Familienehre

Familienehre

Beitragvon xander1 » Mi 31. Mär 2010, 14:17

Wir kamen schon im Geschlechter-Faden darauf und letztens gab es auch ein Video auf spiegel.de und manchmal wird das in verschiedensten Medien Thematisiert: Die Ermordung und Zurichtung von Frauen aus islamischen Ländern, wenn sie die Famiilienehre verletzen.

Warum ich dieses Thema aufmache, und was ich mich frage, ist: Wie kommt es zu so einem Verständnis von Familienehre. Mir ist so ein Verständnis für Ehre völlig fremd.

Fehlt mir da etwas? Aus deren Sichtweise müsste doch unser Ehrverständnis völlig falsch und fehl am Platze sein.

In der Türkei gibt es einen hohen Prozentsatz an Männern, die so ein Verständnis von Familienehre haben und die Tötungen tolerieren aus diesem Grund.

Sind unsere Frauen in Deutschland und Europa deshalb unehrenhaft? Wie kommt es überhaupt zu einem Ehrbegriff bzw. zu solch einer abstrusen Vorstellung? Kommt sowas einzig aus dem Koran oder gibt es auch Wurzeln dazu im Menschen?

Ich meine bei so einem Ehrbegriff wundert es mich nicht, wenn Türken auf die Deutschen herabschauen und warum in der Folge Parallelgesellschaften zwischen Türken und Deutschen entstehen.

Inwiefern beeinflusst das die Evolution, wenn Frauen zwangsverheiratet werden? Müsste das nicht eigentlich durch den fehlenden Selektionsdruck einen negativen Einfluss haben und ist damit zu erklären warum Türken in Deutschland schlecht in der Bildung sind, wenn sie schon hier aufgewachsen sind und die deutsche Sprache beherrschen? Und hat diese falsche Selektion etwas mit der Kriminalität zu tun?
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Re: Familienehre

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mi 31. Mär 2010, 16:36

Manchmal frage4 ich mich wirklich ...

xander1 hat geschrieben:Mir ist so ein Verständnis für Ehre völlig fremd.
Dir ist einiges fremd :mg:
xander1 hat geschrieben:Fehlt mir da etwas?
Alter? Bildung?
xander1 hat geschrieben:Aus deren Sichtweise müsste doch unser Ehrverständnis völlig falsch und fehl am Platze sein.
Ist es. So wie nach deinem (und meinem) Verständnis deren Ehrgefühl vollkommen falsch ist.
xander1 hat geschrieben:In der Türkei gibt es einen hohen Prozentsatz an Männern, die so ein Verständnis von Familienehre haben und die Tötungen tolerieren aus diesem Grund.
Quelle, wer so (in dieser Art) behauptet, muss Belege liefern.
xander1 hat geschrieben:Sind unsere Frauen in Deutschland und Europa deshalb unehrenhaft?
In den Augen mancher Leute sicherlich, aber auch du (und ich), weil du (wir) diesen Begriff von Ehre nicht teilen.
xander1 hat geschrieben:Wie kommt es überhaupt zu einem Ehrbegriff bzw. zu solch einer abstrusen Vorstellung? Kommt sowas einzig aus dem Koran oder gibt es auch Wurzeln dazu im Menschen?
Nachdem du der Ansicht bist, du könntest rein aus Altersgründen bei weitem nicht mütterliche Gefühle bei dem Forenmitglied stine wecken, dann stimmt da "irgendwas" nicht. Denn wärest du so alt, dann wüsstest du noch aus deiner Jugend, zumindest aus deiner Kindheit (soweit keine Amnesie vorliegt), dass man keine südeuropäischen (katholischen) junge Frauen anschaut, sonst hat man ein (katholisches) Messer im Bauch. Ist/war selbstverständlich nicht (üblicherweise) wirklich so extrem.
xander1 hat geschrieben:Ich meine bei so einem Ehrbegriff wundert es mich nicht, wenn Türken auf die Deutschen herabschauen und warum in der Folge Parallelgesellschaften zwischen Türken und Deutschen entstehen.
Und schaust du nur aus diesen Gründen auf "Türken" herab oder gibt es für dich noch mehr Gründe?
xander1 hat geschrieben:Inwiefern beeinflusst das die Evolution, wenn Frauen zwangsverheiratet werden? Müsste das nicht eigentlich durch den fehlenden Selektionsdruck einen negativen Einfluss haben und ist damit zu erklären warum Türken in Deutschland schlecht in der Bildung sind, wenn sie schon hier aufgewachsen sind und die deutsche Sprache beherrschen? Und hat diese falsche Selektion etwas mit der Kriminalität zu tun?
Ja, ja, wenn du wenigstens ein bisserl Background (=> Bildung?) hättest ...
... dann wäre dir vielleicht bewusst, dass dies in D in ländlichen Gebieten bis nach dem Krieg (mehr oder minder rechtlich gedeckt) streckenweise auch noch nicht unüblich war.
Klar, die (ursprünglichen) deutschen Landbewohner sind alle dämlich und kriminell.

