Wozu dient der Gottesbegriff?

Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon fopa » Di 7. Jan 2014, 17:25

Dr Fraggles hat geschrieben:Du suggerierst auch ein falsches Dilemma: entweder ist alles physikalisch oder aber es existiert noch etwas anderes (Mentales). Da gibt es aber wesentlich mehr Denkoptionen (die Existenz des Mentalen erzwingt zumindest eine Ausweitung des gängigen Materiebegriffs...).
Sicher gibt es mehr denkbare Optionen, wahrscheinlich unendlich viele. Aber wie viele davon sind plausibel und können mit empirischen Beobachtungen in Einklang gebracht werden?

Dr Fraggles hat geschrieben:Bitte um Erklärung inwiefern Mentales mit Kategorien der Materie beschreiben werden kann.
Das kommt ganz auf die ontologische Vorstellung an, die man von Gedanken, Gefühlen oder (etwas esoterischer ausgedrückt) dem Mentalen hat. Ich habe eine materialistische Vorstellung und bin davon überzeugt, dass diese "Phänomene" nichts anderes sind als besonders und höchst komplex angeordnete, miteinander interagierende Materie (also Physikalisches) sind. Ob sich solche Muster konkret (z.B. mathematisch) beschreiben lassen, ist eine andere Frage. Da könnte einem beispielsweise die Heisenbergsche Unschärferelation einen Strich durch die Rechnung machen. Für diese materialistische Sichtweise spricht, dass sie auf sparsame Weise, also ohne unnötige zusätzliche Annahmen, in der Lage ist, die beobachteten Phänomene prinzipiell zu erklären.
Ist man allerdings von vornherein der Ansicht, dass Gedanken (das Mentale) per se nicht vollständig auf materieller Ebene existieren (oder vollständig und identisch darauf abgebildet sind), befindet man sich in einer Erklärungspflicht: woher nimmt man diese Gewissheit bzw. was veranlasst einen zu dieser Annahme? Gibt es irgendwelche Beobachtungen, die eine rein materialistische Erklärung für das Mentale unmöglich erscheinen lassen?

Dr Fraggles hat geschrieben:Es gibt ein Gedankenexperiment "Was Mary nicht wissen kann" (wohl den meisten bekannt). Der Haken daran: selbst ohne Annahme von Farbwahrnehmung kann sie nicht alles Wissen (das Gedankenexperiment suggeriert, dass nicht-farbliche Wahrnehmung, also schwarz-weiss neurowissenschaftlich-physikalistisch erklärt, verstanden werden kann).
Ich kannte dieses Gedankenexperiment noch nicht, habe es aber eben auf Wikipedia überflogen. (Danke für den Input. :wink:)
Dazu ist zu sagen, dass die suggestive Falle dieses Experiments ziemlich durchschaubar ist:
wikipedia hat geschrieben:Folgerungen
Sollte Mary etwas Neues lernen, wenn sie ihre erste Farbwahrnehmung hat, so hat dies zwei wichtige Folgerungen: Die Existenz von phänomenalen (geistig erlebten), qualitativen Eigenschaften, Aspekten oder Bewusstseinsgehalten, die man nur erleben kann, sogenannte Qualia. Da Qualia so eng mit geistigem Erleben zusammenhängen und gerade nicht auf physikalische Erklärungen reduzierbar sind (sonst würde Marys optische Spezialisierung ausreichen, um Farben „wirklich zu kennen“), ist dies außerdem ein Argument für die Existenz von Mentalem (genauer für Wissen von mentalen Fakten) und damit gegen den Physikalismus (das manchmal sog. Wissensargument).
Natürlich ist der Mensch als Teil der Evolution kein reines Vernunftwesen. Es ist subjektiv etwas vollkommen anderes, etwas zu wissen und etwas zu erleben. Das ist aber kein Argument gegen eine physikalistische Sichtweise, denn der Vorgang des Wissen-Lernens ist physikalisch gesehen ja ein anderer als der des Erlebens. Nicht nur die Umgebungsbedingungen sind andere (beispielsweise Bibliothek ggü. freier Natur), sondern auch die körperinneren Prozesse und damit der Zustand des Körpers (Hormonhaushalt etc.). Insofern hat das Erleben zwar objektiv wie subjektiv eine andere "Qualität" - es bleibt aber weiterhin ein physikalischer Vorgang. Zumindest scheinen mir darüber hinaus gehende Annahmen überflüssig.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Di 7. Jan 2014, 18:12

fopa hat geschrieben:Unsere Sicht auf die Welt und unsere Wahrnehmung hängen, wie du sagst, von unseren Wahrnehmungsfähigkeiten und von unserer Kultur (Sprache) ab. (Nicht zu vergessen genetische Verschiedenheit.)
Das ist aber alles kein Hinweis darauf, dass es etwas "Nicht-Physikalisches" oder (immaterielles) "Mentales" geben könnte.

Kommt halt drauf an, was man als Mentales bezeichnet. Mentales als Denkvermögen kann man schlecht bezweifeln, als ontologisch unabhängiges Reich kann man ers sehr wohl bezweifeln. Eine erkenntnistheoretischen Abtrennung macht Sinn, sofern man nicht nachher meint, es handle sich um eine ontologische Trennung.

fopa hat geschrieben:Ich kann aus meiner eigenen Studienzeit berichten, in der ich einen Mathematik-Dozenten hatte, der sehr auf strukturelles Verständnis und korrektes mathematisches Handwerkszeug bedacht war. Mathematisches Denken ist - so meine persönlich, innere Erfahrung und die Resonanz der Kommilitonen - nicht rein rational und nicht rein intuitiv. Und ich würde sogar sagen, es ist auch nicht irgendeine Mischung aus beidem. Mathematisches Verständnis geht in Teilen einen eigenen Weg. Beispiel: einen unendlich-dimensionalen Raum (dessen eindimensionale Unterräume natürlich auch unendlich sind) kann man weder rational noch intuitiv erfassen. Man kann mittels mathematischer Werkzeuge (die ja letztlich auf logischen Regeln basieren) damit arbeiten. Aber es kommt noch mehr dazu - eine Art Verstehen, die ich nicht wirklich beschreiben kann.
Dass das menschliche Gehirn zu Derartigem in der Lage ist, finde ich bemerkenswert, denn von einen evolutionären Nutzen kann ich mir darin nicht vorstellen.
Ja, zumal mathematischen Formeln von Kennern gerne als „schön“ bezeichnet werden.
Ich glaube, dass die allgemeine Kategorie des evolutionären Nutzens ohnehin nur sehr bedingt stimmt. Nutzen ist eine Kategorie, die wir verstehen, anhand derer wir uns Welt erklären können, sie muss „die Natur“ nicht jucken.

Nichtsdestotrotz sind auch solche Fähigkeiten an die angesprochenen Voraussetzungen gebunden: "Kapazität" des Gehirns, genetische Voraussetzungen, Prägung durch Kultur und Sprache - letztlich alles materielle Dinge oder Prozesse.

fopa hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Randbemerkung 1: Gerade bei logisch-mathematischen Beziehungen stellt sich aber die Frage, nach dem Zusammenhang von empirischer Welt und ihrer logisch-mathematischen Struktur.
Die kritische Frage nach der Möglichkeit, die empirische (also uns zugängliche) Welt mit logisch-mathematischen Mitteln ausreichend, und damit vollständig, beschreiben zu können, ist legitim. Dem ist aber zu entgegnen, dass sich die mathematische Beschreibung nicht nur bei sämtlichen empirischen Beobachtungen bewährt hat, sondern darüber hinaus Vorhersagen getroffen werden konnten, die erst im Nachhinein beobachtet wurden. (Wieder als recht aktuelles Beispiel das Higgs-Boson.)
Eben nicht, so weil ich weiß. Es gibt eher ein Überangebot an mathematisch möglichen Welten, gegenüber dem empirisch Vorhandenen. Die Viele-Welten-Theorien sind ja eher der etwas hilflose Versuch dem gerecht zu werden.

fopa hat geschrieben:Nichtsdestotrotz spricht nichts gegen die Annahme, dass Gedanken nichts anderes als physikalische Muster (räumlich und zeitlich variabel) sind. Und diese Annahme ist derzeit einfach mit Abstand die plausibelste.
Mag schon irgendwie sein, nur kommt man damit nicht wirklich weiter, schon allein weil nicht klar ist, ob man von der physikalischen Eben aus mehr verstehen würde, als man heute versteht, was also eine hin und her Übersetzerei überhaupt bringt.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 11. Jan 2014, 14:42

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ja, da es auch unter Individuen Gemeinsamkeiten gibt - das zeigt die Biologie und die - :kotz: - Soziologie. Folglich sind übergreifende Zielsetzungen feststellbar: Gesundes Leben, Erfolg, Wohlstand, Glück....
Ob das Zielsetzungen in einem mehr als statistischen Sinn sind, müsste man erst nachweisen. Beispiel: facebook.

Kannst du das erläutern? Meinst du, dass jede übergreifende Zielsetzung nur Ergebnis des Gruppenzwanges ist? Facebook gibt es - tut mir ja Leid für dich - nicht so lange, wie es den Menschen oder die Evolution gibt. Übergeordnete Triebe und die Wissenschaften (ja, sogar deine geliebte Psychologie) zeigen, dass Menschen nunmal im Großen viele Gemeinsamkeiten haben - diese sind oft genetisch determiniert. Du kannst nicht einfach ignorieren, dass die meisten Menschen z.Bsp. lieber essen als zu hungern, lieber leben als sterben, lieber reich als arm sind - soll das alles deiner Meinung nach nur Ergebnis kultureller Gruppendynamiken sein? Wieso ist dies dann so übergreifend und auch bei Spezies ohne nennenswerte Gruppendynamik feststellbar? Jedes Tier, welches sich so verhält wie ein anderes bricht deinem löächerlichen Zweifel an der Berechenbarkeit des Menschen das Genick.
Vollbreit hat geschrieben:Das sehe ich auch so, dass es bestimmte Muster und Häufungen gibt.
Das ist für Statistiker und Marktforscher sicher interessant, dass sich daraus allein etwas ableiten lässt, will mir weiterhin nicht einleuchten.

Es lässt sich auch aus dem Nichts irgendetwas ableiten - je mehr Informationen vorhanden sind, desto zuverlässiger ist die Antizipation. Manchmal sind nur statistische Informationen vorhanden - die können aber (je ausgeprägter sie sind) auch sehr nützlich und zutreffend sein. Geheimdienste hätten andernfalls auch kein so großes Interesse massenhaft Daten zu sammeln (ebensowenig wie Privatunternehmen). Während du also über die Berechtigung philosophierst, eine Information als "ausreichend" einzustufen, tun es andere einfach und haben großen Erfolg damit. Diese Fragestellung wird nämlich immer ins Leere laufen, da man NIE alle Informationen besitzen wird - ein Spielraum für Unwägbarkeiten ist immer gegeben. Und auch in den Naturwissenschaften ist nicht immer das detaillierteste Verfahren das beste, sondern das, welches der Situation und den Ansprüchen gerecht wird: Hat man viel Zeit und Geld oder nicht? Rechtfertigt der Aufwand den potentiellen Nutzen? Wenn ich über Verhaltensweisen oder Menschen über verhaltensbiologische und andere Informationen antizipiere, gibt mir nur eine Sache am meisten Recht: der Erfolg/die Trefferquote. Ich habe gar nicht die Absicht, jedem Individuum gerecht zu werden, sondern werde nur soviel Energie investieren, jemanden zu verstehen oder korrekt einzuschätzen, wie es sich lohnt. Es ist einfach weltfremd zu meinen, man hätte nie gewisse Vorurteile im Kopf. Wie gesagt, besteht die Kunst darin, sie auch beiseite zu stellen, wenn sich die Möglichkeit anbietet, validere Informationen zu erhalten - aber auch nur, wenn es nützlich ist.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und? Egoismus ist eine amoralische Kategorie: Es wird beschrieben, was die Motivation ist, was den Willen ausmacht (und nicht das Sollen).

Keinesfalls, schon gar nicht in der Weise, wie Du damit umgehst, nämlich Deinen Stolz daraus abzuleiten, dass Du den uns biologisch eingeimpften Modus verstehst und lebst und daraus ein konstantes Überlegenheitsgefühl ableitest. Dieses: „Ich bin besser“ ist nicht wertend?

Mein Stolz ist meine persönliche Sache und ich habe niemandem gesagt, dass er dann auch stolz sein kann/darf/soll. Ich habe meine persönliche Arroganz gegenüber Dümmeren nicht zum Bestandteil meiner Argumentation gemacht - sie stellt auch keinen dar und ist völlig irrelevant. Auch wenn ich mich als besser als andere sehe, tue ich das nicht nur aus diesem Grund, sondern aus vielen und immer konkret: Ich weiß mehr über Biologie, ich bin intelligenter, zielstrebiger, pünktlicher..... das sind meist beobachtbare Fakten und keine abstrakten philosophisch-moralischen Kategorisierungen. Analogie: 10 m sind kürzer als 20 m - aber wer hat was von besser gesagt? Wenn ich mich deswegen als besser betrachte, liegt es daran, dass ich einen Nutzen daraus ziehen kann und andere nicht. Irgendwelche sozialdarwinistischen Hirngespinste daraus abzuleiten, dass man meint, man hätte deswegen irgendwelche Legitimation unterlegenes zu beseitigen oder zu unterwerfen, sehe ich nicht - ich sehe wenn überhaupt nur Optionen, Chancen. Die politische Legitimation eines demokratisch gewählten Anführers mag noch so hoch sein - wenn er ein schwacher Regent ist, wird er durch einen Putsch gestürzt. Moralische Legitimationen oder solche per Gesetz sind nur Illusionen - wenn jemand sich als moralisch höherwertig betrachtet, ist es auch nur eine Illusion. Aber subjektive, spezifische Werte wie z.Bsp. Geld oder Maßeinheiten sind Maßstäbe, sie führen nicht zwingend zu einem Überlegenheitsgefühl - und wenn es doch da ist, ist es eine subjektive Einschätzung. Dein Einwand wäre berechtigt, wenn ich irgendwelche Machtansprüche aus meinen Positionen oder Fähigkeiten ableiten würde - tue ich aber nicht. Ansprüche sind nichts weiter als Ansprüche - es kommt nur darauf an, wer tatsächlich Macht oder Wissen hat und wer nicht.
Vollbreit hat geschrieben:Denselben Fehler findet man bei den Hirnforscherfreunden, die aus der Erkenntnis, dass sie nicht existieren, ein Überlegenheitsgefühl ableiten, was irgendwie nicht ohne Komik ist. Wer ist denn da überlegen? Der, der von sich behauptet, dass es ihn nicht gibt?

? Habe noch nie gehört, dass ein Hirnforscher behauptet, er sei nicht existent. :irre: Wenn überhaupt, wollen sie nicht pauschal "Hirnforscher" genannt werden, wenn sie sich entweder nur mit der elektromagnetischen Dynamik oder mit Neurotransmittern oder doch nur mit Persönlichkeitsmerkmalen beschäftigen. Ich will auch nicht "Chemiker" oder "Biologe" oder sonstwas genannt werden - es muss schon richtig sein und zutreffend genug. Verfälschungen dieser Art aufgrund von Verkürzungen führen immer zu seltsamen Missverständnissen - aus meiner biologischen Sichtweise habe ich mal den menschlichen Paartanz als Gegenstück zum Balzverhalten von Tieren bezeichnet - eine Mitschülerin hat mich daraufhin gefragt, ob ich Tanz wirklich als Vorspiel bezeichne - :ka:
Vollbreit hat geschrieben:Daraus ergibt sich die Frage, wie das zu gewichten ist. Man kann den Mainstream nicht folgenlos ignorieren, weil man dann als Sonderling oder Spinner dasteht. Manchen macht das mehr aus, anderen weniger. Man kann aber auch nicht nur mit dem Strom schwimmen, weil man dann langweilig wird und obendrein die Selbstachtung zu verlieren droht.

Das ist eine andere Fragestellung, die sich nicht zwingend aus meinem Kommentar ergibt - das Missverständnis deinerseits ist aufgedeckt und braucht nicht durch eine weitere - dem Thema nicht entspringende Frage - kaschiert zu werden. Wenn dich das wirklich interessiert, kannst du ein eigenes Thema dazu eröffnen - wenn es nur eine Diskussionsstrategie ist, werde ich mich nicht daran beteiligen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Kein Dauerfehler - nach deren Besuch haben wir diesen Eindruck mit unserem Dozenten diskutiert und er erklärte (mit seiner Erfahrung, die unsere übersteigt, was Ärzte betrifft, da er selbst einer war), dass sie zu den taktvollsten Ärzten gehöre und unseren Eindruck überhaupt nicht teile.
Der Verweis auf Autoritäten ist in der Weise auch unzulässig, wenn diese ihrerseits einen Fehlschluss begehen, erst recht.

Wieso Verweis auf Autoritäten? Ich habe nicht gesagt, dass seine Aussage gewichtig ist, weil er mein Dozent war oder Arzt ist, sondern weil er die Erfahrung mitbrachte und auch kein Motiv hat, falsch über seinesgleichen auszusagen! Ich habe diesen Standpunkt, weil es mir zudem plausibel erscheint, dass jemand eine Distanz zu seinen Patienten herstellt, um emotionale, empathische Lasten zu minimieren. Folglich nehme ich an, dass die meisten Ärzte ausblenden, dass ein Mensch da liegt/sitzt und nicht nur ein Patient, damit die Arbeit und Behandlung nicht beeinflusst wird und sachlich bleibt. Es ist schlichtweg logisch und wahrscheinlich dies anzunehmen - es ist bestätigt durch Beobachtung also habe ich dieses "Vorurteil". Es bedeutet nicht, dass ich darauf beharre, sondern ist einfach ein gängiges Verfahren in den Naturwissenschaften: Theorie aufstellen, beobachten, Ergebnisse diskutieren. Der Einzelfall kann immer abweichen, kommt vor, wird eingeräumt, ist aber irrelevant, wenn man generell ausgefragt wird - oder fängst du etwa auch gleich die kosmopolit-Gutmenschennummer an, wenn man dich generell über eine Gruppe fragt, dass "das individuell bestimmt werden muss". Wach auf, Individuen innerhalb von Gruppen weisen aus unterschiedlichen Gründen Gemeinsamkeiten auf - das ist ein Bestandteil der Gruppendynamik.
Vollbreit hat geschrieben:Dafür ist die Logik hervorragend geeignet, sie fragt nicht wer es gesagt hat, sondern was gesagt wurde und untersucht die Folgerichtigkeit der Aussagen.

Die Logik ist auch nützlich, um zu erwägen, ob jemand - besonders Menschen - spezielle Motive oder Fähigkeiten mitbringen. Vor Gericht spielt es eine große Rolle, ob jemand zurechnungsfähig ist und ob er ein Motiv hat, um falsch auszusagen. Meinetwegen kann es philologisch und philosophisch gesehen "falsch" formuliert sein, von "den Ärzten" zu sprechen - im Alltag betrachtet man das als Animosität von Gutmenschen und jeder hat sein Bild von verschiedenen Gruppen - die Frage ist, wie berechtigt es ist. Alles auch logische Vorgehensweisen und Erwägungen.
Vollbreit hat geschrieben:Ein angehender Wissenschaftler, dem der Sinn von Erkenntnis nicht einfallen will?

Ich bin auch kein angehender "Erkenntnis-schaftler" - für mich gibt es keinen Sinn und Erkenntnis ist eine subjektive Angelegenheit - Fakten (aus wissenschaftlichem Standpunkt) sind existent und objektiv. Im übrigen ist die Frage, wie man Wissenschaft definiert, auch wichtig für mich, um den Status der Geisteswissenschaftler anzuzweifeln.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, und der Patient sagt:" Und warum sollte mich ihre Aufforderung überzeugen, wenn sie es selbst nicht können oder wissen, wie es ist aufzuhören?
Damit bist Du bei der philosophisch interessanten Qualia-Frage gelandet und ein Qualia-Befürworter, auch wenn Du Dich zugehörigkeitstechnisch wohl eher im anderen Lager sehen wirst (falls Dir Qualia was sagt). Du schreibst nämlich dem „(wissen?), wie es ist“ einen eigenen Wert zu, so grob gesagt: Wer diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat, der weiß im Grunde nicht, wovon er redet, auch dann, wenn er darüber gelesen hat.

Falsch, ich frage, worin die Berechtigung bstehen soll! Genauso wie ich nach Rechten und ihrer Legitimation frage - dies sind aber rhetorische Fragen, um zu zeigen, dass es keine Legitimation gibt. Ein rauchender Arzt hat keine Legitimation, mich aufzufordern, mit dem Rauchen aufzuhören - ein Nicht-rauchender/Ex-Raucher technisch gesehen auch nicht, aber sein persönlicher Hintergrund würden zumindest vermuten lassen, dass seine Aufforderung eine empathische Ebene hat und keine distanzierte. Die Empathie und die Lage des auffordernden Subjektes spielen eine Rolle, keine "subjektive Erlebniswelt" - ein furschbarer Begriff,völlig überflüssig und nutzlos. Mich würde also als Patient nicht interessieren, wie er das Rauchen oder Nicht-rauchen erlebt, sondern dass er sich teilweise in meine Lage versetzen kann - gerade WEIL Individuen innerhalb von Gruppen Gemeinsamkeiten aufweisen. Es geht hierbei um die Einschätzung des Erfolgs bei einem Vorhaben: Kann dein Chef einschätzen, ob du ein Mittel gegen Krebs in einer Woche finden kannst, wenn er kein Wissenschaftler ist, dich aber dazu auffordert? Kann er dir Tipps zum Erreichen deines Ziels geben? Nein, in diesen Situationen interessiert niemanden die Qualia, sondern die Kompetenz, die eine intersubjektive Angelegenheit ist.
Vollbreit hat geschrieben:Das führt aber zu interessanten Konflikten, denn inwieweit kann man vom männlichen Chefarzt der Gynäkologie, der schon 1.000 Geburten begleitet hat, sagen, er habe keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu gebären? Und welchen Stellenwert hat dieses „wie es ist“-Erleben? Ist das ein Wissen oder einfach eine Erfahrung?

Ganz recht, er hat ja auch keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu gebären und ist deswegen bei der Frage, ob es beispielsweise sehr schmerzhaft ist, inkompetent - bei der Frage, ob er hilfreich sein kann, ist er jedoch aufgrund seiner Erfahrung und seinem Wissen kompetent. Kommt immer Auf den Bereich an. Ich weiß z.Bsp. welche Substanzen bei bestimmten Krebsarten zur Therapie eingesetzt werden - wie die Therapie sich anfühlt, kann ich nicht sagen und werde mich deswegen hüten, jemandem auch Hoffnungen zu machen oder ihn zu beruhigen.
Der Stellenwert des "wie es ist"-erleben ist kontextabhängig. Wenn man einen rauchenden Arzt fragen will, was alles bei Lungenkrebs passiert, ist es eine Sache und er besitzt praktische Erfahrung durch sizierte Organe und Wissen - deswegen ist er geeignet, Lungenkrebs zu therapieren. Er ist jedoch nicht geeignet, jemanden aufzufordern, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn er selbst raucht und es nicht lassen kann. Wie speziell sind die Fragen? Was ist die Problematik? Wenn wir Beratung suchen, dann erwarten wir Kompetenz - deswegen werden Jugendliche beim Thema "Drogen" in der Schule zu irgendwelchen Entzugskliniken geschleift. Ich persönlich fand es witzig, diese menschlichen Kartoffeln zu betrachten, die sich ihr Nervensystem so zerstört haben, dass sie nichtmal wissen, wann sie geboren wurden.
Vollbreit hat geschrieben:Erst mal ist rein technisch das Normative der Oberbegriff zu Ethik und Moral. Etwas schön zu finden, ist ein normatives Urteil, was einfach wertend bedeutet.

Eine Bewertung bleibt immer etwas subjektives und es ist keine logische Schlussfolgerung, dass man daraus allgemeine Regeln herleitet. Beispiel: Ich mag Oliven - ich leite aber daraus nicht ab, dass alle Oliven mögen sollen - es besteht kein logischer Zusammenhang zwischen einer subjektiven Wertung und einer Aufforderung. Mir stellt sich die Frage (unabhängig von sprachlicher Zuordnung), wo der Zusammenhang sein soll zwischen subjektiver Wertung und Moral und Ethik - ich lasse mich nicht damit abspeisen, dass es eine gängige Kategorisierung ist. Vielleicht könnte sie einfach hinterfragt werden, wenn sie unlogisch ist - was ich auch tue. Das verbindende Element ist hierbei der Begriff "Wert" - jedoch habe ich dir bereits oben Beispiele von "Werten" genannt, die sich jeder moralisch-ethischen Klassifizierung entziehen. 50 kg sind weniger als 100 kg - Maßeinheiten bestimmen in gewisser Weise einen "Wert", sind jedoch nicht normativ sondern deskriptiv. Oder nochmal Geld: Wenn einer findet, dass etwas 10 € wert ist und nicht 5 € ist es eine subjektive Einschätzung, die sich einer ethisch-moralischen Ebene entzieht.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 11. Jan 2014, 14:44

Vollbreit hat geschrieben:Gewöhnlich meint man, dass Normatives irgendwie eher „schwammigen“ Disziplinen zuzuordnen ist, während sich die Naturwissenschaft an Fakten orientieren, doch einige Strömungen in der Philosophie sehen das anders

Ist es auch, da das einzige, was berechtigt Betrachtung findet auch nur die subjektive Bewertung ist - eine allgemeine Gesetzesmäßigkeit des Handelns lässt sich daraus nicht ableiten. Dass Philosophen meinen, dass ein Teilbereich der Philosophie nicht schwammig ist, ist naturgegeben und hat keine Relevanz - ich könnte jetzt auch wie du meinen, es wäre ein Autoritätsargument und ein Formfehler. Aus Einfluss ergibt sich übrigens so wenig Recht wie umgekehrt - beides hat einfach keinen Zusammenhang.
Vollbreit hat geschrieben:Wie immer weiß keiner, worauf das Spiel hinausläuft, Fakt ist, dass der Naturalismus zum ersten Mal massiver unter Beschuss steht und zwar nicht nur aus den klassischen Bereichen wie der Religion, sondern es gibt einfach Skepsis aus vielen Ecken, der Naturalismus muss sich erklären.
Das ist auf jeden Fall eine Bereicherung und stößt die Tür zu neuen Horizonten auf.

Nein, das stößt viele Türen zur Bereicherung des Horizontes zu - jede Kritik an diesem Vorgehen ist erstmal nicht schändlich und völlig legitim, aber meist bleibt es nicht dabei und erwächst ohnehin aus Unwissen, Unverständnis und Angst - die Angst vor der Gentechnik und die teilweise lächerlichen Regelungen in Deutschland erwachsen nicht aus einem philosphischen Standpunkt, sondern aus Angst - ich kenne keine relevante Diskussion, keinen Konflikt, der so beschaffen ist, wie du ihn zeichnest.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und wieso? Wenn ich mich frage, wieso xyz Krebs bekommt, ist das etwa auch normativ?
Nein, Krebs ist aber auch keine Einstellung die man hat.

Eine Einstellung ist wie Krebs nur ein materieller Zustand.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich mich frage, ob abc vielleicht auch schon den letzten Kinofilm gesehen hat, ist das auch normativ?
Nein, das ist eine reine Wissensfrage. Wenn Du meinst, das jemandem dieser Film bestimmt gefällt, ist das normativ. Wenn Du fragst, warum jemand dieses Buch gut findet und seine Motive (Einstellung) verstehen willst, ist das normativ.

Klar, weil ich nach einer subjektiven Wertung frage, aber - wie gesagt - sehe ich keinen Kontext zur Ethik und Moral in diesen Fragen. Abgesehen davon erkenne ich immer noch nicht die logische Begründung für diese Kategorisierung - ich streite ja nicht darüber, dass Wertung manchmal als normativ eingestuft wird, ich sehe nur nicht ein, warum das so ist (abgesehen von Wertungen wie "gut" oder "böse", wobei ich diese Wertungen völlig ablehne).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, und solche habe ich nicht - kann auch sein, dass ich trotzdem vor einem rauchenden Arzt Respekt haben kann, weil er mich auf andere Weise beeindruckt. Ich kann auch vor einem Grün/Linke-Wähler Respekt haben (wie öfters erzählt, real aus meinem Freundeskreis sogar).
Du erzählst doch immer von Dein Prinzipien. Egoist sein, weil das persönliche Vorteile bringt und obendrein der Welt nützt.

Nein, ich sage:"Ich bin Egoist, das ist nützlich, für mich und andere" - siehst du da eine kausale Begründung? Nein, weil mein Egoismus ein Zustand ist wie Menschsein - ich habe ihn mir nicht ausgesucht, erkenne aber die Wirkungen und kann sie als "nützlich" einstufen. Meinst du, dass Naturalisten keine Berechtigung haben, etwas als "nützlich" einzustufen, weil das die Anhänger des Normativisten schon sprachlich vereinnahmt haben? Beruht auf diesen sprachlichen Kategorisierung etwa die ganze Kritik dieses Haufens? :lachtot: Die Legitimation der Moralisten, Wertung für sich zu beanspruchen ist genauso groß wie die der Kirche damals, die Erklärung der Welt für sich zu beanspruchen - nicht vorhanden.
Vollbreit hat geschrieben:Ja, und das ist auch völlig in Ordnung, wenn man die biologischen Wurzeln unseres Verhaltens ergründen will. Das ist gute und intertessante Biologie. Es kippt in den Biologismus, in dem Moment, wo man behauptet, das einzig Relevante am menschlichen Verhalten sei unser biologisches Erbe.
Dass der Mensch ein Zwitter ist, aus natürlichem Erbe, das aber natürlich kulturell überarbeitet und mitunter völlig verzerrt läuft – selbst der grundlegende Überlebenstrieb ist davor nicht sicher – zeigt, dass der Mensch die „reine Natur“ (ohnehin ein schillernder, kultureller Begriff) überragt, sie aber doch nie ganz verlassen kann.

Fällt alles unter Derivatisierung - ein verstümmelter Trieb wird nicht unnatürlich, wenn er aufhört, der gesunden Norm zu entsprechen. Krankheit ist erstmal auch natürlich, nur eben nicht unbedingt nützlich. Es ist natürlich interessant zu fragen, wie die Gesellschaft mit diesen Derivatisierungen umgehen will, aber die Derivatisierungen zu erklären, ist eine Frage der Biologie - die meines Erachtens bei weitem nicht ausreichend berücksichtigt wird aufgrund der Ansprüche von Ethikern und Moralisten. Die Juristiktion würde formell wohl genauso funktionieren wie sie es jetzt tut, wären naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen Grundlagen zur Einschätzung eines Angeklagten und nicht moralische. Man kann einen Täter gern verachten, wenn man will - dazu benötigt es keine Moral, sondern nur das Gefühl von Hass aufgrund einer Tat, die man verabscheut. Um etwas zu verabscheuen, braucht man auch keine allgemeinen Gesetze, sondern nur subjektives Empfinden. Es benötigt kein "gut" oder "böse", sondern ein "nützlich" und "schädlich" sind ausreichend - in manchen Fällen vielleicht auch "nutzlos aber auch harmlos". Der Mensch hat nie aufgehört ein Tier zu sein, er ist nur aufgrund seiner Interpretationen etwas arrogant geworden.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Richtig - ich kann aus einer Feststellung natürlich nicht eine allgemeine Forderung ableiten.

Gut, das ist doch ein wichtiger Punkt.

Fragt sich aber wer dies feststellen sollte! Mir war das unlängst bewusst, du bist derjenige, der aus einer Feststellung (Wertungen sind auch Feststellungen) gleich meint, einen normativen braten zu riechen und allgemeine Forderungen ableiten zu können!!
Vollbreit hat geschrieben:Du vergisst ihn in dem Moment, wo Du Deskription zur Norm erhebst (was Du regelmäßig tust) und sagst, Selbstmordattentäter oder Homosexuelle seien eine unbedeutende Randgruppe, die man nicht weiter beachten müsse.

Wenn ich sage, dass man etwas "nicht muss", sehe ich das nicht als normative Aussage, sondern auch nur als Feststellung. Du verwechselst die Negation der Normativität ("du sollst/musst nicht") mit Normativität selbst ("du sollst/musst"). Wenn ich sage, dass es keinen Gott gibt, ist das keine theistische Aussage. Der Nihilismus in seiner Grundaussage, dass nichts wahr und alles erlaubt ist, ist auch keine Ethik - sie negiert sie. Aber wenn etwas negiert wird, bewegt sich die Negation nicht in derselben Kategorie, sondern in einer konkurrierenden Kategorie. Das ist DEIN sprachliches Problem: Du siehst ein Wort wie "muss" oder "sollen" und meinst, dass jede Aussage, die diese Worte enthält, zwangsweise normatv sein muss. Aber denkst du wirklich, dass auch die Negation des Normativen selbst normativ ist? Das kannst du nicht ernst meinen. Ein Atheist ist kein Theist, nur weil er "Theist" in seiner Bezeichnung mitführt. Ein Nihilist, der jedes Müssen negiert ist kein Moralphislosoph, sondern dessen Gegner.
Dein Standpunkt erinnert mich an die offizielle Linie der katholischen Kirche, die die protestantische formell auch nicht als eigene Kirche sieht.
Vollbreit hat geschrieben:Einzuschätzen, ob jemand Philosoph ist, hieße zu wissen, was genau Philosophie ist. Ein Zugang ist die akademische Ausbildung, bei der man Kenntnisse in Erkenntnistheorie, Logik, Metaphysik und Ethik erlangt und dann an bestimmte Autoren wie Kant schonend herangeführt wird.

:lachtot: Vor kurzem hast du selbst doch noch geschrieben, dass die akademische Ausbildung nicht zwingend ist! :lachtot: Philosophie ist aber nunmal nicht erst dann vorhanden, wenn sie von einem Akademiker kommt (mit Titel in entsprechendem Bereich) - sie kann auch (von den dir selbst erwähnten) Laien kommen, die selbst nie Philosophie studierten. Du selbst hast im Grunde Philosophie als nichts anderes als das Denken definiert, den Prozess der Reflexion - und jetzt wieder eine Kehrtwende?
Vollbreit hat geschrieben:Der Schiffbruch Deiner Kantrezeption, ist kein Sonderfall, da man ohne Vorkenntnisse überhaupt nicht verstehen kann, worüber Kant schreibt. Man hangelt sich dann am vermeintlich Bekannten entlang, ein bisschen Newton., Raum und Zeit und verfehlt das Wesentliche (auch in Kants ellenlangen, verschachtelten Sätzen). Übrig bleibt, dass man irgend wann auf die Philosophen stößt, die populär schreiben, das sind in der Regel Nietzsche und Schopenhauer, da hat man das Gefühl, na bitte, geht doch und meint, der Rest sei einfach nur zu kompliziert und könne nicht schreiben.

Nein, nichts ist zu kompliziert - man kann es sich nur unötig schwer machen und dabei völlig übersehen, dass die Sprache über den Inhalt bestimmt und nicht umgekehrt. Klar sind Vorkenntnisse nützlich - aber die bedeuten nicht, dass man gleich Fan wird. Ich habe viele Texte Kants gelesen und finde ihn zum Kotzen (es ist lächerlich, dass du mir jede Vorkenntnis über ihn absprichst, wenn ich dir bereits Stellen für dich zitiert habe - oder hast du schon seinen Schwachsinn über den "guten Willen" vergessen? Wenn ich mich noch richtig an diesen Streit erinnere, hast du solange die Existenz dieses Absatzes negiert, bis ich ihn dir zitiert habe - und dann habe ich ihn plötzlich nur falsch verstanden :irre: ). Aber ich finde Philosophen nicht allein deswegen gut, wenn sie redutziert formulieren, sondern nur des Inhaltes wegen - um wieder Nietzsche zu nennen: "Also sprach Zarathustra" ist wohl kaum "einfach" geschrieben. Ich habe nicht die Sprache kritisiert, sondern die Besessenheit von der Sprache, die dazu führt, dass sie über den Inhalt bestimmt.
Vollbreit hat geschrieben:Die wesentliche Hürde vor allem für Naturwissenschaftler und ihre Fans ist der irritierende Befund, dass Philosophie tatsächlich a) nie fertig ist, b) ewige Wahrheiten kennt und c) auf die „Und was mach ist jetzt damit?“ Frage (die Killerfrage für alle Mathelehrer) wirklich keine gute Antwort geben kann, die die Leute die diese Frage stellen, befriedigen könnte. Es ist immer das gleiche Spiel: Wer den Eigenwert von Reflexion nicht (er)kennt, wie will man demjenigen genau das erklären?

Unsinn - das können nur schlechte Philosophien nicht. Der Empirismus, der Materialismus und der Nihilismus sind auch Philosophien - von Geisteswissenschaftlern selbst aber nur selten vertreten, da sie auch nicht hätten Geisteswissenschaftler sein wollen, wenn es anders wäre. Es liegt in der Natur der Sache, dass absolute Hedonisten und Materialisten eher Banker werden wollen, dass Empiristen und Materialisten eher Naturwissenschaftler werden wollen und der klägliche Rest dann zu den Geisteswissenschaften kommt und meint, dass Kant und Popper das oberste aller Dinge sind und alle anderen keine Ahnung von der Philosophie hätten und Philosophie sowieso nie fertig ist und keinen unmittelbaren praktischen Nutzen haben kann (wenn ich dich mal frei zitieren darf). Das ist nicht irritierend, sondern lächerlich und falsch.
Vollbreit hat geschrieben:Ich denke, dass die meisten Probleme darauf beruhen, dass Du 90% der relevanten Begriffe, über die gestritten wird, falsch verwendest und angefressen reagierst, wenn man Dich darauf hinweist.

Keine weiteren Fragen - Bestätigung meiner Aussage.
Vollbreit hat geschrieben:„Egoismus“ oder „Utilitarismus“ oder „Ethik“ haben hier und heute eine feststehende Bedeutung und jeder der davon abweicht, muss seine Abweichung erklären und kann nicht voraussetzen, dass sich die Welt morgen nach seinen Privatdefinitionen richtet.

Habe ich bis zum Erbrechen getan - der Egoismus in Reindefinition bedeutet, dass man erstmal nur seinen eigenen Nutzen sucht - es ergibt sich aber nicht die momentan stehende zweite Aussage, dass man anderen schaden will - beides hat keinen kausalen Zusammenhang. Genausowenig ist es zwingend, dass die Suche nach Nutzen eine für alle ist. Die üblichen Definitionen beider Begriffe weichen von den zentralen Worten ab, gehen darüber hinaus, ohne jedoch logische Rechtfertigung: "ego-ich" und "utilitas-Nutzen".
Vollbreit hat geschrieben:
Und so wie Du „Kultur“, „Ethik“, „Utilitarismus“ und dergleichen verwendest, winkt jeder mit etwas Ahnung ab, dreht sich um und lässt Dich als ahnungsloses Rumpelstilzchen im Regen stehen. Die Welt ist übervoll von Leuten, die schnell mal eben Einstein, Kant oder so widerlegen wollen oder einen in der Mathematik noch ausstehenden Beweis abliefern, aber schon bei Grundübungen versagen und dann denken, die Welt würde sie nicht würdigen. Und jeder von denen meint, er wäre natürlich ganz anders und besonders, da muss man dann irgendwann die Kränkung ertragen und aufwachen, oder weiter auf der Stelle treten.

Mir kommen gleich die Tränen. :( - mal abgesehen davon, dass Einstein teilweise als widerlegt betrachtet wird in der modernen Physik und ich auch nicht der einzige bin, der Kant kritisiert (sogar Philosophen haben das getan, mit denselben Begründungen).
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » So 12. Jan 2014, 03:20

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe viele Texte Kants gelesen und finde ihn zum Kotzen (es ist lächerlich, dass du mir jede Vorkenntnis über ihn absprichst, wenn ich dir bereits Stellen für dich zitiert habe - oder hast du schon seinen Schwachsinn über den "guten Willen" vergessen? Wenn ich mich noch richtig an diesen Streit erinnere, hast du solange die Existenz dieses Absatzes negiert, bis ich ihn dir zitiert habe - und dann habe ich ihn plötzlich nur falsch verstanden :irre: ).

Das ist nicht so entlarvend, wie du vielleicht denkst. Es ist relativ offensichtlich, dass du Kants Philosophie und deren Implikationen nicht wirklich erfasst hast. Das hat Vollbreit dir ja auch vorgeworfen, nicht Unbelesenheit. Die Zahl der Texte, die du - löblicherweise - von ihm gelesen hast, ist nämlich nicht wirklich entscheidend. Ich finde es deshalb nicht weiter verwunderlich, dass Vollbreit, der Kants Positionen inhaltlich viel weitgehender erfasst hat, vorschnell davon ausging, dass du Kant fehlerhaft zitiert hast. Dazu kommt, dass es bei Kant einige wirklich üble und seiner Kernphilosophie eigentlich entgegenstehende Passagen gibt, beispielsweise einige krass rassistische Vorlesungen, für die er heute stante pede von jeder Uni gefeuert würde. Man kann also durchaus etwas von Kant in die Finger kriegen, was einen erst mal irritiert, wenn man seine bekannteren Konzepte kennt und dann erst mal glauben, das könne gar nicht von ihm sein.

Vollbreit hat aber grundsätzlich Recht: Einen Kant-Text ohne wirklich kompetente Anleitung zu lesen, ist nicht besonders sinnvoll. Und es wundert mich auch nicht, dass daraus schnell Frust entsteht, der einen dazu bringt, Kant abzulehnen. Wer nicht wirklich ein breites Wissen über die verwendeten Begriffe und ihren Kontext hat, wird das logische Geflecht dahinter nicht nachvollziehen können und es daher als inkonsistent wahrnehmen. Wirklich urteilen kann aber erst der, der sehr viel Zeit darauf verwendet hat, solche Texte von Grund auf zu durchdringen, und sorry, es gibt wenig Offensichtlicheres, als dass du dich dafür nicht qualifizierst. Ließ mal spaßeshalber Adorno, da wird es dir ganz ähnlich gehen (obwohl er eigentlich nicht schlecht ist, er hatte halt nur nie ein Laienpublikum im Blick).
Gerade bei Textexegese denken viele, dass es reichen würde, die Sprache des Textes zu beherrschen, aber das ist nicht so. Leider kann man, und du bestätigst das, viele Menschen davon schlecht überzeugen, weil sie kein Defizit erkennen können; sie haben den Text ja schließlich gelesen und da waren keine Lücken zu sehen. Wer aber kein Defizit erkennt, kann auch nicht die Motivation entwickeln, es abzubauen. Das ist bei Literatur, die noch spezifischere Fachsprache verwendet, einfacher zu erkennen. Wenn ich bei meiner Freundin das Bücherregal plündern würde, würde ich bei fast jedem beliebigen Buch spätestens nach der Einleitung aussteigen, weil ich einfach sprachlich schon nicht mitkommen würde vor lauter Fachbegriffen und Formelzeichen, die ich schlicht nicht kenne. Bei Kant ist das anders, da kann man sich bei den meisten Begriffen einreden, man hätte ihre Implikation verstanden, weil deren Bedeutungsumfang wie bei einem Eisberg größtenteils versteckt unter der Oberfläche lauert. Aber wie gesagt: wer schon von vornherein sicher ist, alles verstanden zu haben, dem kann man da auch nicht helfen, dem bleibt diese Welt halt einfach verschlossen.

Ich habe selber nur wenige Stellen bei Kant wirklich im emphatischen Sinne gelesen und da auch nur unter der Anleitung versierter Professoren, die Begriffe und Kontext erklären konnten, wirklich etwas rausziehen können. Das ist aber generell bei Texten so, dass man mit fachkundiger Anleitung plötzlich Ebenen entdeckt, von denen man allein meist nicht mal geahnt hat, dass sie da waren. Wer meiner Meinung nach wirklich toll darin ist, Kant zu erklären, ist Hannah Arendt, die kann wunderbar verständlich formulieren, selbst wenn es kompliziert wird. Aber auch bei ihr muss man verstehen wollen und bereit sein, die Schülerposition einzunehmen und sich etwas beibringen zu lassen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » So 12. Jan 2014, 11:58

Nanna hat geschrieben:Das ist nicht so entlarvend, wie du vielleicht denkst. Es ist relativ offensichtlich, dass du Kants Philosophie und deren Implikationen nicht wirklich erfasst hast.

Ach ja? Vielleicht mag das sein, wenn ich aber in die Situation komme, dass mir einer erklärt, dass ich Kant nicht richtig verstünde, dieser aber zentrale Texte nicht kennt und ich ihn erst darauf hinweise, werde ich natürlich skeptisch über die Kompetenz meines Gegenübers. Ich halte mich auch nicht für ganz unfähig, wenn ich über Jahre an einem humanistischen Gymnasium immer Bestnoten - auch in Philosophie - erworben habe und auch mein mündliches Abitur (speziell zu Kant und Nietzsche) ablegte. An der gesamten Schule waren meine Interpretationen im Philosophieunterricht Bestandteil der Diskussion, gerade durch Lehrer angeregt (die sie wohl kaum für so falsch und schlecht argumentiert haben halten können, wenn ich immer die besten Noten bekam). Auch wenn ich kein Studium in Philosophie angehängt habe, wäre ich mit offenen Armen empfangen worden. Ich neige sogar fast dazu es später doch zu tun, nur um Querolanten wie euch zu quälen, die viel darauf geben und anderen Inkompetenz unterstellen.
Die Implikationen sind immer dann absehbar, wenn man sich die Rechtfertigung von deutschen Kriegsverbrechern durchliest. Klar ist da die angebliche goldene Regel, die vor Missbrauch schützen soll und er letztlich nur von Konfuzius geklaut hat (weil ihm vielleicht doch das Potential des Missbrauchs klar wurde) - aber auch dann besteht ein Schwachpunkt: Was wird subjektiv als Mensch definiert? Biologisch gesehen mag es keine Probleme geben, aber wenn gesellschaftlich (wie schon oft passiert) einer bestimmten Gruppe das Menschsein abgesprochen wird, hilft auch die goldene Regel nicht - mal abgesehen davon, dass sie keine logische Rechtfertigung besitzt und nur solange gesellschaftliche Rechtfertigung besitzt, wie sie nützlich ist. Kategorische Imperative und diverse Regeln sind so flexibel und abhängig von subjektiven Gutdünken, dass sie nicht nur jede Spezifität verlieren, sondern auch missbrauchsanfällig sind. Und das ganze psychologische Modell von Kant widerspricht ohnehin jedem heutigen Wissensstand (Augenmerk auf die Triebe und den Willen). Mehr muss man bei Kant auch schon nicht wissen; nur seine Ethik verdient - wenn überhaupt - Betrachtung und auch nur, um das beste Beispiel einer Ethik auseinandernehmen zu können und zu zeigen, dass auch das am besten ausgearbeitete Konzept völlig fehlerhaft ist.
Nanna hat geschrieben:Das hat Vollbreit dir ja auch vorgeworfen, nicht Unbelesenheit.

Es würde wohl Tage dauern, um die Stellen rauszusuchen - aber genau das hat er getan - zumindest bis ich zitiert habe. Am einfachsten wäre es, ich da zu Wort kommen zu lassen, ich denke, er könnte sich sogar selbst daran erinnern.
Nanna hat geschrieben: Ich finde es deshalb nicht weiter verwunderlich, dass Vollbreit, der Kants Positionen inhaltlich viel weitgehender erfasst hat, vorschnell davon ausging, dass du Kant fehlerhaft zitiert hast. Dazu kommt, dass es bei Kant einige wirklich üble und seiner Kernphilosophie eigentlich entgegenstehende Passagen gibt, beispielsweise einige krass rassistische Vorlesungen, für die er heute stante pede von jeder Uni gefeuert würde. Man kann also durchaus etwas von Kant in die Finger kriegen, was einen erst mal irritiert, wenn man seine bekannteren Konzepte kennt und dann erst mal glauben, das könne gar nicht von ihm sein.

Mich irritierte das gar nicht, wenn man die Defizite (auch der goldenen Regel) bedenkt. Die Geisteswissenschaftler und besonders die Moralphilosophen haben sich nie von naturwissenschaftlichen Ergebnissen reinreden lassen und definieren das Menschsein auch so, wie sie gerade lustig sind.
Nanna hat geschrieben:Vollbreit hat aber grundsätzlich Recht: Einen Kant-Text ohne wirklich kompetente Anleitung zu lesen, ist nicht besonders sinnvoll.

Nein, das widerspricht sogar Kants Absicht selbst (und auch der der anderen Philosophen der Aufklärung. Die forderten einen nie auf, erst eine richtige Anleitung zum Verstehen der Texte zu suchen, sondern es selbst zu tun - werden die Texte nach Ansicht der Autoren missverstanden, liegt die Schuld bei dem Konzept und nicht dem Leser. Die gleiche Argumentation könntest du bei religiösen Texten anführen - und Theologen wären diejenigen, die sagten, dass nur sie die richtige Interpretation beherrschten. Dieses aristokratische Konzept ist aber nur für Machterhalt vorhanden, nicht aufgrund tatsächlich relevanter Kenntnis, die man nicht auch umgehen könnte durch Logik und Verstand). Wenn die Philosophen damals einen aufgeklärten Menschen formen wollten, so dachten sie gewiss nicht an einen, der an der Titte von vermeindlichen Experten hängt, die ihm alles erklären. Die Texte (auch wenn man es aus heutiger Perspektive nicht unbedingt glauben mag) waren nicht an einzelne Experten, sondern an die Masse gerichtet.
Nanna hat geschrieben: Und es wundert mich auch nicht, dass daraus schnell Frust entsteht, der einen dazu bringt, Kant abzulehnen.

Ich habe nie Frustration beim Lesen eines Textes verspürt, sondern habe mich über den Ruf eines solch schlechten Philosophen gewundert und aufgeregt. Um meinen Eindruck auf die Probe zu stellen, habe ich mich bewusst vielen Texten ausgesetzt und diesen Eindruck nur noch erhärten können. Nein, Kants Sprache war nie ein Problem - als ich noch ein Kind war, habe ich selbst extrem verschachtelte Sätze geschrieben, die auch mal über eine Seite gehen konnten. Das versuche ich jetzt zu unterdrücken und werde stattdessen für zu verkürzte Formulierungen und nicht für eine zu ausufernde Sprache kritisiert - man kann es den Leuten nie recht machen.
Nanna hat geschrieben:Gerade bei Textexegese denken viele, dass es reichen würde, die Sprache des Textes zu beherrschen, aber das ist nicht so. Leider kann man, und du bestätigst das, viele Menschen davon schlecht überzeugen, weil sie kein Defizit erkennen können; sie haben den Text ja schließlich gelesen und da waren keine Lücken zu sehen. Wer aber kein Defizit erkennt, kann auch nicht die Motivation entwickeln, es abzubauen.

Wenn mir niemand, der eine neutrale Position bezieht (anders als ihr Kantfetischisten) und ausreichend gebildet ist, eine Lücke im Verständnis nachsagt, brauche ich auch nicht zu denken, dass ich eine habe. Ich habe gern und viel mit den besten Schülern und den Philosophielehrern diskutiert - keiner hat mir eine Lücke nachgesagt (vieles andere ja, aber keine Lücke in Argumentation - höchstens Unmenschlichkeit und gewisse Radikalität).
Nanna hat geschrieben:Ich habe selber nur wenige Stellen bei Kant wirklich im emphatischen Sinne gelesen und da auch nur unter der Anleitung versierter Professoren, die Begriffe und Kontext erklären konnten, wirklich etwas rausziehen können. Das ist aber generell bei Texten so, dass man mit fachkundiger Anleitung plötzlich Ebenen entdeckt, von denen man allein meist nicht mal geahnt hat, dass sie da waren. Wer meiner Meinung nach wirklich toll darin ist, Kant zu erklären, ist Hannah Arendt, die kann wunderbar verständlich formulieren, selbst wenn es kompliziert wird. Aber auch bei ihr muss man verstehen wollen und bereit sein, die Schülerposition einzunehmen und sich etwas beibringen zu lassen.

Ich habe da eine Frage an dich: Kennst du auch nur einen vermeindlichen Profi in Sachen Kant, der nicht auch ein Verteidiger seiner Philosophie ist? Ich glaube da an keinen Zufall - diejenigen, die sich selbst zu Experten ernennen und von wieder ähnlichen ernannt werden, sind immer diejenigen, die allen, die diese Art Philosophie kritisieren, die Kompetenz absprechen. Aber ebensowenig wie ich denke, dass man gläubig sein muss, um Religion zu verstehen, muss man ebensowenig Kants Philosophie annehmen, um sie zu verstehen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » So 12. Jan 2014, 13:49

Darth Nefarius hat geschrieben:Meinst du, dass jede übergreifende Zielsetzung nur Ergebnis des Gruppenzwanges ist?
Nein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Du kannst nicht einfach ignorieren, dass die meisten Menschen z.Bsp. lieber essen als zu hungern, lieber leben als sterben, lieber reich als arm sind - soll das alles deiner Meinung nach nur Ergebnis kultureller Gruppendynamiken sein?
Nein, es folgen nur keine normativen Gebote aus diesem Befund.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe gar nicht die Absicht, jedem Individuum gerecht zu werden, sondern werde nur soviel Energie investieren, jemanden zu verstehen oder korrekt einzuschätzen, wie es sich lohnt. Es ist einfach weltfremd zu meinen, man hätte nie gewisse Vorurteile im Kopf. Wie gesagt, besteht die Kunst darin, sie auch beiseite zu stellen, wenn sich die Möglichkeit anbietet, validere Informationen zu erhalten - aber auch nur, wenn es nützlich ist.
Ja, manchmal muss man erkennen, dass es nicht weiter geht, aber der prinzipielle Versuch allen gerecht zu werden, ist etwas anderes.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dieses: „Ich bin besser“ ist nicht wertend?
Mein Stolz ist meine persönliche Sache und ich habe niemandem gesagt, dass er dann auch stolz sein kann/darf/soll.
Darum geht es nicht, sondern, dass das ein normativer Akt ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dafür ist die Logik hervorragend geeignet, sie fragt nicht wer es gesagt hat, sondern was gesagt wurde und untersucht die Folgerichtigkeit der Aussagen.
Die Logik ist auch nützlich, um zu erwägen, ob jemand - besonders Menschen - spezielle Motive oder Fähigkeiten mitbringen.
Nein, eigenbltich nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Vor Gericht spielt es eine große Rolle, ob jemand zurechnungsfähig ist und ob er ein Motiv hat, um falsch auszusagen.
Das sind zwie paar Schuhe, über das ersrte entscheiden Psychiater über das zweite der Richter, sich spielt die Folgerichtigkeit hier ene Rolle.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Damit bist Du bei der philosophisch interessanten Qualia-Frage gelandet und ein Qualia-Befürworter, auch wenn Du Dich zugehörigkeitstechnisch wohl eher im anderen Lager sehen wirst (falls Dir Qualia was sagt). Du schreibst nämlich dem „(wissen?), wie es ist“ einen eigenen Wert zu, so grob gesagt: Wer diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat, der weiß im Grunde nicht, wovon er redet, auch dann, wenn er darüber gelesen hat.
Falsch, ich frage, worin die Berechtigung bstehen soll!
Warum „falsch“, das hatte ich ja impliziert?

Darth Nefarius hat geschrieben:Genauso wie ich nach Rechten und ihrer Legitimation frage - dies sind aber rhetorische Fragen, um zu zeigen, dass es keine Legitimation gibt.
Dann fragst Du Dich ja nicht, sondern gibst Antworten.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ein rauchender Arzt hat keine Legitimation, mich aufzufordern, mit dem Rauchen aufzuhören -
Doch, er ist Arzt.

Darth Nefarius hat geschrieben:ein Nicht-rauchender/Ex-Raucher technisch gesehen auch nicht, aber sein persönlicher Hintergrund würden zumindest vermuten lassen, dass seine Aufforderung eine empathische Ebene hat und keine distanzierte.
Was würde das an den Fakten ändern? Rauchen ist nicht gesünder, wenn Dir das ein Nichtrauchenr mitteilt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Empathie und die Lage des auffordernden Subjektes spielen eine Rolle, keine "subjektive Erlebniswelt" - ein furschbarer Begriff,völlig überflüssig und nutzlos. Mich würde also als Patient nicht interessieren, wie er das Rauchen oder Nicht-rauchen erlebt, sondern dass er sich teilweise in meine Lage versetzen kann - gerade WEIL Individuen innerhalb von Gruppen Gemeinsamkeiten aufweisen.
Hattest Du nicht oben erklärt, der Arzt habe einen rein technischen Umgang mit dem Patieten und sieht den Menschen gerade nicht und alles andere seii Gutemenschengesülze?

Darth Nefarius hat geschrieben:Es geht hierbei um die Einschätzung des Erfolgs bei einem Vorhaben: Kann dein Chef einschätzen, ob du ein Mittel gegen Krebs in einer Woche finden kannst, wenn er kein Wissenschaftler ist, dich aber dazu auffordert? Kann er dir Tipps zum Erreichen deines Ziels geben? Nein, in diesen Situationen interessiert niemanden die Qualia, sondern die Kompetenz, die eine intersubjektive Angelegenheit ist.
Ich sehe keine richtige Linie in Deiner Argumentation, eher ein verbissenes assoziatives Hoppsen. Was macht es füür Dich so schwer bei einem Gedanken zu bleiben zumal Du ihn ja hier wieder aufgreifst:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Das führt aber zu interessanten Konflikten, denn inwieweit kann man vom männlichen Chefarzt der Gynäkologie, der schon 1.000 Geburten begleitet hat, sagen, er habe keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu gebären? Und welchen Stellenwert hat dieses „wie es ist“-Erleben? Ist das ein Wissen oder einfach eine Erfahrung?
Ganz recht, er hat ja auch keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu gebären und ist deswegen bei der Frage, ob es beispielsweise sehr schmerzhaft ist, inkompetent - bei der Frage, ob er hilfreich sein kann, ist er jedoch aufgrund seiner Erfahrung und seinem Wissen kompetent.
Genau.
Und was heißt das nun, für die Frau, die weiß, wie es ist, verfügt die übr Wissen oder ist das „nur“ Erleben? Das ist ein Aspekt der Qualia-Frage.

Darth Nefarius hat geschrieben:Kommt immer Auf den Bereich an. Ich weiß z.Bsp. welche Substanzen bei bestimmten Krebsarten zur Therapie eingesetzt werden - wie die Therapie sich anfühlt, kann ich nicht sagen und werde mich deswegen hüten, jemandem auch Hoffnungen zu machen oder ihn zu beruhigen.
Und das ist der Punkt: Es wäre völlig falsch zu behaupten, Du hättest keine Ahnung vom Krebsgeschehen und gleichzeitig wäre es falsch jemandem nach der dritten Chemo zu sagen, er hätte keine Ahnung vom Krebs. Wobei Du Krebs zu haben nie erlebt hast und der Erlebende nichts über Krebszellen, -wachstum usw. wissen muss.
Wenn man nun einen Krebskranken fragt, wie sich das denn alles anfühlt und der das gut und platisch schildern kann, dann weiß man (im Sinne der reine Information) wie es ist, Krebs zu haben, hat man ja gerade gehört, in Zwiefel fragt man noch drei andere.
Qualiabefürworter würden sagen, dass man sich das anhören kann, bis mangrün wird, wissen, wie es ist Krebs zu haben, hat man dennoch nicht umfassend gewonnen.
Qualiagegner würden argumentieren, dass man ja auch von den Ängsten und dem Horror der Diagnose und so weiter „wissen“ kann, es muss einem halt nur erzähl werden, man steckt nur nicht in der Haut des Erlebenden. Das, so sagen die Gegner, würde der Begriff aber auch nicht erfordern.

Darth Nefarius hat geschrieben:Der Stellenwert des "wie es ist"-erleben ist kontextabhängig. Wenn man einen rauchenden Arzt fragen will, was alles bei Lungenkrebs passiert, ist es eine Sache und er besitzt praktische Erfahrung durch sizierte Organe und Wissen - deswegen ist er geeignet, Lungenkrebs zu therapieren. Er ist jedoch nicht geeignet, jemanden aufzufordern, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn er selbst raucht und es nicht lassen kann.
Doch, denn die Schädlichkeit des Rauchens liegt nicht daran, ob der, der darüber erzählt selbst raucht. Es geht Dir hier um die moralische Frage der Glaubwürdigkeit. Warum sollte ich auf jemanden hören, der selbst raucht?

Darth Nefarius hat geschrieben:Wie speziell sind die Fragen? Was ist die Problematik? Wenn wir Beratung suchen, dann erwarten wir Kompetenz - deswegen werden Jugendliche beim Thema "Drogen" in der Schule zu irgendwelchen Entzugskliniken geschleift. Ich persönlich fand es witzig, diese menschlichen Kartoffeln zu betrachten, die sich ihr Nervensystem so zerstört haben, dass sie nichtmal wissen, wann sie geboren wurden.
Ja, eine Art sich vor Ohnmacht zu schützen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Erst mal ist rein technisch das Normative der Oberbegriff zu Ethik und Moral. Etwas schön zu finden, ist ein normatives Urteil, was einfach wertend bedeutet.
Eine Bewertung bleibt immer etwas subjektives und es ist keine logische Schlussfolgerung, dass man daraus allgemeine Regeln herleitet.
Richtig.
Darth Nefarius hat geschrieben:Beispiel: Ich mag Oliven - ich leite aber daraus nicht ab, dass alle Oliven mögen sollen - es besteht kein logischer Zusammenhang zwischen einer subjektiven Wertung und einer Aufforderung.
Das hat auch keine weitreichenden Auswirkungen auf die Freiheit anderer.
Wenn Du sagst ich foltere gerne blonde Kinder, siehgt das anders aus.

Darth Nefarius hat geschrieben:Mir stellt sich die Frage (unabhängig von sprachlicher Zuordnung), wo der Zusammenhang sein soll zwischen subjektiver Wertung und Moral und Ethik - ich lasse mich nicht damit abspeisen, dass es eine gängige Kategorisierung ist.
Moral ist eine intersubjektive Geschichte. Zwei Menschen begegnen einanders, kommen sich wegen gleicher Interessen und endlicher Ressourcenin die Quere und versuchen eine Lösung zu finden. Die kann heißen „Ich bin stärker, hau ab“ auch das ist Moral, aber die Faustrecht-Moral. Man kann sagen „Lass uns eine faire Lösung finden“ das wäre auch Moral, aber auf einer andere Ebene oder Stufe.
Hat man genügend moralische konkrete Regeln fomruliert, von denen man meint, sie beträfen nicht nur Meier und Schmidt, sondern es wäre gut, wenn sich all so verhielten, kommt man zu den bekannten Formen moralischer Gebote und Verbote.. Du sollst... Du darfst nicht … .
Ethik wird im Allgemeinen als Reflexionsstufe der Moral angesehen. D.h. man hinterfragt die konkreten Gebote selbst, etwa in der Art:
Ist es eigentlich wirklich immer schlecht zu töten? Und was wären die Ausnahmen, wann könnte die gerechtfertigt sein?
Ist die Lüge eigentlich immer schlecht? Was, wenn ich einen durhc eine Notlüge schützen kann? Und so weiter. Die Prinzipien, die sich aus den konkreten Fragen ergeben, sind Abstraktionsstufen konkrete moralischer Anweisungen udnverlegen der Schwerpunkt der Entscheidung und Verantwortung von einer äußeren Autorität ins eigene Ich, sofern man unterstellen darf, dass es vernünftig ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Vielleicht könnte sie einfach hinterfragt werden, wenn sie unlogisch ist - was ich auch tue. Das verbindende Element ist hierbei der Begriff "Wert" - jedoch habe ich dir bereits oben Beispiele von "Werten" genannt, die sich jeder moralisch-ethischen Klassifizierung entziehen. 50 kg sind weniger als 100 kg - Maßeinheiten bestimmen in gewisser Weise einen "Wert", sind jedoch nicht normativ sondern deskriptiv. Oder nochmal Geld: Wenn einer findet, dass etwas 10 € wert ist und nicht 5 € ist es eine subjektive Einschätzung, die sich einer ethisch-moralischen Ebene entzieht.
Dass Begriffe wie „Wert“ und „Nutzen“ quantitativ und normativ belegt sind, ist doch klar.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Und wieso? Wenn ich mich frage, wieso xyz Krebs bekommt, ist das etwa auch normativ?
Nein, Krebs ist aber auch keine Einstellung die man hat.
Eine Einstellung ist wie Krebs nur ein materieller Zustand.
Diese Ansicht werden nicht viele teilen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon erkenne ich immer noch nicht die logische Begründung für diese Kategorisierung - ich streite ja nicht darüber, dass Wertung manchmal als normativ eingestuft wird, ich sehe nur nicht ein, warum das so ist (abgesehen von Wertungen wie "gut" oder "böse", wobei ich diese Wertungen völlig ablehne).
Welche Begründung sollte das sein? Was ist die logische Begründuhng für „weich“, „rot“ oder „alt“?

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich sage:"Ich bin Egoist, das ist nützlich, für mich und andere" - siehst du da eine kausale Begründung?
Ja, da es nützlich für mich und andere ist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, weil mein Egoismus ein Zustand ist wie Menschsein - ich habe ihn mir nicht ausgesucht, erkenne aber die Wirkungen und kann sie als "nützlich" einstufen.
Dass alle auschließlich Egoisten sind und keine Wahl haben, wird ja nicht dadruch wahrer, dass Du es immer wieder wiederholst.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ja, und das ist auch völlig in Ordnung, wenn man die biologischen Wurzeln unseres Verhaltens ergründen will. Das ist gute und intertessante Biologie. Es kippt in den Biologismus, in dem Moment, wo man behauptet, das einzig Relevante am menschlichen Verhalten sei unser biologisches Erbe.
Dass der Mensch ein Zwitter ist, aus natürlichem Erbe, das aber natürlich kulturell überarbeitet und mitunter völlig verzerrt läuft – selbst der grundlegende Überlebenstrieb ist davor nicht sicher – zeigt, dass der Mensch die „reine Natur“ (ohnehin ein schillernder, kultureller Begriff) überragt, sie aber doch nie ganz verlassen kann.
Fällt alles unter Derivatisierung - ein verstümmelter Trieb wird nicht unnatürlich, wenn er aufhört, der gesunden Norm zu entsprechen.
Das hat auch niemand behauptet. Dass selbst die stärksten natürlichen Triebe verbogen werden können, zeigt allerdings wie weit es mit der „reinen Natürlichkeit“ her ist. Nicht sehr weit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Krankheit ist erstmal auch natürlich, nur eben nicht unbedingt nützlich.
Kommt drauf an. Sie hält das Immunsystem fit, lässt uns Medikamente entwickeln, kann zur Besinnung führen und manche Krankeit von heute ist der Vorteil von Morgen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist natürlich interessant zu fragen, wie die Gesellschaft mit diesen Derivatisierungen umgehen will, aber die Derivatisierungen zu erklären, ist eine Frage der Biologie - die meines Erachtens bei weitem nicht ausreichend berücksichtigt wird aufgrund der Ansprüche von Ethikern und Moralisten.
Was wäre gewonnen wenn Du z.B. biologisch erklären kannst, warum Bulimikerinnenden Esstrieb auskicken? Dass „Moralisten“ (was verstehst Du darunter?) dazu Stellung nehmen ist mir eher weniger bekannt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Juristiktion würde formell wohl genauso funktionieren wie sie es jetzt tut, wären naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen Grundlagen zur Einschätzung eines Angeklagten und nicht moralische. Man kann einen Täter gern verachten, wenn man will - dazu benötigt es keine Moral, sondern nur das Gefühl von Hass aufgrund einer Tat, die man verabscheut.
Der Sinn des Rechtsystems ist nicht, zu rächen und die Grundlage eines Urteils nicht Verachtung.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Du vergisst ihn in dem Moment, wo Du Deskription zur Norm erhebst (was Du regelmäßig tust) und sagst, Selbstmordattentäter oder Homosexuelle seien eine unbedeutende Randgruppe, die man nicht weiter beachten müsse.

Wenn ich sage, dass man etwas "nicht muss", sehe ich das nicht als normative Aussage, sondern auch nur als Feststellung. Du verwechselst die Negation der Normativität ("du sollst/musst nicht") mit Normativität selbst ("du sollst/musst").
Nö, ich bin einfach nicht so blöd nicht zu wissen, wie Du das meinst.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Einzuschätzen, ob jemand Philosoph ist, hieße zu wissen, was genau Philosophie ist. Ein Zugang ist die akademische Ausbildung, bei der man Kenntnisse in Erkenntnistheorie, Logik, