Der Naturalisten Spiritualität

Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon ganimed » Fr 12. Nov 2010, 21:51

stine hat geschrieben:Religionen beweisen in ihrer Vorgehensweise, dass die kollektive Erfahrung der Spiritualität nachhaltiger und überzeugender ist.

Das nennt man wohl Gruppendynamik. Emotionen verstärken sich in der Gruppe. Neben der Religion ist auch das Public Viewing ein guter Zeuge dieses Effekts.

stine hat geschrieben:Irgendwie ist mir der spirituelle, kontemplativ-meditative Naturalist zu einsam.

Ich bin einer von diesen Misantropen, die sich bei Gefühlsverstärkung in der Gruppe oft sehr erschrecken und gleich das Gefühl von emotionalem Kontrollverlust haben. Ganz ohne Verstärkung und auf mich allein gestellt ist es aber dann auch für mich manchmal zu fad. Von mir aus sollte es ruhig viele Naturalismus-Angebote geben, wo in verschieden großen Gruppen ein joined feeling heraufbeschworen wird. So könnte jeder gemäß seines Typs die richtige Gruppengröße und den richtigen Emotionsverstärkungsgrad wählen.

Mir fällt als erstes das gemeinsame Sternengucken an. Man müsste sich unter Freunden zusammen finden und die Großartigkeit der unermesslichen Weiten des Alls erleben. Hm, Moment, das gibts ja schon. Zum Beispiel hier: Teleskoptreffen und andere astronomische Veranstaltungen

Was mich neben den Sternen ebenfalls emotional anrührt ist der Gedanke an die 3,5 Milliarden Jahre lange, ununterbrochene Linie von Lebensgenerationen, und an einem der vielen Linienenden stehe ausgerechnet ich kleines Würstchen. Unglaublich. Leider fällt mir nicht ein, wo dieses Thema bereits in Gruppen und einem geeigneten Eventrahmen gewürdigt würde. Ich behalte mir vor, eine entsprechende Fete unter dem Motto "kleine Würstchen am Ende einer ultralangen Tradition - nur max. 4 Leute" als Gegenveranstaltung zum hiesigen Schützenfest zu organisieren.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Myron » Fr 12. Nov 2010, 22:01

stine hat geschrieben:Aus diversen religiösen Veranstaltungen ist bekannt, dass gemeinsames Singen und Feiern einen großen Glücksimpuls setzt, ein nachhaltiges gutes Gefühl erzeugt.
Vielleicht sollte man sich da von den Schweden inspirieren lassen, die ihr jährliches Mittsommer gemeinsam mit Singen und Tanzen feiern. Irgendwie ist mir der spirituelle, kontemplativ-meditative Naturalist zu einsam.
Oder ich seh das nur wieder mal aus meiner weiblich, natürlich sozialintegrativen Perspektive zu einseitig.


Es gibt ein breites und schwer durchschaubares Spektrum an naturreligiösen, neuheidnischen Kulten, in denen Spiritualität gemeinschaftlich er- und ausgelebt wird: http://de.wikipedia.org/wiki/Neopaganismus.
Man müsste jene eigentlich im Einzelnen auf ihre Naturalismus-Kompatibilität hin untersuchen, aber bei animistischen oder schamanistischen Kulten ist diese gewiss nicht gegeben, und auch nicht bei theistischen Kulten, die spirituelle Gottheiten postulieren. Gegen die Auffassung, dass das Neuheidentum allgemein im philosophischen Sinne naturalistisch ist, spricht überdies Folgendes:

"Heidentum ist heute postmoderne Sinnsuche. Heidentum ist für Neuheiden alles, was sicher nicht kirchlich-christlich oder modern-aufgeklärt, sondern archaisch-naturmystisch, matriarchal-magisch oder nicht selten auch rassisch rein und urgermanisch oder ureuropäisch wirkt, und was sich dem neuheidnischen Gemüt in eigenen Ahnungen und Erfahrungen als geheimnisvolle Präsenz naturnaher göttlicher Kräfte erschliesst."
(http://relinfo.ch/neuheidentum/info.html)

In meinen Augen stecken die (neu)heidnischen Naturreligionen zu sehr im Sumpf des Esoterisch-Mystisch-Okkulten, als dass man sie für Naturalismus-kompatibel bzw. Brights-kompatibel erachten kann, zumal Letzteres ja ausdrücklich das Freisein der eigenen Weltanschauung von mystischen Elementen voraussetzt.

