langweilig werden?


Hmm... ich bin zwar kein Neurologe, aber ich wage es das zu bestreiten. Korrigiert mich bitte wenn ich falsch liege.

Ich denke, das das menschliche Gehirn sehr selektiv ist. Ereignisse werden kategorisiert, und mit anderen Ereignissen in gewissen 'Schubladen' verstaut.
Letztlich bekommt man daher auch immer wieder Déjà-vu Erlebnisse. Man meint dasselbe schoneinmal durchgemacht zu haben, obwohl man genau weiß das dies nicht sein kann. Mit dem Abstumpfen meine ich letztlich auch, das man kaum noch neue Information bekommt, die man nicht schon von vorneherein einer Kategorie zugeordnet werden kann. Etwas das also wirklich niemals in einer ähnlichen Form schonmal da war.

Wenn aber alles irgendwann schonmal in ähnlicher Form bekannt ist, so geht dies irgendwann in Routine über. Man stumpft ab, und die Zeit scheint schneller zu vergehen, da einfach nichts wirklich neues, für das Hirn bemerkenswertes neu hinzukommt.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon ganimed » Do 4. Feb 2010, 21:13

stine hat geschrieben:Naturalistisch gesehen könnte es durchaus sein, dass auch das menschliche Leben, genau wie das der Pflanzen ein wiederkehrendes ist.

Das Leben der Pflanzen ist ein wiederkehrendes? Stine, wie meinst du das?

stine hat geschrieben:Das heisst, unsere Materie ist solange unauslöschlich solange die Möglichkeit besteht, in dieser Form zu existieren.

Von der Möglichkeit kann ich mir nichts kaufen, würde ich da sagen. Die Materie ist wohl unauslöschlich und kann höchstens umgewandelt werden in Energie oder in was auch immer. Aber das sehr fragile Sammelsurium, das ich darstelle, ist nicht nur die Materie, aus der ich bestehe (und die ja teilweise fleissig zirkuliert und ausgetauscht wird) sondern ist die Struktur. Und dieses Stuktur ist sehr auslöschlich, wie dir jeder Vorschlaghammer bestätigen kann.

Der Glaube an die Widergeburt, so scheint mir, ist doch erkennbar nur ein psychologischer Wunsch nach zweiten Chancen in einer zeitlich linearen, singulären Existenz. Was bringt Menschen nur dazu, ihre Wünsche für wahr zu halten? Ich wollte immer fliegen können wie Superman. Aber mein Realitätssinn hielt mich bisher davon ab, es mal aus dem siebten Stock heraus zu versuchen.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Do 4. Feb 2010, 21:16

Charles Dawkins hat geschrieben:Meiner Meinung nach wird der größte Wunsch eines ewig lebenden der endgültige Tod sein,
Wäre möglich, wäre aber auch recht leicht zu bewerkstelligen, Unsterblichkeit aus Altersgründen bedeutete ja keine Unverletzlichkeit.
Charles Dawkins hat geschrieben:der zweitgrößte Wunsch wäre eventuell eine Alzheimererkrankung...
Sicherlich nicht, egal von was du Ahnung hast, davon hast du wohl - glücklicherweise - absolut keine Ahnung.
Charles Dawkins hat geschrieben: um nocheinmal das wunderbare Gefühl zu haben etwas neues zu sehen oder zu lernen, und um einfach nocheinmal staunen zu können.
Absoluter Unsinn, du hast absolut keine Peilung was es bedeutet Alzheimer zu haben, absolut keine Empathiefähigkeit. Nein, es ist sicherlich kein wunderbares Gefühl aufzuwachen und nicht zu wissen wo du bist, nicht zu wissen wer du bist, aber eben nioch zu wissen, dass du nicht weißt wo du bist, wer du bist, zu wissen, dass du nicht mehr weißt, wie die Schuhe zu binden sind, wie eine Tür auf geht, wie du dich anzuziehen hast. Man sollte vorsichtig sein, irgendwas zu behaupten, von dem man weniger als keine Ahnung hat. Dabei müsste man diese Ahnung nicht durch eigene Erfahrung oder Beispiele die man selber miterlebt hat, erworben haben. Man hätte auch nur mal in seinem bisherigen Leben für 5 Minuten sich '*irgendwo* damit beschäftigen brauchen, einen Zeitungsartikel lesen oder so.
Und wenn du einwenden magst, ja dies oben sei ja kurz vor dem Endstadium (= Tod) (zieht sich bei manchen aber noch lange hin), dann überlege mal, wie sich einsetzende Alzheimererkrankung andeutet: Du weißt, dass du immer mehr Sachen vergisst, du staunst nicht über neues, sondern du bedauerst erschreckt, dass du Sachen nicht mehr weißt, du du mal wusstest. Und zwar immer öfters, immer mehr. Du weißt, dass du gestern noch wusstest, wie was heißt oder funktioniert, du weißt dass du früher gewusst hast, wo die Hausschlüssel hängen ...
Alzheimer ist der Tod deines Gehirnes - und den bekommst du durchaus noch recht lange mit. Wenn dies einer deiner größten Wünsche ist

