Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Do 21. Jun 2012, 23:55

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich bin nun ziemlich verwirrt, weil das für mich jetzt so aussieht, als ob Du 'Bestimmtheit' mit 'Determiniertheit' gleich setzen wolltest. Aber das ist nicht das Gleiche. Wir betrachten ein Geschehen X und dann ist X im Nachhinein eindeutig festgelegt/bestimmt - ist nämlich so geschehen, wie es geschehen ist und nicht anders. Aber das bedeutet doch nicht auch automatisch, dass X determiniert war.

Setzen wir für X mal den Atomzerfall eines bestimmten Atomes. Der kann sehr wohl bestimmt sein - das Atom ist zum Zeitpunkt t zerfallen - aber daraus kann man doch nicht folgern, dass das determiniert geschehen ist.

Ein Geschehen, das determiniert ist, ist dann auch auch bestimmt. Aber der Umkehrschluss (wenn etwas bestimmt ist, ist es auch determiniert) ist falsch. Zumindest unter Zugrundelegung dessen, was ich unter 'Determiniertheit' verstehe.

So wie aber Du hier 'Determiniertheit' verwendest, läuft das letztlich auf die Gleichsetzung 'Existenz' == 'Determiniertheit' hinaus.

Und so sieht Dein Punkt a) ("Willensfreiheit (so oder anders handeln können) und Determinismus schliessen sich gegenseitig aus. Das ist eine reine Definitionsfrage.") sehr merkwürdig aus, denn das liefe ja dann darauf hinaus, dass ein freier Wille per definitionem nicht existieren könne. Und wenn so, dann kann man sich alles Drumherumgerede (z.B. über Allwissenheit) völlig sparen; wäre alles nur Ablenkung vom schlichten Fakt, dass der freie Wille schlicht per se so definiert wurde, dass er nicht existieren kann. Und dann sollte man nur diesen Fakt betrachten, alles Zusätzliche sind dann nur red herrings.


Stimmt, ohne Allwissenheit impliziert Determiniertheit Bestimmtheit, nicht aber umgekehrt. Kommt aber Allwissenheit hinzu ändert sich das. Allwissenheit impliziert Gewusstes dieses Bestimmtheit/Festgelegtheit (im Sinne, dass etwas überhaupt als etwas identifizierbar ist) und das impliziert eben auch Determiniertheit (wenn Allwissenheit impliziert, dass alles Zukünftige alternativlos feststeht (was aus dem Festgelegtsein folgt), dann erfüllt das die Definition von Determiniertsein). Der Zufall würde eben bei existierender Allwissenheit faktisch nicht mehr zufällig sein (analog zum freien Willen der nicht mehr frei sein könnte).

Wenn ich schreibe, dass Willensfreiheit und Determinismus sich per definitionem ausschliessen, so ist ja damit noch nichts über den wirklichen ontologischen Status der Welt oder des Willens gesagt. War die Prämisse der Allwissenheit aber GESETZT (welche man natürlich auch ersetzen kann durch einen ANGENOMMENEN Determinismus der aus einer ANGENOMMENEN Allwissenheit folgt), dann impliziert das eben dass ein freier Wille (im libertarischen Sinn) nicht existieren kann.

ps: Morgen dann etwas zum Newcombs Paradox...falls ich Zeit habe.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » Fr 22. Jun 2012, 01:19

Dr Fraggles hat geschrieben:Stimmt, ohne Allwissenheit impliziert Determiniertheit Bestimmtheit, nicht aber umgekehrt. Kommt aber Allwissenheit hinzu ändert sich das. Allwissenheit impliziert Gewusstes dieses Bestimmtheit/Festgelegtheit (im Sinne, dass etwas überhaupt als etwas identifizierbar ist) und das impliziert eben auch Determiniertheit (wenn Allwissenheit impliziert, dass alles Zukünftige alternativlos feststeht (was aus dem Festgelegtsein folgt), dann erfüllt das die Definition von Determiniertsein). Der Zufall würde eben bei existierender Allwissenheit faktisch nicht mehr zufällig sein (analog zum freien Willen der nicht mehr frei sein könnte).

Das scheint nun Dein Hauptargument für Deine Position zu sein, aber ich muss gestehen, dass ich es nicht verstehe.

Erst mal habe ich Probleme mit Deinem Begriff 'Determiniertheit '. Ich dachte bisher, wir würden über kausalen Determinismus reden, aber offensichtlich tust das nicht, meinst irgend was anderes.

Bloß ist mir dann leider nicht klar, was Du überhaupt mit 'Determiniertheit ' meinst. Logische Determiniertheit? Psychologische Determiniertheit? Oder was sonst?

In welchem Sinne war nun z.B. der Atomzerfall, den ich beobachtet habe, determiniert? Wieso ist er durch mein Wissen um ihn determiniert? Wieso musste er eintreten?

Oder müssen wir hier unterscheiden zwischen Vergangenheit und Zukunft? Determiniert ein Wissen um die Zukunft die Zukunft, aber ein Wissen um die Vergangenheit nicht die Vergangenheit?

Und wenn ja: wieso ist das so? Oder, anders gefragt: wie kann ein Wissen um die Zukunft (oder die Vergangenheit) diese festlegen/determinieren? Ist es nicht genau anders herum: jedes Wissen über ein beliebiges X wird durch X festgelegt, und nicht anders herum?