Philosophische Naturalisten dürfen freilich einer gewissen Naturromantik frönen, aber nicht in irrationale Naturmystik abtauchen.
(Wenn das Praktizieren einer Naturreligion in nichts weiter als dem ideologiefreien Veranstalten von Feiern im Grünen mit Sang und Tanz und dem Genießen von Lagerfeuerromantik besteht, dann dürfen philosophische Naturalisten daran selbstverständlich teilnehmen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.)
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Fr 12. Nov 2010, 22:12

Mir gefällt das Betrachten eines Sternenhimmels, wie ganimed das ins Spiel gebracht hat.
Ob wir dazu ein Lied singen müssen, wie "Wir sind alles kleine Würstchen, 's war immer so, 's war immer so...", weiß ich nicht. :winkgrin:

Mit dem mystischen Neuheidentum kann ich mich überhaupt nicht anfreunden. Darin steckt zuviel Aberglaube und das macht unfrei. Wenn man sich selbstgebastelte Weisheiten zum Gesetz macht, ist man noch schlechter dran, wie mit den 10 Geboten.

LG stine
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon xander1 » Sa 13. Nov 2010, 16:56

Wenn das was hier alles als spiritueller Naturalismus beschrieben wird richtig ist, dann war ich lange Zeit naturalistisch spirituell und bin es noch teilweise. Allerdings finde ich so eine enge Spiritualität verarmt und nicht zielführend. Sowas kann vielleicht Ablenkung aus dem Alltag bieten. Esoterische oder theistische Spiritualität erscheint mir da wesentlich psychoaktiver, wenn man sich den ganzen Quark einredet.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 21:43

Myron hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Ich finde das schon problematisch, wenn man ein naturalisitsches / aufgeklärtes / atheistisches (jaja, das ist nicht alles das gleiche aber ähnlich) Weltbild nicht von einem neo-paganistischen Hexenkraftglauben abgrenzt.
Die beiden Brights-Gründer, Futrell & Geisert, halten selbst das Druidentum und Wicca für Brights-kompatibel.

Ich hab mal ganz direkt nachgefragt, auf das "brights vs supers" pdf auf der homepage angesprochen, usw. und dort das vehemente echo bekommen das wicca, druidentum, selbst deismus (??!) brights kompatibel ist, wenn man es als kulturell/sozialen Hintergrund sieht und sich von den mystischen und übernatürlichen Eigenschaften gelößt hat... hmmmm.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Mark » Di 8. Feb 2011, 01:53

Dergleiche Friedensangebote haben stets bestanden ! Nie wollen "Sie" einsehen, daß alles viel einfacher wäre wenn sie schon Atheisten wären, dabei sind doch alle Menschen per se von Geburt welche.. :lachtot:
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Di 8. Feb 2011, 12:15

stine hat geschrieben: Aberglaube
könntest du dies mal definieren und begründen?
Warum ist welcher Glaube an was den Aberglaube? Und warum wäre er dies objektiv?
Per ursprünglicher Definition ist ja jeder Glaube der dem persönlichen, eigenem Glauben widerspricht ein Aberglaube.
Aber da du bisher nicht jeden als Abergläubigen bezeichnet hast, der nicht an Papst, RKK und die Jungfrau Maria glaubt, müssen deine Kriterien ja andere sein.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Di 8. Feb 2011, 12:55

Aberglaube ist der Glaube an unwissenschaftliche Abläufe, Dinge, Prozedere und Kaffeesatz.
Im Gegensatz zum Glauben, der ja immerhin theologisch begründet wird und Theologie nun mal eine anerkannte Lehre von Gott und über Gott ist, also als eine Wissenschaft bezeichnet werden kann.
Würde die Granderwassertheorie oder die Mondphasentheorie in der Universität gelehrt, wäre es kein Aberglaube mehr, sondern ein Glaube an die Funktionalität dieser Dinge.

