Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Arathas » Fr 9. Sep 2011, 12:52

stine hat geschrieben:Dann kann man die sexuelle Ausrichtung also doch umerziehen, sofern sie nicht in die momentane Kultur passt?


Nein, das steht da nicht. Lies nochmal genauer:

njrwally hat geschrieben:Die Neigung kann man nicht ändern
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Gernot Back » Fr 9. Sep 2011, 12:53

stine hat geschrieben:
njrwally hat geschrieben: „Früher hatte das ,Rumwichsen‘ nach dem Sport was völlig Normales“, bestätigt Christian Högl, Obmann der HOSI-Wien. „Heute weiß hingegen schon jeder 13-Jährige, dass das eine schwule Handlung ist.“
DAS sind Schlüsselerlebnisse. Hinzu kommt, dass was Verbotenes tun, den Adrenalinspiegel um ein vielfaches ansteigen lässt, es also einen größeren Kick gibt. Und wenn solche Erlebnisse noch VOR dem ersten sexuellen Kontakt mit dem anderen Geschlecht kommen, dann könnte das durchaus prägend sein.

Soviel ich weiß, haben die meisten Jugendlichen, die später heterosexuell leben, in ihrer Pubertät zunächst homosexuelle Erlebnisse, bevor sie das erste Mal heterosexuelle Erlebnisse haben. Ich hingegen hatte meine Pubertät schon weitestgehend hinter mir, bevor ich mit 20 zum ersten Mal mit einem anderen sexuell aktiv wurde. Viele meiner Mitschwulen berichten Ähnliches: An Wichsspielchen mit Geschlechtsgenossen unter der Gemeinschaftsdusche nach dem Sport und an Schwanzvergleichen am Urinal auf der Jungen-Toilette wollten sie sich zu der Zeit, als ihre später heterosexuellen Mitschüler dies praktizierten, meist nicht beteiligen.

Ich glaube aber auch nicht, Stine, dass mich die diesbezügliche Abstinenz schwul gemacht hat; das hieße Ursache und Wirkung zu verwechseln.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 9. Sep 2011, 13:20

Gernot Back hat geschrieben:Soviel ich weiß, haben die meisten Jugendlichen ... in ihrer Pubertät zunächst homosexuelle Erlebnisse
wäre mir neu. Hast dafür irgendwelche ordentlichen Belege? Es mag aber auch ein Schichten- , Stadt-Land- oder sonstwie-spezifisches Erlebnis sein und es hat mich in jeder Hinsicht nie interessiert.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Gernot Back » Fr 9. Sep 2011, 14:11

1von6,5Milliarden hat geschrieben:
Gernot Back hat geschrieben:Soviel ich weiß, haben die meisten Jugendlichen ... in ihrer Pubertät zunächst homosexuelle Erlebnisse
wäre mir neu. Hast dafür irgendwelche ordentlichen Belege? Es mag aber auch ein Schichten- , Stadt-Land- oder sonstwie-spezifisches Erlebnis sein und es hat mich in jeder Hinsicht nie interessiert.


Ich weiß nicht, ob es dazu statistisch relevante Erhebungen gibt, ich (der ich übrigens selbst auch in einer Kleinstadt aufgewachsen bin) habe lediglich von meinen Erfahrungen berichtet und da ist mir eben immer wieder aufgefallen, dass Leute, die sich später als überwiegend heterosexuell erwiesen, meist früher homosexuelle Erfahrungen hatten als solche, die sich später als überwiegend oder ausschließlich homosexuell herausstellten.

Ich habe für dich aber mal ein bisschen nach "Entwicklungshomosexualität" gegoogelt und dabei stieß ich auf dieses Forum:

http://www.paradisi.de/Health_und_Ernae ... /26930.php

Ich finde durchaus, dass Jugendliche heute auch dank solcher Foren viel experimentierfreudiger, unbefangener und weniger komplexbeladen an ihre eigene Sexualität (auch ihre [mögliche] eigene Homosexualität) herangehen können, als das zu meiner Zeit noch der Fall war. Die Frozzeleien, mit denen Heteros häufig gegenseitig ihre Heterosexualität in Frage stellen, finde ich oft sehr sympathisch, das zeigt für mich eigentlich nur, wie viel homosexuelle Anteile doch in ihnen stecken: Der Humor von so jemandem wie Harald Schmidt ist ja auch nicht trotz, sondern wegen seiner Zoten bei vielen sehr beliebt. Am Anfang seiner Late-Night-Karriere haben viele Schwule sich noch über Harald Schmidt aufgeregt, aber bald waren viele von uns seine größten Fans.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon mat-in » Fr 9. Sep 2011, 14:25

njrwally hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben:Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind mir keine Fälle von pädophilie (nicht verwechseln mit inzest!) außer dem Menschen in der Natur bekannt,

Das stimmt nicht! Das machen zum Beispiel Bonobos die ganze Zeit!

Von "die ganze Zeit" kann man da wohl nicht reden, aber ja, es kommt vor. Das liegt am sehr speziellen Verhalten der Bonobos, die bauen Streß und Ärger damit ab. Ist beim Menschen nicht ganz so, wäre aber im Bundestag sicher lustig...

njrwally hat geschrieben:
mat-in hat geschrieben: Weil wir nun mal nicht 100% von unseren Genen determiniert sind und unser Gehirn ziemlich komplex ist,...

Kein Säugetier ist 100% seinen Genen determiniert. Manche haben sogar ein komplexeres Gehirn als wir und sie halten dich vielleicht für genauso idiotisch, wie du sie hältst.

