Wozu dient der Gottesbegriff?

Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Jan 2014, 11:58

Dr Fraggles hat geschrieben:Beweise hat der zu liefern der etwas behauptet. Ich habe nirgends gesagt, dass Mentales ohne materielle Basis existieren kann...die Gegenteilige Ansicht wurde aber mehr als nur angedeutet. Ich verlange lediglich, dass Wissenschaftler sich mit dem Wissen zufrieden geben welches mit ihrer Methodik erarbeitet wurde ohne daraus voreilig weiterreichende Schlüsse zu ziehen.

Tun sie auch nicht: Sie erarbeiten sich das Wissen, welche Zustände Materie haben kann deuten kein Extra-Zeug in die Ergebnisse rein, das aus den Beobachtungen nicht hervorgeht - aber Ergebnisse zu deuten gehört zur wissenschftlichen Arbeit, auch wenn manchen die Schlussfolgerungen nicht passen. Wissenschaftler sind keine Buchhalter oder Statistiker, die nur Daten sammeln und sortieren. Wenn man als Hirnforscher nach dem "Ich" im Gehirn sucht und nur materielle Zustände beobachtet, gibt es auch keinen Anlass zu denken, dass das Ich aus mehr bestünde als aus materiellen Zuständen.
Dr Fraggles hat geschrieben:1) Um die Gehaltlosigkeut des ursprünglichen Einwandes zu demonstrieren. Dass die Frage eine rhetorische war, konnte ich leider nicht deutlicher zur Geltung bringen...

Und der Einwand wäre? Soweit ich das überblicke, hast du nur gehaltlose Einwände eingebracht: "Mentales kann per definitionem keinen materiellen Ursprung haben und weil Mentales in die Welt von Schöngeistern reindefiniert wurde als etwas metaphysisches, muss es auch metaphysisch sein."
Dr Fraggles hat geschrieben:2) Ich habe bis anhin nichts definiert (nur den Einwand erhoben, dass Materie welches Mentales generieren kann den physikalischen Materiebegriff transzendiert). Du hingegen gebrauchst den Materiebegriff metaphysisch wie mir scheint. Des weiteren: Äusserte ich den Wunsch auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen?

Nein, ich stelle nur die einzig logisch-legitime Aussage auf: Wenn ich ein "Ich" beobachten kann und auch nur materielle Zustände beobachten kann, ist das "Ich" und somit jede mentale Leistung ein Ergebnis materieller Zustände. Du hast auch nicht erklärt, wo meine Materie-Definition metaphysisch wird - sie übersteigt lediglich das Verständnis von Materie eines Philosophen, der weder von Physik, noch Chemie, noch Biologie ausreichend zu wissen scheint. Diese 3 Wissenschaften SIND Naturwissenschaften und haben einen weiterfassenden Begriff von Materie als du - ich wende ihn an. Bis jetzt bist du dem eigentlichen Knackpunkt ausgewichen: Zitier die Stellen, an denen mein Materiebegriff eindeutig metaphysisch ist - für dich war er das nur, weil ich Mentales als Wirkung des Materiellen betrachte, aber das ist kein Argument. Mentale Leistungen - also Intelligenz, das Denken, Kreativität sind erstmal nur beobachtbare Interaktionen mit der Umgebung - ich sehe keinen Grund, sie in die metaphysische Schublade zu stecken. Computerprogramme können auch mit der Umgebung interagieren, sofern sie die nötige Programmierung und Hardware besitzen - alles nur eine Frage des materiellen Zustandes.
Übrigens, wenn du nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen willst, frage ich mich, was genau du willst. Wenn man sich nicht einigen will, will man Streit - anders kann ich es mir nicht erklären.
Dr Fraggles hat geschrieben:welchen Sinn hat es wenn Wissenschaftler über Dinge reden von denen sie keine Ahnung haben (siehe Punkt 2)? Ausserdem hast du (falls ich mich richtig erinnere) anderswo geschrieben, dass es dich nervt wenn Philosophie nicht dieselben Methoden verwendet wie die Wissenschaft...wenn dein genervt sein ein Reflex darauf ist, dass du nur die wissenschaftlichen Methoden als massgebend erachtest um Wissen zu generieren, stellst du sehr wohl ein Sinnkriterium auf.

Seltsamerweise sagen immer nur Philosophen und Theologen, dass Wissenschaftler von bestimmten Dingen keine Ahnung hätten. Und ja, ich betrachte die wissenschaftliche Methodik als überlegen an, wenn sie - anders als die Geisteswissenschaften - wirkliche Resultate erzielen kann. Einen Sinn stelle ich dadurch bei bestem Willen nicht auf, sondern vergleiche die Leistungsfähigkeit zweier Methodiken. Gut, dann kann man eben "Leistungsfähigkeit" als Kriterium zur Bewertung bezeichnen - man würde nach einem Zweck suchen und der wäre die größte Leistung. Aber Leistung ist kein Sinn, sondern ein Zweck, ein Ziel vielleicht.
hjrussow hat geschrieben:Sehr beeindruckend, diese überbordende philosophische Wortgewalt gepaart mit einem ungezügelten Mitteilungsdrang. Nur haben hier diese beiden über-eloquenten Verbal-Kombattanten etwas aus ihrem Blickfeld verloren, nämlich die Frage WOZU DIENT DER GOTTESBEGRIFF?
Mein alter Deutschlehrer hätte gesagt: Thema verfehlt! Ungenügend!

So läuft das hier - und auf jeden Hinweis, dass eine Diskussion schon längst das Thema verfehlt, reagiert man hier manchmal allergisch. Abgesehen davon schreiben wir hier keine Deutscharbeit - das ist hier wilder Westen, Partner. :smoker:
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 4. Jan 2014, 12:25

hjrussow hat geschrieben:Sehr beeindruckend, diese überbordende philosophische Wortgewalt gepaart mit einem ungezügelten Mitteilungsdrang. Nur haben hier diese beiden über-eloquenten Verbal-Kombattanten etwas aus ihrem Blickfeld verloren, nämlich die Frage WOZU DIENT DER GOTTESBEGRIFF?
Mein alter Deutschlehrer hätte gesagt: Thema verfehlt! Ungenügend!

Ehrlich gesagt, was ich von Dir bisher gelesen habe, machte nicht mal Lust auf Streit, sorry, das so deutlich zu sagen, aber in Foren(!) zu monieren, dass man sich austauscht, ist irgendwie... merkwürdig.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Jan 2014, 13:00

Vollbreit hat geschrieben:Bitten und Forderungen sind normative Akte.

Nö, nur Interaktion. Wenn ich zu einer spezifischen Situation an eine bestimmte Person eine Anfrage richte, ist das nur Interaktion - wenn ich allgemein meine, dass in jeder Situation immer das gleiche von egal wem getan werden muss, bewege ich mich in ethischen Gefilden. Ich habe diese Aufforderung auch nicht zu einer unbedingt bindenden erklärt, da mir völlig bewusst ist, dass du ihr nicht nachkommen musst. Und selbst wenn das eine normative Angelegenheit ist, ist sie noch lange keine ethische oder moralische. Wenn dich einer auffordert, dich auszuziehen und die Straße langzurennen, wirst du das auch nicht als ethische Aufforderung verstehen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ist auch nicht meine Absicht - es kann aber wohl für eine Mehrheit einen größeren Nutzen geben.

Wenn Nutzen für jeden etwas anderes ist, wie Du schriebst?

Ja, da es auch unter Individuen Gemeinsamkeiten gibt - das zeigt die Biologie und die - :kotz: - Soziologie. Folglich sind übergreifende Zielsetzungen feststellbar: Gesundes Leben, Erfolg, Wohlstand, Glück.... Die reine Philosophiererei kann zu keinem dieser Dinge wirklich etwas beitragen, wenn sie nicht auch zu Konsequenzen führt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Neutralität existiert nicht, es gibt immer eine Befangenheit, eine Perspektive.
Demnach sind also nicht alle Perspektiven gleichwertig.

Die Bewertung von Perspektiven würde wiederum auch eine Neutralität und Objektivität vorraussetzen. Die Bewertung von Perspektiven selbst bleibt auch eine subjektive Angelegenheit. Aber manche Perspektiven können Gemeinsamkeiten aufweisen und manche Bewertungen scheinen einer größeren Gruppe zugänglich als eine andere.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du Moral so definierst, wie Du es tust, dann beginnt die ja bereits im Reich der Mikroben.
Äh, nein. Ich habe geschrieben, dass Moral und Ethik nur in gesicherten und im übermaß geregelten Lebensverhältnissen eine überzeugende Illusion sein kann.
War da nicht was mit egoistischen Genen, reziprokem Altruimsmus und dass schon die Putzerfische so funktionieren?

Und? Egoismus ist eine amoralische Kategorie: Es wird beschrieben, was die Motivation ist, was den Willen ausmacht (und nicht das Sollen).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Schöpft man sein Selbstwertgefühl aus der Bewunderung anderer aufgrund eigentlich bedeutungsloser Taten, die keinen Nutzen haben oder schöpft man es aus dem wissen, jemandem geholfen zu haben - auch wenn dies nicht unbedingt erkannt wird?
Bedeutung ist immer kontextgebunden.

Ist richtig, und? Das steht in keinem Zusammenhang mit dem, was du zitiert hast - ich schrieb nicht von "Bedeutung", sondern von "Selbstwertgefühl" - letzteres ist unmissverständlich eine subjektive Angelegenheit.
Vollbreit hat geschrieben:Der nächste Dauerfehler bei Dir: pars pro toto. Ich kennen einen Arzt = Alle Ärzte sind so und so. Schlicht falsch.

