Kritik am Islam

Kritik am Islam

Beitragvon chulinn » Fr 25. Mär 2011, 12:14

Nach dem letzten Thread frage ich mich ob es vielleicht an der Zeit wäre eine möglichst
objektive Diskussion um die Religion des Islam zu starten. Welche Kritikpunkte könnte
man anführen?

1. Der Name "Islam" steht für Unterwerfung. Eine kritische Betrachtung der Religion
ist also nicht nur nicht gewünscht, sondern wird sehr schnell als Beleidigung angesehen.
Hier werden (anders als bei quasi jeder anderen Religion) auch sehr schnell
Todesdrohungen ausgesprochen.

2. Mohammed ist auch über jede Kritik erhaben. Wenn man die Berichte über sein
Leben liest fragt man sich aber was an ihm so vorbildlich gewesen sein soll. Eine
Diskussion ist auch hier kaum möglich, man hat ratz fatz 1,4 Milliarden (oder wieviel
auch immer) Muslime beleidigt.

3. Menschen wie Sam Harris, Christopher Hitchens und Richard Dawkins haben wiederholt
den Islam als die gefährlichste Religion auf diesem Planeten bezeichnet. Es gibt zwar nur
ein Version des Koran, aber die Auslegung des arabischen Textes ist alles andere als
eindeutig, und bei den vielen Hadithen wird es völlig unübersichtlich. Man kann also sehr
einfach einen friedlichen bzw. einen aggresiven/kriegerischen Islam mit Koranzitaten
und Hadithen belegen, ganz wie es gerade opportun ist. Der Terroranschlag von Arid U.
am Frankfurter Flughafen hat gezeigt wie schnell die Radikalisierung gehen kann, das ist
so wohl auch nur im Islam möglich.

4. Der Islam geht weit über eine Religion hinaus, der totalitäre Charakter ist unverkennbar.
Auch wenn sich in den meisten islamisch dominierten Ländern die Menschen zum Glück
nicht so streng an die Vorgaben halten gibt es doch auch immer Strömungen den "ursprünglichen"
Islam wiederzubeleben.

5. Der Islam ist hoffnungslos statisch. Alles steht (angeblich) ausreichend klar und für alle Zeiten
fest im Koran geschrieben. Im Zweifelsfall nimmt man noch die Hadithe dazu, aber das wars dann.
An dem engültigen Wort Gottes darf kein Jota geändert werden. Mohammed war der letzte Prophet,
Klarstellungen sind also nicht zu erwarten. Falls also z.B. die Menschheit jemals die Erde verlassen
und z.B. auf Mars siedeln sollte, wie halten es die Mohammedaner dann mit dem Beten und Fasten?
Nur so als Beispiel. Auch viele Muslime sind der Meinung dass der Islam zutiefst reformbedürftig wäre,
aber das ist im Islam noch viel schwieriger als in anderen Religionen.

Ein Zitat von Rod Little bringt es (finde ich) ganz gut auf den Punkt:
My speech expressed a profound dislike of the ideology of Islam because it lends itself to
a) homophobia, b) the subjugation of women, c) anti-semitism d) viciousness towards so-called
apostates, e) authoritarianism and f) a somewhat medieval approach towards crime and punishment.
And then theres the barbarism of female circumcision, forced marriages and the notion that those
who are not Muslims are not quite human, that their lives are worthless. These last three
manifestations of Islamic thought are not universally present throughout the Islamic world,
for sure. But the ideology facilitates them, offers them a weird sort of legitimacy.

Quelle: http://www.spectator.co.uk/essays/all/6650198/islamophobia-not-until-after-dessert.thtml

Ich bin mir der diversen weltanschaulichen Unterschiede zwischen z.B. Schiiten und Sunniten durchaus bewusst,
halte aber die Unterschiede für relativ gering. Die Kritikpunkte von Rod Little gelten ja auch für alle
Spielarten des Islam.

Was meint ihr?
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Pyrion » Fr 25. Mär 2011, 13:56

Dazu kommt, dass der Koran eine eingebaute Auflösung von Widersprüchen hat. Wenn es zwei Verse im Koran gibt die sich widersprechen, dann ist automatisch der chronologisch spätere gültig. Die chronologisch späteren Verse sind stets die kriegerischeren, intoleranteren. Ein Koran-Gelehrter hat also keine Probleme einen Westler zu verwirren, indem er friedliche, frühe Verse zitiert, wohlwissend dass diese keine Gültigkeit mehr haben.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon stine » Fr 25. Mär 2011, 14:43

Man könnte also sagen entgegen der Urschriften ist das Christentum mit der Zeit friedlicher und menschlicher geworden, der Islam kriegierischer und unmenschlicher?

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Re: Kritik am Islam

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 25. Mär 2011, 16:19

Pyrion hat geschrieben:Dazu kommt, dass der Koran eine eingebaute Auflösung von Widersprüchen hat. Wenn es zwei Verse im Koran gibt die sich widersprechen, dann ist automatisch der chronologisch spätere gültig. Die chronologisch späteren Verse sind stets die kriegerischeren, intoleranteren. Ein Koran-Gelehrter hat also keine Probleme einen Westler zu verwirren, indem er friedliche, frühe Verse zitiert, wohlwissend dass diese keine Gültigkeit mehr haben.
Das wäre mir neu, hast du dafür Belege aus neutralen, seriösen Quellen?

@ stine: Der Koran entstand nur innerhalb ca. 20 Jahre, wenn Pyrion recht hätte, dann wäre die Entwicklung ab diesem Zeitpunkt der Vollendung des Korans ja festgeschrieben bzw. keine Entwicklung mehr möglich, sondern ein feststehender Status. Aber möglicherweise meint Pyrion gar nicht den Koran.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon chulinn » Fr 25. Mär 2011, 17:26

Im Islam war es wohl (grob vereinfacht) so dass Mohammed zwischen 610-622
sich in Mekka befand und einen sehr friedlichen Islam predigte. Die Anzahl
seiner Anhänger war aber sehr überschaubar. Er hatte wohl gedacht dass er
mit seinen Bibelplagiaten bei den semitischen Stämmen auf der arabischen
Halbinsel gut ankäme.