Ich würde sogar so weit gehen zu sagen das kein lebewesen nur von seiner DNA determiniert wird (schau mal Stichpunkt: EvoDevo nach). Aber wo ist hier der Punkt? Ich hab gesagt das es nicht 100% so ist und du bringst als *gegen*argument, das es bei keinem Säugetier 100% ist???
Jetzt mal von der Unterstellung ich hielte Tiere für dumm abgesehen, wie definierst du komplex? Anzahl der Gyri/Suculi auf der Großhiernrinde? Das wird schwierig, die haben nur die wenigsten Tiere. Größe des Gehirns? Anzahl der Synapsen? Leistungen in einem einzelnen Bereich?
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 15:19

Arathas hat geschrieben:Nein, das steht da nicht. Lies nochmal genauer:

njrwally hat geschrieben:Die Neigung kann man nicht ändern

Aber scheinbar:
njrwally hat geschrieben:Es gibt Studien, die zeigen, dass Umerziehungsversuche erfolgreich sein können.

Also doch...

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Lumen » Fr 9. Sep 2011, 19:37

Wo wir dabei sind, was ist Homo/Heterosexualität? Ist es eine Art starke ästhetische Präferenz, die sich dann wie Meinung, Ansichten, Identität festigt oder wie oft inpliziert etwas völlig anderes?
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 22:38

Genau das ist die Frage. Ich denke, es ist eine Art starke ästhetische Präferenz, die sich dann wie Meinung, Ansichten, Identität festigt. Wie Kultur eben. Der zweigeschlechtliche Mensch vergeistigt seine Bestimmung, verkopft und kultiviert seine Triebe.
Mal so, mal anders. Aber jedes Mal aus gewonnener Überzeugung.

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 23:31

stine hat geschrieben:DAS sind Schlüsselerlebnisse. Hinzu kommt, dass was Verbotenes tun, den Adrenalinspiegel um ein vielfaches ansteigen lässt, es also einen größeren Kick gibt. Und wenn solche Erlebnisse noch VOR dem ersten sexuellen Kontakt mit dem anderen Geschlecht kommen, dann könnte das durchaus prägend sein.


Wäre es wirklich so, müsste jetzt mein Cousin schwul sein, genauso wie viele andere heterosexuelle Leute, die ich kenne, die ihre ersten sexuellen Erfahrungen mit Menschen des eigenen Geschlechts gemacht haben.

stine hat geschrieben:Bei den einen schon, bei den anderen nicht, oder wie?


Natürlich bei den einen schon und bei den anderen nicht!! Es ist ja logisch warum!!! Das Leben eines Pädophilen wird stark beeinträchtigt, wenn er seine Sexualität aus ethischen Gründen nicht ausleben kann, aber das ist sehr gut so und es ist notwendig, dass es so ist, weil er sonst das Leben eines anderen Menschen ruinieren kann. Ich schade dafür mit meiner sexuellen Orientierung tatsächlich niemandem! Und wenn ich meine Sexualität gar nicht ausleben dürfte und auch nicht lieben dürfte, würde ich lieber sterben! Wieso sollte man Menschen, die eh niemandem schaden, das Leben unmöglich machen wollen?
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Fr 9. Sep 2011, 23:57

Arathas hat geschrieben:Glaube nicht, dass das erfolgversprechend ist. Den Leuten/Kindern was abzugewöhnen oder verbieten ist schwer bis unmöglich. Ich denke und hoffe eher, dass sich das Wort im normalen Sprachgebrauch von selbst in seiner Bedeutung wandelt. So wie "geil" heutzutage etwas anderes bedeutet als vor 20 Jahren und einfach nur noch "cool" oder "toll" heißt. Das Wort schwul ist doch nicht schlimm. Nur müssen das erst noch alle kapieren.


Ich glaube nicht, dass es unmöglich sein kann. Laut einer Reportage nehmen sich homosexuelle Jugendliche in Frankreich zehn mal häufiger das Leben als die gleichaltrigen Heterosexuellen. Homophobie ist so tief verankert, dass sie für selbstverständlich gehalten wird, aber das sollte nicht so sein. Wenn sich die Politik ernst dagegen einsetzen würde, könnte man viel mehr erreichen, als man glaubt. Wenn ich als Lehrer in einer Schule arbeiten würde (was ich sehr wahrscheinlich in Zukunft machen werde), würde ich den Kindern erklären, dass sie mit solchen Wörtern sehr viel Schaden verursachen können. Ich könnte sie sehr sensibilisieren.
In Österreich sind 30% der Menschen, die sich umbringen, homosexuell. http://sciencev1.orf.at/news/112837.html

Es würde reichen, dass man allen Direktionen aller Schulen eine E-Mail schickt und sie über die Problematik aufklärt, um die Sache sehr zu verbessern. Kinder sind meist sehr sensibel und können sehr leicht umerzogen werden. Man könnte ihnen zum Beispiel diese Reportage zeigen: http://www.youtube.com/watch?v=P05A_Ogr2VY
Natürlich wäre es ein langsamer Prozess, aber es sollte erstrebenswert sein, Homophobie allgemein für genauso illegitim wie Rassismus zu halten.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Fr 9. Sep 2011, 23:58

njrwally hat geschrieben:Natürlich bei den einen schon und bei den anderen nicht!! Es ist ja logisch warum!!! Das Leben eines Pädophilen wird stark beeinträchtigt, wenn er seine Sexualität aus ethischen Gründen nicht ausleben kann, aber das ist sehr gut so und es ist notwendig, dass es so ist, weil er sonst das Leben eines anderen Menschen ruinieren kann. Ich schade dafür mit meiner sexuellen Orientierung tatsächlich niemandem!
Warum soll das logisch sein?
Der eine kann umerzogen werden, weil seine Leidenschaft anderen schadet und der andere kann nicht umerzogen werden, weil er angeblich niemandem schadet? Merkst du nichts? Das ist eben nicht logisch im Sinne der Umerziehung. Entweder es geht oder es geht nicht und das ist unabhängig vom Schaden, den der Betreffende anrichtet.

Prinzipiell kann eine gelungene Umerziehung auf eine Prägung hindeuten und das würde die genetische Veranlagung in Frage stellen.