Kein Dauerfehler - nach deren Besuch haben wir diesen Eindruck mit unserem Dozenten diskutiert und er erklärte (mit seiner Erfahrung, die unsere übersteigt, was Ärzte betrifft, da er selbst einer war), dass sie zu den taktvollsten Ärzten gehöre und unseren Eindruck überhaupt nicht teile. Und wenn ich über Biochemiker rede, dann tue ich es auch nur, weil ich doch einige kenne, wenn ich über Biologen oder Chemiker oder Lehrämtler rede, dann nur, weil ich einige kenne. Über Ingenieure werde ich nichts sagen, da ich keine (außer meinen Eltern) kenne. Ich schreibe hier auch keine wissenschaftliche abhandlung über die Charakter von Philosophen und Ärzten, hier verallgemeinert jeder - das sollte auch dir klar sein, wenn du über Naturalismuskritik oder Szientismus redest. Bei mir ist wenigstens Wissen und ein Erfahrungshintergrund vorhanden, bei dir nur in diesen Bereichen Vorurteile und Unverständnis.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn der wenigstens vorhanden wäre - aber welchen Nutzen soll es denn haben, sich nie auf eine konsequente Philosophie einigen zu können, die Stellung politisch oder gesellschaftlich zu beziehen, kein ordentliches Einkommen zu haben oder den Respekt der Menschen oder besonders gesund zu leben, keine nennenswerten Erfahrungen gemacht zu haben?
Erkennbare Zerrbilder, aus Darths kleiner Welt.

Sag mir, wenn es im Großen anders ist. Klar haben unsere Geisteswissenschaftler auch mal diesen Occupy-Mist mitgespielt, aber mal in ne Trillerpfeife zu pusten oder immer links zu wählen, betrachte ich nicht als wirkliche Bemühung.
Vollbreit hat geschrieben:
Doch, das geht ganz einfach: „Hören sie auf zu rauchen, das schadet ihrer Gesundheit, ich schaffe es selbst leider nicht.“

Tja, und der Patient sagt:" Und warum sollte mich ihre Aufforderung überzeugen, wenn sie es selbst nicht können oder wissen, wie es ist aufzuhören? Warum sollte ich die Risiken als ausreichend gravierend einstufen, um aufzuhören, wenn sie es nicht können, obwohl sie wesentlich besser bescheid wissen?" - aber nehmen wr doch ein anderes Beispiel: Würdest DU auf Berlusconi hören, wenn er sagt, dass die Mafia schlecht ist? Kannst du seine Bemühungen, die Mafia zu bekämpfen, ernst nehmen? Kannst du Obamas Gerede von Freiheit ernst nehmen?
Vollbreit hat geschrieben:Darth, schau, ob Du jemanden respektierst, ist wirklich nicht interessant, es sollte Dir nur auffallen, dass Normen und Bewertungen – die in Deiner Welt den Nachteil haben vollkommen willkürlich zu sein – das sind, womit Du morgens aufstehst und abends ins Bett gehst.

Nett, wie du dich bemühst - aber Respekt oder die Kriterien, nach denen ich ihn gewähre, sind dennoch keine ethische oder moralische Angelegenheit - selbst wenn sie normativ sein sollten, was ich nicht sehe. Ich verstehe auch nicht recht, wieso du mir das unbedingt beweisen willst. Bekommt Ethik und Moral etwa schon deswegen eine Existenzberechtigung, wenn jemand selbst für sich persönlich gewisse Verhaltensmuster oder Bewertungskriterien etabliert hat? Was soll meine Art, jemandes Charakter zu bewerten denn für einen Einfluss haben auf meine Kritik von Moral und Ethik? Was bringt es dir, jeden meiner Stätze zu zitieren und dann sinnlos zu kommentieren?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Reflexion heißt ja immer über etwas. Wer nichts erlebt... darum brauchen wir alle Inspiration.
Richtig, darum sind Philosophen, die nichts anderes tun, außer zu philosophieren, nicht beachtenswert.
Non sequitur.

Oh, doch: Wenn du sagst, dass Reflexion einen Gegenstand benötigt, über den reflektiert werden kann - also Inspiration - gilt das auch für Philosophen: Wenn sie jedoch keine Inspiration durch Wissen oder Erfahrung haben, taugt ihre Reflexion nichts. Was ich hier nur sehe, ist eine Katze, die sich in den Schwanz beißt: Reflexion über die Reflexion der Reflexion wegen - das ist reine Philosophie, die nicht zu einem Fazit, sondern nur zu kompatibilistischem Blödsinn führt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Persönlichkeiten zu hinterfragen, ist keine normative Tätigkeit - wenn ich mich frage, welche politische Gesinnung eine bestimmte Person hat, ist es auch keine normative Angelegenheit, wenn man für die eine oder andere Partei ist.
Wenn man sich das fragt ist es eine normative Angelegenheit.

Und wieso? Wenn ich mich frage, wieso xyz Krebs bekommt, ist das etwa auch normativ? Wenn ich mich frage, ob abc vielleicht auch schon den letzten Kinofilm gesehen hat, ist das auch normativ? Und was zur Hölle hätte es für eine Relevanz für deine oder meine Argumentation, wenn es so wäre?
Vollbreit hat geschrieben:Normativität bedeutet einfach, welchen Regeln und Prinzipien jemand folgt, worauf er sich festgelegt fühlt und also praktisch festlegen lässt.
Also, um bei Deinem Beispiel zu bleiben, mit welcher Partei sich jemand identifiziert. Denn sich als Sozialdemokrat zu sehen, heißt bestimmte Einstellungen zu vertreten und bestimmte andere nicht. HSV Fan zu sein, heißt bestimmte Einstellungen zu vertreten und andere nicht. Bright zu sein, heißt bestimmte Einstellungen zu haben, sich mit bestimmten Werten zu identifizieren und andere abzulehnen. Und so weiter.

Tja, und solche habe ich nicht - kann auch sein, dass ich trotzdem vor einem rauchenden Arzt Respekt haben kann, weil er mich auf andere Weise beeindruckt. Ich kann auch vor einem Grün/Linke-Wähler Respekt haben (wie öfters erzählt, real aus meinem Freundeskreis sogar).
Vollbreit hat geschrieben:Es ist die Aufgabe eines Politikers sich möglichst vielen Bereichen und breiten Schichten zu widmen.

Und die des Biologen, sich mit biologischen Systemen zu beschäftigen - also auch mit dem Menschen. Wenn es ein Verhaltensbiologe ist, dann vielleicht auch mit dem Verhalten des Menschen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Falsch, die ungestellte Frage zwischen dieser und der Erkenntnis, dass es nur einem selbst etwas bringt (und zwar nur in dem abstrakten Sinne, dass es einem Spaß macht, aber weder besonders reich, noch besonders angesehen, , noch besonders mächtig, noch besonders gesund macht) ist die Frage, ob man damit zufrieden ist!
Wieso ungestellte Frage, darauf läuft es doch ganz offen hinaus.

Natürlich tut es das, aber bei dir ist sie nicht vorhanden - du springst gleich zu der vermeindlichen Erkenntnis, dass du der Gesellschaft helfen willst und dich dieser Lebensstil nicht zufriedenstellt - aber bevor du dies tust, fragst du dich natürlich, ob es das tut.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die meisten sind es natürlich nicht, da sie durchaus sich selbst weiterbringen wollen.
Was interessieren den Privatmenschen die meisten?
Die meisten Deines Alters sind bei facebook, daraus folgt jetzt was genau? Richtig, dass die meisten bei facebook sind (deskriptiv) und weiter nichts. Normativ (Man sollte..., Es ist gut und richtig, dass …) folgt nichts daraus.

Richtig - ich kann aus einer Feststellung natürlich nicht eine allgemeine Forderung ableiten. Ich habe nur angemerkt, dass mir (und vielleicht vielen anderen auch, die Interesse an diesem Forum hätten) das Verhalten von reinen Philosophen hier aufstößt - ich kann euch natürlich nicht zwingen, euer Leben zu ändern und etwas nützliches zu machen, um erst dann darüber philosophieren zu können. Aber wenn ich bestimmte Sachen anmerke, die auch du so siehst (in Teilen zumindest), kann dich die Beschreibung der Situation vielleicht doch dazu bringen, es zu tun.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nur wenn man zu einer solchen Überzeugung gekommen ist, ist man auch wirklich fertig mit der Philosophiererei - alles andere ist nur Stagnation.
Philosophie ist nie fertig, weil Reflexion ein nie endender Prozess ist.

Die Reflexion betrachte ich nicht als Philosophie per se. Reflexion kann wenige Sekunden dauern - eine Routinearbeit deines Gehirns sein. Nur wenn du ellenlange Texte schreibst und dich von anderen Dingen ablenken lässt (oder gar keine anderen Dinge gerade zu tun hast), ist es Philosophie. Oder meinst du, dass ich schon deswegen ein Philosoph bin, weil auch ich reflektiere? Das würdest du mir nie zugestehen - ein Intellektueller? Niemals! Andernfalls könnte gar kein Neid vorhanden sein, der ja vorhanden sein muss!
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Soll heißen, dass ein Wort nicht an eine Definiton auf ewig gekettet ist - dass ein Wort seine Bedeutung verlieren kann, wenn etwas anderes in diesem Zusammenhang plausibler ist, dass die Assoziation zwischen Wort und Definition nicht heilig, sondern zweckdienlich ist. Es soll heißen, dass eine reiche Sprache nicht den Erkenntnisgewinn mehrt, dass man nicht ewig neue Worte erfinden muss, sondern alte revidieren kann. Das ist rational.
Und Du meinst Bedeutungswandel und -verschiebung bishin zur Inkommensurabilität sei Philosophen unbekannt? Lustig.

Zumindest scheint dies den hier anwesenden Philosophen unbekannt zu sein - wenn ewig darauf rumgehackt wird, dass meine Definition von beispielsweise von Egoismus (egal wie folgerichtig sie ist) nicht der sprachlichen Norm entspricht (egal wie unreflektiert sie ist). Andernfalls gäbe es hier keine ellenlangen Diskussionen darüber, ob eine Definition denn die allgemein bekannte ist, sondern ob sie sinnvoll ist.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, Du weißt nicht, was ein Geisteswissenschaftler eigentlich tut, das ist mir bekannt. Und?

Ich kenne das Regelwerk der guten wissenschaftlichen Praxis, die deutlich macht, was ein Wissenschaftler können sollte und was nicht - manche Sachen sprechen nur die Naturwissenschaftler an (in dem Bereich kenne ich mich aus), der Rest spricht mich nicht an und ist folglich an die Geisteswissenschaftler gerichtet, deren Kunst darin besteht, alte Gedanken nur neu wiederzukäuen und dabei richtig zu zitieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Fragt sich doch, was als "Detailkenntnisse" betrachtet werden kann.
Auch diese normative Frage ist wohl kontextabhängig, oder schlägst Du einen Messwert vor?