Seine Einstellung änderte sich radikal als er 622 nach Medina flüchten musste.
Enttäuscht über seinen mäßigen Erfolg änderte er die Strategie und predigte
einen aggresiven Islam, und das leider mit ziemlichen Erfolg. Mit Völkermord
und persönlicher Bereicherung war heftig viel geboten. Deshalb sind die Suren
die in Medina entstanden nicht mehr so friedlich wie die älteren Suren aus Mekka.

Weil die Muslime selbst erkannten dass es Widersprüche in den Koransuren
gibt beschloss man dass im Zweifelsfall die neueren Texte gelten.

Ich möchte das jetzt nicht mit der Geschichte des Christentums vergleichen,
die war meiner Meinung nach ungleich komplexer. Parallelen gibt es aber durchaus.
Solange man in der Bevölkerung nur eine kleine Minderheit stellte gab man sich
unauffällig, aber ab einer gewissen Grenze wurde man immer fordernder und
intoleranter.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Nanna » Sa 26. Mär 2011, 13:26

Ganz zu Beginn die Erinnerung: Das Board beherrscht den Zeilenumbruch automatisch. ;-)

chulinn hat geschrieben:...objektive Diskussion...

Ich finde das einen sehr begrüßenswerten Ansatz. Allerdings kann a) eine Diskussion als solche nicht objektiv sein, es können höchstens mehr oder weniger objektive Ansichten geäußert werden (sorry, aber wenn schon akurrat, dann richtig) und b) sehe ich nur einen einzigen Quellenbeleg in deinen Ausführungen. Eine Diskussion, die sich dem Ziel der Objektivität verpflichtet fühlt, sollte schon etwas belegter sein, denn du beginnst auch selber schon, gewisse Zerrbilder zu zitieren, die zwar nicht generell falsch sind, aber doch teilweise auf eine äußerst selektive Wahrnehmung des Themas schließen lassen.

chulinn hat geschrieben:1. Der Name "Islam" steht für Unterwerfung. Eine kritische Betrachtung der Religion
ist also nicht nur nicht gewünscht, sondern wird sehr schnell als Beleidigung angesehen.
Hier werden (anders als bei quasi jeder anderen Religion) auch sehr schnell
Todesdrohungen ausgesprochen.

Hier würde ich mal forsch sagen: Scheinkausalität. Denn was du sagst ist eine unzusammenhängende Reihe von Behauptungen, die weder in logischem Zusammenhang stehen, noch empirisch belegt sind.

"Islam" steht für "Unterwerfung". Stimmt mehr oder weniger, aber so wirklich korrekt ist es nicht. Fragen wir mal ein anständiges Buch zum Thema, nämchlich das "Arabische Wörterbuch für die arabische Schriftsprache der Gegenwart" von Hans Wehr, das Standardwörterbuch der Arabistik: Da steht unter "إسلام‎ 'islām" folgendes: "Hingabe (an Gott), Ergebung in Gottes Willen;", zu finden auf S. 593 unter der Wurzel SLM, deren Grundbedeutung "Unversehrtheit, Wohlergehen, Heil, Friede, Sicherheit" bedeuten kann.
Man kann daraus nun durchaus schließen, dass eine kritische Betrachtung der Religion kompliziert werden kann, wenn schon der Name des Kultes die "Ergebung in Gottes Willen" fordert. Allerdings ist hier nirgendwo etwas von Gewalttätigkeit zu sehen, die Assoziation von Islam und Gewalt dürfte viel eher eine Mischung aus mittelalterlichen propagandistischen Schauergeschichten und neuzeitlichem Terrorismus sein, der in den 1960ern und 70ern unter säkularen (!) Vorzeichen und aus der Schwäche gegenüber Israel und dem Westen entstand.

chulinn hat geschrieben:2. Mohammed ist auch über jede Kritik erhaben. Wenn man die Berichte über sein Leben liest fragt man sich aber was an ihm so vorbildlich gewesen sein soll. Eine Diskussion ist auch hier kaum möglich, man hat ratz fatz 1,4 Milliarden (oder wieviel auch immer) Muslime beleidigt.

Ja, das ist ein Problem, innerhalb des muslimischen Denksystems aber auch relativ naheliegend, da Mohammed als erster Muslim und Prophet ja schlecht etwas im Sinne des Islam falsch gemacht haben kann - er hat ihn, nicht zuletzt durch sein in den Hadithen festgehaltenes Leben ja erst definiert. Natürlich ist diese Denkweise hochgradig zirkulär und ich würde sogar so weit gehen, zu behaupten, dass die Immunisierung des Korans und Mohammeds gegenüber einer kritischen, unvoreingenommenen Betrachtung DAS zentrale Problem des vergangenen und gegenwärtigen Islams ist (wahrscheinlich, aber nicht notwendigerweise, auch des zukünftigen)

chulinn hat geschrieben:3. Menschen wie Sam Harris, Christopher Hitchens und Richard Dawkins haben wiederholt den Islam als die gefährlichste Religion auf diesem Planeten bezeichnet.

Ja, und alle drei verstehen nichts von Religionswissenschaft. 'Tschuldigung, aber wenn du das Autoritätsargument bringen willst, dann berufe dich bitte auf fachlich relevante Personen.

chulinn hat geschrieben:Es gibt zwar nur eine Version des Koran, aber die Auslegung des arabischen Textes ist alles andere als eindeutig, und bei den vielen Hadithen wird es völlig unübersichtlich.