Stellen wir uns mal vor, ich wüsste unfehlbar, was Du morgen um 15:32 Uhr machen wirst. Und - weil ich das unfehlbar weiß - tritt es voraussetzungsgemäß auch ein. Nun ist es so, dass Du morgen um 15:32 Uhr was Bestimmtes machen wirst, (ganz egal, ob man die Zukunft wie auch immer als 'offen' oder 'nicht-offen' ansieht und was man damit meint). Und das eben weiß ich voraussetzungsgemäß. Aber wieso bedeutete das dann, dass Du dieses Bestimmte dann notwendigerweise, alternativlos und somit unfrei getan haben wirst? Hättest Du was anderes getan, (würdest Du was anderes tun), dann hätte ich etwas anderes gewusst. Mein Wissen hängt doch dann wohl notwendigerweise davon ab, was Du tun wirst - aber Deine Handlung (bzw. Dein Verhalten, Dein Aufenthaltsort etc.) hängt doch nicht davon ab, was ich weiß. (Ich sehe Deinen Punkt immer noch nicht so recht.)

Du darfst diese Fragen gerne ignorieren, wenn Du meinst, Du habest sie in Deinen vorherigen Beiträgen schon zur Genüge beantwortet; ich habe das Gefühl, wir sind hier ein bisschen in einer Sackgasse gelandet.

Eigentlich interessiert mich zurzeit auch mehr Newcomb's Paradox. Vielleicht kannst Du anhand dessen Dein Argument mir besser verständlich machen, vielleicht kommen wir damit etwas weiter.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Fr 22. Jun 2012, 22:41

AgentProvocateur hat geschrieben:Das scheint nun Dein Hauptargument für Deine Position zu sein, aber ich muss gestehen, dass ich es nicht verstehe.
Erst mal habe ich Probleme mit Deinem Begriff 'Determiniertheit '. Ich dachte bisher, wir würden über kausalen Determinismus reden, aber offensichtlich tust das nicht, meinst irgend was anderes.
Bloß ist mir dann leider nicht klar, was Du überhaupt mit 'Determiniertheit ' meinst. Logische Determiniertheit? Psychologische Determiniertheit? Oder was sonst?
In welchem Sinne war nun z.B. der Atomzerfall, den ich beobachtet habe, determiniert? Wieso ist er durch mein Wissen um ihn determiniert? Wieso musste er eintreten?
Oder müssen wir hier unterscheiden zwischen Vergangenheit und Zukunft? Determiniert ein Wissen um die Zukunft die Zukunft, aber ein Wissen um die Vergangenheit nicht die Vergangenheit?
Und wenn ja: wieso ist das so? Oder, anders gefragt: wie kann ein Wissen um die Zukunft (oder die Vergangenheit) diese festlegen/determinieren? Ist es nicht genau anders herum: jedes Wissen über ein beliebiges X wird durch X festgelegt, und nicht anders herum?
Stellen wir uns mal vor, ich wüsste unfehlbar, was Du morgen um 15:32 Uhr machen wirst. Und - weil ich das unfehlbar weiß - tritt es voraussetzungsgemäß auch ein. Nun ist es so, dass Du morgen um 15:32 Uhr was Bestimmtes machen wirst, (ganz egal, ob man die Zukunft wie auch immer als 'offen' oder 'nicht-offen' ansieht und was man damit meint). Und das eben weiß ich voraussetzungsgemäß. Aber wieso bedeutete das dann, dass Du dieses Bestimmte dann notwendigerweise, alternativlos und somit unfrei getan haben wirst? Hättest Du was anderes getan, (würdest Du was anderes tun), dann hätte ich etwas anderes gewusst. Mein Wissen hängt doch dann wohl notwendigerweise davon ab, was Du tun wirst - aber Deine Handlung (bzw. Dein Verhalten, Dein Aufenthaltsort etc.) hängt doch nicht davon ab, was ich weiß. (Ich sehe Deinen Punkt immer noch nicht so recht.)
Du darfst diese Fragen gerne ignorieren, wenn Du meinst, Du habest sie in Deinen vorherigen Beiträgen schon zur Genüge beantwortet; ich habe das Gefühl, wir sind hier ein bisschen in einer Sackgasse gelandet.
Eigentlich interessiert mich zurzeit auch mehr Newcomb's Paradox. Vielleicht kannst Du anhand dessen Dein Argument mir besser verständlich machen, vielleicht kommen wir damit etwas weiter.



Im Grunde lassen sich die meisten Definitionen aus jenem der Allwissenheit folgern.
Allwissenheit = das Wissen um alles was war, ist und sein wird.
Determiniertsein = das alternativlose festgestellt sein aller (ALLwissenheit) künftiger (entscheidend für Willensfreiheit oder Zufall) Ereignisse (ob kausal, nomisch oder wie auch immer, das scheint mir völlig egal zu sein im besprochenen Kontext) Gegenteil: ergebnisoffen, "offene" Zukunft.
Atomzerfall: falls dieser Zerfall vorgängig gewusst wird (Allwissenheit) legt das schon vorgängig seinen Ausgang fest, genauer: setzt einen solchen voraus. Das widerspricht aber dem Verständnis des Zufalls (nicht vorhersehbar zu sein, welche in der Natur der Sache liegt, also nichts mit unseren Erkenntnismodi zu tun hat) d.h. das Ereignis ist nicht mehr ergebnisOFFEN, sondern determiniert. Analoges gilt für den freien Wissen.

Wenn ich sage Allwissenheit lege die Zukunft fest, dann ist das nicht wörtlich gemeint. Allwissenheit impliziert Determiniertsein (durch welche Mechanismen auch immer: kausale, nomische) via Festgelegtsein.