Nein, nur eine Frage, die diskussionswürdig ist. Manche Antworten sind einfach gegeben, um eine Orientierung zu besitzen und können dennoch willkürlich sein.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jan 2014, 14:00

Hier geht es ja auch nicht darum in 45 Minuten drei Blätter Papier vollzuschreiben. Wir bohren hier sozusagen nach dem Fels des Glaubens und stoßen aber immer nur auf schwabbelige Vagheiten. - Das kann man doch auch als Erkenntnisgewinn durchgehen lassen! ;-)
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Sa 4. Jan 2014, 19:13

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Bitten und Forderungen sind normative Akte.

Nö, nur Interaktion. Wenn ich zu einer spezifischen Situation an eine bestimmte Person eine Anfrage richte, ist das nur Interaktion - wenn ich allgemein meine, dass in jeder Situation immer das gleiche von egal wem getan werden muss, bewege ich mich in ethischen Gefilden. Ich habe diese Aufforderung auch nicht zu einer unbedingt bindenden erklärt, da mir völlig bewusst ist, dass du ihr nicht nachkommen musst. Und selbst wenn das eine normative Angelegenheit ist, ist sie noch lange keine ethische oder moralische. Wenn dich einer auffordert, dich auszuziehen und die Straße langzurennen, wirst du das auch nicht als ethische Aufforderung verstehen.

This is you not getting the point...

Mir ist nicht ganz klar, welches Verständnisproblem du genau hast. Hier geht es um eine sehr, sehr banale begriffliche Trennung, die bei dir irgendwie mit einem so intensiven Igitt-Gefühl belegt zu sein scheint, dass du schon dagegen bist, bevor du die Erklärung zuende gelesen und verstanden hast. Mach dich mal locker. Wir Anderen missverstehen doch auch regelmäßig Grundlegendes, da bricht einem kein Zacken aus der Krone, wenn man mal einen Schritt zurücktritt und überlegt, ob man das nicht doch nochmal in Ruhe überdenken könnte.

Ich versuche es mal mit zwei Definitionen und bleibe bei deinem Beispiel mit der Straße:

http://de.wikipedia.org/wiki/Normativ hat geschrieben:Philosophische Normativität gibt an, wie etwas sein sollte (englisch: ought). Normativ ist in der Philosophie in der Regel dem Attribut deskriptiv (beschreibend) als Beschreibung für Theorien und Begriffe entgegengesetzt.

Lexikon der Philosophie - 100 Grundbegriffe (Reclam 2011, S. 187) hat geschrieben:Was Normativität (lat. norma = "Regel", "Richtschnur") ist, lässt sich am besten am Beispiel einer normativen Tatsache wie z.B. der Tatsache erklären, dass wir unsere Steuern bezahlen sollen (einmal vorausgesetzt, dies ist eine Tatsache). Ebenso gut lässt sich jede andere Tatsache darüber anführen, was wir tun, fühlen oder denken sollen. Wir dürfen alle Tatsachen zum Bereich des Normativen rechnen, die man nur vermittels des Ausdrucks "sollen" verstehen kann, also Tatsachen mit Bezug auf das, was richtig und falsch ist, dazu vielleicht Tatsachen über Gründe, über gut und schlecht sowie darüber, was rational und was irrational ist. Normativ ist dasjenige, was alle diese Tatsachen gemein haben.


Was jetzt also deine Aufforderung angeht, dass jemand nackt die Straße entlanglaufen soll, so ist das Normative hier schon sprachlich sehr leicht transparent zu machen. Wenn A zu B sagt: "Zieh dich aus und renne die Straße entlang", dann ist das ohne Sinnverlust oder -erweiterung in "Du sollst dich ausziehen und die Straße entlangrennen" transformierbar. Ohne ein implizites "sollen" ist ein Befehl generell nicht zu verstehen, weil er ja keine Deskription ist. Eine Deskription wäre "B zieht sich aus und rennt die Straße entlang" oder auch "A verlangt von B, sich auszuziehen und die Straße entlang zu rennen." Der letzte Satz ist auch insofern interessant, als dass er eine Deskription einer normativen Forderung darstellt - wobei der Ausdruck "normative Forderung" hier eigentlich ein Pleonasmus ist.

Das Normative wird auch deutlich daran, welche Fragen wir auf A's Aufforderung hin stellen können, nämlich: Ist es richtig, dass B der Aufforderung nachkommt und sich auszieht und die Straße entlangläuft? Ist es gut? Ist es wünschenswert? Ist es rational? Soll B dies wirklich tun? Es ist hinterfragbar, ob es eine gute Entscheidung ist oder nicht und genau das und nichts anderes ist gemeint, wenn von Normativität die Rede ist. Auch deine inflationäre Frage "Nutzt es mir?" ist insofern normativ, da der Nutzen, wie du selbst ja zugibst, kontextabhängig und subjektiv ist und damit anhand weitergehender Prämissen überhaupt erst definiert werden muss - er ergibt sich nicht von alleine ohne weiteres Reflektieren und ohne eine Entscheidung. Eine Entscheidung darüber, was man tun soll, ist aber, das wissen wir jetzt schon, eine normative.

Ich bin ehrlich gesagt gar nicht sicher, ob es überhaupt nicht-normative Entscheidungen gibt, die nicht gleichzeitig auch zufallsbasiert sind. Sobald man jemandem Gründe dafür gibt, warum man eine Entscheidung gefällt, also einen Weg X aus bestimmten Gründen einem alternativen Weg Y vorgezogen hat, hat man schon etwas Normatives getan. Eine Ausnahme wäre aber das reine Experimentieren im Kontext der Wahrheitsermittlung physischer und logischer Gesetzmäßigkeiten, d.h. im wesentlichen im Kontext wissenschaftlicher Forschung, also wenn man wahllos Chemikalien durchprobiert oder Lösungswege ausprobiert, bis man den richtigen gefunden hat. Da geht es um Tatsachenfragen (s.u.) und die sind nicht Gegenstand normativer Reflexion.

Es ist dabei übrigens, da liegt ein weiteres riesiges Missverständnis bei dir, vollkommen unerheblich, ob es um eine spezifische Situation geht oder um eine allgemeine Regel. Ich vermute, du hast da irgendwas bei Kants kategorischem Imperativ aufgeschnappt, halb verdaut, und bringst das jetzt intuitiv immer wieder in diese Fragestellung ein, obwohl das eine ganz andere Ecke ist und uns im Moment überhaupt nicht interessieren muss. Jede Situation, in der man fragt, wie man selbst oder jemand anderes sich verhalten sollte ("Wie verhalte ich mich am besten?", "Was sollte ich tun?", "Welches Verhalten führt zum besten Ergebnis - und für wen?"), und das schließt Fragen des Nutzens und der Begünstigung klar mit ein, hat automatisch eine normative Überlegung zur Folge. Es geht nicht darum, irgendwem etwas aufzudrücken oder jemandem ein starres Regelkorsett zu geben, wie man gerade lustig ist. Es geht darum, zwei Alternativen gegeneinander abzuwägen und zu überlegen, warum man sich für die eine und nicht für die andere entscheiden sollte, also welche Gründe es für die eine und welche für die andere gibt.

Die Ausnahme sind Tatsachenfragen: Wenn ich die Alternative habe zu fragen, ob die deutschen Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold oder Grün-Weiß-Lila sind, dann geht es um reine Deskription. Das Reclam-Lexikon zur Philosophie weißt daher auch ausdrücklich darauf hin, dass Normativität sich nicht automatisch dort findet, wo Irrtumsmöglichkeiten bestehen. Man kann sich entscheiden und irren, aber das ändert nichts an den Tatsachen. Analog dazu ist der Satz "B zieht sich aus und rennt die Straße entlang" in jedem Fall deskriptiv, selbst wenn er falsch sein sollte und B sich an die Stirn getippt hat und weggegangen ist. Man kann sich also mithilfe von normativer Sprache die Welt nicht machen, wie man sie haben will, sondern nur kommunizieren, welche Handlung man verwirklicht oder welche Sichtweise man eingenommen sehen möchte.

Insofern ist übrigens meine Aufforderung an dich, diesen Punkt so zu sehen wie ich, ebenfalls normativ. Meine Erläuterung dessen, was Normativität ist, ist dagegen deskriptiv. Dazu passend nochmal ein Zitat aus Wikipedia, das auf dein grundlegendes Problem hinweisen könnte, nämlich dass du Normativität und Teleologie verwechselst:

http://de.wikipedia.org/wiki/Normativ hat geschrieben:Unterschieden werden muss, besonders wenn der Begriff normativ im Zusammenhang mit Theorien gebraucht wird, zwischen normativen Theorien und teleologischen Theorien. Im Gegensatz zu teleologischen Theorien versuchen normative Wissenschaften nicht das tatsächliche Vorgegebensein einer Norm oder eines Zieles an sich zu begründen. Normative Theorien setzten also eine Norm hypothetisch als gegeben voraus, ohne selbst zu begründen, warum man dieser Norm folgen soll. Allerdings beschreiben normative Theorien z. B., welche Bedingungen gegeben sein müssen oder welche Handlungen vollbracht werden müssen, um eine bestimmte Norm erfüllen zu können. Insofern sind normative Theorien selbst deskriptiv. Der Philosoph und Soziologe Georg Simmel drückt diesen Sachverhalt so aus:

"Was man normative Wissenschaft nennt, ist tatsächlich nur Wissenschaft vom Normativen. Sie selbst normiert nichts, sondern sie erklärt nur Normen und ihre Zusammenhänge, denn Wissenschaft fragt stets nur kausal, nicht teleologisch, und Normen und Zwecke können wohl so gut wie alles andere den Gegenstand ihrer Untersuchung, aber nicht ihr eigenes Wesen bilden."
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jan 2014, 19:27

fopa hat geschrieben:Eigenschaften von Dingen sind entweder intrinsisch, also Teil des Dings selbst, oder relational, also von einem anderen Ding (beispielsweise einem Betrachter abhängig). Temperatur ist nicht vom Betrachter abhängig, also intrinsisch. Farbe ist vom Betrachter abhängig, also relational. Die Wellenlänge des abgestrahlten Lichts ist hingegen wiederum intrinsisch.