Du solltest wissen (Bildung?), dass die meisten heute hier lebenden jungen Türken Nachfahren von Gastarbeitern sind und diese originär schon aus "bildungsfernen Schichten" in der Türkei gekommen sind. Welche deutsch-christliche Hybris verleitet dich dazu zu glauben, alleine das Verpflanzen einer anatolischen, bildungsfernen Familie nach Deutschland würde diese plötzlich bildungsaffin machen? Noch dazu für unsere Bildung, wenn "wir" nicht einmal fähig waren, mit diesen Leuten auch nur halbwegs gebildet zu sprechen (typisch deutsche Unterhaltung mit türkischen Gastarbeiter war ja so etwas wie "du machen das, wenn fertig, du kommen, dann machen dies"). "Wir" haben ihnen gezeigt, dass Bildung nicht nötig ist, also woher sollten sie denn plötzlich Bildung als Selbstzweck verinnerlicht haben?
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Re: Familienehre

Beitragvon Charles Dawkins » Do 1. Apr 2010, 19:30

xander1 hat geschrieben:Inwiefern beeinflusst das die Evolution, wenn Frauen zwangsverheiratet werden? Müsste das nicht eigentlich durch den fehlenden Selektionsdruck einen negativen Einfluss haben und ist damit zu erklären warum Türken in Deutschland schlecht in der Bildung sind, wenn sie schon hier aufgewachsen sind und die deutsche Sprache beherrschen? Und hat diese falsche Selektion etwas mit der Kriminalität zu tun?


Puh... Ich tu mir schwer kulturelle Aspekte mit Evolution zu erklären. Und solche Sachen wie Bildungsstand und Heiratssysteme sind nunmal stark kulturell bedingt. Die Evolution ist eine wunderbare Theorie um die Artbildung zu erklären. Aber du scheinst eine völlig falsche Vorstellung von der Geschwindigkeit der Evolution zu haben. Bevor sich dort solche starken Auswirkungen manifestieren, wie du sie beschreibst, müssten schon viele Generationen ins Land gehen... Und selbst dann wäre es noch immer recht unwahrscheinlich, denn auch Türken heiraten nicht immer unter anderen Türken. Dies mag in der Mehrzahl der Fälle so sein, aber eben nicht immer. Eine Isolation ist somit schonmal nur sehr begrenzt gegeben.

Entscheidend bei den Ausländern in Deutschland sind die jeweilige Kultur und Lebensart, und ganz besonders das soziale Umfeld. Es hängt auch viel davon ab, wie die Kinder erzogen werden. Menschen werden nur innerhalb eines engen biologischen Rahmen dumm oder intelligent geboren. Natürlich gibt es Menschen, die von Natur aus dumm sind, oder Menschen die hochbegabt sind. Oftmals ist es aber viel entscheidender, was man aus den ursprünglichen Möglichkeiten macht, die von Natur aus angelegt sind. Wenn Kinder nicht frühzeitig gefordert werden und ihre Neugier 'entfacht' wird, dann kann es durchaus passieren, dass ein ansonsten vielleicht intelligentes und aufgewecktes Kind dumm bleibt und triviale Interessen hat.

Gerade aufgrund eines hinderlichen sozialen Umfeldes haben Kinder aus armen bzw. ungebildeten Familien oftmals Probleme etwas besseres zu erreichen als ihre Eltern. Dahinter steckt längst nicht nur die finanzielle Mittellosigkeit.

Würde man die Kinder die z.B. in Slums großwerden stattdessen in einer gebildeten Familie aufwachsen lassen, so würden sie sich geistig völlig anders entwickeln.

Wenn man bei Kindern in den ersten Lebensmonaten bis Jahren kein Umfeld schafft, in dem sie gedanklich aktiv werden können und gefordert sind, so werden sie dieses Defizit später nichtmehr aufholen können!