Bezüglich deines Gedankenexperiments (das mir an das Newcombe-Paradox angelehnt zu sein scheint): Deine Interpretation impliziert eine rückwärtsgerichtete Kausalität, das ist doch eher gewagt bis absurd und widerspricht der Prämisse des Vorherwissens. Falls wirklich unfehlbares Wissen über die Zukunft existiert, ist diese notwendig schon vorgängig festgelegt, also determiniert. Dann ist es schlicht eine Illusion von freiem Willen zu reden. Im obigen Fall gibt es keine Alternativen: ich kann mich winden wie ich will, hin und her überlegen, einen Würfel entscheiden lassen (was vom freien Willen zum Zufall hinüberleiten würde)...all das war vorhergewusst, es gibt eine vorhergewusste Handlung und die tritt notwendig ein.
Das Newcombe-Paradox (mit analogen Prämissen) beruht wie mir scheint auf diesem grundlegenden Denkfehler, dass unfehlbares Vorherwissen irgendeinen Spielraum offen lassen könnte. Zu sagen, dass ich auch anders handeln könnte als das unfehlbare Vorherwissen ist sinnlos: unfehlbares Vorherwissen ist eben ein vorheriges Wissen und keines welches rückwirkend durch das Handeln festgelegt wird, das wäre kein wirkliches Vorherwissen, ja, die Zeitstruktur selbst verlöre seinen Sinn.
Auch zu sagen man könnte anders handeln als das Vorherwissen ist sinnlos: das Handeln muss definitionsgemäss identisch sein mit dem Vorherwissen: Willensfreiheit und Vorherwissen schliessen sich aus.
Das Newcombe-Paradox gibt es, soviel ich weiss, in verschiedenen Versionen (ich kenne nur die Versionen im Buch von W.Poundstone). Da ich nicht sicher bin welches Szenario du genau im Sinn hast (deinen englischen link konnte ich noch nicht lesen...), müsstest du mir die grundlegendsten Prämissen mitteilen, soll ich etwas mehr dazu schreiben (wobei mein obiger Einwand wohl bestehenbleiben wird).
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Nanna » Sa 23. Jun 2012, 11:28

Lieber Dr Fraggles,
ich freue mich über deine rege Beteiligung. Ich bitte dich dennoch, die Forenregeln zu beachten und keine Vollzitate zu verwenden, d.h. nicht den kompletten Beitrag eines anderen Autors zu kopieren, sondern nur die relevanten Stellen, auf die du dich beziehst. Falls du dich allgemein auf einen bestimmten Beitrag beziehst, kannst du den Beitrag auch verlinken, indem du auf die Überschrift des jeweiligen Beitrags klickst und dann die Adresse, die in der Adresszeile deines Browsers erscheint, in deinen neuen Beitrag kopierst. Alternativ kannst du auch einfach Zitate weglassen, da in diesem Thema ohnehin recht wenig Leute durcheinander reden und man daher nicht übermäßig darauf achten muss, dass der Bezug auf eine bestimmte Person bzw. einen bestimmten Beitrag klar wird. Das Problem mit Vollzitaten ist, dass sie den Lesefluss stören und die eigentliche Funktion der Zitate unterlaufen, nämlich die, auf eine ganz bestimmte, eingegrenzte Äußerung zu antworten. Allgemeinere Antworten benötigen, wie gesagt, eher keine Zitate. Man wiederholt ja auch im persönlichen Gespräch nicht jedesmal, was der Andere zuvor gesagt hat. Danke!
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 23. Jun 2012, 18:04

Das erinnert mich an was. :mg: Schön, dass nicht nur einzelne :anonym: darauf angesprochen werden, trotzdem würde ich mir diesen höflichen Ton bei allen Anmerkungen wünschen.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » So 24. Jun 2012, 23:37

@AgentProvokateur:

Prämissen des Newcombe-Paradox:
Der Hellseher hat bisher (immer/meist) richtig prognostiziert, welche Kästchen ein Proband in der Zukunft wählen wird (Alternativen: A und B oder nur B).
Im durchsichtigen Kästchen A sind immer 1000 Euro. Prognostiziert er dass der Proband beide Kästchen nehmen wird, tut er (zum Zeitpunkt der Prognose!) nichts ins Kästchen B, prognostiziert er dass der Proband nur B nehmen wird, legt er 1000 000 ins Kästchen B (Kästchen B ist für den Probanden nicht einsehbar).
Ziel des Probanden ist die vernünftigste Strategie zu wählen um seinen Gewinn zu maximieren (denkbare mögliche Gewinne: 1000/1000 000/1001 000).
Paradox: Scheinbar gibt es zwei argumentativ gleich gut gestützte Strategien um den Gewinn zu maximieren: da der Hellseher meine Entscheidung ja prognostiziert hat, muss ich (immer) Kästchen B wählen, oder aber: da mein Entscheid nichts daran ändern kann am Inhalt der Kästchen, werde ich immer 1000 Euro mehr gewinnen wenn ich beide Kästchen nehme (anstelle von nur Kästchen B).

Folgendes: Aus meiner Sicht lässt sich das Paradox auflösen. Entscheidend ist zunächst die Frage nach der Natur der hellseherischen Fähigkeiten des des Hellsehers. Also: Inwiefern kann der Hellseher wirklich hellsehen (reinen Zufall kann man ja auschliessen, solange seine Trefferquote signifikant ist).
Was man dann als vernünftige Entscheidungsstrategie erachtet, folgt aus der Interpretation der Natur der Vorhersage(n)...insgesamt unfehlbar, fehlbar (aber auf wirklichen Fähigkeiten beruhend), signifikante Trefferquote hat andere Ursachen als Hellsehen.
Hier dürfte es dann grundsätzlich zwei relevante Alternativen geben: Schliesst die Natur der Prognosen einen freien Willen ein oder aus.