Das ist eine Frage des Standpunktes. Es ist doch so: "Farbe" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. "Wellenlänge" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. Wo ist der Unterschied? Es gibt keinen, jedenfalls keinen qualitativen. Letztlich muss man die "Wellenlänge" an irgend einer Stelle mit irgendeinem Sinnesorgan ablesen. Es ist vielmehr so, dass alle unsere Vorstellungen ein Modell der Realität sind. Es ist ja ganz klar, dass wir die Außenwelt nicht real in unserem Kopf haben können - passt ja nicht rein. Vielmehr ist alles in ein und dasselbe Format konvertiert, das unsere Grauen Zellen lesen können, und das geht nicht verlustfrei. Die Natur redet ja von selbst nichts, sie beantwortet nur Fragen, die wir uns selbst ausdenken und ihr stellen und sie antwortet nur mit Ja oder Nein (K. Popper). Hm ... ist Licht eine Welle? Den modellhaften Charakter unsere Vorstellungen darf man als Chance sehen. Das Konzept von Licht als Welle z.B. schmiegt sich gewiss sehr eng an die Realität an, aber wer weiß, ob es nicht ein besseres Konzept gibt, in dem man nicht von zwei verschiedenen Naturen (Wellennatur, Teilchennatur) reden muss und das die Fakten der Quantenmechanik adäquater beschreibt. Ein Modell können wir allerdings nicht aufgeben und das ist das durch unseren Organismus festgelegte. Unser Organismus ist sozusagen ein Modell der Welt, da er von ihr geformt wurde.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon fopa » Sa 4. Jan 2014, 20:26

ujmp hat geschrieben:Es ist doch so: "Farbe" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. "Wellenlänge" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. Wo ist der Unterschied? Es gibt keinen, jedenfalls keinen qualitativen.
Doch. Der Unterschied besteht darin, dass Farbe etwas ist, was vom Betrachtenden abhängt. Ein Mensch mit Rot-Grün-Schwäche nimmt beispielsweise Licht mit einer bestimmten Wellenlänge anders wahr als "normale" Menschen. Die Wellenlänge hängt jedoch nicht vom Betrachter ab, ebensowenig von unseren Maßeinheiten. Die Wellenlänge ist schlicht da - egal, ob sie betrachtet oder gemessen wird oder ob sich irgendjemand irgendeine Vorstellung von ihr macht.
Ein anderes Beispiel für eine relationale Eigenschaft (ohne Betrachter) wäre die Eigenschaft eines Tieres, gefährlich zu sein. Sie kann nur eine relationale Eigenschaft sein, weil es nur für irgendetwas anders gefährlich sein kann - nicht per se.

ujmp hat geschrieben:Letztlich muss man die "Wellenlänge" an irgendeiner Stelle mit irgendeinem Sinnesorgan ablesen. Es ist vielmehr so, dass alle unsere Vorstellungen ein Modell der Realität sind.
Ich verstehe, was du meinst. Ich spreche aber nicht von Konzepten zur Erkenntnisfähigkeit, sondern von Modellen dessen, was ist. Sicherlich sollte man versuchen, sich grundsätzlich über die Grenzen der eigenen Erkenntnismöglichkeiten klar zu werden. Aber wenn man auf Basis der innerhalb dieser Grenzen gewonnenen (naturwissenschaftlichen) Erkenntnisse versucht, sich eine Vorstellung vom wirklich Seienden (der Realität) zu machen, spielt der Betrachter und seine Erkenntnisfähigkeit keine Rolle mehr. Dann ist es eine rein ontologische Betrachtung. Ein Modell bleibt eine solche Vorstellung weiterhin, klar. Aber solange sie nicht mit unnötigen Postulaten aufgeladen ist oder durch neue Erkenntnisse falsifiziert wurde, kann man sich doch in Poppers Sinne damit anfreunden, oder? :wink:
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Sa 4. Jan 2014, 20:36

@ Nanna, Darth und Interessierte:

Zur Reichweite der Normativität:
http://parapluie.de/archiv/unkultur/kul ... index.html
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Dr Fraggles » Sa 4. Jan 2014, 20:39

Darth Nefarius hat geschrieben:1)Tun sie auch nicht: Sie erarbeiten sich das Wissen, welche Zustände Materie haben kann deuten kein Extra-Zeug in die Ergebnisse rein, das aus den Beobachtungen nicht hervorgeht - aber Ergebnisse zu deuten gehört zur wissenschftlichen Arbeit, auch wenn manchen die Schlussfolgerungen nicht passen. Wissenschaftler sind keine Buchhalter oder Statistiker, die nur Daten sammeln und sortieren. Wenn man als Hirnforscher nach dem "Ich" im Gehirn sucht und nur materielle Zustände beobachtet, gibt es auch keinen Anlass zu denken, dass das Ich aus mehr bestünde als aus materiellen Zuständen.
2)Und der Einwand wäre? Soweit ich das überblicke, hast du nur gehaltlose Einwände eingebracht: "Mentales kann per definitionem keinen materiellen Ursprung haben und weil Mentales in die Welt von Schöngeistern reindefiniert wurde als etwas metaphysisches, muss es auch metaphysisch sein."
3)Nein, ich stelle nur die einzig logisch-legitime Aussage auf: Wenn ich ein "Ich" beobachten kann und auch nur materielle Zustände beobachten kann, ist das "Ich" und somit jede mentale Leistung ein Ergebnis materieller Zustände.
4)Du hast auch nicht erklärt, wo meine Materie-Definition metaphysisch wird - sie übersteigt lediglich das Verständnis von Materie eines Philosophen, der weder von Physik, noch Chemie, noch Biologie ausreichend zu wissen scheint. Diese 3 Wissenschaften SIND Naturwissenschaften und haben einen weiterfassenden Begriff von Materie als du - ich wende ihn an. Bis jetzt bist du dem eigentlichen Knackpunkt ausgewichen: Zitier die Stellen, an denen mein Materiebegriff eindeutig metaphysisch ist - für dich war er das nur, weil ich Mentales als Wirkung des Materiellen betrachte, aber das ist kein Argument. Mentale Leistungen - also Intelligenz, das Denken, Kreativität sind erstmal nur beobachtbare Interaktionen mit der Umgebung - ich sehe keinen Grund, sie in die metaphysische Schublade zu stecken. Computerprogramme können auch mit der Umgebung interagieren, sofern sie die nötige Programmierung und Hardware besitzen - alles nur eine Frage des materiellen Zustandes.
5)Übrigens, wenn du nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen willst, frage ich mich, was genau du willst. Wenn man sich nicht einigen will, will man Streit - anders kann ich es mir nicht erklären.
6)Seltsamerweise sagen immer nur Philosophen und Theologen, dass Wissenschaftler von bestimmten Dingen keine Ahnung hätten.
7)Und ja, ich betrachte die wissenschaftliche Methodik als überlegen an, wenn sie - anders als die Geisteswissenschaften - wirkliche Resultate erzielen kann.
8)Einen Sinn stelle ich dadurch bei bestem Willen nicht auf, sondern vergleiche die Leistungsfähigkeit zweier Methodiken. Gut, dann kann man eben "Leistungsfähigkeit" als Kriterium zur Bewertung bezeichnen - man würde nach einem Zweck suchen und der wäre die größte Leistung. Aber Leistung ist kein Sinn, sondern ein Zweck, ein Ziel vielleicht.


1)Die Interpretation wissenschaftlicher Ergebnisse ist oftmals bereits Philosophie . Wenn man das Ich im Hirn sucht hat man bereits eine philosophisch-metaphysische Vorannahme getroffen...das ist eine ähnlich absurde Prämisse (sprich: Kategorienfehler) wie jene welche davon ausging, dass Gottes Existenz im Weltall zu verorten sei und folglich dessen nicht Auffindbarkeit im All als Beweis für seine nicht Existenz hielt (Jesus sprach vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei...). Frage: wie hätte das gefundene Ich im Hirn aussehen können? Etwa ein Homunculus dessen Hirn man daraufhin untersucht hätte?
2) Ich bezog mich auf die Bemerkung von ujmp, ich wolle erklären wie es sich anfühle ohne Hirn zu denken. Ich habe auch die Unvereinbarkeit von Materie und Mentalem nicht willkürlich auf einer mir genehmen Definition gegründet, sondern auf der schlichten Tatsache, dass Mentales qualitativ eine völlig andere Existenzweise darstellt als empirisch-messbare Materie. Wer Mentales der Materie zuschlägt ohne den Materiebegriff zu modifizieren, negiert diese qualitative Differenz...aber mit welchen Argumenten ?! Von Substanzdualismus habe ich nirgends gesprochen...kein Grund mir Metaphysik in solchem Sinn zu unterstellen.
3)Nur unter der Bedingung, dass die beobachtende Methode jegliches Sein erfassen kann, jegliches Sein also empirisch ist. Das ist aber eine metaphysische Prämisse. Was du als legitime Folgerung hinstellst, hast du bereits in deinen Prämissen vorausgesetzt indem du die Beobachtbarkeit des Ich als empirische bezeichnest was schlicht falsch ist.
4)Dein Materiebegriff übersteigt jene der Physik, Chemie oder Biologie, und das ist der entscheidende Kritikpunkt. Keiner jener Naturwissenschaften hat einen Materiebegriff der Mentales umfasst. Materie ist für dich das alleinige Prinzip jeglicher Wirklichkeit und insofern metaphysisch. Indem du das Mentale mit der Fähigkeit zur Interaktion mit der Umgebung reduzierst, hast du die speziellen Eigenschaften des Mentalen bereits ignoriert ohne sie aus der Materie abgeleitet zu haben (Qualia, Intentionalität etc.). Kein Hirnforscher würde heutzutage das Hirn mit einem Computer vergleichen.
5)Man könnte z.B. Konsens (=gemeinsamer Nenner) auch so auffassen, dass er in der Akzeptanz der Differenz liegt. Auf alle Fälle gehe ich nicht a priori davon aus, dass alle Fragestellungen allgemeingültig geklärt werden können.
6)Was nicht für die Wissenschaftler spricht! Du bist aber das beste Gegenbeispiel (Hobbyphilosoph, also nicht wirklich kompetent in Sachen Philosophie, so wenig wie der Hobbywissenschaftler ein tieferes Verständnis der Wissenschaft hat. Du meintest die philosophische Methode sei im Grunde das korrekte Zitieren...ich muss doch bitten).
7)Ja, da ist was dran...in ihrem Bereich ist die (Natur-)Wissenschaft ohne Zweifel (relativ) erfolgreich.
8)Leistung? Was könnte den die spezifische Leistung einer erfolgreichen Philosophie sein? Je nach dem wie eng du den Leistungsbegriff definierst (eine philosophische Fragestellung im übrigen...warum sollte der Leistungsbegriff gerade der deinige sein und warum sollte Leistung überhaupt das massgebende Kriterium sein: Fragen welche kaum mit empirischen Methoden zu beantworten sind) begründet er sehr wohl ein Sinnkriterium (da philosophische Aussagen dann schlechterdings an der Sache, sprich: Generierung von Leistung, vorbeizielen.) Ich sagte es bereits: die Interpretationen der Wissenschaftler sind oftmals philosophischer Natur...und Philosophen haben diesbezüglich vermutlich das feinere Instrumentarium als Wissenschaftler. Es geht doch letztlich nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum, dass die jeweiligen Kompetenzen sich ergänzen. Aus meiner Sicht fehlt Wissenschaftlern oftmals z.B. ein Sensorium für Kategorienfehler (was aber auch bei Philosophen anzutreffen ist: D. Dennett als prominentes Beispiel).
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Dr Fraggles » Sa 4. Jan 2014, 21:36

