Warum gibt es Religionen?

Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon ganimed » Mi 16. Feb 2011, 21:19

Ich würde denken, dass Religion ein Teil der Kultur ist. Kultur ist der Oberbegriff, zu dem noch viele weitere Bereiche gehören.

platon hat geschrieben:Kultur ist Wandlungen, Zeitströmungen und einem gesellschaftlichen Diskurs unterworfen. Religion hat einen Ewigkeitsanspruch und widersetzt sich so lange es geht, Veränderungen.

Das stimmt nicht. Religion verändert sich ebenfalls ständig, insbesondere die Kultur innerhalb einer Kirche. Dogmen werden auf Konzilen geändert. Es entstehen ständig neue Abspaltungen mit neuen Betonungs- und Interpretationsvarianten. Es wird reformiert und gegenreformiert. Und alle halbe Stunde gründet jemand, weil er mit dem jetzigen Angebot nicht zufrieden war, seine eigene Religion. Und der Zeitgeist formt ständig neue, vage definierte Komponenten-Baukastensysteme, hier ein wenig Wiedergeburt, dort ein wenig Pantheismus, hier Dualismus, und alles irgendwie doch noch mit Teilen des althergebrachten Glaubens. Religion ist ein Teil der Kultur und ständig in Bewegung.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon platon » Mi 16. Feb 2011, 22:33

Ich habe von Religion gesprochen, Du von Religionen . Ich hoffe, Du kennst den Unterschied.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon ganimed » Mi 16. Feb 2011, 22:47

Das hoffe ich auch. Aber es sieht nicht gut aus. Hm, nein, ich verstehe nicht recht, was du meinen könntest.
Meinst du mit Religion den statischen Bestandteil, der sich nicht ändert? Und ReligionEN ändern sich, indem sie die statische Bestandteile austauschen?
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Telos » Do 17. Feb 2011, 00:25

So ist es. Platon hat sich da völlig verrannt.

1. Ist Kultur in ihrer konkreten Erfahrbarkeit nicht hierarchiefrei und 2. wandeln sich Religionen, indem sie in den Epochen unterschiedlich rezipiert und damit unterschiedlich gelebt werden. Wahrscheinliche unterstellt platon aufgrund der Unveränderlichkeit der Dogmen auch eine unveränderte Rezeption und Auslegung. Das wäre eine nicht statthafte Übertragung. Ein Blick in die Geschichte könnte ihn da eines Besseren belehren.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Telos » Do 17. Feb 2011, 00:28

musicman hat geschrieben:Auch sollte man Kultur nicht in den Kategorien gut/böse bewerten, manche Leute machen aus den Köpfen ihrer Feinde nette Trinkbecher, das ist ebenfalls Kultur, auch wenn es bei uns eher verpönt ist. Oft wird es so dargestellt, als wäre Kultur immer grundsätzlich etwas Gutes, aber das ist abhängig von Ort und Zeit.


Genau. Die Kultur der Azteken kannte das Menschenopfer. Für die christliche und philosophische Kultur Europas undenkbar.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon platon » Do 17. Feb 2011, 22:27

Für Abraham, euren Stammvater, war das noch ganz normal, dass sein Gott es von ihm verlangt hat. Blast euch nicht so auf.
So viel vorne dran ist euer christliches Abendland nicht.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon ganimed » Fr 18. Feb 2011, 11:46

Da kann man mal sehen, wie sehr sich die Religion gewandelt hat. Für Abraham war es noch gerade so akzeptabel, für uns undenkbar. Aber vermutlich hat sich die Religion nur deshalb gewandelt, notgedrungen, weil sich unsere Kultur, unsere Werte- und Moralvorstellungen gerade was das Opfern der eigenen Söhne betrifft, gewandelt haben.