a)Ist der Hellseher (per definitionem) unfehlbar, ist die Strategie klar (diesbezüglich erübrigt sich die Diskussion wesshalb die Vorhersagen unfehlbar sind: Determinismus, rückwirkende Kausalität, "Schrödinger Katze" analoge Situation): nur Kästchen B.
b)Sind die Vorhersagen aber insgesamt nicht unfehlbar (beruhen aber auf echten Fähigkeiten des Hellsehers) wird die Strategie eine andere sein: nämlich jene welche die Wahrscheinlichkeit des höchsten Gewinns maximiert (abhängig von den gegebenen Geldbeträgen und einer gegebenen Trefferquote).
c)Erachtet man die signifikante Trefferquote des Hellsehers nur dem Anschein nach als den freien Willen der Probanden festlegend (=weil voraussehend), sondern deutet sie als Resultat einer suggestiven Beeinflussung der Probanden (auf Grund derer Unvernünftigkeit?) liesse sich als vernünftigste (?) Strategie jene wählen immer beide Kästchen zu wählen.
(Eine nicht-signifikante Trefferquote des Hellsehers würde ebenfalls die Strategie c nahelegen).

Bestimmt lässt sich noch vieles mehr dazu sagen...
Zuletzt geändert von Dr Fraggles am Mo 25. Jun 2012, 00:12, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Nanna » Mo 25. Jun 2012, 00:00

Darth Nefarius hat geschrieben:Das erinnert mich an was. :mg: Schön, dass nicht nur einzelne :anonym: darauf angesprochen werden, trotzdem würde ich mir diesen höflichen Ton bei allen Anmerkungen wünschen.

Ich hab's zur Kenntnis genommen und versuche täglich, mich zu steigern. ;-)
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 25. Jun 2012, 17:41

Sehr schön! :applaus: :2thumbs:
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » Mo 25. Jun 2012, 20:13

Dr Fraggles hat geschrieben:Bezüglich deines Gedankenexperiments (das mir an das Newcombe-Paradox angelehnt zu sein scheint): Deine Interpretation impliziert eine rückwärtsgerichtete Kausalität, das ist doch eher gewagt bis absurd und widerspricht der Prämisse des Vorherwissens. Falls wirklich unfehlbares Wissen über die Zukunft existiert, ist diese notwendig schon vorgängig festgelegt, also determiniert. Dann ist es schlicht eine Illusion von freiem Willen zu reden. Im obigen Fall gibt es keine Alternativen: ich kann mich winden wie ich will, hin und her überlegen, einen Würfel entscheiden lassen (was vom freien Willen zum Zufall hinüberleiten würde)...all das war vorhergewusst, es gibt eine vorhergewusste Handlung und die tritt notwendig ein.

Wieso soll rückwärtsgerichtete Kausalität absurd sein?

Ich brauche aber gar keine rückwirkende Kausalität, ich muss mir doch nur folgendes vorstellen: ich weiß, wann das Atom zerfällt oder was Du tun wirst schlicht deswegen, weil ich eine Zeitmaschine habe und in die Zukunft und wieder zurück reisen kann. Solange ich dabei nur beobachte und das dadurch erlangte Wissen für mich behalte, vermeide ich die Paradoxien von Zeitreisen.

Der Punkt ist: das Atom wird irgendwann zerfallen und Du wirst zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas Bestimmtes tun, (zumindest dann, wenn wir die Prämisse zugrundelegen, dass es nur eine einzige Welt gibt und nicht z.B. ein Multiversum). Aber alleine aus diesem Fakt ist nicht ableitbar, dass das so-und-nicht-anders notwendigerweise so geschieht, wie es geschieht. Und aus meinem Wissen eben auch nicht.

Aber eben das scheinst Du (mE unzulässigerweise) hier ableiten zu wollen. Dein Argument, so wie ich das verstehe, läuft letztlich darauf hinaus: wenn etwas passiert, dann passiert es genau so, wie es passiert und deswegen passiert es notwendigerweise so, wie es passiert.

Bzw. nehmen wir das Vorherwissen hinzu: dann könntest Du sagen: "es muss so kommen und kann nicht anders kommen". Dasselbe kann man dann aber analog von jedem beliebigen Vorgang (egal, ob der in der Vergangenheit oder in der Zukunft liegt) sagen - betrachten wir alle Faktoren, die zu dem Vorgang geführt haben, dann geschah er im gleichen Sinne notwendigerweise. Mit anderen Worten: Du zeigst hier zuviel, Dein Argument deckt mehr ab, als für Deine Argumentation förderlich ist. Es deckt nämlich alles denkbare ab, lässt keinen Raum für etwas anderes. Und wenn ein Begriff - hier 'notwendiges Geschehen' - von nichts abgegrenzt werden kann, dann ist er mE ziemlich sinnlos. Wenn jedes Geschehen ein notwendiges Geschehen ist und es gar keine denkbare/darstellbare/logisch mögliche Alternative dazu gibt, dann kann man den Begriff 'notwendig' hier auch einfach streichen.

Das Newcomb-Paradox hast Du im Prinzip richtig dargestellt, aber nur das ursprüngliche Version von Nozick finde ich interessant und die beinhaltet weder eine Unfehlbarkeit (Dein Punkt a), noch eine Beeinflussung des Hellsehers auf den Probanden, (Dein Punkt c). Bleibt also nur Dein Punkt b). Und Deinen Lösungsvorschlag dort kann ich nicht so recht nachvollziehen: wie ermittelt man die Gewinnwahrscheinlichkeit? Dazu hat man mE zu wenige Informationen. Anders gesagt: man weiß laut Voraussetzung nicht, wieso der Hellseher bisher immer richtig lag. Daher kann man hier noch nicht mal Zufall ausschließen, (siehe wieder die Krake Paul).