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Sa 10. Sep 2011, 00:12

njrwally hat geschrieben:Kinder sind meist sehr sensibel und können sehr leicht umerzogen werden.
Du meinst das sicher im Sinne der Sensibilisierung auf Andersdenkende. :wink:
Ich glaube, dass Kinder heutzutage sehr viel verschiedene Eindrücke zu verarbeiten haben. Wenn es nach mir ginge, würde ich sie viel mehr schützen wollen. Schützen vor dem ganzen medialen Schmutz, den brutalen Videospielen, schützen vor alkoholkranken Eltern, vor gewalttätigen Filmen und auch vor pornografischen Bildern, von denen sie oft genug überfordert sind.
Ich glaube nicht, dass alle mit der Regenbogengesellschaft ihren Frieden haben.
Und ich weiß auch nicht, warum du ständig von Homophobie redest. Die Toleranz in der Gesellschaft ist ja längst da. Allerdings würde ich davor warnen wollen, wenn man sie überstrapaziert. Das ist noch nie gutgegangen.

Die Selbstmordrate bei homosexuellen Jugendlichen kann auch deswegen höher sein, weil sie in etwas hineingeraten sind, was sie gar nicht wollten und keinen Frieden mehr mit sich finden. Ich wäre da sehr vorsichtig, mit der Aussage, dass die homophobe Gesellschaft daran schuld ist.

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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Sa 10. Sep 2011, 01:31

Hi Gernot! Danke übrigens für deine Nachricht! Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, deinen Beitrag zu lesen.

Gernot Back hat geschrieben:Also, vielleicht lebe ich hier in Köln ja auf einer Insel der Glückseligen


Köln ist das Paradies der Lesben und Schwulen in Deutschland!! Das weiß man! Was dort passiert, gilt gar nicht für das ganze Land.

Gernot Back hat geschrieben:aber ich habe hier genau so wenig Probleme wie Heterosexuelle, wenn ich hier mal händchenhaltend oder küssend mit einem Geschlechtsgenossen durch die Stadt schlendere.


Ich habe persönlich auch noch keine negativen Erfahrungen gemacht, als ich das gemacht habe. Auch nicht hier in Wien. In Buenos Aires habe ich das zum ersten mal mit 19 gemacht, als ich noch nie im Leben zwei miteinander händchenhaltende Männer auf der Straße gesehen hatte. Es war auch das erste Mal, dass ich in meinem Leben aus einer Schwulendisco herausgekommen bin. Damals wurden wir von Leuten ganz explizit und laut ausgelacht und von jeder/m extrem komisch angekuckt. Vor nicht einmal 10 Jahren. Das sehe ich aber nicht als eine negative Erfahrung, weil ich mich das sehr glücklich gemacht hat, weil ich das Gefühl gehabt habe, dass ich die Welt verbessern kann und das es nur so besser werden kann. Heute ist es in Buenos Aires meist auch kein Problem. Ich habe es letztes Jahr gemacht und nur ein Typ hat gesagt: "so schön ist die Liebe!". Dafür haben aber vor allem auch die Medien sehr geholfen.

Gernot Back hat geschrieben:Bei dir, Nicolas, unterstelle ich, dass du in deiner argentinischen Heimat noch viel mehr solcher diskriminierender und beleidigender Erfahrungen erlebt hast, weil sie dort aufgrund des immer noch vorherrschenden Machismo noch mehr an der Tagesordnung sind als hierzulande.


Machismo ist dort tatsächlich furchtbar, aber den gibt es fast überall. Machismo ist aber dort viel legitimierter und fester verankert als hier, aber wird nicht mehr für selbstverständlich gehalten. Argentinien war das erste Land der Welt, das eine Frauenquote im Parlament (genau 50%) eingesetzt hat. Es gibt schon seit meiner frühesten Kindheit sehr einflussreiche Politikerinnen, die anders als die heute amtierende Präsidentin das unabhängig von ihren Männern geschafft haben. Trotzdem sind Frauen im Alltag noch viel stärker benachteiligt.

In Argentinien habe ich eigentlich keine so besonders negativen Erfahrungen mit meiner Sexualität gemacht. Es war schwierig, weil ich wie fast alle als Kind in den falschen Ort hineingesteckt wurde und dann lange mit mir selbst kämpfen musste, um zu verkraften, dass ich doch nicht das bin, was die Gesellschaft von mir verlangt. Außerdem war damals dort Männlichkeit bei Männern ein Muss und "puto" ist ein SEHR häufiges Schimpfwort. Ich glaube, in Argentiniern wäre es fast unmöglich, das umzuerziehen, weil es in allen Liedern, die man im Fußballstadion hört, vorkommt. Das war schon hart. Aber nachdem ich mich geoutet habe, war ich glücklich. Meine Beziehung mit meinen Geschwistern und meinen FreundInnen hat sich nur verbessert. Ich war damals noch in der Schule und einige haben es von mir erfahren. Es war kein Problem. Kurz nach der Schule hat das jede/r erfahren, auch die von der katholischen Schule, die ich früher besucht habe. Es war bei niemandem ein Problem. Genau im Gegenteil, aber weil ich schon immer von allen gemocht wurde und weil das die Medien damals schon als etwas Normales gezeigt haben. Dort kann man heute viel leichter damit leben als in Wien, wobei ich hier auch keine Probleme gehabt habe.

Mein Vater hat in Vergleich zu den meisten anderen Vätern, von denen ich gehört habe, ziemlich cool und lieb reagiert. Aber ich merke, dass er noch darunter leidet, auch wenn er sehr stolz auf mich ist. Das Schlimmste war zu erfahren, wie traurig das meine Mutter gemacht hat. Sie hat mindestens einen Monat lang täglich geweint, aber das hat sie mir nicht gezeigt. Sie haben aber beide nichts gegen die Homosexualität gehabt. Der wichtigste Arbeiter meines Vaters ist schwul und gerade deshalb hat er ihn eingestellt.

Gernot Back hat geschrieben:Ich überblicke ja nun schon einen etwas längeren Zeitraum schwulen Lebens in Deutschland und kann nur sagen, dass sich vieles auch in unserem alltäglichen Leben zum Besseren gewendet hat. Das ist allerdings kein Grund, sich als Schwuler nun zufrieden zurückzulehnen.