Es gibt vier Versionen des Korans, wobei diese einheitlicher sind, als die unterschiedlichen Bibelversionen und -übersetzungen. Der Punkt ist, dass im (verlorengegangenen) Original die Punkte ("Diakritika") fehlten und das Schreiben ohne Diakritika macht einen Text im Arabischen leider uneindeutig. DIe Hadithe sind auch unter Muslimen umstritten, es gibt radikale Ansätze, zum Teil aus den Reihen der Muslimbruderschaft, die für ein Ungültigerklären von fast allen Hadithen plädieren, weil die Quellenlage so mies ist.

chulinn hat geschrieben:Man kann also sehr einfach einen friedlichen bzw. einen aggresiven/kriegerischen Islam mit Koranzitaten und Hadithen belegen, ganz wie es gerade opportun ist. Der Terroranschlag von Arid U. am Frankfurter Flughafen hat gezeigt wie schnell die Radikalisierung gehen kann, das ist so wohl auch nur im Islam möglich.

Und schon wieder zwei Sätze, die bei näherer Betrachtung keinen rechten Zusammenhang offenbaren mögen.

chulinn hat geschrieben:4. Der Islam geht weit über eine Religion hinaus, der totalitäre Charakter ist unverkennbar.

Jede Dogmatik ist totalitär, da nimmt der Islam keine Sonderstellung ein. Dass der Islam nicht nur Entwürfe für kultische Handlungen und die direkte Gläubiger-Gott-Beziehung liefert, ist ebenfalls kein Alleinstellungsmerkmal, das tun alle abrahamitischen Religionen und auch viele andere. Insofern ist mir nicht klar, inwiefern der Islam hier etwas besonders schlimmes sein soll, verglichen mit anderen Religionen.

chulinn hat geschrieben:Auch wenn sich in den meisten islamisch dominierten Ländern die Menschen zum Glück nicht so streng an die Vorgaben halten gibt es doch auch immer Strömungen den "ursprünglichen" Islam wiederzubeleben.

Keiner weiß, was der ursprüngliche Islam wirklich war. Das, was die Fundamentalisten wie die Wahhabiten predigen, hat vermutlich nicht allzu viel mit dem zu tun, was zu Zeiten Mohammeds und der vier rechtgeleiteten Kalifen alltäglicher Usus war.

chulinn hat geschrieben:5. Der Islam ist hoffnungslos statisch. Alles steht (angeblich) ausreichend klar und für alle Zeiten fest im Koran geschrieben. Im Zweifelsfall nimmt man noch die Hadithe dazu, aber das wars dann. An dem engültigen Wort Gottes darf kein Jota geändert werden. Mohammed war der letzte Prophet, Klarstellungen sind also nicht zu erwarten.

Theologische Kniffe, wie beispielsweise das offizielle Wiederöffnen der Tore des Idschtihad, sind durchaus möglich, außer vielleicht für die ganz krassen Fundamentalisten. Aber im die extremen Fundamentalisten haben an alltagsfähigen Aussagen meist so viel brauchbares zu vermelden wie die Solipsisten in der Philosophie und sollten daher nicht weiter beachtet werden.

Bitte richtig verstehen: Ich stimme dir, wie oben schon gesagt, absolut zu, dass diese Inflexibilität das Hauptproblem des Islam ist. Ich würde aber nicht so weit gehen, jeden Interpretationsspielraum wegzuerklären, weil das nur wieder den Fundamentalisten in die Hände spielt. Wenn die liberalen muslimischen Gelehrten einen Weg für den Islam in die Moderne finden, würde ich wegen ein paar "Rundungsfehlern" mal nicht so sein wollen.

chulinn hat geschrieben:Ich bin mir der diversen weltanschaulichen Unterschiede zwischen z.B. Schiiten und Sunniten durchaus bewusst, halte aber die Unterschiede für relativ gering. Die Kritikpunkte von Rod Little gelten ja auch für alle Spielarten des Islam.

Ich bin mir gerade nicht ganz so sicher, ob du das so sicher behaupten kannst. Die Schiiten haben beispielsweise in vielen Dingen weitreichendere Freiheiten, als die Sunniten, was sicherlich mit dem jahrtausendealten Bildungsideal der Perser zu tun hat. Der Iran hatte schon immer eine urbanere und progressivere Kultur als die arabischen Wüstenvölker, auch wenn in den letzten 30 Jahren bedauerlicherweise eine traurige Episode diese Hochkultur unterbrochen hat.
Beispielsweise folgen die Schiiten in ihrer Glaubenspraxis normalerweise einem bestimmten Großayatollah, von dem es zu jeder Zeit eine Handvoll zur Auswahl gibt. Der schiitischen Interpretation nach ist der Großayatollah am Ende vor Gott verantwortlich, wenn er etwas falsch vorgelebt hat, der Gläubige selbst aber hat nichts zu befürchten, weil er ja mangels Bildung die theologischen Feinheiten nicht unterscheiden konnte, daher akzeptiert Gott sein Bemühen trotz allem als redlich. Diese Praxis hat den Vorteil, dass ein liberaler Ayatollah, der die Reformbedürftigkeit mancher Inhalte erkennt, die komplette Verantwortung auf sich laden kann, was den schiitischen Islam meiner Meinung nach - neben anderen Einzelheiten - deutlich reformtoleranter macht als die Sunna.

chulinn hat geschrieben:Ich möchte das jetzt nicht mit der Geschichte des Christentums vergleichen, die war meiner Meinung nach ungleich komplexer. Parallelen gibt es aber durchaus. Solange man in der Bevölkerung nur eine kleine Minderheit stellte gab man sich unauffällig, aber ab einer gewissen Grenze wurde man immer fordernder und intoleranter.