Also ich zumindest sehe nun nicht, wie das Newcomb-Paradox auflösbar wäre.

Aber kommen wir zurück zum freien Willen. Du scheinst nun so zu definieren: 'freier Wille' ist, wenn eine Entscheidung nicht vorhergesagt werden kann. Und so definiert widerspricht eine Vorhersagbarkeit einer Entscheidung natürlich definitionsgemäß einem freien Willen. Aber für mich sieht das wie eine petitio principii aus und der Definition des freien Willens kann ich nicht zustimmen. Ich finde, die muss erst mal plausibel gemacht werden. Sonst bleibt mE nur eine wenig gehaltvolle Schlussfolgerung.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Di 26. Jun 2012, 20:25

AgentProvokateur:

Die Frage ist doch jene nach der vernünftigsten Strategie um möglichst viel Geld zu gewinnen.

Erst wenn ein Konsens darüber gefunden werden kann welche Erklärung für die signifikanten/fehlbaren (oder aber unfehlbaren) Trefferquoten des Hellsehers die plausibelste ist, könnte auch über die vernünftigste Strategie ein Konsens gefunden werden, ansonsten nicht.

Die Idee rückwirkender Kausalität ist doch unter den möglichen Kandidaten eine der unplausibelsten (zweifle ob selbst in der Quantenphysik dies mehr ist als eine Hypothese...in unserem Mesokosmos kann man es doch praktisch ausschliessen. Wenn du anderer Ansicht bist: anhand welcher physikalischer Theorien und empirischer Befunde?). Zudem: rückwirkende Kausalität wäre nur dann ein Erklärungskandidat wenn die Trefferquote 100% betragen würde, jede niedere Quote wäre unerklärlich (bzw. man müsste die ad hoc Annahme machen, dass die rückwirkende Kausalität nicht immer funktioniert...merkwürdige Kausalität).

Die plausibelsten Kandidaten scheinen mir nach wie vor:
1- dass der Hellseher als sehr guter Menschenkenner (oder aber mit einer hypnotisch-suggestiven Fähigkeit ausgestattet...was aber eine vernünftige Wahl einer Strategie im Grunde ausschliesst) von der Einschätzung der Person zur Zeit der Prognose auf deren künftige Handlung schliesst: daraus liessen sich entsprechende Strategien folgern.
2- Oder aber (entweder bei Definitionsgemäss unfehlbaren Prognosen oder bei einer Quote von 100%) die Entscheidungen/Handlungen sind determiniert (ziemlich plausibel) und der Hellseher kann tatsächlich die Zukunft vorhersehen (eher unplausibel, aber plausibler als die rückwirkende Kausalität). Hier ist die Strategie klar.
3- Auch bedenkenswert die Annahme, dass die Trefferquote (unter 100%) auf der spezifischen Experimentsituation beruht in der die Kandidaten dazu tendieren werden B zu wählen (wenn sie die Trefferquote des Hellsehers kennen und die Teilnehmer davon ausgehen, dass der Hellseher die Zukunft vorhersehen kann/resp. eine sehr gute Menschenkenntnis hat sich aber dennoch manchmal irrt). Hier könnte sich die signifikante Trefferquote als sich durch Rückkopplung selbst erzeugende erweisen. In diesem Fall könnte eine diesbezügliche Strategie gewählt werden.
4- Die Zeitmaschine-Idee finde ich uninteressant...kein Mensch zöge das (heutzutage) als Möglichkeit in Betracht...gerade weil es um die Vernünftigkeit der Strategie geht, dürften Unmögliches oder Unplausibles nicht als relevant bei der Entscheidung für die beste Strategie eingestuft werden.
5- Andere mögen mir entgangen sein...die Erklärung mit der Analogie zu Schrödingers Katze finde ich unakzeptabel weil unplausibel (=unvernünftig), aber eben: vielleicht gibt es noch andere Erklärungsansätze.

Ich finde meine Ausführungen schwer zu bestreiten zumindest im Sinne des einzig möglichen Vorgehens um zu der vernünftigsten Strategie zu gelangen (und das ist ja schon die halbe Lösung...bei Poundstone fand ich z.B. keine klare Darstellung solcher "Heuristik"). Ob ein Konsens dann gefunden werden kann, oder ob sich mehrere Erklärungen als gleichwertig gegenüberstehen weil z.B. argumentativ keine einzige gegenüber den anderen zwingend begründet werden kann (oder mehrere als gleich plausibel behauptet werden), davon hängt dann ab ob das Paradox aufgelöst werden kann oder nicht.
Macht man von möglichst wenigen unbeweisbaren Zusatzannahmen Gebrauch (bei 100% Trefferquote kommt man nicht darum herum), was alleine schon vernünftig ist, dann bleiben vor allem obige Erklärungen 1 oder 3...die dazugehörigen Strategien kannst du dir ja selber ausdenken.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » Di 26. Jun 2012, 21:45

Aber Du hast jetzt hier zwei Themen zusammengeschmissen, die nicht so vermischt werden dürfen:

1. hypothetische Allwissenheit
2. das Newcomb-Paradox

Das Newcomb-Paradox dreht sich gar nicht um Allwissenheit, im Gegenteil ist es extra so konstruiert, dass unklar bleibt, wieso der Hellseher so eine gute Trefferquote hat. Pragmatisch gesehen können wir auch nicht wissen, ob ein Wesen unfehlbar ist oder nicht, (Induktionsproblem) - das Wesen selber übrigens auch nicht - außer es hat einen Zugang zur Realität, der völlig jenseits meines Vorstellungsvermögens liegt.

