Religiöses Vakuum

Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Mi 9. Nov 2011, 10:17

stine hat geschrieben:Ich finde, dass das eine eine Folge des anderen ist. Wer anfängt, philosophisch über das Sein nachzudenken, wird automatisch spirituell.
Hat nicht Albert Schweitzer das so ausgedrückt:" Jede tiefere Religiosität wird denkend, jedes wahrhaft tiefe Denken wird religiös."


Theologen behaupten gerne solches Zeug, bzw. versuchen oft rhetorisch zu beweisen, dass jeder der irgendwas macht, zwangsläufig auch spirituell, religiös, gläubig wäre.
Ich persönlich habe Philosophie als ernsthaftes akademisches Fach kennengelernt, das sogar ohne Metaphysik wunderbar funktioniert (die es auch in der Philosophie spätestens seit der linguistischen Wende kaum noch gibt – Spiritualität kann man somit letztlich als rein sprachliches Konstrukt auffassen).
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon xander1 » Mi 9. Nov 2011, 10:20

Das würde bedeuten, dass philsophieren zu Religiösität führt. Dabei ist Religion und westliche philsophie eher gegensätzlich, wenn es sich nicht gerade um Metaphysik handelt. Ich glaube jeder Philosophiestudent würde es verneinen, dass philosophieren zu religiösität führt. Ich denke, wenn das so ist, dann philosophiert man falsch oder hat kein gutes Verständnis davon was Philosophie ist.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon stine » Mi 9. Nov 2011, 14:23

Was versteht ihr beide eigentlich unter Religion?
Unter Spiritualität?
Vielleicht sollten wir erst einmal die Begrifflichkeiten klären.

LG stine
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon mat-in » Mi 9. Nov 2011, 15:50

stine hat geschrieben:Hat nicht Albert Schweitzer das so ausgedrückt:" Jede tiefere Religiosität wird denkend, jedes wahrhaft tiefe Denken wird religiös."

Jedes zu kompliziert ausgedrückte Geschwafel wird philosophisch und jede Philosphie läßt sich als zu kompliziertes Geschwafel ausdrücken! :fart2:
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon stine » Mi 9. Nov 2011, 16:40

Ich sehe: Du hast verstanden!

:respekt: stine
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 13:58

stine hat geschrieben:Was versteht ihr beide eigentlich unter Religion?


Eine Gemeinschaft von Menschen basierend auf ähnlichen metaphysischen Vorstellungen (wobei diese Vorstellungen in den seltensten Fällen frei gewählt sind).

stine hat geschrieben:Unter Spiritualität?


Jegliche Beschäftigung mit metaphysikalischen Begebenheiten, muss nicht in einer Glaubensgemeinschaft stattfinden, sondern kann im Gegensatz zur Religion auch auf völlig privater und subjektiver Erfahrung beruhen.

Ist beides jetzt sehr kurz gefasst, wenn ich beide Begriffe in ihrer vollen Komplexität beschreiben wollen würde, würde das aber bei weitem den Rahmen hier sprengen. So dürfte das wenigstens eine Tendenz beschreiben, in die meine Begriffe gehen.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 15:33

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich persönlich habe Philosophie als ernsthaftes akademisches Fach kennengelernt, das sogar ohne Metaphysik wunderbar funktioniert (die es auch in der Philosophie spätestens seit der linguistischen Wende kaum noch gibt…).


Das stimmt nicht! Die (sich nicht in bloßer linguistischer Analyse erschöpfende) Metaphysik ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allmählich wieder aufgeblüht und inzwischen wieder sehr lebendig. Im englischsprachigen Raum sind in den letzten Jahrzehnten viele hervorragende Bücher zu metaphysischen Themen erschienen.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 16:41

Myron hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Ich persönlich habe Philosophie als ernsthaftes akademisches Fach kennengelernt, das sogar ohne Metaphysik wunderbar funktioniert (die es auch in der Philosophie spätestens seit der linguistischen Wende kaum noch gibt…).