Es geht auf jeden Fall voran und ich sehe es auch so!

Gernot Back hat geschrieben:Das Wort "schwul" ist zwar heute unter Jugendlichen zu dem Standard-Wort geworden, um Geringschätzung gegenüber allem und jedem zum Ausdruck zu bringen (und das war vor 30 Jahren noch nicht so), aber das ist ja letztlich auch nur Ausdruck der allgemeinen Enttabuisierung von Sexualität in Verbindung mit der eigenen Unsicherheit, die Jugendliche in Bezug auf ihre sexuelle Identität in diesem Alter durchleben.


Das sehe ich genauso, aber das halte ich für sehr gefährlich!!! Menschen greifen nicht dagegen ein, weil Homophobie für selbstverständlich gehalten wird, weil es immer noch eine gesellschaftlich legitimierte Diskriminierung ist und das manifestiert sich, verstärkt sich und verfestigt sich ununterbrochen vor allem im Sprachgebrauch!
Es ist den meisten Menschen nicht bewusst, dass Homophobie woanders nicht gängig ist bzw. war, weil die Geschichte von den SiegerInnen geschrieben wird.

Gernot Back hat geschrieben:Mittlerweile haben schwule Jugendliche in Deutschland aber doch genug positive Vorbilder


Diese Vorbildern haben mir in Argentinien nicht gefehlt und mir damals auch sehr geholfen! Aber ich glaube trotzdem, dass die Jugend ein sehr schwieriges Alter ist und solche Wörter können SEHR verletzen. Ich glaube, mein Selbstmordversuch hat viel mehr mit Familienproblemen gehabt als mit meiner sexuellen Identität (die von der Gesellschaft zur Identität gemacht wird), aber das war schon immer eine sehr große Belastung und das könnte man den Kindern ersparen, wenn man sie anders erziehen würde. Ich finde super, was meine Schwester macht. Sie ist sowohl Mutter als auch Kindergärtnerin und sagt ihrer Tochter und auch den Kindern, dass sie alle unabhängig vom Geschlecht eine Freundin oder einen Freund haben können. Nur so kann man Menschen das Leben einfach machen, so dass sich niemand mehr outen muss. Aber bis das die ganze Gesellschaft versteht, wird es ewig dauern.
Zunächst muss man daran arbeiten, dass es nicht mehr mit Negativität in Verbindung gebracht wird und das kann man nur schaffen, in dem man am Sprachgebrauch arbeitet. Etwas, das ein Synonym von "scheiße" ist, hat so und so negative Konnotationen.

Gernot Back hat geschrieben: Ich kenne sogar schwule Jugendliche, die sich selbst so bezeichnen und dennoch sagen, irgendetwas sei "so schwul" wenn sie sagen wollen, dass sie es nicht cool finden. Die denken sich entweder noch nicht einmal etwas dabei oder machen dazu dann auch noch eine selbstironisierende exaltierte "schwule" Geste!


Das machen sie aber, weil sie selbst auch Homophobie für selbstverständlich halten! Das finde ich traurig.
Ich habe mal kurz in einem Schwulencafé hier in Wien gearbeitet und wir hatten einen Tisch, an den sich nur Homosexuelle hinsetzen durften. Das hat mich sehr gestört! Es ist diskriminierend! Stell dir vor, es ginge um ein Lokal für Schwarze und du dürftest dich irgendwo nicht hinsetzen nur wegen deiner Hautfarbe!
Auch sagte mir mal ein Kollege, dass er eine "gay card" besitzt, mit der er in manchen Geschäften billiger einkauft. Ich habe ihm gesagt: "Toll! Lasst uns auch eine "white card" für uns Weiße machen!"
Homosexuelle nehmen den Raum und die Rolle, die ihnen die Gesellschaft zuschreibt, an, weil sie sich selbst diskriminieren.

Gernot Back hat geschrieben:Ich bin mir unsicher, ob man hier vielleicht sogar auch sagen kann "... und das ist gut so!"


Sicher nicht! Solange es Kinder wie Kevin auf der Welt gibt, kann man so etwas nicht gut heißen! Es ist scheiße!

Gernot Back hat geschrieben:Locker bleiben!


Ich verstehe, was du meinst! Ich bin eigentlich immer ziemlich locker damit umgegangen und gehe, was meine Sexualität betrifft, noch ganz locker damit um. Aber ich habe diese Vorlesung über Religion bei einem katholischen Theologen besucht und erfahren, dass ein riesiger Anteil der Menschheit ohne irgendwelche Beweise und obwohl alle Hinweise ganz genau das Gegenteil bestätigen, herum verzapft und sogar dank Steuergelder an der Universität, dass der allmächtige Gott, der alles geschaffen habe und meines Wissens noch nie gesehen wurde und außerdem lebendig und liebevoll sei, geschrieben oder schreiben hat lassen, dass ich tot sein muss und dass es tatsächlich zu einer Vernichtung geführt hat und dass es immer noch passiert (vor allem in Afrika) und dass es fast niemandem bewusst ist und dass es viele sogar für selbstverständlich halten. Die intensive Auseinandersetzung mit dem Thema hat mich so wütend gemacht! So was ist nur pervers! Es gibt so viele Familien weltweit, die wegen diesem Buch ganz arg ruiniert werden.
Das ganze hat mich für die Problematik sehr sensibilisiert und seitdem will ich mir nichts gefallen lassen. Es geht hier nicht um mich! Mir persönlich war Homophobie immer wurscht, weil ich Homophobe für arme Menschen halte, die meist ein Problem mit sich selbst haben und weil ich immer gemerkt habe, wenn ich locker damit umgehe, geht auch fast jede/r um mich auch locker damit um und weil ich solche Menschen gar nicht um mich brauche. Den meisten um mich ist es wurscht, ob ich schwul bin oder nicht. Es geht darum, dass täglich weltweit ganz viele Menschen getötet werden und sich auch viele das Leben nehmen. Das geht gar nicht!
Aber mittlerweile schaffe ich es, alles nicht mehr so schwarz zu sehen, (was sehr gut ist, weil mich das selbst sonst fertig macht) weil ich auch sehe, dass wir eh auf dem richtigen Weg sind und weil Religiöse sowieso immer marginaler werden.
Zuletzt geändert von njrwally am Sa 10. Sep 2011, 02:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Sa 10. Sep 2011, 01:45

Ich habe NIE behauptet, dass man die Neigung verändern könnte! Nur das es dem Betroffenen gelingen kann, darauf zu verzichten! Und das ist bei Pädophilen sehr wichtig!

stine hat geschrieben:der andere kann nicht umerzogen werden, weil er angeblich niemandem schadet?


angeblich?????????????? Was soll das???? Wem schade ich damit und wie?????????? Erklär es mir bitte!