Ich habe keine physikalische Erklärung für die Möglichkeit von Zeitreisen - aber die brauche ich auch nicht zu haben; bräuchte ich sie, dann bräuchtest Du im Gegenzuge ebenso eine physikalische Erklärung für die Möglichkeit von Allwissenheit, (auch bezüglich der Zukunft). Ich schätze, damit wirst Du ebenso Probleme bekommen wie ich mit der Zeitreise. Wir bewegen uns hier beide auf hypothetischem Gebiet. (Alternativ: siehe dort.) Und übrigens kann auch ein Wesen, das beliebig in der Zeit reisen kann, sich irren, (ist in die falsche Zukunft gereist, ohne es zu merken, hat falsch beobachtet oder so).

Nochmal zum Newcomb-Paradox:

Newcombs Paradoxie – und einige ihrer verfehlten Lösungsversuche hat geschrieben:Stellen wir uns ein Wesen vor, das bisher menschliche Handlungen sehr gut vorhersagen konnte. Dieses Wesen könnte ein Wahrsager, Psychologe, Neurowissenschaftler oder dergleichen sein. Seine Vorhersagen waren bisher immer richtig. [...] Angenommen, viele unserer Bekannten haben bereits an diesem Experiment teilgenommen. Sie haben sogar beide Argumente gekannt. Diejenigen, die sich für EINE entschieden haben, sind alle Millionäre, diejenigen, die sich für BEIDE entschieden haben, haben alle nur 1.000$ erhalten.

Das ist das Setting. Mehr ist nicht bekannt - weder eine (metaphysische) Unfehlbarkeit noch wie das Wesen zu seinen Vorhersagen kam. Alles Weitere ist Spekulation.

Wenn man nun z.B. meinte, das Wesen könne die Zukunft nicht exakt vorhersagen, (z.B. weil das physikalisch unmöglich sei), dann wird man wohl eher zur 2-Box-Lösung tendieren. Wenn man aber meint, das sei dennoch irgendwie mit hoher Sicherheit möglich, dann wird man wohl eher zur 1-Box-Lösung tendieren. Und ich schätze nicht, dass es darüber einen Konsens geben wird.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Lumen » Mi 27. Jun 2012, 19:42

Vielleicht hilft das irgendwie weiter:

Sam Harris -- Free Will (english)
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Do 28. Jun 2012, 18:13

@AgentProvokateur:

Ob man von fehlbaren oder unfehlbaren Prognosen redet ist tatsächlich ein Unterschied: und ich habe je nach Prämisse doch unterschiedliche Strategien behauptet.
Die Wahl des Kästchens kann ja schon anders ausfallen wenn die Trefferquote des Hellsehers um einige Prozent variiert, bei gleichen Geldbeträgen (also innerhalb des fehlbaren Szenarios selber). Zudem gibt es erweiterte Newcombe-Szenarios. Mir ging es mehr darum das grundsätzliche Problem darzulegen... verrmischt habe ich also nichts evt. das Szenario zum Allgemeineren hin erweitert.
Auch habe ich einige Andeutungen gemacht bezüglich des "Warum der Hellseher erfolgreich war/ist"...und nimmt man die Variante, dass er zu 100% immer richtig prognostiziert, dann ist eben unfehlbares Vorherwissen (zumindest das experimentelle Szenario und die diesbezüglichen Prognosen betreffend...der Mechnismus bleibt das Verborgene) ein Erklärungsansatz...man finde einen besseren für dieses Szenario! (rückwirkende Kausalität: da prognostiziert also der Hellseher zum Zeitpunkt t1 etwas. Wenn der Proband zum Zeitpunkt t2 seine Wahl trifft, ändert dies (da der Proband anders wählt als der Hellseher zum Zeitpunkt t1 prognostizierte) die gemachte Prognose zum Zeitpunkt t1. Der Hellseher hat also zum Zeitpunkt t1 sowohl ein Bewusstsein davon, dass er das eine wie auch das andere prognostiziert...und seine usprüngliche Prognose zum Zeitpunkt hatte er aufgeschrieben, dies Aufgeschriebenes ändert nun wie von Geisterhand seinen Inhalt etc.). Unfehlbares Vorherwissen beinhaltet meiner Meinung nach weniger Zusatzannahmen als rückwirkende Kausalität. Vorherwissen mag unerklärlich sein, rückwirkende Kausalität scheint mir aber auf der Mesoebene zu unauflösbaren Widersprüchen und Absurditäten zu führen (Allwissen möglicherweise auch...). Immerhin dürfte die Strategie klar sein...

Falls der Hellseher aber nur eine z.B. 65% ige Trefferquote hat, würde man abhängig von den Beträgen eine Wahrscheinlichkeitsrechnung machen um die beste Wahl zu eruieren...da gibt es nicht ein generelles a priori (bei fehlbaren Prognosen): dies ist besser als das...aber darauf hatte ich ja schon im letzten Beitrag hingewiesen.

Zu deinem Beispiel: nur von sehr guten und bisher immer richtigen Prognosen ist die Rede...das ist sehr vage (und "sehr gut" und "bisher immer richtig" suggerieren im Grunde nicht dasselbe. "Sehr gut" ist nicht perfekt und fehlerlos (hat er also anderwo schon mal geiert in seinen Prognosen?). Die Prämissen sind also aus meiner Sicht etwas unklar. Hier ist die Frage ob man dem Helllseher Unfehlbarkeit zuschreiben will oder nicht, oder aber z.B. eine nur 90%ige Trefferquote ("sehr gut"). Bei den genannten Beträgen ist die Entscheidung so oder so klar: nur B (man müsste seine Trefferquote schon auf unter 51% ansetzen um vernünftigerweise beide Kästchen zu wählen).