ujmp hat geschrieben:Na ja, der Sinn des hier kritisierten Reduktionismus ist ja nicht Reduktion um ihrer selbst willen. Es geht einfach darum, keine unbegründeten Annahmen zu machen. Die "Methodik der Wissenschaftler" ist eigentlich nichts anderes als systematisierte Alltagslogik, systematisierte Vernunft. Supernaturalisten sehen die Wissenschaft gerne hinter einem Zaun und konstruieren deshalb eine vorgebliche Inkommensurabilität, um sich dem Urteil der Vernunft zu entziehen, etwa nicht? Supernaturalismus und Naturalismus unterscheiden sich aber m.E. überhaupt nicht in ihren Methoden. Sie unterscheiden sich nur darin, dass der Naturalismus Vernunft intelligenter und konsequenter anwendet und dadurch zu solideren Ergebnissen kommt.


Nun, ich sage auch nicht man solle unbegründete Annahmen machen (aber auch keine unbegründeten nicht-Annahmen...). Für mich ist aber die Annahme, dass das Mentale als Eigenschaft des empirisch-messbaren Materiebegriff betrachtet werden kann völlig unplausibel, da das Mentale in seinen Eigenschaften mit den Eigenschaften eines physiko-chemo-biologischen Materiebegriffs unvereinbar ist, bzw. die mentalen Eigenschaften nicht auf diese materiellen reduzierbar sind...das ist nun wirklich ein Faktum reinster Alltagslogik wie mir scheint (was gegen diese sprechen kann, nicht muss). Wenn überhaupt müsste der Materiebegriff erweitert werden und wie sollte das gehen ohne ihn in seiner Eigenart zu sprengen?
Bezüglich (Supra-)Naturalismus müsstest du präziser umschreiben was du genau mit diesen Begriffen meinst um auf deine diesbezüglichen Aussagen antworten zu können.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Sa 4. Jan 2014, 21:48

@Dr Fraggles:

Ein kurzer technischer Hinweis: Es wäre gut, wenn du Zitate jeweils direkt vor deine Antwort darauf setzen würdest. Das Nummerieren ist zwar grundsätzlich nachvollziehbar, aber bei längeren Antworten doch arg unübersichtlich. Für Mehrfachzitate in einem Beitrag musst du lediglich den entsprechenden tag (=Code-Umklammerung des Zitats) mehrfach kopieren. Bei verschiedenen Autoren tauscht du halt die entsprechenden Autorennamen zwischen den Anführungszeichen aus. Wenn man es sich einmal angewöhnt hat, geht das recht schnell ganz automatisch von der Hand.

Beispielcode:

Code: Alles auswählen
[quote="Vollbreit"]Zitierter Text 1[/quote]
Antwort 1

[quote="Nanna"]Zitierter Text 2[/quote]
Antwort 2

[quote="Darth Nefarius"]Zitierter Text 3[/quote]
Antwort 3


Daraus wird dann das hier:

Vollbreit hat geschrieben:Zitierter Text 1

Antwort 1

Nanna hat geschrieben:Zitierter Text 2

Antwort 2

Darth Nefarius hat geschrieben:Zitierter Text 3

Antwort 3
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Dr Fraggles » Sa 4. Jan 2014, 21:53

@Nanna:
Werde mich bemühen...
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Sa 4. Jan 2014, 22:00

Darth Nefarius hat geschrieben:Übrigens, wenn du nicht auf einen gemeinsamen Nenner kommen willst, frage ich mich, was genau du willst. Wenn man sich nicht einigen will, will man Streit - anders kann ich es mir nicht erklären.

Hm... hast du nicht wiederholt auf Konsensversuche von Anderen, namentlich mir, mit einem Lob der Kritik und des Streitens geantwortet? So nach dem Motto "Was meine Position kritisiert, macht sie nur stärker"?

Dr Fraggles hat geschrieben:@Nanna:
Werde mich bemühen...

War auch keinesfalls ein Vorwurf. ;-)
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Jan 2014, 22:21

Nanna hat geschrieben:Was jetzt also deine Aufforderung angeht, dass jemand nackt die Straße entlanglaufen soll, so ist das Normative hier schon sprachlich sehr leicht transparent zu machen. Wenn A zu B sagt: "Zieh dich aus und renne die Straße entlang", dann ist das ohne Sinnverlust oder -erweiterung in "Du sollst dich ausziehen und die Straße entlangrennen" transformierbar. Ohne ein implizites "sollen" ist ein Befehl generell nicht zu verstehen, weil er ja keine Deskription ist. Eine Deskription wäre "B zieht sich aus und rennt die Straße entlang" oder auch "A verlangt von B, sich auszuziehen und die Straße entlang zu rennen." Der letzte Satz ist auch insofern interessant, als dass er eine Deskription einer normativen Forderung darstellt - wobei der Ausdruck "normative Forderung" hier eigentlich ein Pleonasmus ist.

Das Normative wird auch deutlich daran, welche Fragen wir auf A's Aufforderung hin stellen können, nämlich: Ist es richtig, dass B der Aufforderung nachkommt und sich auszieht und die Straße entlangläuft? Ist es gut? Ist es wünschenswert? Ist es rational?

Gerade die Beantwortung dieser Fragen sollte zeigen, dass es zumindest keine moralisch-ethische Aufforderung ist und deswegen völlig irrelevant ist, ob diese eine, dämliche Aufforderung normativ ist oder nicht. Eine Forderung allein macht noch keine Ethik - ich kann auch keine Richtschnur oder Regel, ein Richtig oder Falsch in nur einer Aufforderung erkennen, die auch nur für eine spezifische Situation gilt. Da diese Aufforderung nicht alle diese Tatsachen ausdrückt (wenn auch meinetwegen einige), ist auch kein Anlass für mich gegeben, sie als wirklich normativ zu betrachten - und wenn ja, will ich sehen, was es am Rest meiner Argumentation ändern soll. Aber ich sehe mich hier wiedereinmal nicht in einer echten Diskussion über die Kompetenz von Philosophen, sondern durch eine winkeladvokatartige Argumentation bei Nebenkriegsschauplätzen - die nichts mit der eigentlichen Diskussion zu tun haben - verwickelt.
Nanna hat geschrieben: Auch deine inflationäre Frage "Nutzt es mir?" ist insofern normativ, da der Nutzen, wie du selbst ja zugibst, kontextabhängig und subjektiv ist und damit anhand weitergehender Prämissen überhaupt erst definiert werden muss - er ergibt sich nicht von alleine ohne weiteres Reflektieren und ohne eine Entscheidung. Eine Entscheidung darüber, was man tun soll, ist aber, das wissen wir jetzt schon, eine normative.

Muss nicht definiert werden, ist nur notwendig für weiteres zielgerichtetes Handeln. Und auch dann führt es nicht zur Entscheidung darüber, was man tun soll, sondern was man tun will. Was ich vermisse bei dieser wieder mir unersichtlichen Kategorie, ist der Wille. Wäre der auch nur erwähnt, könnte ich mich damit anfreunden, aber der wird in den Definitionen so gemieden wie die Pest.
Nanna hat geschrieben:Ich bin ehrlich gesagt gar nicht sicher, ob es überhaupt nicht-normative Entscheidungen gibt, die nicht gleichzeitig auch zufallsbasiert sind.

Oh doch: die, die nur über Willen laufen. Der Wille ist in die Normativität nicht einbezogen - er ist entweder gegeben oder nicht und damit reicht eine deskriptive Herangehensweise.
Nanna hat geschrieben: Sobald man jemandem Gründe dafür gibt, warum man eine Entscheidung gefällt, also einen Weg X aus bestimmten Gründen einem alternativen Weg Y vorgezogen hat, hat man schon etwas Normatives getan.

Nein, man hat die Situation beschrieben und seinen eigenen Eindruck - ob dies auch Gründe für die Beeinflussung des eigenen Handelns sind, ist eine Frage des Willens und der Interpretation der Beschreibungen.
Nanna hat geschrieben:Es ist dabei übrigens, da liegt ein weiteres riesiges Missverständnis bei dir, vollkommen unerheblich, ob es um eine spezifische Situation geht oder um eine allgemeine Regel.