ujmp hat geschrieben:Du überschätzt das Gedächtnis des Menschen. Glaub mir, sogar nach 20 Jahren kannst du über Dinge staunen, die du schonmal bestaunt hast, weil du dich an das erste Mal nicht mehr erinnerst.
Woher willst du dies wissen? :mg:
Und normal ist/wäre dies nicht, wenn du es wirklich bestaunt hast. (Bestaunt/erstaunt ist jetzt für mich mehr als die Erkenntnis, "oha, die Huberstraße geht rechts von der Mayerstraße ab")
Du magst zwar als gesunder/nicht (beginnend) seniler Mensch darüber noch einmal staunen können und erneut erstaunt sein können, aber du wirst dich irgendwie trotzdem daran erinnern, dass du genau darüber schon mal gestaunt hast, die Sache bestaunt hast. (Da war doch was!)
Außer du bist so strukturiert, dass dich schon das Auftauchen eines roten (und/oder grünen) Ampelmännchens in einer Verkehrsampel regelmäßig aufs neue erstaunt.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Charles Dawkins » Do 4. Feb 2010, 21:37

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Sicherlich nicht, egal von was du Ahnung hast, davon hast du wohl - glücklicherweise - absolut keine Ahnung.


Entschuldige... Ich habe absolut nicht beabsichtigt mich in irgendeiner Form über die Erkrankung lustig zu machen. Ich habe lediglich eine Metapher gesucht für das Vergessen. Schließlich wird die Alzheimererkrankung auch in, zugegebenermaßen gemachmacklosen, Witzen als solche benutzt. Und ja... ich kenne die Erkrankung, habe sie beim Zivildienst auch (leider) kennengelernt. Ich wünschte es gäbe sie nicht, und wollte durch den krassen Kontrast nur verdeutlichen wie schrecklich ich diese verbreitete Vision vom ewigen Leben finde.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon ujmp » Do 4. Feb 2010, 22:12

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Du überschätzt das Gedächtnis des Menschen. Glaub mir, sogar nach 20 Jahren kannst du über Dinge staunen, die du schonmal bestaunt hast, weil du dich an das erste Mal nicht mehr erinnerst.
Woher willst du dies wissen? :mg:

Der Mensch ist vergesslich, das ist doch so was von trivial! Man kann sogar messen, wie schnell das geht. Es hängt davon ab, wie oft man sich mit einer Sache beschäftigt, wie oft sie sich wiederholt. Hast du 27 unbekannte Vokabeln gelernt, weißt du nach einer Stunde noch 9, nach zwei Stunden noch 3, nach drei Stunden noch eine und nach vier Stunden fühlt sich dein Gehirn wie neugeboren an - es sei denn du wiederholst die Vokabeln vorher.

Es ist auch bekannt, das "Daten" im Gehirn "überschrieben" werden können. Der Vergleich des Gehirns mit einer Festplatte ist zwar eine sehr grobe Vereinfachung, aber prinzipiell kann man es updaten. Neurologisch betrachtet würde die Langeweile, speziell die aus der Depression resultierenden biochemischen Veränderungen (Cortisol-Ausschüttung), dies vermutlich erzwingen.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 5. Feb 2010, 08:41