Ich finde meine Darlegung des Problems klar und deutlich :ja:
Zuletzt geändert von Dr Fraggles am Do 28. Jun 2012, 18:50, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Do 28. Jun 2012, 18:24

@lumen:

Besten Dank. Wenn ich Zeit habe, werde ich es mal anschauen.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » Do 28. Jun 2012, 18:57

@Dr Fraggles

Ich habe jetzt etwas den Faden verloren und weiß nicht, wie ich den wieder aufnehmen kann, woran ich anknüpfen könnte, denn Du bist irgendwie gar nicht auf das eingegangen, was ich geschrieben habe.

Nur eine Sache noch: ich habe nicht von Rückwärtskausalität in Deinem Sinne gesprochen, (etwas Aufgeschriebenes ändert sich wie von Geisterhand). Sondern von Zeitreisen, (ich reise in die Zukunft, sehe, was der Proband tut, reise wieder in die Vergangenheit zurück und schreibe auf, was ich gesehen habe).
----
Und Sam Harris ist einfach nur furchtbar. (Lieber in der SEP entsprechende Artikel lesen, das ist mE sehr viel nutzbringender).

Anyway: noch zwei Links dazu, erst mal einen zu einer Diskussion über Harris' Buch, zweitens einen zum gleichen Thema von Jerry Coyne.

Das ist jetzt ein bisschen OT, aber das Problem bei beiden (sowohl Sam Harris als auch Jerry Coyne) ist, dass sie meinen, sie könnten den philosophischen Stand der Diskussion dazu einfach ignorieren oder sie meinen gar, selber keine Philosophie zu betreiben, sondern (Natur-)Wissenschaft.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » So 8. Jul 2012, 17:35

@AgentProvokateur:

Sorry für die späte Antwort.
Folgende Anmerkungen zu deinem vorletzten Beitrag (da du meinst ich hätte nicht wirklich darauf Bezug genommen).
a) Das Newcomb-Paradox gibt es nun mal in verschiedenen Versionen (es ist auch unwahrscheinlich, dass Newcomb dieses Paradox erfunden oder auch nur thematisiert hat).
b) Ich vermische "das" Newcomb-Paradox nicht mit Allwissenheit, sondern sage lediglich, dass Allwissenheit eine mögliche (vernünftige?) Hypothese für eine 100%ige Trefferquote wäre. Denn für jede Trefferquote stellt sich die Frage: was liegt dem zu Grunde? Und da gilt es die vernünftigste Erklärung zu eruieren um darauf basierend die vernünftigste Wahl treffen zu können. Es geht also nicht darum ob wir (sicher) wissen können ob der Wahrsager allwissend ist, sondern um die plausibelste Hypothese (evt. gibt es aber bessere Hypothesen für eine 100%ige Trefferquote. Ob Zeitreisen da plausibler wären? Zumindest würden beide Erklärungen die gleiche Strategie festlegen: nur Kästchen B, es sei denn der Zeitreisende würde sich genügend oft irren, dann müsste per Wahrscheinlichkeitsrechnung die vernünftigste Wahl festgestellt werden).
c) Dein letzter Absatz ("Wenn man nun z.B. meinte,...") suggeriert, dass eine nicht exakte Trefferquote schon genügt um einen vernünftigen Entscheid fällen zu können. Nochmals: entscheidend ist die Trefferquote (unmissverständlich prozentual angegeben oder wenn mit Ausdrücken wie "sehr gut", "bisher immer richtig" etc. angegeben, halt interpretationsbedürftig). Diese muss erklärt werden mit der plausibelsten Hypothese (dies ist das wirkliche Problem und ich habe in vorigen Beiträgen schon einige Erklärungen angedeutet). Danach erst kann man die vernünftigste Wahl festlegen. Ich sehe aber bei einer Trefferquote welche gemäss einer Wahrscheinlichkeitsrechnung (basierend auf den gegebenen Beträgen) dafür spricht nur Kästchen B zu nehmen keine mögliche Interpretation der Trefferquote welche die Wahl beider Kästchen rechtfertigen könnte. Dass eine simple Wahrscheinlichkeitsrechnung für eine angemessene Wahl vermutlich unverzichtbar ist, scheinst du ja überhaupt nicht in Erwägung zu ziehen. Diesbezüglich spricht der grosse Unterschied der Geldbeträge fast immer klar für die Wahl nur des Kästchens B (nur wenn die Trefferquote im gegebenen Fall unter 51% sinken würde wäre die Wahl beider Kästchen gemäss Wahrscheinlichkeitsrechnung gerechtfertigt).
Wenn du konstatierst, dass eine nicht exakte Fähigkeit zur Vorhersage (damit sagst du ja lediglich, dass sie nicht 100% richtig ist) die Wahl beider Kästchen vernünftigerweise rechtfertigt, dann ist das definitiv falsch, solange du keine entsprechende Erklärung für die Trefferquote angeben kannst (was du bisher soviel ich sehe nicht getan hast). Wie erklärst du dir z.B. eine 70%ige (und damit nicht-exakte) Trefferquote welche die Wahl beider Kästchen vernünftig erscheinen lassen würde? Ich würde bei einer 70%igen Trefferquote nur Kästchen B wählen. Meine Überlegung wäre, dass der Wahrsager tatsächlich eine gewisse Fähigkeit besitzt richtig vorherzusaghen (nicht weil ich eine gänzlich überzeugende Erklärung dafür hätte, sondern weil die möglichen Erklärungen dafür, dass er keine solche Fähigkeiten hat, mir schlicht noch unplausibler erscheinen). Bei einer 70%igen Trefferquote würde eine Wahrscheinlichkeitsrechnung dann klar für die Wahl des Kästchens B sprechen.