Ich sage dir, dass ich lieber sterben würde, wenn mir verboten werden würde, meine Sexualität und mein Recht, zu lieben, auszuleben und du traust dich noch so etwas zu schreiben! Ich glaube, du hast einfach kein Herz!
Ich habe Reportagen von Menschen, die Opfer der populären Sekte, die du so schamlos vertrittst, gesehen. Männer, bei denen man versucht hat, durch Glauben ihr sexuelles Verhalten zu "korrigieren" und sie sagen alle, sie wollten sich umbringen!!!!!!!!!!!!!!! Verstehst du das nicht? Ist dir das egal??? Du bist ein Unmensch! Ich habe genug von dir. Ich habe das Gefühl, ich schreibe nicht einem Menschen sondern einer Wand!

stine hat geschrieben:Entweder es geht oder es geht nicht und das ist unabhängig vom Schaden, den der Betreffende anrichtet.


Wie traust du dich so etwas zu äußern???????? Das ist politisch vollkommen unkorrekt! ICH SCHADE NIEMANDEM DAMIT!!! GENAU IM GEGENTEIL!!!
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Sa 10. Sep 2011, 02:01

stine hat geschrieben:Du meinst das sicher im Sinne der Sensibilisierung auf Andersdenkende.


Nicht auf Andersdenkende, sondern auf "Anderseiende"! Du scheinst, zu glauben, dass die Homosexualität eine Ideologie ist!!! Es ist eine natürliche Veranlagung, die sich man nicht aussucht und die man auch weder verändern kann noch muss! Sogar Hautfarbe ist leichter zu verändern als die Sexualität!

stine hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass alle mit der Regenbogengesellschaft ihren Frieden haben.


Das ist das Problem mit dem CSD-Paraden! Du glaubst, wir leben alle Homosexuellen in einer Regenbogengesellschaft! Was soll das? Ich lebe gar nicht so anders wie du!

stine hat geschrieben:Und ich weiß auch nicht, warum du ständig von Homophobie redest. Die Toleranz in der Gesellschaft ist ja längst da.


HAHAHAHA! Nachdem du mich mit Pädophilen vergleichst, traust du dich zu behaupten, dass die Toleranz schon lange da ist! Schau dich selbst an!

stine hat geschrieben:Die Selbstmordrate bei homosexuellen Jugendlichen kann auch deswegen höher sein, weil sie in etwas hineingeraten sind, was sie gar nicht wollten und keinen Frieden mehr mit sich finden.


Unsinn! Man gerät nicht in die Homosexualität! Man ist einfach, was man ist! Und schuld dafür ist ausschließlich die Homophobie! Wenn Jugendliche das Gefühl haben, dass sie etwas sind, was sie nicht sein möchten, kann es nur daran liegen, dass sie in einer Welt leben, in der das, was sie sind, von vielen nicht für akzeptierbar gehalten wird. Das kann man nur lösen, in dem man ihnen zeigt, dass man das doch akzeptiert. Homosexualität hat es immer gegeben und wird es auch immer geben! Das zu akzeptieren, kann nur zu einer Verbesserung der ganzen Gesellschaft führen. Weniger Jugendliche werden sich das Leben nehmen, weniger Mütter und Väter werden darunter leiden, weniger Kinder und Jugendliche werden Missbrauchsopfer in katholischen Einrichtungen sein.

stine hat geschrieben:Ich wäre da sehr vorsichtig, mit der Aussage, dass die homophobe Gesellschaft daran schuld ist.


Da ich selbst ein homosexueller Jugendlicher war, kann ich dir schwören, dass es doch so ist, auch wenn du das nie sehen möchtest. Es ist so! Und Menschen wie du, die sich so unverschämt trauen, das mit Pädophilie in Verbindung zu bringen, sind dafür schuld, dass sich morgen Kinder das Leben nehmen werden! Du solltest eigentlich gar nicht ruhig schlafen dürfen!
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Gernot Back » Sa 10. Sep 2011, 08:27

stine hat geschrieben:Der eine kann umerzogen werden, weil seine Leidenschaft anderen schadet und der andere kann nicht umerzogen werden, weil er angeblich niemandem schadet? Merkst du nichts? Das ist eben nicht logisch im Sinne der Umerziehung. Entweder es geht oder es geht nicht und das ist unabhängig vom Schaden, den der Betreffende anrichtet.

Du gehst von falschen Voraussetzungen aus: Weder Pädophilie noch Homosexualität lassen sich umerziehen. Das einzige, was man bei Pädophilen machen kann, ist dass man sie dazu bringen kann, Techniken einzuüben, wie sie auf sexuelle Kontakte mit Kindern verzichten können. Das funktioniert dann, wenn sie selbst davon überzeugt sind, dass sie den Objekten ihrer Begierde durch solche Kontakte schaden.

Anders als bei Pädosexuellen besteht hierzu aber bei Homosexuellen kein Anlass, im Gegenteil: Einvernehmlich handelnden Erwachsenen würde man damit im Gegenteil sogar schaden. Wie würdest du wohl reagieren, Stine, wenn man dir vorschreiben würde, dass du ab jetzt -ohne dass es dazu irgendeinen Grund gäbe- sexuell nur noch mit den Angehörigen deines eigenen Geschlechts verkehren dürftest, wenn du gleichzeitig heterosexuell oder bisexuell wärest (oder bist)? Hättest du dafür Verständnis?