Das ist bei kaum einer Ideologie anders, kann auch bei Kommunisten und Nazis so beobachtet werden. Der Islam hat da in Teilen mit seiner Schriftfixiertheit tatsächlich ein Problem, ich frage mich nur, ob er qualitativ wirklich so viel gefährlicher ist als andere Ideologien, schließlich hat fast jede Ideologie irgendwo hetzerische Beiklänge gegen Andersdenkende und auch irgendeine Fraktion von Hardlinern, die das umsetzen wollen. Dass dies im Moment in der muslimischen Welt ein latenteres Problem zu sein scheint, als anderswo, halte ich einerseits für eine selektive Wahrnehmung westlicher Beobachter, die religiöse Gewalt anderswo, beispielsweise durch fanatische Hindu in Indien oder christliche Milizen in den USA, ignorieren und gleichzeitig sehe ich auch sozioökonomische Ursachen in der mittelöstlichen Welt, die solche Exzesse befeuern. Dass die Araber es da mit einer besonders krassen Auslegung des Islam am schwersten haben, streite ich keinesfalls ab, mich stört nur der absolute Ton, mit dem hier über "den" Islam geurteilt wird, als lebten da 1,4 Milliarden intolerante Irre auf einen Haufen, wie du weiter oben suggerierst. Das ist nicht die Erfahrung, die ich persönlich im Nahen Osten mit Muslimen gemacht habe.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon chulinn » So 27. Mär 2011, 12:02

Das Zitat ist leider etwas verunglückt. Ich habe geschrieben:
eine möglichst objektive Diskussion
Mit der Betonung auf möglichst. Dabei bin ich mir bewusst dass ich das Thema unmöglich selbst vollkommen ausgewogen darstellen kann. Wenn ich also wichtige Dinge übersehe dann bin ich für Hinweise sehr dankbar. Das mit den Quellenangaben stimmt natürlich, aber wir sind ja hier nicht bei der Wikipedia, oder? Ok, werde mir mehr Mühe geben, danke für den Tip.

Du hast natürlich vollkommen Recht dass es schwierig ist arabische Wörter zu übersetzen. Ich müsste jetzt Quellen angeben die belegen dass "Islam = Unterwerfung" stimmt. Prinzipiell ist es aber eine Schwäche des Islam dass er komplett auf der arabischen Sprache basiert, wo viele Wörter ein Dutzend Haupt- und viele weitere Nebenbedeutungen haben.

Nanna hat geschrieben:Allerdings ist hier nirgendwo etwas von Gewalttätigkeit zu sehen, die Assoziation von Islam und Gewalt dürfte viel eher eine Mischung aus mittelalterlichen propagandistischen Schauergeschichten und neuzeitlichem Terrorismus sein, der in den 1960ern und 70ern unter säkularen (!) Vorzeichen und aus der Schwäche gegenüber Israel und dem Westen entstand.

Die Meinungen gehen hier sehr auseinander. Es gibt historisch belegbare Theorien nachdenen der Islam quasi NIE gewaltfrei war:
Professor Egon Flaig: "Der Islam will die Welteroberung"
http://www.faz.net/s/RubCC21B04EE95145B3AC877C874FB1B611/Doc~E2671621C1A9B4E51A70E106F774BB376~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Nanna hat geschrieben:Ja, und alle drei verstehen nichts von Religionswissenschaft

Ups? Religionswissenschaft, was ist denn das? Du meinst jetzt aber nicht Theologie, oder? Ich hatte mein Argument nicht als Bezug auf Authoritäten gemeint, war eher eine verunglückte Quellenangabe. Es ist natürlich nur meine persönliche Meinung, aber ich halte die diversen Arguemente (besonders) von Sam Harris und Christopher Hitchens für höchst relevant, völlig unabhängig davon ob sie irgendwelches Wissen in Religionswissenschaft (was auch immer das genau sein mag) haben oder nicht. Sie erhalten ja auch durchaus Rückendeckung von Fachleuten: http://www.religiondispatches.org/archive/atheologies/3853/a_philosopher_of_religion_calls_it_quits/ Ist das so besser?

Nanna hat geschrieben:4. Der Islam geht weit über eine Religion hinaus, der totalitäre Charakter ist unverkennbar.

Hier geht es mir darum dass der Islam nicht nur das religöse Leben regelt, sondern auch das politische, familiäre und private Leben streng reglementiert. Das sehe ich als viel umfänglicher als in quasi jeder anderen Religion, solange man nicht gerade Mönch oder Nonne wird.
Quelle: http://www.citizenwarrior.com/2009/05/terrifying-brilliance-of-islam.html

Nanna hat geschrieben:Bitte richtig verstehen: Ich stimme dir, wie oben schon gesagt, absolut zu, dass diese Inflexibilität das Hauptproblem des Islam ist. Ich würde aber nicht so weit gehen, jeden Interpretationsspielraum wegzuerklären, weil das nur wieder den Fundamentalisten in die Hände spielt. Wenn die liberalen muslimischen Gelehrten einen Weg für den Islam in die Moderne finden, würde ich wegen ein paar "Rundungsfehlern" mal nicht so sein wollen.

Vielleicht habe ich mich zu stark ausgedrückt, klar gibt es einen gewissen Interpretationsspielraum, allein schon aus der Sprache und weil manche Koranstellen völlig unverständlich sind. Insofern stimme ich dir voll und ganz zu.

Nanna hat geschrieben:Ich bin mir gerade nicht ganz so sicher, ob du das so sicher behaupten kannst. Die Schiiten haben beispielsweise in vielen Dingen weitreichendere Freiheiten, als die Sunniten, was sicherlich mit dem jahrtausendealten Bildungsideal der Perser zu tun hat. Der Iran hatte schon immer eine urbanere und progressivere Kultur als die arabischen Wüstenvölker, auch wenn in den letzten 30 Jahren bedauerlicherweise eine traurige Episode diese Hochkultur unterbrochen hat.