Danke für deine links, bin allerdings noch nicht dazu gekommen sie zu lesen.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » Sa 14. Jul 2012, 22:53

@AgentProvokateur:
Betrachtest du die Diskussion als abgeschlossen? Falls ja: o.k., ansonsten: welchen Aspekt willst du noch diskutieren?
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » Sa 14. Jul 2012, 23:15

Dr Fraggles hat geschrieben:@AgentProvokateur:
Betrachtest du die Diskussion als abgeschlossen? Falls ja: o.k., ansonsten: welchen Aspekt willst du noch diskutieren?

Ich betrachte die Diskussion nicht als abgeschlossen, (wir sind ja zu keinem Ergebnis gekommen), ich weiß bloß nicht recht, wo ich jetzt noch einhaken könnte.

Vielleicht, wenn Du meine Links liest und daraufhin neue Aspekte einbringst? Muss aber wegen mir nicht sein.

Ehrlich gesagt habe ich kein Wort von dem verstanden, was Du zum Newcomb-Paradoxon gesagt hast, habe keine Ahnung, wie da Deine Argumentationslinie verläuft. Ich habe oben dazu einen Link gegeben - diesen - und irgendwie scheint mir, als dass alles, was Du dazu sagst, damit nichts zu tun hätte. Bin einfach nur ratlos.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon Dr Fraggles » So 15. Jul 2012, 00:38

AgentProvocateur hat geschrieben:
Dr Fraggles hat geschrieben:@AgentProvokateur:
Betrachtest du die Diskussion als abgeschlossen? Falls ja: o.k., ansonsten: welchen Aspekt willst du noch diskutieren?

Ich betrachte die Diskussion nicht als abgeschlossen, (wir sind ja zu keinem Ergebnis gekommen), ich weiß bloß nicht recht, wo ich jetzt noch einhaken könnte.

Vielleicht, wenn Du meine Links liest und daraufhin neue Aspekte einbringst? Muss aber wegen mir nicht sein.

Ehrlich gesagt habe ich kein Wort von dem verstanden, was Du zum Newcomb-Paradoxon gesagt hast, habe keine Ahnung, wie da Deine Argumentationslinie verläuft. Ich habe oben dazu einen Link gegeben - diesen - und irgendwie scheint mir, als dass alles, was Du dazu sagst, damit nichts zu tun hätte. Bin einfach nur ratlos.


:^^: Habe den link gelesen. O.k., hätte ihn zuvor lesen sollen, da meine Ausführungen sich sprachlich nicht gerade daran anlehnen. Inhaltlich sehe ich aber durchaus Parallelen (habe aber nicht alles im link verstanden): gerade was die zentrale Frage nach der Möglichkeit von Prognosen betrifft bzw. dem Wie ihres Zustandekommens und daraus abgeleiteter Strategien.
Meine Position bleibt unverändert: Wenn ein Wesen mit sehr hohen Trefferquoten aufwarten kann, dann liegt dem aus meiner Sicht eine echte Möglichkeit zu Grunde wahrzusagen (klar gibt es einige alternative Erklärungen: er könnte die Probanden z.B. hypnotisieren , was evt. eine plausible Erklärung wäre...nur entfiele dann die Situation rationaler Entscheidung wenn ich unter denselben Bedingungen wählen muss. Weitere profane Erklärungen die keine Wahrsagerfähigkeiten bedingen existieren durchaus, mal ganz abgesehen von rückwirkender Kausalität und ähnlichen Spekulationen).
Falls er Vorhersehen kann, dann ist die Wahl insofern determiniert als es gemäss der Trefferquote mit der Prognose übereinstimmen wird, auch dann wenn ich ein "Trotzwesen" bin (warum sollte der Wahrsager ausgerechnet das nicht vorhersehen können?).
Der Schlüssel zur besten Strategie ist so oder so die vernünftigste Antwort auf die Frage: ist meine Wahl gemäss der Trefferquote determiniert oder nicht? Die Antwort lässt sich nur durch die Klärung der Frage beantworten wie die Trefferquoten zustandekommen.
Ich weiss: ich wiederhole mehr oder weniger was ich zuvor geschrieben habe, weil es aus meiner Sicht eben so Sinn macht (und auch nicht im Widerspruch zur Grundstruktur der Argumentation des link-Inhaltes steht).
Werde den link aber nochmals durchkäuen...vielleicht geht mir dann ein zusätzliches Licht an.
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Re: Allwissenheit, Vorwissenheit, Willensfreiheit

Beitragvon AgentProvocateur » So 15. Jul 2012, 18:26

Dr Fraggles hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Falls er Vorhersehen kann, dann ist die Wahl insofern determiniert als es gemäss der Trefferquote mit der Prognose übereinstimmen wird, auch dann wenn ich ein "Trotzwesen" bin (warum sollte der Wahrsager ausgerechnet das nicht vorhersehen können?).

Zu den "Trotzwesen": diese sind doch im Artikel hinreichend definiert. Deren Entscheidung ist von der Vorhersage des Wesens abhängig und zwar ist sie immer konträr zur Vorhersage des Wesens. Und also kann das Wesen die Entscheidung der Trotzwesen nicht vorhersehen, denn diese werden sich voraussetzungsgemäß nie so entscheiden, wie das Wesen vorhersieht. (Wenn das Wesen zu keinem Ergebnis kommen kann, wie sich ein Trotzwesen entscheidet, dann gilt ebenfalls: das Wesen kann die Entscheidung des Trotzwesens nicht vorhersehen.)
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