Das stimmt nicht! Die (sich nicht in bloßer linguistischer Analyse erschöpfende) Metaphysik ist in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts allmählich wieder aufgeblüht und inzwischen wieder sehr lebendig. Im englischsprachigen Raum sind in den letzten Jahrzehnten viele hervorragende Bücher zu metaphysischen Themen erschienen.


Ein paar Beispiele? Das würde mich wirklich interessieren, zumal das dann wirklich gut verschleiert wird, dass es das gibt.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon stine » Do 10. Nov 2011, 18:06

Teh Asphyx hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Unter Spiritualität?

Jegliche Beschäftigung mit metaphysikalischen Begebenheiten, muss nicht in einer Glaubensgemeinschaft stattfinden, sondern kann im Gegensatz zur Religion auch auf völlig privater und subjektiver Erfahrung beruhen.
dito :up:
Und somit kann auch ein Naturalist spirituelle Erfahrungen haben. Ich weiß nicht, warum das immer wieder von einigen negiert wird. Hier unterscheiden sich Religiöse von Nichtreligiösen nur in der Gottesfrage.
Religionen sind inzwischen so vielfältig, wie es Kulturen auf der Erde gibt. Allen gleich ist nur, dass sie denken, eine letzte Lösung für ihr Dasein gefunden zu haben.
Einzig hier hinkt der Naturalist hinterher, weil er darauf hofft, dass ihm die WIssenschaft irgendwann alles erklären können wird, seine Sinnfrage bleibt unbeantwortet.

LG stine
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 18:25

stine hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Unter Spiritualität?

Jegliche Beschäftigung mit metaphysikalischen Begebenheiten, muss nicht in einer Glaubensgemeinschaft stattfinden, sondern kann im Gegensatz zur Religion auch auf völlig privater und subjektiver Erfahrung beruhen.
dito :up:
Und somit kann auch ein Naturalist spirituelle Erfahrungen haben.


Das schließe ich auch absolut nicht aus. Der Unterschied beim Naturalisten liegt letztendlich im Umgang damit. Als Naturalist würde ich die Erfahrung, die ich gemacht habe, als Erfahrung in jedem Fall anerkennen, die Erklärung für die Erfahrung würde ich aber nur akzeptieren, wenn sie wissenschaftlich fundiert ist. Die Erfahrung mangels Erklärung zu leugnen halte ich aber auch nicht für sinnvoll.

stine hat geschrieben:Ich weiß nicht, warum das immer wieder von einigen negiert wird. Hier unterscheiden sich Religiöse von Nichtreligiösen nur in der Gottesfrage.


Ich negiere nur, selbst spirituelle Erfahrungen gemacht zu haben. Jedenfalls habe ich keine bewusste Erinnerung an solche.

stine hat geschrieben:Religionen sind inzwischen so vielfältig, wie es Kulturen auf der Erde gibt. Allen gleich ist nur, dass sie denken, eine letzte Lösung für ihr Dasein gefunden zu haben.
Einzig hier hinkt der Naturalist hinterher, weil er darauf hofft, dass ihm die WIssenschaft irgendwann alles erklären können wird, seine Sinnfrage bleibt unbeantwortet.


Gerade diese Offenheit schätze ich ja am Naturalismus. Ich sehe das nicht als Hinterherhinken, sondern als spannendes Abenteuer. Aber wenn schon alle geradewegs ins Verderben rennen, ist es ja vielleicht auch besser, hinterher zu hinken und wenigstens ein wenig von der Umgebung mitzubekommen. Ich jedenfalls erfreue mich daran. :^^:
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 18:25

Teh Asphyx hat geschrieben:Ein paar Beispiele? Das würde mich wirklich interessieren, zumal das dann wirklich gut verschleiert wird, dass es das gibt.