Ich hoffe, ich konnte dir einigermaßen den Unterschied erklären, wenn nicht, dann hier nochmal: Aberglaube ist immer der Glaube der anderen!

=) stine
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Arathas » Di 8. Feb 2011, 13:17

Wobei man heutzutage im Alltags-Sprachgebrauch auch sagen kann: Aberglaube ist der Glaube an Übernatürliches (worunter natürlich auch christlicher, islamischer und sonstwelcher Glaube fällt). Und Theologie als Wissenschaft zu bezeichnen ist schon sehr krude. Glaubenschaft träfe es dann doch eher.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Di 8. Feb 2011, 14:54

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Aberglaube
könntest du dies mal definieren und begründen?

Ich bin nicht abergläubisch, Aberglaube bringt einem nur Unglück!

Mal im Ernst, der Unterschied der da besteht ist definitionssache. Reformierte Christen sind ja auch entweder abtrünnige Ketzer oder die einzigen die den Glauben noch unverwässert von weltlichem Pomp ausleben - je nach dem wen man fragt. Ich sehe da keinen Unterschied zwischen einem Aberglauben der mit Freitag dem 13. zu tun hat und einem Aberglauben der mit Ostersonntag zu tun hat.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon platon » Di 8. Feb 2011, 22:06

stine hat geschrieben:Aberglaube ist der Glaube an unwissenschaftliche Abläufe, Dinge, Prozedere und Kaffeesatz.... Aberglaube ist immer der Glaube der anderen!

Aberglaube ist eine Wortschöpfung, die die Überlegenheit und Richtigkeit des eigenen völlig irrationalen Glaubens gegenüber dem völlig irrationalen (Aber)Glauben der Anderen hervorheben soll. Aberglaube ist - Du schreibst es ja selbst - identisch mit Glauben.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon floyd » Mo 12. Dez 2011, 22:48

Myron hat geschrieben:Die Möglichkeit des Ersinnens und Entwickelns einer post-supernaturalistischen, naturalistisch-humanistischen Religiosität/Spiritualität besteht jedenfalls.

Sehe ich auch so.

Myron hat geschrieben:Die Begriffe der Religiosität und Spiritualität sind zwar im allgemeinen Sprachgebrauch dermaßen mit theistisch-supernaturalistischen oder esoterisch-okkultistischen Assoziationen aufgeladen, dass ich mich frage, ob es überhaupt Sinn macht, wenn Naturalisten sie sich zu eigen machen

Ich frage mich, welcher Begriff geeignet wäre, um den Begriff "Spiritualität" innerhalb von Diskussionen zw. Brights zu vermeiden?
Glaubt ihr es würde helfen, wenn man anstatt von "spirituellem Erlebnis" einfach von einer "starken Emotion" spricht? Ich meine so einen Moment den jeder bestimmt kennt, zB ausgelöst von einer ganz unspektakulären, gedankenlosen Naturbetrachtung, oder einem Blick zum Sternenhimmel? Vielleicht kommt man auf diesem Wege mit den "skeptischeren brights" eher in ein konstruktives Gespräch, als wie wenn man darauf besteht, den Spiritualitätsbegriff für solche Emotionen zu verwenden.
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Di 13. Dez 2011, 14:10

Dawkins spricht von "Magic", aber grenzt das auch klar ab von Bühnenmagie und Glauben an Zauberei. Ich denke auch nicht das in den Versen

Eichendorff hat geschrieben:Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.


von Magie ala Feuerkugeln werfen oder auf Besen reiten die Sprache ist. Das Problem ist, das Dichtung da eine Freiheit genießt, die man sich im Naturalismusdiskurs nicht leisten kann im Ausdruck.

Eigenes Wort erfinden? Wie wäre "Urgewargs!" Das klingt irgend wie mächtig, Ur-gewaltig und ist doch so weit weg von allen Worten, das man fein frei definieren kann was das Urgewargs ist, dem wir jeden Tag in der Natur mit Staunen und Bewunderung begegnen?

Der nächtliche, klare Sternenhimmel ruft in mir ein Urgewargs hervor... eine Verbindung mit Urgewargs... der Sternenhimmel ist Urgewargs...