Was ich ja eigentlich auch erstaunlich finde, für sich genommen. Das Buch der Bücher wird seit einigen hundert Jahren nicht mehr angetastet und es gibt unhinterfragbare Dogmen. Eigentlich sollte da jeder vernünftige Mensch annehmen, dass deshalb die Religion zur Unbeweglichkeit verdammt ist. Aber "Auslegung" und "Interpretation" machen es möglich, dass man es mit dem ollen Schmöcker locker ins 21. Jahrhundert schafft und sich ständig weiterentwickelt und anpasst.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon stine » Fr 18. Feb 2011, 12:57

ganimed hat geschrieben: Aber "Auslegung" und "Interpretation" machen es möglich, dass man es mit dem ollen Schmöcker locker ins 21. Jahrhundert schafft und sich ständig weiterentwickelt und anpasst.
Das lernt man schon im Deutschunterricht zum Thema Inhaltsangabe. Was wollte uns der Verfasser mitteilen?
Das gleiche gilt für die Kunst, was wollte uns der Künstler sagen?
In beiden Fällen lesen wir mit unserer ganz eigenen Auffassung und interpretieren unsere Gdanken in das Werk eines anderen.
Schon hier im Forum ist zu bemerken, dass die Posts unterschiedlich interpretiert werden, je nachdem wer mit welcher Intention an den Text rangeht.
So gesehen wird die Bibel immer unantastbar bleiben, weil sie je nach theologischer Sichtweise immer und überall angepasst werden kann.

Wer die Bibel wörtlich nimmt hat einfach keine Fantasie. :wink:

LG stine
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon ganimed » Fr 18. Feb 2011, 13:27

Ich könnte mir aber vorstellen, dass mit der Zeit doch einige Abraham-Passagen einfach zu sehr im Wege stehen und die Drum-Herum-Interpretation auf Dauer etwas weniger überzeugt als andere, modernere Ansätze.

Vielleicht wandern über lange Zeit die meisten dann doch zum Buddhismus ab und die alten Monotheisten geraten immer mehr ins Vergessen.

Vielleicht wird man in 30000 Jahren einen gewissen 2500-Jahre-Zyklus erkennen, die typische Halbwertszeit für einen bestimmten Religionsansatz, der dann jeweils durch modernere Varianten abgelöst wird. Irgendsowas.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon platon » Sa 19. Feb 2011, 17:54

stine hat geschrieben:Wer die Bibel wörtlich nimmt hat einfach keine Fantasie.

Wer die Bibel ernst nimmt, hat einfach keinen Verstand.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Telos » Sa 19. Feb 2011, 21:23

platon hat geschrieben:Wer die Bibel ernst nimmt, hat einfach keinen Verstand.


Wer die Bibel nicht ernst nimmt, hat mehrfach keinen Verstand.

Im Ernst: "Ernst nehmen" hat viele Facetten. Historisch wurde die Bibel "ernst" genommen, vor allem von den Leuten, die Verstand hatten. Inwieweit die Bibel für Interessen instrumentalisiert wurde, das ist ein anderes Thema.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Feb 2011, 21:33

Erklär mal warum man die Bibel von sich selber heraus eventuell ernster nehmen sollte, wie den Koran, das grüne Buch von Gaddafi, Grimms Märchen oder Mickey Maus Band 7 (ich habe nicht alles gelesen, ich habe keine Ahnung was im Micky-Maus-Band # 7 vorkommt, man mag nach belieben einen anderen Band nehmen.)
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Feb 2011, 21:37

zu deiner nachgeschobenen Änderung:
Telos hat geschrieben:Historisch wurde die Bibel "ernst" genommen, vor allem von den Leuten, die Verstand hatten.
Nein, ernst wurde die Bibel vor allem von Leuten genommen, die "keinen Verstand" hatten (wegen ihrer nicht vorhandenen Bildung wenig verstanden), instrumentalisiert wurde sie von den Leuten die Macht hatten.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Telos » Sa 19. Feb 2011, 22:03

Wir sind nun auf der Ebene des AgitProps, des Ressentiments angekommen. Ich habe keine Lust, das Thema auf diesem Level ins Unendliche zu verschwurbeln. Denn wer glaubt, dass Leute "keinen Verstand haben, die XYZ ....", den werde ich nicht vom Gegenteil überzeugen können oder wollen.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Feb 2011, 22:06

Du hast mit Unsinn angefangen, also wäre es an dir deinen Unsinn zu belegen, als mit noch mehr Unsinn weiterzumachen.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Mark » Sa 19. Feb 2011, 23:15

platon hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Wer die Bibel wörtlich nimmt hat einfach keine Fantasie.

Wer die Bibel ernst nimmt, hat einfach keinen Verstand.