Viele heutige 'Dummköpfe' müssten also im Nachhinein ihren Eltern eigentlich in den Arsch tretren, denn diese haben wahrscheinlich während der wichtigsten Phase im Leben ihrer Kinder große, unverzeihliche Fehler gemacht!

Wer sich mehr Interessiert für Neurobiologie, wie z.B. den entscheidenden neurologischen Vorgängen im Kindesalter etc., dem kann ich die exzellenten DVD's mit Vorlesungen von Prof. Dr. Gerald Hüther sehr empfehlen. Ich weiß nichtmehr genau, woher ich diese bekommen hatte, aber es dürfte sich über seine Homepage regeln lassen.

http://www.gerald-huether.de/

...und zum Thema Familienehre: Dies ist in meinen Augen eine sehr bizarre, kulturelle Konstruktion. Wie Religion und vieles andere blanker Unsinn. Nur leider hält sich diese Vorstellung sehr zäh in den Köpfen derer, die daran glauben...
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Re: Familienehre

Beitragvon Twilight » Fr 2. Apr 2010, 14:18

Ich selbst kann mit dem Begriff der Familienehre auch nichts anfangen, vermute aber, dass es eher eine extreme Form eines Kontrollzwangs ist.

Nach dem Motto "Meine Tochter Yurdagül will nischt so wie isch es wüll."

Gewalttaten mit dem Motiv der Familienehre kommen immerhin immer dann zum Vorschein, wenn ein Familienmitglied (meist, wenn nicht sogar immer weiblichen Geschlechts) eine Lebensweise wählt, die dem Vater oder den Brüdern nicht passt. Ich habe noch nie von solchen Fällen gehört, bei denen Männer als Opfer angegeben werden oder ein echtes Verbrechen, für das sich die Familie schämen würde, als Motiv genannt wurde.

Nur so ein Gedanke von mir.
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Re: Familienehre

Beitragvon Zappa » Fr 2. Apr 2010, 14:26

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Manchmal frage4 ich mich wirklich ...


Dein Post ist ein gutes Beispiel für die alte Weisheit: Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten!

Meiner Meinung nach ist es übrigens auf lange Sicht die höhere Gabe gute Fragen stellen zu können, als vermeintlich auf alles eine Antwort zu haben. Nur mal so als Gedankenanstoß.
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Re: Familienehre

Beitragvon Zappa » Fr 2. Apr 2010, 14:54

xander1 hat geschrieben:Wie kommt es zu so einem Verständnis von Familienehre.


Ich weiß es auch nicht genau, aber ein starker Ehrbegriff war ja auch vor nicht allzu langer Zeit hier in Deutschland wichtig (eher für militäraffine Männer). Ehre ist ein soziologisches Produkt: Die (vermeintliche) gesellschaftliche Annerkennung für sozial konformes Handeln. Der Begriff bezieht sich dabei nicht nur auf das Individuum, sondern auch auf soziale Gruppen und Institutionen (Familienehre, Berufsehre etc. pp). Das Gegenteil der Ehre ist die Schande, die mit dem - zumindest teilweisen und ggf. zeitlich begrenzten - Verstoß aus der Gemeinschaft geahndet wird. Soziale Kontakte sind für uns alle sehr wichtig, insofern ist irgendeine Art der sozialen Anerkennung für uns essentiell. Ich habe mal längere Zeit in einem sehr kleinen Dorf gelebt, da ist so ein Aspekt wesentlich wichtiger, als in eine Stadt. Ich kann mir gut vorstellen, dass in sehr ländlichen Gebieten und bei Migranten der Druck hier ziemlich heftig werden kann.

In Gesellschaften, die stark tribalistisch und familiär orientiert sind, ist ein gesellschaftliches Funktionieren der Familie offenbar sehr wichtig. Dazu gehört die Akzeptanz der Regeln durch alle Mitglieder der Familie. Die zentrale Rolle der gesellschaftlichen Akzeptanz für das Überleben (jetzt vielleicht etwas dramatisch ausgedrückt) erklärt für mich auch die erhebliche Aggressivität, die ein Zuwiderhandeln auslöst. Twilight hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewalt i.d.R. gegen Frauen ausgeübt wird, insofern steckt wohl auch ein stark patriachalisches Weltbild dahinter. Je enger die sozialen Rollenmodelle (d.h. je geringer die Freiheit) sind und je abhängiger die Individuen von Anderen sind, desto stärker stelle ich mir die Wirkung einer Idee von Ehre vor. Das gilt auch für Gruppen, die einem starken äußeren Druck ausgesetzt sind oder sich bewusst vom Mainstream abspalten (Rocker- und Ganovenehre und - vielleicht ein etwas gewagtes Beispiel - Terrorgruppen). Nur durch das Einhalten der Regel durch aller Mitglieder dieser relativ kleinen Gruppe, ist diese überhaupt überlebensfähig.