Charles Dawkins hat geschrieben:Entschuldige... Ich habe absolut nicht beabsichtigt mich in irgendeiner Form über die Erkrankung lustig zu machen.
Das ist ja das Schlimme. Ein Scherz wäre ein Scherz, manchmal vielleicht auch ein schlechter oder gar sehr schlechter. Aber deine vorgebliche Metapher war ja ernst gemeint, und war grottenschlecht und falsch. Und solltest du tatsächlich dich in deiner Zivildienstzeit mit Alzheimerpatienten auseinandergesetzt haben, dann hast du entweder absolut kein noch so kleines Verständnis dazu aufgebaut oder dir einen verfälschenden Schutzschild dagegen zugelegt. Zumindest für einen denkenden Menschen ist der in den Anfangsjahren noch bewusst miterlebte "Verlust des Gehirns" mit einer Metamorphose der eigenen Person zu einem sabbelnden, zu nichts mehr fähigen Etwas wohl niemals ein Ziel. Selbst wenn damit eine eintönige werdende unendliche Lebenszeit aus dem Bewusstsein gedrängt würde, naja, eher das Bewusstsein aus dem lebenden Körper. Da gäbe es sicher viele angenehmere oder zumindest weniger unangenehmere Methoden. Ein Selbstmord via Alzheimer steht sicherlich auf keiner Wunschliste.

ujmp hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Du überschätzt das Gedächtnis des Menschen. Glaub mir, sogar nach 20 Jahren kannst du über Dinge staunen, die du schonmal bestaunt hast, weil du dich an das erste Mal nicht mehr erinnerst.
Woher willst du dies wissen? :mg:

Der Mensch ist vergesslich, das ist doch so was von trivial!
*Sorry* war wohl etwas zu anspruchsvoll der flache Witz.

Und zum ernsten Teil (der nach Smilie und Zeilenumbruch):
Nein, ein gesunder und nicht seniler (auch nicht beginnend), durchscnittlicher Mensch wird nichts komplett, absolut und 100% vergessen, was er mal in seinem Leben bewusst wirklich bestaunt hat (das Wort stammt von dir). Er wird es vielleicht nicht mehr parat haben, aber er wird - wenn er dieses wieder bestaunt - sich mindestens aber daran erinnern, dass irgendwie in dieser Richtung schon mal was war. Wenn du schon ein paar Vokabeln echt bestaunst, dann gehörtest du in die Kategorie "Ampelmännchenbestauner".
Selbst Gehirnwäschen und ("natürliche") Traumata löschen Erinnerungen an wirklich bestaunte Ereignisse oder Objekte i.d.R. nicht aus, nicht einmal aus der bewussten Ebene der Erinnerung.
Vergessen normaler oder nicht bestaunenswerter Ereignisse ist normal und auch notwendig.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon ujmp » Fr 5. Feb 2010, 10:02

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Selbst Gehirnwäschen und ("natürliche") Traumata löschen Erinnerungen an wirklich bestaunte Ereignisse oder Objekte i.d.R. nicht aus, nicht einmal aus der bewussten Ebene der Erinnerung.
Vergessen normaler oder nicht bestaunenswerter Ereignisse ist normal und auch notwendig.


Mag ja sein (m.E. ist es nicht ganz so, bzw. ziehst du die falschen Schlüsse), das bedeutet aber nicht, dass ein ewiges Leben irgendwann zur Langeweile führt, da auch die Ereignisse unendlich verschieden sein würden. Man müsste dann irgendwann etwas aus dem Gedächtnis rausräumen.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 5. Feb 2010, 10:12

Zu dieser Schlussfolgerung habe ich ja gar nichts gesagt.
Diese hinge vermutlich woihl auch ganz von dem "Ewigkeitsstadium" ab, in dem "unendliches Leben" möglich wäre und wäre darüber hinaus wohl auch individuell unterschiedlich.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Nanna » Fr 5. Feb 2010, 18:28

Charles Dawkins hat geschrieben:Das wiederum erstaunt mich nicht.
Dies hat nichteinmal unbedingt etwas mit Intelligenz zu tun, vielmehr mit Indoktrination, meist im Kindesalter.
Auch wenn es beim Menschen keine derartig starke Prägung wie bei Vögeln gibt, so ist es doch für den menschlichen Nachwuchs meist von Vorteil auf ältere Personen zu hören, seien es nun die Eltern, andere Verwandte oder Lehrer etc.