Hmmm... vielleicht doch ein anderes wort? :(
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon floyd » Di 13. Dez 2011, 14:18

gut dem Kompromiss zu URGEWARGS würde ich sogar zustimmen.
Hauptsache man kann dann vernünftig miteinander sprechen!

:santagrin:
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Nanna » Di 13. Dez 2011, 16:50

Ich find's super! :lachtot:
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon floyd » Di 13. Dez 2011, 22:08

hier gibts hoffentlcih bald noch mehr URGEWARKS!
viewtopic.php?f=13&t=4010
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Bunte Kuh » So 5. Feb 2012, 22:00

Guten Tag an das Forum. Habe mich aufgrund dieses Themenstranges eben registriert.

Zum Thema: für mich ist es immer arg unverständlich gewesen, weshalb in säkularen Kreisen z. T. ein so ängstlicher Umgang mit bestimmten Begriffen vorherrscht. Spiritualität ist ein solcher Begriff. Dabei handelt es sich ja nun nicht um eine Fachterminologie, sondern um einen Begriff mit unheimlich langer Tradition und daher einhergehender Bedeutungsverschiebung.
Kurz und gut, weder ist es nötig den Begriff wie der Teufel das Weihwasser zu meiden, noch muss irgendeine Bindestrich-Semantik bemüht werden, als sei jemand eben nicht klassisch-spirituell (was auch immer das nun bedeuten soll), sondern naturalisitsch-spirituell.

Hauptgrund für die Anmeldung war, daß Metzinger einen für das Thema recht schönen Vortrag abgehalten hat. Einige werden ihn bestimmt schon kennen. Für alle anderen: der Vortrag lautet: Spiritualität und intellektuelle Redlichkeit: URL: http://www.youtube.com/watch?v=Mwhe_YNMArE

Er versucht sich dort an einer Begriffsbestimmung von Spiritualität, welche meiner Ansicht nach durchaus unproblematisch ist.

Grüße
Bunte Kuh
 
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon stine » Mo 6. Feb 2012, 13:22

Hallo @Bunte Kuh, willkommen hier!
Ich denke Spiritualität ist eine Sache der persönlich möglichen Befindlichkeiten. Es scheint tatsächlich auch dermaßen verkopfte Menschen zu geben, die so ein Gefühl niemals haben. Da kannst du auch einem Blinden erklären, was rot ist.
Die meisten Naturalisten scheinen aber dazu nicht zu gehören :mg:

LG stine
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon mat-in » Di 7. Feb 2012, 13:38

Das Problem ist nicht, das der Naturalist Angst vor dem Begriff hätte, sondern das man sich bei der Begriffsverwendung nun mal - genauso wie beim brüllen "Vorsicht Feuer!" Daran halten muß, was die meisten Menschen sich drunter vorstellen. Dazu kommt eben, daß man immer mal wieder alle Möglichen Bedeutungen von anderen Leuten denen es gerade in den Kram paßt an den Kopf geworfen bekommt. Für den Naturalisten selbst wäre Spiritualität kein Problem... URGEWARGS ist in den üblichen Diskussionen mit religiösen jedoch besser, da hat man Deutungshoheit und muß nicht "mein Begriff ist anders als dein begriff und ich meine Meinen Begriff wenn ich das sage und nicht deinen Begriff" rumdiskutiererei betreiben :^^:
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Re: Der Naturalisten Spiritualität

Beitragvon Vollbreit » So 23. Dez 2012, 00:56

Habe mir die Sendung angeschaut und ich schaue so etwas immer gerne.
Kritiker machen immer mehrere Dinge, die ich nicht ganz nachvollziehen kann, aber vielleicht können wir das in Ansätzen klären.

Zum einen sind Kritiker oft darauf aus, zu zeigen, wie der „Trick“ funktioniert.
Vorgeführt werden dann bestimmte Techniken, mit deren Hilfe man Leute manipulieren und hinters Licht führen kann, mal platter, mal geschickter. Diese Tricks habe fast alle gemeinsam, dass sie bei jedem funktionieren, sie nutzen einfach ganz basale menschliche Eigenschaften aus.