Ein solches stark auf de Familie ausgerichtete Ehrverständnis findet man übrigens auch in südlichen Teilen Europas. Hier richtet sich die Aggressivität aber zumeist gegen "Feindfamilien" (Blutrache). Bei Wikipedia habe ich gefunden, dass unser Strafgesetzbuch auch "Straftaten gegen die Ehre" kennt, nämlich Beleidigung, Verleumdung und üble Nachrede.
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Re: Familienehre

Beitragvon xander1 » Fr 2. Apr 2010, 17:22

Kann das sein, dass wir deshalb nicht so ein Ehrverständnis haben, weil es bei uns eher auf den Beruf ankommt?
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Re: "Familienehre"

Beitragvon Gernot Back » Fr 2. Apr 2010, 17:36

Hallo Twilight!

Twilight hat geschrieben:Ich habe noch nie von solchen Fällen gehört, bei denen Männer als Opfer angegeben werden

Gerade aktuell kannst du dich in der Presse wieder mal vom Gegenteil überzeugen, auch wenn der dort behandelte "Ehren"-Mordfall an einem schwulen männlichen Familienmitglied schon knapp zwei Jahre zurückliegt. Bestimmt ist dies auch nicht der erste "Ehren"-Mordfall, aber der erste, über dessen homophobe Hintergründe der Lebensgefährte des Opfers, der hier in Deutschland aufgewachsen ist, offen spricht.

Gruß Gernot
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Re: Familienehre

Beitragvon xander1 » Fr 2. Apr 2010, 18:13

Wir sind eine Leistungsgesellschaft. Das ist der Grund, warum wir nicht so ein Ehrverständnis haben. Dafür hat Europa Selbstmorde bei der France Telekom und andere abscheuliche Sachen. Dazu kommt dass Deutschland die Melkkuh in Europa ist. Ich denke, dass Naturalisten eher Befürworter einer Leistungsgesellschaft sind, anstelle für den sozialen Zusammenhalt der in muslimischen Ländern praktiziert wird. In den Nachrichten wird immer nur das schlechte berichtet.
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Re: Familienehre

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 2. Apr 2010, 18:39

Zappa hat geschrieben:Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten!
so, so. :lachtot:
(Wäre übrigens m.E. mal tatsächlich interessant darüber zu diskutieren, wann eine Frage als dumm bezeichnet werden kann.)
Viel Spaß, du siehst ja die Weisheit und den schrägen Wind der dahintersteckt.
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Re: Familienehre

Beitragvon Dissidenkt » Fr 2. Apr 2010, 20:19

Der alberne Ehrbegriff hat mit dem Islam nichts zu tun. Dahinter steckt eine patriarchalische Gesellschaftsstruktur und nicht Religion. "Familienehre" gab es auch in Deutschland und auch hier mussten insbesondere Frauen und Mädchen darunter leiden - Männer haben sich im Zweifelsfall duelliert.
Wenn noch in den sechziger Jahren ein deutsches Mädel geschminkt und mit kurzem Rock auf die Straße ging, hat sie im Namen der Familienehre auch den Arsch versohlt bekommen. Kein Grund also mit dem Finger auf andere zu zeigen.
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Re: Familienehre

Beitragvon platon » Fr 2. Apr 2010, 22:57

Dissidenkt hat geschrieben:im Namen der Familienehre auch den Arsch versohlt bekommen. Kein Grund also mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Naja, ein klitzekleines bisschen sehe ich da schon einen Unterschied, ob man jemandem "den Arsch versohlt" oder sie absticht.
Ich meine, Du darfst Da ruhig anderer Meinung sein, Du wirst Dich aber nicht trauen, das hier zuzugeben. Oder?
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Re: Familienehre

Beitragvon Twilight » Sa 3. Apr 2010, 06:22

Gernot Back hat geschrieben:in der Presse

Danke. Damit zerbricht meine nicht so hübsche Theorie natürlich.

Was die Situation in Deutschland bis in die Nachkriegszeit angeht... Kann man die Sorge darüber, was "die Leute von einem Denken" weil die Tochter für allgemeine Begriffe zu freizügig herumläuft, wirklich mit Familienehre gleichsetzen?
Meine Oma redet in solchen Zusammenhängen immer nur von "Benehmen". Es wird auch keine Ehre verletzt sondern "die Leute tuscheln dann miteinander".