Ist aber bei der Definition, die du geliefert hast, anders. Eine Aufforderung allein macht noch keine Regel.
Nanna hat geschrieben:Es geht nicht darum, irgendwem etwas aufzudrücken oder jemandem ein starres Regelkorsett zu geben, wie man gerade lustig ist. Es geht darum, zwei Alternativen gegeneinander abzuwägen und zu überlegen, warum man sich für die eine und nicht für die andere entscheiden sollte, also welche Gründe es für die eine und welche für die andere gibt.

Es gibt kein Sollen, nur ein Wollen - will ich mich für das eine oder andere entscheiden? Das Abwägen geht aber natürlich der Entscheidung voraus - es muss jedoch auch nicht irgendein "Sollen" enthalten.
Nanna hat geschrieben:Insofern ist übrigens meine Aufforderung an dich, diesen Punkt so zu sehen wie ich, ebenfalls normativ. Meine Erläuterung dessen, was Normativität ist, ist dagegen deskriptiv. Dazu passend nochmal ein Zitat aus Wikipedia, das auf dein grundlegendes Problem hinweisen könnte, nämlich dass du Normativität und Teleologie verwechselst:

Äh, nein - das habe ich nicht verwechselt und mir ist nicht klar, wie du darauf kommst. Aber bei der Gelegenheit ist der Hinweis sehr lustig, da die teleologische Argumentation sogar noch der normativen eine Sache voraus hat: Begründung - wenn auch eine schlechte. :lachtot:
Nanna hat geschrieben:
Hm... hast du nicht wiederholt auf Konsensversuche von Anderen, namentlich mir, mit einem Lob der Kritik und des Streitens geantwortet? So nach dem Motto "Was meine Position kritisiert, macht sie nur stärker"?

? Mir ist jetzt nicht die Stelle klar, die du meinst. Falls du darauf hinweisen willst, dass ich selbst streitlustig bin - ich habe nie behauptet, dass ich besser wäre als er. :mg: Es ging nur darum zu sehen, was er eigentlich will.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jan 2014, 22:37

fopa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist doch so: "Farbe" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. "Wellenlänge" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. Wo ist der Unterschied? Es gibt keinen, jedenfalls keinen qualitativen.
Doch. Der Unterschied besteht darin, dass Farbe etwas ist, was vom Betrachtenden abhängt. Ein Mensch mit Rot-Grün-Schwäche nimmt beispielsweise Licht mit einer bestimmten Wellenlänge anders wahr als "normale" Menschen. Die Wellenlänge hängt jedoch nicht vom Betrachter ab, ebensowenig von unseren Maßeinheiten. Die Wellenlänge ist schlicht da - egal, ob sie betrachtet oder gemessen wird oder ob sich irgendjemand irgendeine Vorstellung von ihr macht.
Ein anderes Beispiel für eine relationale Eigenschaft (ohne Betrachter) wäre die Eigenschaft eines Tieres, gefährlich zu sein. Sie kann nur eine relationale Eigenschaft sein, weil es nur für irgendetwas anders gefährlich sein kann - nicht per se.

ujmp hat geschrieben:Letztlich muss man die "Wellenlänge" an irgendeiner Stelle mit irgendeinem Sinnesorgan ablesen. Es ist vielmehr so, dass alle unsere Vorstellungen ein Modell der Realität sind.
Ich verstehe, was du meinst. Ich spreche aber nicht von Konzepten zur Erkenntnisfähigkeit, sondern von Modellen dessen, was ist. Sicherlich sollte man versuchen, sich grundsätzlich über die Grenzen der eigenen Erkenntnismöglichkeiten klar zu werden. Aber wenn man auf Basis der innerhalb dieser Grenzen gewonnenen (naturwissenschaftlichen) Erkenntnisse versucht, sich eine Vorstellung vom wirklich Seienden (der Realität) zu machen, spielt der Betrachter und seine Erkenntnisfähigkeit keine Rolle mehr. Dann ist es eine rein ontologische Betrachtung. Ein Modell bleibt eine solche Vorstellung weiterhin, klar. Aber solange sie nicht mit unnötigen Postulaten aufgeladen ist oder durch neue Erkenntnisse falsifiziert wurde, kann man sich doch in Poppers Sinne damit anfreunden, oder? :wink:


Die Annahme ist einfach falsch, dass wir Daten hätten, die unseren Sinnesdaten überlegen wären. Ein normaler Mensch ist z.B. "infrarotblind". Die Wahrnehmung des Menschen hängt also ganz allgemein - nicht nur die von Farben - von seinem Organismus ab. Die Vorstellung von "Wellenlängen" hängt genau so von der prinzipiell zufälligen Beschaffenheit dieses Organismus' ab, wie die Vorstellung von "Rot". Im übertragen Sinn sind wir "Wellenlängensichtig", weil unser Gehirn in der Lage ist, sich diese Vorstellung aus den zur Verfügung stehenden Sinnesdaten zu bilden. Das ist nichts anderes, als Farbensehen. Alle unsere Vorstellungen über die äußere Realität sind auf eine gleiche Weise von Sinnesdaten abhängig, auch die Vorstellung von Licht als elektromagnetischen Wellen. Die Realität wird in einem Farbenblinden nur etwas anders projiziert, aber nicht falsch. Er kann nur bestimmte Unterschiede nicht erkennen. Es ist entweder falsch, den Farben Realität abzusprechen oder es ist falsch Wellenlängen Realität zuzusprechen, denn beides sind gleichermaßen nur Projektionen in das Datenformat unseres Gehirnes: Vorstellungen, Modelle. Es gibt keine von Sinnesdaten unabhängige empirisch wissenschaftliche Vorstellung über die Realität. Das ist ja grad der Witz an "empirisch"!
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Sa 4. Jan 2014, 23:18

Darth Nefarius hat geschrieben:Gerade die Beantwortung dieser Fragen sollte zeigen, dass es zumindest keine moralisch-ethische Aufforderung ist und deswegen völlig irrelevant ist, ob diese eine, dämliche Aufforderung normativ ist oder nicht. Eine Forderung allein macht noch keine Ethik - ich kann auch keine Richtschnur oder Regel, ein Richtig oder Falsch in nur einer Aufforderung erkennen, die auch nur für eine spezifische Situation gilt.

Du bist der Einzige hier, der dauernd wieder allgemeine moralische Regeln ins Spiel bringt. Wie ich schon sagte, geht mit einem normativen Satz nicht automatisch eine allgemeine ethische Regel wie beispielsweise der kategorische Imperativ einher. Die Crux liegt ja gerade darin, dass du dem Normativitätsbegriff Bedeutungen auflädst, die dieser im allgemeinen philosopischen Sprachverständnis so nicht beinhaltet.

Selbstverständlich wird Normativität eng mit ethischen Systemen assoziiert, weil normatives Argumentieren ein Grundbestandteil jeglicher Moral und Ethik ist. Das ist aber nur eine Teilmenge. Jegliches Hierarchisieren von alternativen Handlungsweisen anhand beliebiger (!) Präferenzen stellt letztlich bereits normatives Handeln dar. Selbst wenn ein solipsistischer nihilistischer soziopathischer Narzisst Handlung A gegenüber Handlung B bevorzugt, ist das bereits normatives Handeln. Wer es realiter hinkriegen will, nicht normativ zu handeln, muss schlichtweg das Abwägen, Entscheiden und letztlich das gesamte diskursive Denken einstellen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt kein Sollen, nur ein Wollen - will ich mich für das eine oder andere entscheiden? Das Abwägen geht aber natürlich der Entscheidung voraus - es muss jedoch auch nicht irgendein "Sollen" enthalten.

Du benutzt hier Privatdefinitionen dieser Begriffe, die mit dem, was in der Philosophie gemeinhin darunter verstanden wird, nichts zu tun haben. Auf dieser Grundlage kannst du natürlich bis in alle Ewigkeit einen Scheinwiderspruch aufrechterhalten und Strohmänner abbrennen.

Wahrscheinlich ist dein Problem ein rein sprachliches. Du hängst dich am Begriff des "Sollen" auf, vermutlich, weil du es mit idealistischer Moralphilosophie verbindest. Dabei ist "Sollen" in der Philosophie ein rein technischer Term. Deine Ablehnung erinnert mich ein bisschen an Leute, die willens sind, Bioprodukte mit fünftausend unbekannten Inhaltsstoffen aus irgendeiner Kräuterküche auf eine Wunde zu schmieren anstelle eines "schulmedizinischen" Mittels aus einer Apotheke "weil da so viel Chemie drin ist". Dabei wissen wir beide, dass es die Atomhülle nicht kümmert, ob sie kürzlich in einer Pflanze oder einem Reagenzglas unterwegs war. Ähnlich ist das mit dir und dem Sollen. Die Frage "Was will ich tun?" geht in der Frage "Was soll ich tun?" in unserem Fall hier nämlich weitgehend auf.
"Was will ich tun?" ist, insbesondere in dem umfassenden Sinn, in dem du den Begriff "Wille" verwendest, ja letztlich auch nur eine Ansammlung von Unterfragen wie "Was sind meine Präferenzen?", "Habe ich damit gute Erfahrungen gemacht?", "Wird es mir gut mit dieser Entscheidung gehen / fühle ich mich mit meinem Handeln wohl?", "Was sind die Folgen für mich (und Andere)?". All dieses Reflektieren geht um die Frage "Was soll sein?" bzw. in für dich vielleicht verständlicherer Übersetzung: "Was will ich, dass passiert?"

Ein anderes Problem könnte übrigens sein, dass du die subjektive Perspektive unzureichend von der objektiven trennst. Von außen betrachtet kann eine Handlung als deterministische Aktion-Reaktion-Abfolge betrachtet werden, wobei das Subjekt mit seinen Empfindungen und Gründen zugunsten einer hirnchemischen Dominokette verschwindet. Aus einer bestimmten, rein technisch-naturwissenschaftlichen Perspektive, kann man das so machen. Dass der Erkenntnisgewinn dabei begrenzt ist und warum, wurde hier von Anderen bereits ausführlich erläutert.

