Deutsches Brights-Forum 2006 - 2014 (ARCHIV)

Hallo!
ich habe mich vor kurzem mit einem Freund über das Thema Gott, Religion und Evolution unterhalten und er schockte mich ziemlich mit seiner Einstellung. Er hat scheinbar völlig unreflektiert die Meinung seiner Großmutter übernommen, nämlich, dass Gott die Welt in 6 Tagen erschaffen hat (geht natürlich nur, weil Gottes Zeitrechnung eine andere ist als unsere), dass die Dinosaurier mit der Bibel vereinbar sind (weil es in der Bibel nicht heißt "am Anfang war..." sondern "im Anfang war...") und das mit dem vom Affen abstammen kann ja auch nicht so ganz stimmen, weil es die missing links gibt. Man muss auch noch dazusagen, dass er in keinster Weise bibelfest ist und die komplette Bibel auf die Essenz "liebe deinen Nächsten" reduziert und damit ganz zufrieden ist. Mir sträuben sich die Haare bei so viel fehlendem Nachdenken. Und genau da liegt auch das Problem. Er ist nicht dieser Meinung, weil er sich sowohl die Evolutionstheorie als auch die christliche Gedankenwelt angeschaut hat und dann zu einer für ihn logischen Schlussfolgerung gekommen ist; nein, er glaubt einfach seiner Oma. Ich bin am verzweifeln. Ich konnte ihn so aus dem Stegreif auch nicht wirklich überzeugen, deshalb brauche ich ganz dringend relativ leicht verständliche, wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema. Kann mir jemand ein Buch empfehlen, dass ich ihm geben könnte?
Vielen, vielen Dank..
Eukal

* Dawkins, Richard. Die Schöpfungslüge: Warum Darwin recht hat. Berlin: Ullstein, 2010. (erscheint am 13.10.)

* Mayr, Ernst. Das ist Evolution. München: Goldmann, 2005.

Mayr, E. 1982. Die Entwicklung der biologischen Gedankenwelt. Heidelberg: Springer (vielleicht nur noch antiquarisch).

Doch vielleicht ist es überzeugender als alle wissenschaftlichen Bücher, wenn du deinem Bekannten darauf hinweist, daß es sich bei der Schöpfungsgeschichte weder um einen wissenschaftlichen noch um einen protowissenschaftlichen und auch nicht um einen quasiwissenschaftlichen Bericht handelt. Sondern nur um einen systematisch gesetzten Anfang, damit es halt in der Bibelgeschichte "mal los" geht, vergleichbar dem "es war einmal" der Märchen.

Wissenschaftliche Bücher helfen deshalb nicht, weil den Leuten nicht klar ist, daß die Bibel kein wissenschaftliches Werk ist.

Schau dir einfach mit betreffender Person die Folge Simpsons zu dem Thema an; und nehmt jedes Mal einen heftigen Hieb Vodka, wenn Flanders herumde-diedel-dadel-deit.

laie hat geschrieben:Wissenschaftliche Bücher helfen deshalb nicht, weil den Leuten nicht klar ist, daß die Bibel kein wissenschaftliches Werk ist.

Wenn die Leute überhaupt was lesen scheint im o.g. Fall schon was gewonnen...

Danke für eure Empfehlungen.
Ich bin ein bisschen am Zweifeln ob ich ihm sein nettes kleines Weltbild nicht einfach lassen sollte.. Er ist glücklich und zufrieden und schadet auch niemanden damit, weil er überhaupt keine missionarischen Ambitionen hat (kann er auf Grund fehlendem Wissens und Glaubens auch gar nicht). Sollte man ihm seine Seifenblase überhaupt kaputtmachen? Und ihn damit völlig verunsichern?

@Eukal: Ich würde es so sehen, dass man ruhig mit Stacheln durch die Gegend laufen sollte und wenn dann eine Seifenblase zerplatzt, dann ist das halt so. Nicht gut fände ich, wenn man sich mit einem Speer bewaffnet und offensiv in die Seifenblasensphäre anderer Leute eindringt.

Will sagen: mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halten, bei sich ergebenden Diskussionen argumentieren und zu überzeugen versuchen, das wird sicher erlaubt sein. Aber aktiv zu missionieren und 'gute' Bücher besorgen, um 'irregeleitete' Menschen auf den 'rechten' Weg zurückzubringen, das fände ich nicht so gut.

Ich würde deinem Bekannten nur dann Bücher geben, wenn er dich danach fragt (oder er in einer Diskussion anzweifelt, dass es sie gäbe).

ganimed hat geschrieben:Will sagen: mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halten, bei sich ergebenden Diskussionen argumentieren und zu überzeugen versuchen, das wird sicher erlaubt sein. Aber aktiv zu missionieren und 'gute' Bücher besorgen, um 'irregeleitete' Menschen auf den 'rechten' Weg zurückzubringen, das fände ich nicht so gut.

Wenn diese irregeleiteten Menschen damit andere in die Irre führen (andere Seifenblasen die dran kleben bleiben mitreißen), dann sollte man da schon was gegen tun...

Nur leider läßt sich der Mensch kaum zum selbstreflektierten Denken und eigenständigen abwägen bringen, wenn er das partou nicht will (oder gar nicht kann? Interessanter Diskussionsaufhänger). Da sollte man es vielleicht auch versuchen, aber es wird jede Mühe ziemlich vergeblich sein.

Aktiv nach einzelnen, stillen Seifenblasen suchen muß man aber nicht, das stimmt wohl.

Christen werden niemals zugeben, dass die Bibel falsch ist und das hauptsächlich deshalb, weil sie die Werte der Gemeinde gut finden und diese leben wollen.