Dissidenkt hat geschrieben:Männer haben sich im Zweifelsfall duelliert.

Da ging es doch aber eher um persönliche Ehre als um Familienehre, oder?
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Re: Familienehre

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 3. Apr 2010, 07:54

platon hat geschrieben:Naja, ein klitzekleines bisschen sehe ich da schon einen Unterschied, ob man jemandem "den Arsch versohlt" oder sie absticht.
Der Unterschied hat aber nichts mit dem Begriff oder Erklärungsversuch der Ehre zu tun. Es sind nur andere Sanktionen. Das Prinzip ist identisch, tödliche "Züchtigungen" hat es auch gegeben und gibt es heute noch - aber sehr selten. Ob die Fallzahl bei "Ehrenmorden" bei uns insbesondere von Türken relativ oder gar absolut höher ist, als vom Rest der Bevölkerung, lässt sich schwer sagen. Es ist auf jeden Fall interessanter für die Medien und sie scheinen auch spektakulärer und vorsätzlicher (Waffeneinsatz) und geplanter (Verabredung mehrerer Personen).


Twilight hat geschrieben:Da ging es doch aber eher um persönliche Ehre als um Familienehre, oder?
Familienehre ist nichts anderes als die persönliche Ehre jedes Familienmitglieds die sich auch noch auf die persönliche Ehre jedes anderen Familienmitglieds auswirkt. "Ist meine Familie entehrt, bin auch ich entehrt".
Und duelliert hat man sich auch aus vielerlei Gründen, zur Not auch wegen der "Familienehre", aber wie gesagt, die Verletzung der Familienehre ist immer auch eine Verletzung der eigenen Ehre. (Nachtrag und Edit)... wenn man sich diesem Konstrukt der Familienehre verpflichtet fühlt.
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Re: Familienehre

Beitragvon Nanna » Mo 5. Apr 2010, 01:09

Zappa hat geschrieben:Twilight hat auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Gewalt i.d.R. gegen Frauen ausgeübt wird, insofern steckt wohl auch ein stark patriachalisches Weltbild dahinter. Je enger die sozialen Rollenmodelle (d.h. je geringer die Freiheit) sind und je abhängiger die Individuen von Anderen sind, desto stärker stelle ich mir die Wirkung einer Idee von Ehre vor.

Interessanterweise wird die Gewalt nicht nur gegen, sondern auch von Frauen ausgeübt. Frauen sind in patriarchalischen Gesellschaften durchaus stark mit daran beteiligt, dass die Strukturen aufrechterhalten werden, das merkt man meist, wenn eine "Aussteigerin" mal wieder ein Buch verfasst hat und beschreibt, wie sehr es oftmals die Frauen waren, die sie überwachten und an der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit hinderten. Es sind ja gerade in sehr tribalistischen Strukturen in erster Linie die Frauen, die mit den Mädchen zu tun haben, so strikt ist dort die Geschlechtertrennung, und dabei wird offenbar das Opferschema von den Frauen ganz automatisch weitergegeben, also ein in der Psychologie wohlbekannter Täter-Opfer-Kreislauf geschaffen, was die Sache doppelt schwierig zu beenden macht.

xander1 hat geschrieben:Wir sind eine Leistungsgesellschaft. Das ist der Grund, warum wir nicht so ein Ehrverständnis haben. Dafür hat Europa Selbstmorde bei der France Telekom und andere abscheuliche Sachen.

Die Suizide bei der France Telekom (war nicht Renault mehr in den Medien?) sind im Grunde ein Medienhype. Erstens ist die Suizidrate bei diesen Unternehmen gar nicht höher als bei anderen auch, die Medien berichten nur ausführlicher, zweitens kennt man den Nachahmereffekt bei Suiziden schon mehrere Jahrzehnte, weshalb seit ungefähr Anfang der 90er auch die Berichterstattung über Suizide eingestellt wurde und die Suizidraten z.B. bei U-Bahn-Suiziden massiv zurückging. Pauschal auf Ehrensuizide zu schließen halte ich für kaum untermauerbar.
Dazu kommt, dass gesellschaftlich akzeptierte bzw. erwartete Suizide kein Merkmal der mordernen westlichen Leistungsgesellschaft sind, sondern beispielsweise auch in der Adelsschicht des Alten Japan üblich war. Ein Samurai, der die sozialen Normen verletzt oder versagt hatte, musste sich selbst richten, andernfalls konnte die Ehre seiner Familie auf Generationen hinaus beschmutzt sein.

platon hat geschrieben:Naja, ein klitzekleines bisschen sehe ich da schon einen Unterschied, ob man jemandem "den Arsch versohlt" oder sie absticht.