Dass du so sehr auf dem Willen als Kategorie herumhopst, hat vielleicht auch noch den Grund, dass du das die deterministische Abfolge als Erklärungsweg irgendwie in dein Innenleben retten möchtest. Ich spekuliere mal wild, dass dir das angesichts einer als irrational empfundenen sozialen Welt irgendwie ein Gefühl von Sicherheit und Beherrschbarkeit der Welt gibt. Das ist aber nur meine küchenpsychologische Deutung. Der Wille scheint bei dir ja auch mehr so eine Art Selbstläufer zu sein, der automatisch da hinfällt, wo er langgehen soll, wie Wasser, das sich im Sand seinen Weg sucht. Eine begründete Entscheidung steht in dieser Welt natürlich von vornherein fest, die Gründe sind einfach die Leitplanken, in denen das Wasser dann entlangläuft und die einfach so da sind. Ob Reflexion stattfindet oder nicht, ist in dieser Welt keine Frage von Sinnhaftigkeit - es passiert halt oder auch nicht, je nachdem, ob die Hirnchemie gerade diesen Weg langläuft oder einen anderen. Das kommt dann mal wieder an einem Punkt raus, den sowohl Vollbreit als auch ich dir schon öfter vorgeworfen haben, nämlich dass ein zirkulär begründetes System entsteht, in dem alles "ist, wie es eben ist" und "läuft, wie es eben läuft". Man hat einen Willen und der geht irgendwo hin oder auch nicht - warum ist bummsegal, denn das ändert ja eh nichts am Willen und seiner Richtung.

Abgesehen davon, dass dieses Willens-Modell nur retrospektive, zirkuläre Erklärungsmöglichkeiten bietest ("Warum hat er so gehandelt?" - "Es war sein Wille."), ist man mit so einem Modell letztlich auch unfähig, sich adäquat in der sozialen Welt des gegenseitigen Gebens von Gründen zu bewegen - schlichtweg, weil man sich verweigert, die Gründe, die einem Andere geben, zu verstehen, indem man sie auf die Funktion eines logischen Schalters in einer Aktion-Reaktion-Folge im Gehirn reduziert. Die Frage "Warum denkt er so?" kann im emphatischen Sinne hier gar nicht mehr gestellt werden. Er denkt halt so, es ist sein Wille. Fertig aus.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Jan 2014, 23:23

Dr Fraggles hat geschrieben:1)Die Interpretation wissenschaftlicher Ergebnisse ist oftmals bereits Philosophie . Wenn man das Ich im Hirn sucht hat man bereits eine philosophisch-metaphysische Vorannahme getroffen

Aha, kannst du da Beispiele nennen? So wie ich das sehe, werden nur Beobachtungen in einen Kontext gebracht. Speziell zur Suche nach dem "Ich" - also der Verortung des Bewusstseins und der Persönlichkeit in der Materie kann ich da nur erkennen, dass man das, was man beobachtet hat: Bewusstsein (bei sich) und Persönlichkeit (bei sich und anderen) lediglich "finden" will in der Materie. Mir scheint durch diese Begriffe lediglich ein Phänomen der Beobachtung betitelt worden zu sein, was allerdings daraus noch keinen metaphyisch-philosophischen Schuh macht. Die Dinger könnten auch "1", Banane" oder "*#+!" heißen - es wäre nur eine Etikettierung und diese Etikettierung des beobachteten Phänomens will man einer Ursache, einem Ursprung zuordnen, der wiederum auch beobachtet werden kann.
Dr Fraggles hat geschrieben:2) Ich bezog mich auf die Bemerkung von ujmp, ich wolle erklären wie es sich anfühle ohne Hirn zu denken. Ich habe auch die Unvereinbarkeit von Materie und Mentalem nicht willkürlich auf einer mir genehmen Definition gegründet, sondern auf der schlichten Tatsache, dass Mentales qualitativ eine völlig andere Existenzweise darstellt als empirisch-messbare Materie.

Ja - diese Erklärungsversuche waren sehr belustigend. Die Tatsache, dass es 2 unterschiedliche Existenzweisen wären, ist mir jedoch nicht bekannt und müsstest du mir erklären. Ich existiere nur als Materie, eine andere Existenz kenne zumindest ich nicht (zumindest war ich nie so breit, dass ich das denken würde). Ich kenne auch keine immaterielle Existenz - kannst du ein Beispiel nennen? Eventuell wäre da schlicht "Information" zu nennen, aber die sehe ich als Zustand der Materie und somit der Materie zugehörig und nicht als eigene Existenzweise deklarierbar.
Dr Fraggles hat geschrieben:Wer Mentales der Materie zuschlägt ohne den Materiebegriff zu modifizieren, negiert diese qualitative Differenz...aber mit welchen Argumenten ?! Von Substanzdualismus habe ich nirgends gesprochen...kein Grund mir Metaphysik in solchem Sinn zu unterstellen.

Was nicht Materie, Zeit, Raum und Naturgesetze ist, ist Metaphysik. Modifiziert habe ich den Begriff nicht - sondern nur in den Kontexten der 3 dazugehörigen Naturwissenschaften betrachtet.
Dr Fraggles hat geschrieben:3)Nur unter der Bedingung, dass die beobachtende Methode jegliches Sein erfassen kann, jegliches Sein also empirisch ist. Das ist aber eine metaphysische Prämisse. Was du als legitime Folgerung hinstellst, hast du bereits in deinen Prämissen vorausgesetzt indem du die Beobachtbarkeit des Ich als empirische bezeichnest was schlicht falsch ist.

Inwiefern ist das falsch? Ich kenne mein "Ich", ich kenne teilweise dein "Ich" indirekt durch die Kommunikation mit diesem. Eine Interaktion kann nur mit etwas Materiellem möglich sein. Wenn ich also mit dem, was deinem "Ich" wahrscheinlich entspringt, interagiere und es wahrnehme (ich lese ja deine Kommentare), erfasse ich dein "Ich" empirisch. Was daran eine Prämisse wäre, müsstest du noch zeigen. Klar - solipsistisch argumentiert könnte die Annahme, dass hinter diesen Buchstaben ein "Ich" steht, nur eine Annahme sein - aber wieso eine metaphysische? Gäbe es im Umkehrschluss denn keine metaphysischen Annahmen?
4)Dein Materiebegriff übersteigt jene der Physik, Chemie oder Biologie, und das ist der entscheidende Kritikpunkt. Keiner jener Naturwissenschaften hat einen Materiebegriff der Mentales umfasst.

Dass in keiner Lexikondefinition auch "Exkremente" als Beispiel für Materie genannt ist, bedeutet nicht, dass Scheiße immateriell ist. Aus den Definitionen von Materie, die diese Naturwissenschaften liefern, ist die logische Konsequenz das Mentale auch als materiell zu betrachten - genauer als Zustand dieser. Eine Definition ist keine Auflistung dessen, was darunter fällt - sondern beschreibt die Eigenschaften dessen, was darunter fallen kann. Wenn also ein Biologe etwas definiert/beobachtet, was zu komplexer kognitiver Leistung fähig ist, hat er etwas Mentales umschrieben - oder etwas, das andere als "mental" beschreiben würden. Die Attribute dessen, was der Verhaltensbiologe als "intelligent" und "kognitiv" bezeichnen würde, wären dieselben, die andere für "mental" verwenden würden. Ich erkläre das andauernd und erhalte immer wieder diese gehaltlose Behauptung von dir, dass es nicht so wäre. :ka:
Dr Fraggles hat geschrieben:Materie ist für dich das alleinige Prinzip jeglicher Wirklichkeit und insofern metaphysisch.

Wieso Prinzip? Abgesehen davon besteht die Wirklichkeit für mich zudem aus Raum und Zeit - aber Materie ist nur ein Bestandteil des Ganzen und ohne Raum und Zeit nicht erfassbar. Ich habe Materie aber nicht zu einer Philosophie erklärt, falls du das mit "Prinzip" meinst. Ein Stuhl kann kein Prinzip darstellen, kann jedoch Bedeutung in gewissen Kontexten haben. Nein, ich argumentiere nicht wie Dissidenkt, für den Genese allein schon einen Sinn darstellt, nur weil sie als Phänomen vorhanden ist.
Dr Fraggles hat geschrieben: Indem du das Mentale mit der Fähigkeit zur Interaktion mit der Umgebung reduzierst, hast du die speziellen Eigenschaften des Mentalen bereits ignoriert ohne sie aus der Materie abgeleitet zu haben

Materie interagiert natürlich mit der Umgebung - Aggregatzustände sind ein Beispiel dafür. Welche speziellen Eigenschaften hast du denn im Sinn? Warte, ich weiß die Antwort - immateriell zu sein! :doh:
Dr Fraggles hat geschrieben:(Qualia, Intentionalität etc.). Kein Hirnforscher würde heutzutage das Hirn mit einem Computer vergleichen.

Heftige Behauptung - ich will dazu ein Paper oder eine konkrete Textstelle, die das zeigt. Sag, wieviel weißt du eigentlich von Hirnforschung? Weißt du denn überhaupt etwas von den Hirnarealen, von Neuronen, von Neurotransmittern oder den elektrochemischen Signalen? Das sind alles Dinge, mit denen sich ein Hirnforscher beschäftigen muss und die sind nunmal materiellen Ursprungs. Ich würde sogar gegenteilig behaupten, dass JEDER Hirnforscher das Hirn als Computer sehen würde.
Dr Fraggles hat geschrieben:5)Man könnte z.B. Konsens (=gemeinsamer Nenner) auch so auffassen, dass er in der Akzeptanz der Differenz liegt. Auf alle Fälle gehe ich nicht a priori davon aus, dass alle Fragestellungen allgemeingültig geklärt werden können.

Ja, das sehe ich auch so.
Dr Fraggles hat geschrieben:8)Leistung? Was könnte den die spezifische Leistung einer erfolgreichen Philosophie sein?