Die Sunniten behaupten die Schiiten hätten viele Punkte ihrer alten Religionen in den Islam mit übernommen. Wie dem auch sei, sobald man auch nur "leichte" Kritik am Islam ins Spiel bringt stehen Schiiten und Sunniten sofort zusammen. Dann sind natürliche alles Muslime und wurden wegen irgendwas beleidigt. Was sie unlogischerweise nicht davon abhält bei Glaubensfragen sich bis aufs Blut zu bekämpfen und zu behaupten die anderen wären keine richtigen Muslime.


Nanna hat geschrieben:Dass die Araber es da mit einer besonders krassen Auslegung des Islam am schwersten haben, streite ich keinesfalls ab, mich stört nur der absolute Ton, mit dem hier über "den" Islam geurteilt wird, als lebten da 1,4 Milliarden intolerante Irre auf einen Haufen, wie du weiter oben suggerierst.

Falls ich das suggeriert haben sollte, dann tut mir die unklare Ausdrucksweise leid. Ich versuche sehr genau zwischen der Ideologie des Islam und den Gläubigen zu unterscheiden. Hardliner bzw. Verfechter des Islam kommen mit dem Argument der 1,4 Milliarden Muslime, dass die Gruppe sehr heterogen ist bezweifelt glaube ich niemand. Dieses Video ist ganz nett, es versucht zu klären wieviele Muslime es denn auf der Welt überhaupt gibt: http://www.youtube.com/watch?v=MDseOf5Ut9s
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Myron » So 27. Mär 2011, 21:11

Nanna hat geschrieben:Allerdings ist hier nirgendwo etwas von Gewalttätigkeit zu sehen, die Assoziation von Islam und Gewalt dürfte viel eher eine Mischung aus mittelalterlichen propagandistischen Schauergeschichten und neuzeitlichem Terrorismus sein, der in den 1960ern und 70ern unter säkularen (!) Vorzeichen und aus der Schwäche gegenüber Israel und dem Westen entstand.


"Was unsereinem bei der Betrachtung der Geschichte Mohammeds missfallen mag, ist die Tatsache, dass der Prophet in der Auseinandersetzung mit den Ungläubigen bald nach der Emigration nach Medina auch zu den Mitteln des Krieges gegriffen hat, und dass der Krieg um des Glaubens willen oder, wie es auf Arabisch heißt, 'das Sich-Abmühen auf dem Wege Gottes' (al-gihad fi sabili llah) an mehreren Stellen des Korans den Gläubigen geradezu zur Pflicht gemacht wird. ... Wir müssen auf dem Boden des historischen Sachverhalts bleiben und versuchen, die unumstößliche Tatsache, dass Mohammed die Kriegführung in den Dienst seiner Sache gestellt hat, irgendwie zu verstehen."

(Paret, Rudi. Mohammed und der Koran. 9. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer, 2005. S. 153)

Nanna hat geschrieben:Es gibt vier Versionen des Korans, wobei diese einheitlicher sind, als die unterschiedlichen Bibelversionen und -übersetzungen.


Als maßgebend gilt aber die Kairoer Koranausgabe von 1924, oder?
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon stakeholder » So 15. Mai 2011, 15:45

finde den wikiartikel dazu ganz interessant: http://de.wikipedia.org/wiki/Islamkritik
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon mat-in » Mi 18. Mai 2011, 07:54

Ein großartiges faktum ist auch, daß im islamischen Rechtsystem alles bürgen, zeugen, etc. benötigt, aber es keinen einen dafür gibt, das Mohamed wirklich etwas von Gott bekommen hat :) aber das ist mehr etwas um das Diskussionsgegenüber ins schleudern zu bringen, nicht wirklich Religionskritik.

Das einzige Problem das ich am Islam sehe ist seine gnadenlose rückständigkeit, eine Mäßigung die man in anderen Religionen viel häufiger antrifft (gibt es im islam auch ist aber viel seltener). Der mittelalterliche Anspruch Rechtsystem, alleinige richtige Religion, etc. zu sein. Darauf bauen im Grunde alle anderen Probleme, seien es jetzt Frauenrechte, der umgang mit andersdenkenden oder radikaler terror auf.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Seteney » Sa 30. Jul 2011, 00:38

Mein Problem ist gar nicht die Religion selber, mein Problem sind die ganzen Bauern die den Islam so verbiegen das es ihnen passt. Wenn im Koran steht man darf never ever die Frau zum Objekt degradieren, aber die Iranischen Fundamentalisten die Diskriminerung der Frau an den Unis damit begründen das Frauen wie Stück Fleisch sind und die Männer Katzen, ist man einfach nur "irritiert" und verärgert.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon mat-in » Sa 30. Jul 2011, 06:21

Mir ist mal erklärt worden das sich so ziemlch alles wiederspricht in dem Buch und man deswegen festlegen muß, was denn nun gilt. Nach gängiger Meinung wohl die in zeitlicher Hinsicht letzte Aussage. Ob das auch auf die Frauenrechte zutrifft? Keine Ahnung.

Aber das ist eben das große Problem mit Religionen, vor allem Monotheistischen. Ein Alleinrichtigkeitsanspruch und daraus abgeleitet ein alleindeutungsanspruch öffnen Tür und Tor für Mißbrauch.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Nanna » Sa 30. Jul 2011, 10:58

Wie in jeder Religion suchen die Leute sich heraus, was ihnen passt und was sich am besten mit ihren Vorurteilen, Traditionen und Denkweisen verbinden lässt. Natürlich muss der Koran, wie jedes geschriebene Werk, interpretiert werden, weshalb der Satz "das steht so im Koran" zwar Eindeutigkeit suggeriert, im Grunde aber völlig verschleiert, dass selbst bei den eindeutigsten Stellen oftmals noch Auslegungsunterschiede bestehen. Natürlich leugnen viele Muslime, dass der Koran interpretiert werden müsse bzw. könne, und zwar ironischerweise mit dem Koran selbst, in dem steht, er sei "in klarer arabischer Sprache" herabgesandt worden. Zirkulärer kann eine Argumentation kaum sein.