Die Gründe, warum etwa in der Bibel tatsächlich solche Vorschriften unter umgekehrtem Vorzeichen (Verbot von Homosexualität) gemacht wurden, waren die damalige Unterbevölkerung und das Bestreben, sich von fremden Kulturen abzugrenzen, in denen Homo- und Bisexualität (z.T. auch Pädophilie) nicht nur kein Problem waren, sondern geradezu kultiviert wurden. Was haben wir aber mit solchen Gründen heute noch zu tun? Archaische Hirtenkulturen aus dem vorderen Orient sollten keine Rolle mehr für unser heutiges Leben spielen. Das ist ja auch der Grund, warum sich viele hier in diesem Forum so stark machen für deren endgültige Überwindung.
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Sa 10. Sep 2011, 09:47

njrwally hat geschrieben:Ich finde super, was meine Schwester macht. Sie ist sowohl Mutter als auch Kindergärtnerin und sagt ihrer Tochter und auch den Kindern, dass sie alle unabhängig vom Geschlecht eine Freundin oder einen Freund haben können.
Das ist doch selbstverständlich. Freundschaften sind aber keine sexuellen Beziehungen, auch die Liebe als solches ist erst einmal asexuell.

njrwally hat geschrieben:Ich habe Reportagen von Menschen, die Opfer der populären Sekte, die du so schamlos vertrittst, gesehen.
Welche Sekte meinst du? Ich vertrete nur meine eigenen Ansichten.

njrwally hat geschrieben:Das Schlimmste war zu erfahren, wie traurig das meine Mutter gemacht hat. Sie hat mindestens einen Monat lang täglich geweint, aber das hat sie mir nicht gezeigt.
Das ist Liebe, njrwally. Würdest du deswegen deiner Mutter Homophobie unterstellen?

njrwally hat geschrieben:HAHAHAHA! Nachdem du mich mit Pädophilen vergleichst, traust du dich zu behaupten, dass die Toleranz schon lange da ist! Schau dich selbst an!
Du verstehst mich immer noch nicht: Eine sexuelle Neigung, die nicht der Zweigeschlechtlichkeit dient ist eine Variante. Und davon gibt es ganz unterschiedliche. Einige kann man gutheißen, andere dulden und manches muss man kulturell bedingt verbieten. Tatsache bleibt, dass es sich um Variationen der ansonsten zweigeschlechtlichen Sexualität handelt.

njrwally hat geschrieben:Nicht auf Andersdenkende, sondern auf "Anderseiende"! Du scheinst, zu glauben, dass die Homosexualität eine Ideologie ist!!! Es ist eine natürliche Veranlagung, die sich man nicht aussucht und die man auch weder verändern kann noch muss!
Dafür gibt es aber keine Beweise, njrwally, auch wenn du das immer wieder wiederholst.

njrwally hat geschrieben:Weniger Jugendliche werden sich das Leben nehmen, weniger Mütter und Väter werden darunter leiden, weniger Kinder und Jugendliche werden Missbrauchsopfer in katholischen Einrichtungen sein.
Du verwechselst jetzt wieder die unterschiedlichen Varianten. Bei den "Tätern" in Jugendeinrichtungen handelt es sich hoffentlich nicht "nur" um Homosexuelle?

njrwally hat geschrieben:Ich sage dir, dass ich lieber sterben würde, wenn mir verboten werden würde, meine Sexualität und mein Recht, zu lieben, auszuleben und du traust dich noch so etwas zu schreiben! Ich glaube, du hast einfach kein Herz!
Mein Verständnis ist größer, als du denkst. Allerdings bin ich niemand, der automatisch alles gutheisst, was man so allgemein gutheissen soll. Und ich denke, dass der "Kampf" der Schwulen und Lesben, um gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz, zur Gründung gleichbedeutender und gleichberechtigter Lebensgemeinschaften, die Öffentlichkeit arg strapaziert. Die Schwulen kommen leider häufig sehr narzistisch rüber. Ich denke, dass das Auftreten in der Öffentlichkeit überdacht werden sollte, um das Schockmoment zu reduzieren.Ich würde an gleicher Stelle nehmen was ich bekommen kann und mich angepasst verhalten, um nicht das Gegenteil dessen zu erreichen, was ich eigentlich wollte.

Gernot Back hat geschrieben:Wie würdest du wohl reagieren, Stine, wenn man dir vorschreiben würde, dass du ab jetzt -ohne dass es dazu irgendeinen Grund gäbe- sexuell nur noch mit den Angehörigen deines eigenen Geschlechts verkehren dürftest, wenn du gleichzeitig heterosexuell oder bisexuell wärest (oder bist)? Hättest du dafür Verständnis?
Nein, hätte ich nicht, weil der Mensch ein zweigeschlechtliches Wesen ist und das eine abartige Anordnung wäre. Ich würde in solchem Fall völlig Abstinent leben wollen. :wink:

njrwally hat geschrieben:Verstehst du das nicht? Ist dir das egal??? Du bist ein Unmensch! Ich habe genug von dir. Ich habe das Gefühl, ich schreibe nicht einem Menschen sondern einer Wand!
WAS macht dich jetzt eigentlich im Detail so wütend? njrwally?

LG stine
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon Gernot Back » Sa 10. Sep 2011, 11:35

Lieber Nicolás!

njrwally hat geschrieben:
Gernot Back hat geschrieben:Also, vielleicht lebe ich hier in Köln ja auf einer Insel der Glückseligen

Köln ist das Paradies der Lesben und Schwulen in Deutschland!! Das weiß man! Was dort passiert, gilt gar nicht für das ganze Land.