Da wird nichts "verschleiert"!
Hier einige Beispiele, die mir spontan einfallen:

Als Erstes empfehle ich dir die Stanford Encyclopedia of Philosophy mit zahlreichen Texten zu metaphysischen/ontologischen Themen:

http://plato.stanford.edu/

* Kim, Jaegwon, Ernest Sosa, and Gary S. Rosenkrantz, eds. A Companion to Metaphysics. 2nd ed. Malden, MA: Wiley-Blackwell, 2009.

* Laurence, Stephen, and Cynthia MacDonald, eds. Contemporary Readings in the Foundations of Metaphysics. Oxford: Blackwell, 1998.

* Le Poidevin, Robin, Peter Simons, Andrew McGonigal, and Ross P. Cameron, eds. The Routledge Companion to Metaphysics. New York: Routledge, 2009.

* Loux, Michael J. Metaphysics: A Contemporary Introduction. 3rd ed. New York: Routledge, 2006.

* Loux, Michael J., ed. Metaphysics: Contemporary Readings. 2nd ed. New York: Routledge, 2008.

* Loux, Michael J., and Dean W. Zimmerman, eds. The Oxford Handbook of Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2003.

* Lowe, E. J. A Survey of Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2002.

* Sider, Theodore, John Hawthorne, and Dean W. Zimmerman, eds. Contemporary Debates in Metaphysics. Malden, MA: Blackwell, 2008.

———

* Armstrong, D. M. A World of States of Affairs. Cambridge: Cambridge University Press, 1997.

* Armstrong, D. M. Sketch for a Systematic Metaphysics. Oxford: Oxford University Press, 2010.

(vielleicht der größte lebende Metaphysiker im englischsprachigen Raum)

* Heil, John. From an Ontological Point of View. Oxford: Oxford University Press, 2003.

* Lewis, David. On the Plurality of Worlds. Oxford: Blackwell, 1986.

* Lewis, David. Papers in Metaphysics and Epistemology. Cambridge: Cambridge University Press, 1999.

Zu Lewis siehe auch: http://plato.stanford.edu/entries/lewis-metaphysics/

* Lowe, E. J. The Four-Category Ontology: A Metaphysical Foundation for Natural Science. Oxford: Oxford University Press, 2006.

Noch ein Buch eines bedeutenden zeitgenössischen Philosophen, das bald erscheinen wird:

* McGinn, Colin. Basic Structures of Reality: Essays in Meta-Physics. Oxford: Oxford University Press, 2011.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 18:27

Myron hat geschrieben:Da wird nichts "verschleiert"!

Nicht von Dir, aber in der Wikipedia ist zum Beispiel kaum was darüber erwähnt, jedenfalls nicht im Artikel zur Metaphysik und wenn das bedeutende philosophische Literatur ist, finde ich das schwach und würde es durchaus als Verschleierung bezeichnen, das trotzdem nicht zu erwähnen.

Danke für die Empfehlungen, ich werde mal die Bibliothek der Open University danach durchforsten.

Würdest Du Heideggers Ontologie zur Metaphysik einordnen? Ich gehe bisher davon aus, dass da eine Trennung stattfindet.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 19:30

Teh Asphyx hat geschrieben:Würdest Du Heideggers Ontologie zur Metaphysik einordnen? Ich gehe bisher davon aus, dass da eine Trennung stattfindet.


Mir ist keine klare begriffliche Trennung bekannt.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 19:44

Myron hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Würdest Du Heideggers Ontologie zur Metaphysik einordnen? Ich gehe bisher davon aus, dass da eine Trennung stattfindet.


Mir ist keine klare begriffliche Trennung bekannt.


Metaphysik beschäftigt sich speziell mit dem sinnlich nicht mehr wahrnehmbaren, während die Ontologie sich mit dem Sein beschäftigt, was durchaus auch im physischen Rahmen stattfinden kann. Das ist jedenfalls mein Erkenntnisstandpunkt. Ontologie kann also, muss aber nicht in den Bereich der Metaphysik fallen.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon AgentProvocateur » Do 10. Nov 2011, 20:04

Teh Asphyx hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Da wird nichts "verschleiert"!