Werden Vögel derart stark geprägt? Ich war immer der Meinung, dass die Fähigkeit, ein Individuum zu prägen von den sozialen Fähigkeiten der Spezies und der Dauer der Kindheit abhängt. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Vögel schon von Geburt viel fester "verdrahtet" sind, während man bei Menschen 15-20 Jahre braucht um die "Software" aufzuspielen und den Generalisten Mensch in seiner jeweiligen historischen und geografischen Umwelt überlebensfähig zu machen. Wenn man sich außerdem die kulturelle Varianz bei Menschen ansieht, die bei Vögeln nunmal kaum existiert, dann frage ich mich du da nicht was verwechselt hast - was jetzt nicht dein Hauptargument berührt, aber der Vergleich scheint mir sachlich falsch zu sein.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Charles Dawkins » Fr 5. Feb 2010, 21:47

@Nanna:
Nanna hat geschrieben:Werden Vögel derart stark geprägt? Ich war immer der Meinung, dass die Fähigkeit, ein Individuum zu prägen von den sozialen Fähigkeiten der Spezies und der Dauer der Kindheit abhängt. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass Vögel schon von Geburt viel fester "verdrahtet" sind, während man bei Menschen 15-20 Jahre braucht um die "Software" aufzuspielen und den Generalisten Mensch in seiner jeweiligen historischen und geografischen Umwelt überlebensfähig zu machen. Wenn man sich außerdem die kulturelle Varianz bei Menschen ansieht, die bei Vögeln nunmal kaum existiert, dann frage ich mich du da nicht was verwechselt hast - was jetzt nicht dein Hauptargument berührt, aber der Vergleich scheint mir sachlich falsch zu sein.


Der Vergleich ist auch falsch. Ich wollte zuerst etwas anderes schreiben, und hätte nocheinmal darüberlesen sollen...
Am besten streichst du den ersten Satzteil einfach.

@1von6,5Milliarden:
Ich hatte weder vor eine Diskussion zu führen über ein Wort das ich anders gemeint habe als du es auslegst, noch über irgendeine Erkrankung zu reden. Mir wegen einem zugegeben misslungenen Vergleich (für den ich mich bereits entschuldigt habe...) direkt Empathielosigkeit und andere Dinge zu unterstellen finde ich sehr heftig, traurig wie schnell du einen Menschen kategorisierst und verurteilst, von dem du nur einige Zeilen Text gelesen hast. Ich bin für Kritik offen, nur auf leichtfertige Vergleiche mit ebenso leichtfertigen Unterstellungen zu antworten finde ich nicht ok. Ersetze bitte in meinem Beitrag 'eine Alzheimererkrankung' gegen 'Vergessen zu können' und du hast das, was ich eigentlich meinte. Ich habe schlicht unterstellt im 'Ewigen Leben' gäbe es kein Vergessen. Ich werde mir künftig mehr Mühe beim ausformulieren meiner Gedanken geben .
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 5. Feb 2010, 22:16

Charles Dawkins hat geschrieben:traurig wie schnell du einen Menschen kategorisierst und verurteilst, von dem du nur einige Zeilen Text gelesen hast.
Bis jetzt habe ich dich noch überhaupt nicht kategorisiert, unterstelle nicht Sachen die du nicht wissen kannst, sonst kommst du irgendwann doch in eine Schublade, in der du vielleicht nicht sein wolltest.
Wie kommst du auf solchen Unsinn?
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Charles Dawkins » Fr 5. Feb 2010, 22:30

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Bis jetzt habe ich dich noch überhaupt nicht kategorisiert, unterstelle nicht Sachen die du nicht wissen kannst, sonst kommst du irgendwann doch in eine Schublade, in der du vielleicht nicht sein wolltest.
Wie kommst du auf solchen Unsinn?


1von6,5Milliarden hat geschrieben:Absoluter Unsinn, du hast absolut keine Peilung was es bedeutet Alzheimer zu haben, absolut keine Empathiefähigkeit.


Ich habe es so empfunden, würde aber jetzt gerne einen Schlusstrich ziehen.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Zappa » Fr 5. Feb 2010, 22:54

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Zumindest für einen denkenden Menschen ist der in den Anfangsjahren noch bewusst miterlebte "Verlust des Gehirns" mit einer Metamorphose der eigenen Person zu einem sabbelnden, zu nichts mehr fähigen Etwas wohl niemals ein Ziel.


Jetzt reg Dich mal ab!