Da diese Tricks bei allen funktionieren, tun sie es z.B. in religiösen Kontexten, aber natürlich auch in allen anderen. Meinst Du nicht man könnte jemandem in 15 Minuten zum Atheisten machen oder ihm suggerieren, dass Schweine wiehern können?

Das Problem ist immer, dass man den eigenen Glauben als real ansieht und den der anderen als Trick. Die Verstärkung von Weltbildern, Glaubenssätzen usw., meinst Du die geschieht beim Atheisten-Stammtisch in Gütersloh nicht, wenn man den ganzen Abend Witze über Priester, UFOs und Globuli macht? Würde der Kritiker da nicht denken müssen, dass da Dinge in einen Topf gerührt werden und nebenbei eine operante Konditionierung und eine Suggestion durch die Mehrheit stattfindet? Auch Atheisten sind nicht gerne allein. Nee, da nicht, da wird nur aufgeklärt?

Eine drängende Frage ist, was bleibt da noch?
Darf ich vertrauen oder bin ich dann ein Esel?
Hast Du ne Antwort?

Müssen wir glauben, wem wir glauben können?
Skepsis in allen Lebenslagen und um ihrer selbst willen, ist das ein Fortschritt oder eine Krankheit? Hm?




Die andere Geschichte ist im Grunde die, dass Du vermutlich nicht davon abzubringen sein wirst, dass Mystik was mit übersinnlich zu tun haben muss und somit eben mit Betrug und/oder Leichtgläubigkeit. Wie übersinnlich man sich Mystik nun denken will, finde ich absolut zweitrangig, weil es nichts ändert.
Ob mir nun jemand sagt, er habe Kontakt zu astralen Wesenheiten oder das seien alles nur Hirnzustände ändert doch nichts am Wesentlichen, dem eigenen Erleben, was man entweder hat oder nicht hat.
Mit großer Sicherheit kann sich ein geschickter Täuscher als großer Erleuchteter ausgeben, aber was soll's? Es geht ja nicht darum jemandem zu folgen, sondern selbst Befreiung zu finden und letztlich kann sich jeder nur selbst verarschen.

Und wichtig ist das Gespräch der Abgleich, um zu wissen, woran man selbst erkennen kann, worum es geht und worum es nicht geht. Nur hat Mystik eben nichts von Mystizismus, Chögyam Trungpa, bringt das schön auf den Punkt:

Chögyam Trungpa hat geschrieben:Wir erkennen, dass die Suche nach Schönheit oder irgendeinem philosophischen Lebenssinn uns nur zur Selbstrechtfertigung dient, um sagen zu können, dass die Dinge ja gar nicht so schlecht sind, wie wir denken. Doch tatsächlich sind die Dinge so schlecht, wie wir denken! Form ist Form, Leerheit ist Leerheit, die Dinge sind nichts als das, was sie sind und wir brauchen nicht zu versuchen sie unter irgendeinem tiefgründigen Aspekt zu sehen. Schließlich landen wir mit beiden Beinen auf der Erde und wissen nun, wie die Dinge wirklich sind. Dazu müssen wir keine göttliche Eingebung oder mystische Vision mit Erzengeln, Cherubim und lieblicher Sphärenmusik erlebt haben. Die Dinge werden einfach so, wie sie sind, ihrem eigenen Wesen nach wahrgenommen. Somit ist Shunyata in diesem Falle der völlig Verzicht auf irgendwelche Begriffe oder Filter, selbst auf de Begriffsbildung „Form ist Leerheit“ und „Leerheit ist Form“. Es geht darum, die Welt auf eine unmittelbare Art und Weise zu sehen, ohne den Wunsch nach einem „höheren“ Bewusstsein, nach mehr Bedeutungsschwere oder Tiefgründigkeit zu haben. Die Dinge werden direkt so wahrgenommen, wie es ihnen ihrer eigenen Berechtigung nach zukommt.
Chögyam Trungpa, Spirituellen Materialismus durchschneiden, 1973, dt. 1989 Theseus-Verlag. S. 203f)


Das sind natürlich auch erst mal nur Worte, jeder kann von Shunyata reden und schwülstig oder betont normal oder sonst wie reden, schwer genug sich selbst auf die Schliche zu kommen, da würde ich die Energie reinstecken.
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