Wenn Seteney kritisiert, dass der Islam von jedem so "verbogen" wird, wie es ihm passt, bleibt im Grunde nur lapidar anzumerken, dass es keinen reinen, wahren Islam gibt. Islam ist das, was die Leute draus machen, anders kann es in einer Welt subjektiver Meinungen und relativer Ansichten (selbst wenn diese sich selbst als total und objektiv ansehen, sind sie relativ und subjektiv) gar nicht funktionieren. Ich finde es reichlich unsinnig, sich die Argumentationsweise von Fundamentalisten mit Tunnelblick zueigen zu machen, indem man deren Postulat akzeptiert, es gebe ein eindeutiges Verständnis des Korans. Der Koran ist ein Buch, das vor fast 14 Jahrhunderten irgendwo in der arabischen Wüste zusammengestückelt wurde, es ist ein menschliches Werk mit menschlichen Fehlern und wird von Menschen, die, wie jeder Mensch, nur einen winzigen Ausschnitt der Realität wahrnehmen können, in einer bestimmten, voreingenommenen Sichtweise interpretiert. Dasselbe gilt für alle anderen religiösen Werke. Man kann natürlich über Diskurs zu einem gemeinsamen Verständnis einer religiösen Schrift gelangen, aber das hat nichts mit Letztgültigkeit zu tun, sondern mit banalem menschlichen Konsens, der durch nichts epistemologisch rückgesichert ist.

Insofern möchte ich euch widersprechen: Es gibt kein "Verbiegen" des Islams, weil es keinen wahren Koran oder Islam gibt, auch keinen Missbrauch, weil der richtige Gebrauch des Islams nirgendwo so richtig dargelegt ist und es auch kein Copyright auf den Islam gibt - wer sollte das auch garantiere? Gott etwa? In einer materiellen Welt?
Jeder kann Islam sagen zu was er macht, selbst wenn es Zen-Buddhismus ist. Natürlich spielt sich alles in einem gewissen Rahmen ab, was gemeinhin als islamisch akzeptiert wird und ich sehe auch die Notwendigkeit, den Begriff nicht beliebig zu verwaschen. Trotzdem, ein statisches Verständnis von Religion wird dem Gegenstand nicht gerecht, Religionen waren immer, selbst wenn sie von sich heraus derartiges leugnen, Objekt von Entwicklung und Veränderung und jetzt als Außenstehender anzukommen, und Religionen dafür zu kritisieren, dass sie sich nicht so verhalten, wie man es für das gutgehegte Feindbild brauchen würde, bedeutet, sich genau die Argumentationsweise religiöser Personen zueigen zu machen, die der Naturalismus widerlegt.


Ich sehe, dass ich vor einiger Zeit nicht auf Myrons Beitrag geantwortet habe:
Myron hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Allerdings ist hier nirgendwo etwas von Gewalttätigkeit zu sehen, die Assoziation von Islam und Gewalt dürfte viel eher eine Mischung aus mittelalterlichen propagandistischen Schauergeschichten und neuzeitlichem Terrorismus sein, der in den 1960ern und 70ern unter säkularen (!) Vorzeichen und aus der Schwäche gegenüber Israel und dem Westen entstand.


"Was unsereinem bei der Betrachtung der Geschichte Mohammeds missfallen mag, ist die Tatsache, dass der Prophet in der Auseinandersetzung mit den Ungläubigen bald nach der Emigration nach Medina auch zu den Mitteln des Krieges gegriffen hat, und dass der Krieg um des Glaubens willen oder, wie es auf Arabisch heißt, 'das Sich-Abmühen auf dem Wege Gottes' (al-gihad fi sabili llah) an mehreren Stellen des Korans den Gläubigen geradezu zur Pflicht gemacht wird. ... Wir müssen auf dem Boden des historischen Sachverhalts bleiben und versuchen, die unumstößliche Tatsache, dass Mohammed die Kriegführung in den Dienst seiner Sache gestellt hat, irgendwie zu verstehen."

(Paret, Rudi. Mohammed und der Koran. 9. Aufl. Stuttgart: Kohlhammer, 2005. S. 153)

Ja, ok, das muss ich präzisieren, der Islam hat sich, insbesondere in seiner Anfangszeit, durch Gewalttätigkeit hervorgetan. Im fraglichen Beitrag ging es aber in erster Linie um die Bedeutung des Wortes "Islam" und was darunter primär subsummiert wird. Da ich ja gerade eben schon ausgeführt habe, dass ich eine statische Interpretation einer Religion nicht nur als pseudoobjektiv ablehne, sondern auch als Leugnung der Dynamik der Natur empfinde (und Religion ist nunmal etwas natürlich vorkommendes, sonst könnte sie in einer naturalistischen Welt nicht existieren), stimmte ich nicht zu, wenn man sagen würde, dass der Islam dadurch auf immer und ewig genuin gewalttätig sein müsse und dass gewaltarme Interpretationen nicht legitim seien. Die meisten Interpretationen des Islams sind gleichermaßen legitim (oder, aus Sicht des Naturalismus, kosmologisch gleichermaßen illegitim), entscheidend für mich ist ohnehin nur, ob ich mit einer bestimmten Auslegung in einer demokratischen Gesellschaft leben kann. Wie "wahr" diese Auslegung dann ist, interessiert mich ehrlich gesagt wenig, beruhen doch alle Auslegungen einer Religion auf Quellen derselben minderwertigen Güteklasse, was ihren Zugang zu Erkenntnis angeht.