Die Welt ist Grau.. ZUWENIG Verstand ;-)
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Mark » Sa 19. Feb 2011, 23:18

1von6,5Milliarden hat geschrieben:zu deiner nachgeschobenen Änderung:
Telos hat geschrieben:Historisch wurde die Bibel "ernst" genommen, vor allem von den Leuten, die Verstand hatten.
Nein, ernst wurde die Bibel vor allem von Leuten genommen, die "keinen Verstand" hatten (wegen ihrer nicht vorhandenen Bildung wenig verstanden), instrumentalisiert wurde sie von den Leuten die Macht hatten.


Wobei sich nachweisen lässt, daß so ziemlich alle Mächtigen von damals die Inhalte der Bibel wenig beherzigt zu haben scheinen.. Die Geschichte der europäischen Machthaber ist eine einzige Kriminalgeschichte von Wahnsinn und Gier. Es mutet schon komisch an, daß sich immer nur die "Unbedarfteren" an die Bibel halten..
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon mat-in » So 20. Feb 2011, 11:19

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Mickey Maus Band 7 (ich habe nicht alles gelesen, ich habe keine Ahnung was im Micky-Maus-Band # 7 vorkommt, man mag nach belieben einen anderen Band nehmen.)

Das Lustige Taschenbuch Band 7 wäre "Donald in 1000 Nöten". Da läßt sich sicher was für die persönliche moral und ethik draus ableiten. Mickey-Maus Heft 7 habe ich leider nicht.

Zurück zu weniger bunter Fiktion (ich hab nur so ne billigausabe von den zwei büchern, ohne Bilder):

Bevor wir so lange aneinander vorbei reden... Falls wir Verstand als einen Mix aus dem Persönlichektisparameter "offenheit für neue Erfahrungen", den Kognitiven Fähigkeiten in form des "IQ" oder im Ausbildungsgrad sehen wollen, sieht es schlecht aus für Religiösität:

Religiösität und kognitive Fertigkeiten sind negativ korreliert (Nyborg 2008, Stankov 2009, Kanazawa 2010).

Zur Ausbildung kann ich leider nur eine Studie von Larson and Witham (1998) zitieren:
BELIEF IN PERSONAL GOD 1998
Personal belief 7.0
Personal disbelief 72.2
Doubt or agnosticism 20.8

Es gab eine viel aussagekräftigere Statistik, bei der nicht nur die academy of science befragt wurde, sondern abgestuft nach bachelor, master, phd, professor unterschiedliche Ausbildungsstufen an der Universität und es ging runter auf 3% Glaube an gott bei den Professoren... war von nature? sciencemag? ich weiß es leider nicht mehr, und google haßt mich :(

Es gibt auch studien, das es früher weniger Atheisten waren, aber es gibt deutliche Anzeichen das diese sich nur nciht öffentlich äußern konnten...

Wir können also feststellen, daß der Glaube an Gott, Religiösität und damit wohl auch das "erst nehmen" der Bibel in einem Glaubenskontext negativ korreliert mit Offenheit, IQ und Ausbildungsgrad. Ich denke daher daß man durchaus davon sprechen kann, das Leute mit Verstand nicht glauben was in dem Buch steht / es nicht ernst nehmen.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » So 20. Feb 2011, 13:53

mat-in hat geschrieben: Da läßt sich sicher was für die persönliche moral und ethik draus ableiten.
War und ist mir bewusst :mg: Ich meine sogar, dass da relativ viel Ethik und Moral verpackt ist. Rudimentär dürfte sich wohl in fast jeder erzählenden Literatur eine (manchmal fragwürdige) Moral und Ethik herauslesen.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon platon » Mo 21. Feb 2011, 00:08

1von6,5Milliarden hat geschrieben:...dürfte sich wohl in fast jeder erzählenden Literatur eine (manchmal fragwürdige) Moral und Ethik herauslesen.

Ach, ist die "heilige Schrift der Christen" eine "erzählende Literatur" wie die Werke von Hermann Hesse oder Friedrich Dürrenmatt?
Nichts Göttliches? Nichts Ewiges? Einfach nur von irgend wem aus den Fingern Gesogenes? Da kenn ich aber einen kleinen alten Herrn, der gern mit spitzem Hut und roten Schühchen durch die Gegend läuft und ganz anderes behauptet. Irgendwie sollten wir da mal Klarheit reinkriegen.
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