Ganz so würde ich das nicht sagen, aber es stimmt natürlich: Vieles ist für Schwule, mehr noch als für Lesben (die oft mit einer Zweierkiste zufrieden sind), in Großstädten einfacher: Das hat auch einfach damit zu tun, dass wir eine Minderheit sind und es in einer Großstadt einfacher ist, Gleichgesinnte zu treffen. Deshalb siedeln sich auch noch zusätzlich viele Schwule, die ursprünglich vom Land kommen, in Großstädten an, während viele Heterosexuelle auch der Kinder wegen gerne mal aufs Land ziehen. Dadurch ist die Präsenz von Schwulen in Großstädten, auch was ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung betrifft, im Vergleich zu ländlichen Gebieten deutlich erhöht. Das ist eine Katze, die sich in den Schwanz beißt: Stärkere öffentliche Präsenz der Minderheit verhindert, dass die Mehrheit Vorurteile gegenüber der Minderheit entwickelt, umgekehrt werden solche Vorurteile aber durch Unterrepräsentanz begünstigt. Das sieht man ja auch an weiten Teilen Ostdeutschlands, wo der Ausländeranteil der geringste ist, ist die Ausländerfeindlichkeit am größten: Man hat einfach Angst vor dem Unbekannten.
njrwally hat geschrieben:
Gernot Back hat geschrieben:aber ich habe hier genau so wenig Probleme wie Heterosexuelle, wenn ich hier mal händchenhaltend oder küssend mit einem Geschlechtsgenossen durch die Stadt schlendere.

Ich habe persönlich auch noch keine negativen Erfahrungen gemacht, als ich das gemacht habe. Auch nicht hier in Wien. In Buenos Aires habe ich das zum ersten mal mit 19 gemacht, als ich noch nie im Leben zwei miteinander händchenhaltende Männer auf der Straße gesehen hatte. Es war auch das erste Mal, dass ich in meinem Leben aus einer Schwulendisco herausgekommen bin. Damals wurden wir von Leuten ganz explizit und laut ausgelacht und von jeder/m extrem komisch angekuckt. Vor nicht einmal 10 Jahren. Das sehe ich aber nicht als eine negative Erfahrung, weil ich mich das sehr glücklich gemacht hat, weil ich das Gefühl gehabt habe, dass ich die Welt verbessern kann und das es nur so besser werden kann.

Ich habe mal etwas Ähnliches erlebt: Ich bin auch schon (nicht nur in Nördlingen händchenhaltend) mit einem Lebensabschnittsgefährten angemacht worden, sondern auch in Darmstadt (das nach deutschen Maßstäben durchaus schon als Großstadt gilt), wo wir in den Neunzigerjahren damals beide wohnten. Dort gab es keine Schwulendisco, nur einmal im Monat eine Disco, die die schwule Unigruppe im Studentenkeller organisierte. Wir fuhren deshalb normalerweise immer nach Frankfurt oder Mannheim. Einmal gingen wir in Darmstadt aber auch einfach in eine gewöhnliche Disco und tanzten sehr aufeinander bezogen, so wie wir das meistens taten, und so, wie das auch die dortigen Heteros taten. In der Disco nahm niemand Anstoß daran, aber als wir uns auf den Heimweg machten, verfolgte uns eine Gruppe Jugendlicher mit Migrationshintergrund aus muslimischen Ländern. Auf halbem Weg (schon etwas abgelegener) brüllte uns einer von denen an mit "Ey ihr Schwuchteln, ich fick euch" (oder so ähnlich). Wir blieben stehen, drehten uns um und ließen die Gruppe auf uns zukommen. Wegzulaufen wäre gegen unseren Stolz gewesen, den wir mit unserer Aktion in der Disco ja gerade beweisen wollten. Der Rädelsführer ergriff wieder das Wort mit seinen als Beleidigung gemeinten Äußerungen und immer wieder: "Ich fick dich/Ich fick euch!" (Viel mehr fiel ihm auch nicht ein.).

Schließlich wandte ich mich an meinen damaligen Freund und fragte: "Wollen wir den 'Kleinen' mit zu uns nach Hause nehmen?" Die in der Gruppe anwesenden deutschen Mädels begannen zu kichern, dann sogar die anderen Halbstarken, der Rädelsführer war isoliert und wir hatten die Situation gemeistert. (Glücklicherweise waren "Mädels" anwesend, ich weiß nicht wie es sonst ausgegangen wäre.)

Aber auch in Köln(!) gab es da mal so eine Situation. Da saß ich vor einigen Jahren noch an einem Sonntagmorgen nachts um drei in der Straßenbahn. Es stieg eine gemischt-nationale Gruppe Jugendlicher zu, die sich wohl ebenfalls gerade auf dem Heimweg von Bars/Discos befand. Einen von denen fand ich ziemlich scharf. Der selbst bekam das wohl auch mit, sagte aber nichts, ein anderer (wahrscheinlich nicht zufällig ausgerechnet wieder einer mit Migrationshintergrund aus einem muslimisch geprägten Land) meinte, mich dafür lautstark anmachen zu müssen, indem er mir noch unterstellte ich wolle was von ihm. Ich stellte ihn ebenso lautstark -so dass alle in der Bahn es hören konnten- zur Rede, was für ein Problem er denn überhaupt hätte; der Abend sei anmach-technisch wohl nicht so gut für ihn verlaufen wie für seinen deutschen Kollegen, der in seiner eigenen sexuellen Identitität offensichtlich gefestigter sei als er. Der Deutsche grinste darauf, genau wie ich. In dem Moment hatte ich auch meine Haltestelle erreicht und stieg aus.
njrwally hat geschrieben:Mein Vater hat in Vergleich zu den meisten anderen Vätern, von denen ich gehört habe, ziemlich cool und lieb reagiert. Aber ich merke, dass er noch darunter leidet, auch wenn er sehr stolz auf mich ist. Das Schlimmste war zu erfahren, wie traurig das meine Mutter gemacht hat. Sie hat mindestens einen Monat lang täglich geweint, aber das hat sie mir nicht gezeigt. Sie haben aber beide nichts gegen die Homosexualität gehabt.