Historisch gesehen hast du mit deinem Einwand sicherlich recht. Den Islam und damit alle Muslime aber samt und sonders als Gewaltverherrlicher hinzustellen, dabei habe ich dann aber doch irgendwie Bauchschmerzen. Ich bleibe auch dabei, dass das moderne barbarische Image des Islam im Westen weniger mit der Entstehungsgeschichte, sondern mehr mit Entwicklungen der jüngeren Zeit und mit vom Westen ausgehenden Zuschreibungen zu tun hat, wie es ja seit Jahrhunderten (Stichwort Orientalismus) Tradition hat.

Myron hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Es gibt vier Versionen des Korans, wobei diese einheitlicher sind, als die unterschiedlichen Bibelversionen und -übersetzungen.


Als maßgebend gilt aber die Kairoer Koranausgabe von 1924, oder?

Ja nun, da kommen wir jetzt genau zum Punkt. Du hast natürlich recht, aber wer bestimmt denn, welche Ausgabe als maßgeblich gilt? Ja doch wieder nur Menschen mit einer bestimmten Meinung. Weder Mohammed noch Gott haben nachgewiesenermaßen 1924 an dieser Koranausgabe mitgearbeitet. Darüberhinaus gelten auch andere Lesarten als akzeptiert und alle koranischen Inhalte gehen auf mündliche Tradierungen zurück, die erst unter dem dritten Kalifen Uthman mehr als zwei Jahrzehnte nach Mohammeds Tod zusammengefasst wurden. Viele andere Fassungen des Korans wurden dabei vernichtet. Es kann also keiner genau sagen, ob eine bestimmte Stelle im Koran so wie wir sie heute kennen, tatsächlich originär korrekt ist, zudem ist bekannt oder wird zumindest stark vermutet, dass Mohammed wohl auch schonmal selbst Stellen geändert hat, wenn ihm das besser in den Kram passte. All das spricht weniger und weniger dafür, dass es soetwas wie einen wahren Koran / Islam überhaupt geben kann. Und ich frage mich auch wer das braucht. Doch eigentlich nur Fundamentalisten und Leute, die den Koran mit den Methoden der Fundamentalisten kritisieren wollen, als gäbe es nicht massenhaft wissenschaftliche Erkenntnisse, die dies besser täten.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon mat-in » So 31. Jul 2011, 08:30

Nanna hat geschrieben:... bleibt im Grunde nur lapidar anzumerken, dass es keinen reinen, wahren Islam gibt. ...
Heretiker! Unrein! *mit dem Finger zeigt*
Natürlich gibt es einen reinen, wahren, leuchtenden Islam - MEINEN! Sonst keinen. Daher kann ich euch auch sagen, daß Religion vollkommen freidfertig ist und nie ausgangspunkt von Gewalt! Und wenn ich euch nicht mit Argumenten von MEINEM Islam überzeugen kann, dann eben mit der Faust. Ist ja für eine Friedlichere Welt! Wenn endlich alle MEINE Religion haben, wird alles besser ... :motz:

Man darf oben auch gerne Christentum einsetzen... oder andere Monotheismen... oder...
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon stine » So 31. Jul 2011, 10:43

mat-in hat geschrieben:Man darf oben auch gerne Christentum einsetzen... oder andere Monotheismen... oder...
oder Atheismus ... oder Sozialismus... oder Kommunismus...

LG stine
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Nanna » So 31. Jul 2011, 13:00

@mat-in:
Was möchtest du uns jetzt genau damit sagen? Dass es friedliche, tolerante Religiöse nicht geben kann? Wäre eine reichlich intolerante Botschaft, oder?
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon mat-in » So 31. Jul 2011, 18:35

Ich denke nicht, das man da Atheismus einsetzen kann. Kritische und reflektiert denkende Atheisten sollten "Gott" zu mindest eine restwahrscheinlichkeit einräumen, zu mindest einem Gott, der eine Welt erschaffen hat, die von einer ohne Gott nicht zu unterscheiden ist... aber das schweift zu weit ab.

Was ich damit sagen will ist, das wir - besonders in den monotheistischen Religionen - ein grund dilemma haben: Mein Gott ist der einzig richtige! Natürlich kann man auch mit so einer Religion als Einzelperson sehr tolerant sein, ich habe einige Mönche erlebt (auch monotheistische) die sagen: Es gibt mehr als einen Weg zu Gott, laß die Leute doch. Aber das Grundproblem bleibt, daß diese Religionen weit offen für Anmaßung, Mißbrauch und Ignoranz macht.

Und das ist es im Grunde doch auch, worum es bei religiösen Konflikten geht, oder? Meine Meinung ist die einzig richtige und da ich sie genausowenig mit handfesten Argumenten belegen kann wie du deine religiöse Einstellung "beweisen" kannst, hauen wir uns eben aufs Maul...
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon ganimed » So 31. Jul 2011, 22:49

Es klingt erstmal logisch: Religionen sind dogmatisch, haben einen unverhandelbaren Glaubenskanon, sind daher uneinsichtig und glauben sich im Besitz der Wahrheit. Andere Überzeugungssysteme haben das explizit so nicht.

ABER: praktisch gibt es nicht den geringsten Unterschied. Ein Sozialdemokrat ist ebenso uneinsichtig und stur gegenüber konservativen Positionen wie ein Gläubiger es gegenüber dem Atheismus ist. Du wirst niemanden durch Argumente überzeugen (wie du ja selbst im Thread "Rationale Intelligenz" angedeutet hast). Selbst Fakten werden gemäß den eigenen Überzeugungen interpretiert, gewertet und gewichtet. Ob man eine politische Position verinnerlicht hat, oder die Vorliebe für eine Automarke, oder für ein Betriebssystem oder eine bestimmte Religion, hirntechnisch doch alles das gleiche. Da macht man von außen nur noch herzlich wenig dran.