Ich habe die 60er persönlich nicht erlebt, aber ich nehme an, dass es Morde aufgrund verletzter Ehrgefühle auch heute noch bei gebürtigen Deutschen gibt. Die Motive werden möglicherweise heute anders wahregenommen, beispielsweise können für das Gericht verwandte Motive wie Eifersucht und Neid (auf den selbstbestimmten Lebenswandel, ein freieres Sexualleben etc.) im Vordergrund stehen. Ehrenmorde werden bei uns heute auch anders, nämlich "Familiendramen", genannt, aber im Grunde dürfte das Prinzip ziemlich dasselbe sein. Allzuoft ist es der Vater, der glaubt, mit irgendeiner Schande nicht leben zu können, und dann sich und die ganze Famlie umbringt.
Das wird normalerweise allerdings nicht durch Schminke und Minirock ausgelöst, insofern hast du natürlich recht, dass die Kultur hierzulande eine andere ist. Man kann aus dem System Familie hierzulande einfacher aussteigen und sich gegen mögliche Übergriffe auch leichter schützen (Umzug, Auskunftssperre, Frauenhaus, Anzeige) und in Deutschland sozialisierte Frauen trauen sich das im Durchschnitt wahrscheinlich auch eher durchzuziehen.
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Re: Familienehre

Beitragvon xander1 » Mo 5. Apr 2010, 07:34

@Nanna:

Ja, das ist aber kein Widerspruch zu der These, dass wir ein anderes Ehrverständnis haben und dass dieses unser Ehrverständnis ausfüllt und dass deshalb weniger Platz ist für ein Ehrverständnis wie in islamischen Ländern. Außerdem soll der Ehrenmord angeblich nicht vom Islam stammen sondern schon davor praktiziert worden sein und aus Arabien stammen.
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Re: Familienehre

Beitragvon apfelsine » Di 6. Apr 2010, 17:18

Ehre ist mit Status verbunden. Jemanden die Ehre abzusprechen bedeutet auch das Verweigern von Rechten. Im Mittelalter bedeutet ehrlos einen verminderten Rechtsstatus.

Bei einem nicht entwickelten Rechtssystem ohne eine durchsetzungsfähige staatliche Autorität werden die Rechte des Einzelnen durch die Familien bzw. Sippe gewährleistet. Preis ist die Anpassung an familiäre Verhaltensregeln. Würde die Familie die Entehrung eines Familienmitglieds nicht rächen, würde sie ihrer Funktion als Rechtswahrer nicht nachkommen (und wahrscheinlich zerfallen). Dabei spielen auch wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle (Brautpreis: Jungfern kosten mehr, weil dann die Weitergabe der Gene des Mannes 'sicherer' ist).

Familienehre ist also primär keine theologische Angelegenheit. Dass sie mehr oder weniger deutlich in religiösen Offenbarungen vorkommen, liegt wahrscheinlich an den gesellschaftlichen Zuständen zur Zeit der Religionsstiftung.
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Re: Familienehre

Beitragvon xander1 » Mi 7. Apr 2010, 08:11

Da fragt sich doch, ob in naturalistischen Gesellschaften, die Familienehre auch so eine große Rolle spielen würde. Ich bezweifle das, aber das liegt wohl eher daran, dass sich Familienehre besser mit Traditionstreue verträgt, wahrscheinlich. Und traditionstreue Menschen wechseln mal nicht eben zum Naturalismus.

Es gibt allerdings auch ein Beispiel einer Familie, in der eine Tochter mit einem etwas hatte, der an eine andere Religion glaubt und deshalb in einen Hinterhalt geführt wurde und gesteinigt wurde dann von der eigenen Familie und mit dem Handy gefilmt wurde.
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Re: Familienehre

Beitragvon platon » Mi 7. Apr 2010, 17:53

Zappa hat geschrieben:Dein Post ist ein gutes Beispiel für die alte Weisheit: Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten!

Die Weisheit ist keine! Es gibt dumme Fragen.
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Re: Familienehre

Beitragvon Dissidenkt » Do 8. Apr 2010, 19:33

Falsch.
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