Ein neues Menschenbild, welches zu konkreten politischen Konsequenzen durch neue Gesetze führen würde - das haben die Philosophen der Aufklärung z.T. geleistet oder solche, die den Menschen überhaupt ins Zentrum der Betrachtung und nicht eine Gottheit setzten - das hat zu großen Veränderungen geführt.
Dr Fraggles hat geschrieben:Je nach dem wie eng du den Leistungsbegriff definierst (eine philosophische Fragestellung im übrigen...warum sollte der Leistungsbegriff gerade der deinige sein und warum sollte Leistung überhaupt das massgebende Kriterium sein

Muss es nicht, ich habe schließlich keine neue Ethik aufgestellt, sondern nur meinen persönlichen Standpunkt erklärt. Aber auch in den Wissenschaften definiert man etwas nicht nur deswegen, weil es sinnvoll ist, sondern eine Orientierung zu haben - beispielsweise ist die Festlegung auf "1" und "0" in der binären Sprache reine willkür, aber eben zweckdienlich - es hätte auch "a" und "b" sein können. Aber ich denke schon, dass die Definition von Leistung, die ich präsentiert habe, relativ intersubjektiv ist: Arbeit/Zeit in den genannten Sachen. Leistung ist also nicht philosophisch, sondern naturwissenschaftlich definiert - es ist noch nichtmal meine! Übrigens muss Leistung auch nicht sinnvoll sein - das ist nicht zwingend. Aber Leistungslosigkeit ist definitiv sinnlos.
Dr Fraggles hat geschrieben: Es geht doch letztlich nicht um ein Entweder-Oder, sondern darum, dass die jeweiligen Kompetenzen sich ergänzen. Aus meiner Sicht fehlt Wissenschaftlern oftmals z.B. ein Sensorium für Kategorienfehler (was aber auch bei Philosophen anzutreffen ist: D. Dennett als prominentes Beispiel).

Netter Satz, wäre schon fast ein schöner Schlusssatz - auch wenn ich nicht unbedingt an diese Kategoriefehler glaube.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon ujmp » Sa 4. Jan 2014, 23:54

fopa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist doch so: "Farbe" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. "Wellenlänge" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. Wo ist der Unterschied? Es gibt keinen, jedenfalls keinen qualitativen.
Doch. Der Unterschied besteht darin, dass Farbe etwas ist, was vom Betrachtenden abhängt.

Kurz gesagt: Alles was der Mensch von der Realität weiß, weiß er gleichermaßen durch die Einwirkung der Realität auf sich. Jede Vorstellung von der Realität hängt daher gleichermaßen vom Betrachtenden ab. Die Realität selbst natürlich nicht. ;-)
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Dr Fraggles » So 5. Jan 2014, 02:06

@Darth Nefarius:
Ein Beispiel einer philosophischen Interpretation ist die Gleichsetzung mentaler Phänomene mit materiellen Zuständen (zumindest solange wie man den Materiebegriff nicht revidiert). Oder auch die Interpretation von Korrelationen (Mentales in der Materie finden bzw. verorten wie du sagst). Es ist einfach erstaunlich wie du alle Begriffe auf deine Sichtweise zurecht gestutzt hast (Materie, materiell, empirisch, verorten, metaphysisch, Definition, Etikettierung, in Kontext stellen). Als Beispiel Metaphysik: Jede Aussage die Welt als Ganzes (hier genügt auch: der Gesamtheit der uns bekannten Welt) betreffend kann als metaphysisch bezeichnet werden. Da du dies tust, aber nicht als metaphysisch erscheinen willst, engst du den Begriff so ein, dass er diesem Anspruch genügt: alles was jenseits des von den Naturwissenschaften definierten Materiebegriffs angesiedelt wird, gilt als metaphysisch und kann so diffamiert werden. Dumm nur dass du um deinen Begriff von Metaphysik formulieren zu können dich selber auf Metaphysik beziehen musst.
Ich komme jetzt gleich zum zentralen Punkt unserer Differenz: Im Grunde ist es saukomisch, dass ausgerechnet du als Empiriker deine Argumentation vor allem mit philosophischen Mitteln führst. Deine ganze Position hängt von deinen Definitionen ab, die auf dein Credo hin definiert werden. Wie du selber eingestehst werden wissenschaftliche Definitionen zuweilen auch anhand ihrer Orientierungsfunktion gewählt (also so etwas wie regulative, der Heuristik dienende Definitionen). Dass die naturwissenschaftliche Definition von Materie logischer Weise dazu führe das Mentale als Eigenschaft derselben zu beschreiben, ist wohl der expliziteste Ausdruck dieses absurden Verfahrens. Was ich als ganz spezifische "Entitäten" mit ganz spezifischen Eigenschaften begreife (Mentales), betrachtest du letztlich als (willkürliche) Ettiketierungen. Hier benutzt du ein in der Regel der Philosophie zugeschriebenes Geschäft (Begriffsbestimmung) aber unter Vernachlässigung jeglicher Empirie, d.h. ohne Rücksichtnahme auf deren Evidenzen (sprich: mit materiellen Eigenschaften völlig inkompatible Eigenschaften wie Qualia etc.). Du verfährst wie ein grottenschlechter Zwitter aus Philosoph und Wissenschaftler. Dein als Prämisse verwendetes Credo lautet: Mentales ist nichts als ein Zustand der Materie (wie ihn die Naturwissenschaften verstehen). Dann legst du dir deine Definitionen zurecht und kommst zum überraschenden Schluss: Materie ist nichts als ein Zustand der Materie (wie...). Ohne diesen Zirkel fehlten dir die empirischen, aber auch argumentativen Gründe um deine Aussage wirklich evident erscheinen zu lassen.
Und weil du so verfährst und dies als korrekt einstufst (also nicht als Vergewaltigung eines Aspekts der "Empirie" durch einen anderen) ich hingegen als faulen verbalen Zauber werden wir bestenfalls einen Konsens im Dissens erreichen.
Alles weitere würde auf Umwegen jedesmal bei dieser Frage enden. So wenn du schreibst, dass du nur als materiell existierst...ich werde das jetzt nicht Ausbuchstabieren, ich würde obiges nur wiederholen müssen. Insofern können wir unsere Diskussion auch beenden: unsere Prämissen sind gegenteilige: "Contra principia negantem non est disputandum". Willst du mich überzeugen, musst du mir klar machen warum die qualitativ gänzlich verschiedenen mentalen Eigenschaften (z.B. Qualia) als Zustände von materiellen Entitäten aufgefasst werden können. Ich kann nirgends auch nur ein überzeugendes Argument von dir finden, eben weil sich deine Argumente entweder aus verbalen Tricksereien oder aber längst widerlegten Reduktionsversuchen (Mentales ist identisch mit Verhalten etc; Lesetipp: A. Beckermann "Einführung in die Philosophie des Geistes") bestehen.
Wenn du schreibst dass du Mentales lediglich in den Kontext der drei Naturwissenschaften stellst, dann bist ebenfalls dabei den Verstand durch die Sprache zu verhexen. Du stellst es nicht in einen Kontext sondern subsummierst es unter diese drei Wissenschaften und deren Verständnis von Materie...das Mentale löst sich auf, es verbleibt nur der Kontext, der somit kein Kontext mehr ist, sondern das Absolute. In den Kontext stellen hiesse primär Korrelate feststellen ohne darüber hinauseifernde Reduktionen vorzunehmen.
Dasselbe Spiel wenn du sagst, dass du mich zumindest teilweise kennst: hier allerdings verbindest du beide Strategien (Definitionswillkür und misslingende reduktive Erklärung): Du machst dir ein Bild von meinem Zustand vermittelt durch einen Analogieschluss welcher sich auf das an mir empirisch Beobachtbare stützt. Hier gebrauchst du die Begriffe "empirisch" und "kennen"sowohl für die 3. wie für die 1. Person Perspektive und vernebelst so die massgebliche Differenz. Du setzt beobachtbares Verhalten und Mentales gleich (=missglückter Reduktionsversuch, ebenso wenn der Biologe ein intelligentes System mit dessen Verhalten identifiziert).
Du meintest, dass Materie nur unter dem Gegeben sein von Raum und Materie erfassbar sei (davon abgesehen, dass ich diese Formulierung als gänzlich falsch erachte, da Masse erst den Raum und die Zeit konstituiert). Diese Ansicht würde, ihre Richtigkeit vorausgesetzt (und für diese Anwendung ist sie richtig genug), bei Ernst nehmen der mentalen Phänomene tatsächlich auf deren Immaterialität schliessen lassen (da Mentales keine Raumeigenschaft besitzt, es sei denn man "verortet" sie in doppelsinniger Weise im Hirn).
Dass du nicht an Kategorienfehler glaubst, ist erstaunlich: der empirische Wissenschaftler negiert deren Zeugenschaft, und doch wieder nicht: Kategorien sind für dich Etikettierungen...willkürlich verwendbar: "De gustibus non est disputandum" (dies letztere als Vorschlag es beim Konsens im Dissens zu belassen...denn unsere Positionen haben wir hinlänglich dargelegt und konnten das Gegenüber nicht überzeugen...und dass du noch ein Ass im Ärmel hast, wage ich zu bezweifeln).
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Dr Fraggles » So 5. Jan 2014, 03:54

ujmp hat geschrieben:
fopa hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist doch so: "Farbe" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. "Wellenlänge" ist eine Vorstellung mit irgendeiner äußeren Ursache. Wo ist der Unterschied? Es gibt keinen, jedenfalls keinen qualitativen.
Doch. Der Unterschied besteht darin, dass Farbe etwas ist, was vom Betrachtenden abhängt.

Kurz gesagt: Alles was der Mensch von der Realität weiß, weiß er gleichermaßen durch die Einwirkung der Realität auf sich. Jede Vorstellung von der Realität hängt daher gleichermaßen vom Betrachtenden ab. Die Realität selbst natürlich nicht. ;-)


Die Differenzen wären folgende: a) objektives an sich seiendes Geschehen in der Welt/ im Hirn (so denn eine solche vorliegt), b) deren mentale Repräsentation (im Sinne einer Widerspiegelungstheorie) und c) deren mentale Repräsentation (mit "sekundären Eigenschaften").
a) ist von anderer Seinsweise als b) und c). b) und c) sind von gleicher Seinsweise und insofern qualitativ gleich, hinsichtlich ihrer Abbildqualität aber unterschiedlich. :^^:
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