Ich glaube, da hattest du nach deinem Coming-Out sogar mehr Glück mit deinen Eltern als ich es hatte: Ich hatte danach erst einmal ein Jahr Hausverbot von meinem Vater: Er hatte mich vor die Alternative gestellt: "Entweder kommst du jetzt jedes Wochenende von deinem Studienort zu uns nach Hause oder du brauchst überhaupt nicht mehr zu kommen!" Dahinter steckte der Gedanke, dass er so verhindern wollte, dass ich mich am Wochenende in der Frankfurter Schwulenszene rumtreibe. Er nahm mich ins Gebet: "Versuch es doch wenigstens mal mit einer Frau", und wörtlich noch dazu: "Ich habe es ja auch geschafft".

Also kam ich ein Jahr lang überhaupt nicht mehr nach Hause, wenn mein Vater da war. Dann verbrachte ich zwei Austauschsemester in Kalifornien und, als ich zurückkam und mir erneut eine Bleibe an meinem deutschen Studienort Mainz suchen musste, war auch das Hausverbot am 50 km entfernten Wohnort meiner Eltern kein Thema mehr.

Wahrscheinlich konnte es mein Vater nur nicht ertragen, dass ich ihm vorführte, dass man sein Leben auch nach eigenem Konzept leben kann: Irgendwann konnte ich mir auch zusammenreimen, warum ihm seine Mutter in seiner Jugendzeit plötzlich den Umgang mit katholischen Priestern verboten hatte, warum er eine Banklehre machen musste, wo er meine Mutter kennenlernte, und nicht an der Kunsthochschule studieren durfte.

Meine inzwischen verstorbene Großmutter bestätigte mir dann viel später einmal in einer schwachen Stunde, als ich sie auf ihr eigenes gestörtes Verhältnis zu meinem Vater ansprach, dass der Auslöser war, dass sie einen Liebesbrief von einem katholischen Kaplan an ihn gefunden hatte. Als Druckmittel war sie noch nicht einmal davor zurückgeschreckt, mit dem damals noch in seiner Nazi-Fassung bestehenden Paragrafen 175 zu drohen.

Möglicherweise sind meine beiden Schwestern und ich also nur das Produkt der Selbstverleugnung meiner Eltern.
njrwally hat geschrieben:
Gernot Back hat geschrieben:Das Wort "schwul" ist zwar heute unter Jugendlichen zu dem Standard-Wort geworden, um Geringschätzung gegenüber allem und jedem zum Ausdruck zu bringen (und das war vor 30 Jahren noch nicht so), aber das ist ja letztlich auch nur Ausdruck der allgemeinen Enttabuisierung von Sexualität in Verbindung mit der eigenen Unsicherheit, die Jugendliche in Bezug auf ihre sexuelle Identität in diesem Alter durchleben.

Das sehe ich genauso, aber das halte ich für sehr gefährlich!!! Menschen greifen nicht dagegen ein, weil Homophobie für selbstverständlich gehalten wird, weil es immer noch eine gesellschaftlich legitimierte Diskriminierung ist und das manifestiert sich, verstärkt sich und verfestigt sich ununterbrochen vor allem im Sprachgebrauch!

Für die beste Strategie halte ich immer noch, das Wort "schwul", ggf. also auch "puto" im argentinischen Spanischen in einen positiven Begriff zu verwandeln, indem man es mit Stolz als Selbstbezeichnung benutzt. Ich kann auch nicht erkennen, dass in Deutschland die Tendenz dies zu tun unter Schwulen abgenommen hätte, und das, obwohl "schwul" in einer bestimmten Altersgruppe vermehrt als Synonym zu "uncool" benutzt wird. Da pfeifen wir selbstbewussten Schwulen doch drauf, wie schwul/cool ist das denn?!
Lass uns darauf doch mal anstoßen: Schwulsein! :silvester_smilie:
njrwally hat geschrieben:Es ist den meisten Menschen nicht bewusst, dass Homophobie woanders nicht gängig ist bzw. war, weil die Geschichte von den SiegerInnen geschrieben wird.

Eben, wir sind Helden, wir müssen nur wollen!

Gruß Gernot
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon njrwally » Sa 10. Sep 2011, 12:25

Stine!Du verstehst einfach gar nichts. Ich rede von Kindern, die sich umbringen und dir ist das alles egal! Ich bin so froh, dass Menschen wie du langsam verschwinden! Deine Ideologie ist sehr gefährlich. Ich habe genug von dir!

Gernot! Alles, was du erzählst, ist voll interessant!!

Gernot Back hat geschrieben:Da pfeifen wir selbstbewussten Schwulen doch drauf, wie schwul/cool ist das denn?!
Lass uns darauf doch mal anstoßen: Schwulsein! :silvester_smilie:


Einmal hat mir meine jüngste Schwester gesagt, als ich in Buenos Aires auf Besuch war, als ich noch in Spanien gelebt habe, das mein damaliger Stil schwul sei. Und damit meinte sie, es sei etwas Negatives. Ich habe aber sehr glücklich reagiert und als Antwort: "danke!!" gesagt und dann hat sie gelächelt. Wenn man sich selbst akzeptiert, akzeptieren das alle viel besser.

Gernot Back hat geschrieben: Eben, wir sind Helden, wir müssen nur wollen!


Ich sehe es jetzt genauso! Wir siegen eh und schreiben auch langsam die Geschichte auch neu! :) Früh oder spät wird es jeder/m bewusst sein!
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Re: Keine Fantasie ist mehr wert als ein Menschenleben

Beitragvon stine » Sa 10. Sep 2011, 13:08

njrwally hat geschrieben:Stine!Du verstehst einfach gar nichts. Ich rede von Kindern, die sich umbringen und dir ist das alles egal! Ich bin so froh, dass Menschen wie du langsam verschwinden! Deine Ideologie ist sehr gefährlich. Ich habe genug von dir!
Nein, es ist mir nicht egal, aber ich sehe die Gründe woanders.

njrwally hat geschrieben:Wir siegen eh und schreiben auch langsam die Geschichte auch neu!
Na, dann passt es eh, was wolltest du sonst noch mitteilen?

LG stine
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