Nicht von Dir, aber in der Wikipedia ist zum Beispiel kaum was darüber erwähnt, jedenfalls nicht im Artikel zur Metaphysik und wenn das bedeutende philosophische Literatur ist, finde ich das schwach und würde es durchaus als Verschleierung bezeichnen, das trotzdem nicht zu erwähnen.

Meiner Erfahrung nach ist die deutsche Wikipedia, was Philosophie angeht, sehr schlecht, nicht empfehlenswert, (mit Ausnahme vielleicht von Artikeln über deutsche Philosophen). Es empfiehlt sich daher, lieber jeweils den englischen Wikipedia-Artikel zu lesen (oder gleich in der Stanford Encyclopedia of Philosophy das Thema zu suchen).
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 20:10

Teh Asphyx hat geschrieben:Metaphysik beschäftigt sich speziell mit dem sinnlich nicht mehr wahrnehmbaren, während die Ontologie sich mit dem Sein beschäftigt, was durchaus auch im physischen Rahmen stattfinden kann.


Das stimmt so nicht, denn "Metaphysik" ist nicht gleich "Hyperphysik". Die naturalistischen Metaphysiker beschäftigen sich mit derselben raumzeitlichen Wirklichkeit wie die Physiker, Chemiker und Biologen, da es ihrer Ansicht nach keine andere Wirklichkeit gibt. Freilich gibt es auch eine hyperphysikalistische, supernaturalistische Metaphysik, die abstrakte oder konkrete immaterielle Entitäten (jenseits von Raum und Zeit) postuliert (Platonismus, Spiritismus, Theismus).
Aber es gibt eben auch so etwas wie eine Metaphysik materieller Objekte, die durchaus sinnlich wahrnehmbar sind.
Siehe z.B: * Van Inwagen, Peter. Material Beings. Ithaca, NY: Cornell University Press, 1990.

"Twentieth-century coinages like ‘meta-language’ and ‘metaphilosophy’ encourage the impression that metaphysics is a study that somehow 'goes beyond' physics, a study devoted to matters that transcend the mundane concerns of Newton and Einstein and Heisenberg. This impression is mistaken."

(http://plato.stanford.edu/entries/metaphysics/)
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon mat-in » Fr 11. Nov 2011, 08:53

Und was machen die dann da im Raum von Physik, Chemie, Biologie, was nicht von diesen Fächern abgedeckt ist? :kg:
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Teh Asphyx » Fr 11. Nov 2011, 11:38

AgentProvocateur hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Da wird nichts "verschleiert"!

Nicht von Dir, aber in der Wikipedia ist zum Beispiel kaum was darüber erwähnt, jedenfalls nicht im Artikel zur Metaphysik und wenn das bedeutende philosophische Literatur ist, finde ich das schwach und würde es durchaus als Verschleierung bezeichnen, das trotzdem nicht zu erwähnen.

Meiner Erfahrung nach ist die deutsche Wikipedia, was Philosophie angeht, sehr schlecht, nicht empfehlenswert, (mit Ausnahme vielleicht von Artikeln über deutsche Philosophen). Es empfiehlt sich daher, lieber jeweils den englischen Wikipedia-Artikel zu lesen (oder gleich in der Stanford Encyclopedia of Philosophy das Thema zu suchen).

Ich hatte ja gehofft, dass wenigstens zu einem Thema wie „Metaphysik“ da was ordentliches steht. Aber ansonsten war mir das auch schon aufgefallen, zum Beispiel nervt es mich, dass bei jedem Philosophen, der dem Poststrukturalismus zugeordnet wird, irgendwo Alan Sokal auftaucht, als wäre seine Kritik da irgendwie bedeutend. Meiner Ansicht nach hat der sich damit einfach nur selbst ein Ei gelegt. Ich weiß aber auch, dass in der deutschen Wikipedia einige radikale Skeptiker unterwegs sind, die es auf „postmoderne Denker“ abgesehen haben.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Myron » Fr 11. Nov 2011, 21:45

mat-in hat geschrieben:Und was machen die dann da im Raum von Physik, Chemie, Biologie, was nicht von diesen Fächern abgedeckt ist? :kg:


Sie beschäftigen sich mit den metaphysisch-ontologischen Grundlagen oder Voraussetzungen wissenschaftlicher Theorien.
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Re: Religiöses Vakuum

Beitragvon Lumen » Fr 11. Nov 2011, 23:19

Vor allem @stine

Bitte verstehe, dass Menschen ungeachtet ihrer momentan vorherrschenden Ansichten ebenso denkende wie fühlende Wesen sind. Es ist (höchstwahrscheinlich) nichts (systematisch) anders. Einstellungen, Meinungen, Ansichten, Befindlichkeiten und so fort sind nicht gesondert in eine natürliche und übernatürliche Kategorie eingeteilt. Es sind strukturell diesselben Sachen. Nehmen wir einen Film: der kann alles mögliche für uns sein, kann uns wütend machen oder traurig, uns zum Lachen bringen oder knochentrocken informieren. Ich verstehe nicht, warum ein Qualitätsurteil gefällt wird, wenn die einen Menschen ihre emotionale Seite im Abenteuer-Liebesfilm und ihren Wissensdurst in Dokumentationen stillen, wohingegen andere eben immer die eine "Ultimative Sendung" anschauen, wo alles verquirlt wird. Warum drehst du daraus, so erscheint es mir, ständig einen Strick? Wieso sollen Menschen die Dinge etwas mehr trennen beeinträchtigt sein? Bin ich im Nachteil, weil ich nicht gleichgeschaltet bin, und keinen Christian Rock höre, Kumbaya singe und nicht als einziges Buch die Bibel gelten lasse?

Ich finde es befremdlich, dass die Vermischung von allem und Gültigkeit in allen Bereichen (=totalitär) noch immer einen positiven Unterton hat. Es ist doch grauenhaft. Jeder kann einsehen, dass eine emotionalisierende Sendung nicht unbedingt dazu anregt, unvoreingenommen zu informieren. Wenn die Info richtig ist, wozu dann Geigenmusik, Weichzeichner und glitzerne Augen? Warum sollen Leute, die das nicht in der Tagesschau haben wollen, automatisch minderwertig sein? Dürfen die nicht gleich danach in Mittelerde mitschmachten?

Fundamental gesehen ist die Bibel haargenau dasselbe wie der Herr der Ringe. Wenn das immer noch nicht verständlich ist, dann stell dir vor, dass hinten noch ein Kapitel aus einem Physikbuch reinkopiert wird. Wenn es immer noch Schwierigkeiten gibt, dann lass Gandalf die Schaubilder zum Urknall erklären, oder meinetwegen denke dir die Gleichungen zu Quantenphysik in einer Quenya-Gedichtsform. Nur haben manche Menschen für Unterhaltung das eine, und für andere Dinge was anderes. Sie kommen gut damit klar, dass sie ihre Partner lieben, müssen nicht auch diesen Bereich an Jesus abtreten.

Dass gewisse Religionen alles sein wollen, und dabei mit synästhetischen (alle Sinne ansprechenden) Gedöhns daherkommen, sich überall einmischen ist schlecht. Wenn ein "Gesamtkunstwerk" wie man es bei Wagner nennen würde, auch noch den Umgang im Schlafzimmer zu regeln gedenkt, dann sollte man eher skeptisch werden, statt latent zu postulieren, dem Atheisten fehle etwas. Theoretisch könnte jemand sogar alles christliche übernehmen und statt Batman-Fan eben Jesus-Fan sein, und dabei von der Weite des Universums in Ehrfurcht versetzt werden. Ein religiöser Fan ist auch nur ein Fan.

Das Übernatürliche gibt es nicht, auch nicht stellvertretend in irgendwelchen angenlich "besonderen" Zutaten in Menschen.
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