So eine Demenz stell ich mir übrigens auch gar nicht mal so schlecht vor, von außen betrachtet mag das verstörend wirken. Diese Verstörung hat meiner Meinung nach mit Empathie recht wenig zu tun ...
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon ganimed » Fr 5. Feb 2010, 23:31

Also Mr. Dawkins ist ja neu bei uns und ich finde, die Angriffe gegen seinen Alzheimerbezug sind ziemlich heftig ausgefallen. Hier im Forum herrscht mitunter doch ein sehr rauer und unfreundlicher Ton. Ich fand es jedenfalls überhaupt nicht unpassend und hatte es auch so verstanden, dass es dabei nur um den Aspekt des Vergessens geht.

Das Vergessen ist ne wichtige Sache, je länger man lebt umso wichtiger. Es ist so wichtig, dass es ja bereits heute bei uns fest eingebaut ist, wie ujmp richtig feststellt. Damit sich kein Vokabelmüll ansammelt, wird erstmal alles wieder verworfen. Erst bei Wiederholungen wird erkannt, dass es wohl was Wichtiges ist, und es wird gespeichert. Wie ich letztens interessiert hörte, wird das Gespeicherte bei jedem Erinnerungsvorgang hervorgeholt and dann sozusagen neu und meist verändert wieder abgelegt. So entstehen verbogene und ungenaue Erinnerungen. Wenn ich tausend Jahre alt wäre, könnte ich also getrost wieder die alten Orte von früher aufsuchen und würde mit Sicherheit jede Menge Aha-Erlebnisse haben. Teilweise käme es mir bekannt vor, teilweise wäre ich überrascht, was sich alles geändert hat bzw. was alles falsch an meinen Erinnerungen ist. Ich fände das super. Man hätte dann Zeit, praktisch jeden Ort der Erde kennenzulernen und würde diese World-Tour-Of-Knowledge dann alle 700 Jahre neu durchführen. Eine ewige Tournee des Lernens. Ein bisschen Vergessen im eigenen Kopf und ein bisschen Veränderung auf der Welt und schon kriege ich ein Non-Stop-Unterhaltungs-Programm geliefert. Mir scheint die Welt ist groß genug für viele tausend Jahre reinsten Vergnügens. Die Angst vor Langeweile erscheint mir da eher als ein irrationaler Reflex vor den ungewohnten Perspektiven.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 5. Feb 2010, 23:41

Zappa hat geschrieben:Jetzt reg Dich mal ab!
Wie kommst du denn drauf, ich würde mich aufregen. Nein, dies würde anders aussehen :mg:
Zappa hat geschrieben:So eine Demenz stell ich mir übrigens auch gar nicht mal so schlecht vor, von außen betrachtet mag das verstörend wirken.
Dann hast du so eine Demenz noch nie miterlebt und dich auch wohl noch nie wirklich damit beschäftigt.
Zappa hat geschrieben:Diese Verstörung hat meiner Meinung nach mit Empathie recht wenig zu tun ...
Was für eine Verstörung? Wie gesagt, wenn du mal gesehen hast, gehört hast wie mancher (nicht jeder) Alzheimerpatient darunter leidet, wenn er merkt, dass er "blöd" wird (gehört, weil er es gesagt hat). Wenn du mal in die Augen geblickt hast, weil ein Alzheimerpatient erst seine eigenen Kinder nicht mehr erkannt hat und sich dann dafür in Grund und Boden schämt, wenn mal kurz das Hirn wieder ein bisserl in Schwung gekommen ist (auch wenn objektiv kein Grund zu Schämen da wäre, dies kannst du aber nicht mehr vermitteln). Nein, mich hat dies nicht verstört, ich habe es nur beobachtet.
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Re: Game over wegen Unsterblichkeit

Beitragvon Zappa » Fr 5. Feb 2010, 23:56

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Dann hast du so eine Demenz noch nie miterlebt und dich auch wohl noch nie wirklich damit beschäftigt.


Das Argument zieht nicht, habe schon einige demente Personen erlebt, allerdings nicht im Bekanntenkreis, also mit emotionaler Distanz. Denk dir also was besseres aus.

Ich sehe es ähnlich wie ganimed: Deine Attacke gegen das Beispiel mit dem M. Alzheimer war überzogen heftig. Deswegen meine Vermutung, dass dich das Thema emotional irgendwie anspricht.
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