Es ist ganz einfach.

Das bedeutet, dass jede Diskussion darüber sinnlos ist, denn den Christen ist es nicht wichtig ob die Bibel wirklich Recht hat, sie tun nur so.

Von Dawkins ist im letzen Jahr erschienen.
The geratest show on earth - Evidence for evolution (Transworld Publishers; ca. 11 Euronen),
das mir sehr gut gefallen hat.
Der Titel der deutschen Übersetzung lautet (wesentlich polemischer als der Inhalt):
Die Schöpfungslüge - Warum Darwin Recht hatte. (erschient bei Ullstein; ca. 25 Euronen - dafür ist es teuer))

Je nachdem, wie Dein Freund auf den polemischen Titel reagiert, würde ich ihm das geben.

Alternativ: Dawkins - Der Gipfel des Unwahrscheinlichen (2001)

Der deutsche Titel der "Greatest show" scheint mir im wesentlichen "Werbungskrawall" zu sein - vgl. die Strategie bei Sarrazin: man nimmt einenTeilaspekt raus (oder überlegt sich einen übersaftigen Titel) und hofft, den Verkaufserfolg zu erhöhen. Es ist schon ärgerlich - gerade weil man mit dem deutschen Titel einige Leser, denen man das gerne geben würde, einfach nur abschreckt.

Stefan

Richard Dawkins - Der Gotteswahn.
Revidiert alle Hauptargumente der meisten Theisten überzeugend, ist wunderschön geschrieben und einfach zu verstehen.
Dein Freund kann sich ja nachher immer noch seine eigene Meinung bilden.

Falls du ein etwas kürzeres, trotzdem fundiert und unaufgeregt geschriebenes und weniger im öffentlichen Fokus stehendes Buch als die Dawkins-Werke bevorzugst, kann ich dir folgendes empfehlen:

Hoerster, Norbert: Die Frage nach Gott, München, 2. Auflage 2007 (beck'sche Reihe)

Darin geht es zwar nicht um Schöpfung vs. Evolution, dafür geht es grundlegender um die Frage, ob Gott existiert und wenn ja, wie er beschaffen sein könnte. Das Angenehme für den Theisten ist sicherlich, dass Hoerster die typische Argumentation der Theisten in aller Ruhe betrachtet und dann sachlich argumentiert, Dawkins kann sich einen feinen Spott oft nicht verkneifen, was ein vorsichtig in neue philosophische Welten tastender Theist abschreckend und, wenn er empfindlich ist, auch als verletzend interpretieren wird.

Das Wunder des Theismus: Argumente für und gegen die Existenz Gottes [Taschenbuch]
John Leslie Mackie

Möchtest du das Buch vorlesen oder verschenken?
Es macht nämlich äußerlich nicht so viel her.


LG stine

Eukal hat geschrieben: Ich konnte ihn so aus dem Stegreif auch nicht wirklich überzeugen, deshalb brauche ich ganz dringend relativ leicht verständliche, wissenschaftliche Literatur zu diesem Thema. Kann mir jemand ein Buch empfehlen, dass ich ihm geben könnte?

Hallo Eukal,
ich hätte noch einen Vorschlag, der zwar alles andere als wissenschaftlich ist, dafür aber mit Sicherheit leicht verständlich.
Ein Kinderbuch von Michael Schmidt-Salomon mit dem Titel "Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel" (http://www.schmidt-salomon.de/ferkel.htm).
Eine herrliche Geschichte! Und die Tatsache, dass die von der Leyen es auf den Index der jugendgefährdeten Schriften setzen lassen wollte (womit sie aber nicht durch kam), macht das Ganze für mich noch sympathischer. Und falls Dein Freund es nicht lesen will, kannst Du es ja ggf. seinem Kind zur Kommunion schenken

Hier kann man es legal herunterladen oder online lesen (allerdings nur auf Englisch):
http://www.ferkelbuch.de/ferkelbuch.pdf

Viele Grüße, Willi

stine hat geschrieben:Das Wunder des Theismus:

Will uns der Autor damit sagen, dass man sich über Theismus nur noch wundern kann? Scheint ein interessantes Buch zu sein.

platon hat geschrieben:

stine hat geschrieben:Das Wunder des Theismus:

Will uns der Autor damit sagen, dass man sich über Theismus nur noch wundern kann? Scheint ein interessantes Buch zu sein.

Der Titel ist ironisch gemeint, und das Buch ist in der Tat hochinteressant und höchst empfehlenswert.

cunik hat geschrieben:Hallo Eukal,
ich hätte noch einen Vorschlag, der zwar alles andere als wissenschaftlich ist, dafür aber mit Sicherheit leicht verständlich.
Ein Kinderbuch von Michael Schmidt-Salomon mit dem Titel "Wo bitte geht's zu Gott? fragte das kleine Ferkel" (http://www.schmidt-salomon.de/ferkel.htm).

Die Fragestellung hier legt aber eher einen anderen Buchtitel von Michael Schmidt-Salomon zur Empfehlung nahe:

Susi Neunmalklug erklärt die Evolution

Wie wäre es mit einem leeren Schreibblock, da kann man die Seiten sogar selbst bedrucken und beschreiben. Der eigenen Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?_ ... ck&x=0&y=0

Ja, am besten gleich den Oxford schreibblock, das wirkt gebildet ;)

Das ganze hat nur zwei Nachteile: Man stößt als nicht Experte (und manchmal auch als Experte) auf Fragen, die man nicht selbst beantworten kann und gedrucktes von-wem-auch-immer wirkt (leider?) immer seriöser.