Ausgerechnet den Religiösen nun ihren formalen Dogmen- und Wahrheitsanspruch als "besonders" stur anzurechnen erscheint mir als witzlos. Stur sind wir alle. Sogar die offenen, flexiblen Menschen bleiben völlig stur bei ihrer offenen, flexiblen Haltung, komme was da wolle. Diese Sturköppe.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon Nanna » So 31. Jul 2011, 23:16

Vorabanmerkung: Ich benutze den Begriff "Ideologie" wie üblich im neutralen Sinne von "Weltanschauung, Weltsicht, Deutungssystem der Realität", nicht im populären Sinne einer einseitig extremen politischen Ansicht.

mat-in hat geschrieben:Kritische und reflektiert denkende Atheisten...

Du implizierst hier aber recht flott und ohne größere Umschweife, dass Atheisten für gewöhnlich diese Attribute besitzen. Das würde z.B. bedeuten, dass viele Bewohner vormals kommunistischer Länder in Osteuropa automatisch kritisch und reflektierte Denker seien, weil sie schon quasi traditionell nicht an Gott glauben. So herum wird aber kein Schuh draus, wir können uns als Atheisten und, in der Steigerung, Naturalisten, nicht derart selbstbeweihräuchern. Das grenzt an Realitätsverlust in der Größenordnung, die viele von "uns" an religiösen Menschen immer kritisieren.

Die Einstellung, dass die eigene Meinung die einzig richtige sei, findest du gerade bei den kämpferischen Atheisten recht häufig, die ja von ihrer Denk- und Argumentationsweise häufig erstaunlich nah an fundamentalistischen Mustern entlangschlittern und dann regelrecht enttäuscht sind, wenn religiöse Menschen keine buchstabengetreuen Eiferer sind, die ein so dankbares plakatives Feindbild abgeben. Ich betone nicht ohne Grund immer wieder, dass mir gemäßigte, vernünftige Religiöse häufig lieber sind als die Radikalatheisten, weil man mit ersteren normalerweise irgendeine Art von Umgang pflegen und Kompromisse finden kann, die lebenspraktisch funktionsfähig sind, was in einer pluralistischen Gesellschaft eine unschätzbar kostbare Eigenschaft ist.
Die Meinungsfundamentalisten sind auf allen Seiten recht ähnlich und in ihrer Verbohrtheit auch simpel gestrickt und ich vermute da auch eher einen bestimmten Charakterzug bzw. bestimmte Lebenserfahrungen als Auslöser und weniger die konkrete Ideologie, der jemand anhängt. Ob Atheist, Christ, Muslim, Kommunist, Rechthaber dieser Art sind auf ihre Weise immer irgendwie faschistisch veranlagt im grundsätzlichen Sinne des Begriffes, dass sie sich als Zugehörige zu einer überlegenen Gruppe wahrnehmen, die sich ab einem gewissen Radikalisierungsgrad auch häufig im Recht der Gewaltanwendung sieht.
Natürlich haben manche Ideologien eine natürliche Nähe zu dieser Sicht auf die Welt, wenn sie schon im Kern Dichotomien pflegen (Deutsche gegen Juden im Nationalsozialismus, Gläubige gegen Ungläubige gerade in den monotheistischen Buchreligionen, Kommunisten gegen Kapitalisten usw.) oder sich über den Kampf gegen einen Gegner definieren (bei vielen genuin nationalistischen oder rassistischen Ideologien ist das so), während andere Ideologien, gerade die egalitären, pazifistischen oder philosophisch anspruchsvollen Denkschulen, die schon selten das Publikum für einfache Parolen anziehen, dafür weniger anfällig, aber nicht dagegen gefeit sind. Man denke an die Rolle vieler Wissenschaftler im NS-Staat, von kritisch und reflektiert war da trotz entsprechender Schulung keine Rede.

Ich finde es gefährlich, wie du deine Argumentation da aufziehst, nämlich strukturell nicht weit von dem entfernt, wogegen du eigentlich argumentieren möchtest. Ich unterstelle dir da keine böse Absicht, aber gerade das Gutmeinen ist bei der Verteidigung von Ideologien immer gefährlich. Am Ende steht man dann da wie Erich Mielke und behauptet steif und fest "Ich liebe doch alle Menschen!", glaubt das selber auch noch und versteht die Welt nicht mehr, und das betrifft die Islamkritiker, die es "ja nur gut meinen" genauso wie religiöse Extremisten, die ja auch nur "das Gute wollen".
Anstatt jetzt zu belegen zu versuchen, dass alle Religiösen hochgradig anfällig für faschistisches Gedankengut sind, würde ich lieber mal einen Schritt zurücktreten, und sehen, ob es dafür Anhaltspunkte gibt. Die sehe ich nämlich ehrlich gesagt eher weniger. Die meisten Religiösen sind viel zu halbreligiös, als dass sie ihre eigenen Gebote so ernst nehmen oder ihre Leben so perfekt an religiösen Regeln auslegen würden oder sich unablässig den Kopf über widersprechende Anweisungen zerbrechen würden.
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Re: Kritik am Islam

Beitragvon mat-in » Mo 1. Aug 2011, 08:12

ganimed hat geschrieben:... praktisch gibt es nicht den geringsten Unterschied...

Stimmt, habe ich im anderen Thema ( das mit der intelligenz ) auch so geschrieben.

Nein, ich impliziere nicht, das alle Atheisten diese Attribute besitzen, sonst hätte ich nicht diesen Typ Atheist ansprechen müssen, wenn alle so wären. Ich weiß aber auch nicht, ob ich Leute denen es "einfach scheißegal ist", die das jedoch nicht laut äußern zu den Atheisten zählen würden. Und: Leute die an den Kommunismus glauben sind für mich auch keine Atheisten...

Aber man redet da oft aneinander vorbei, leider.
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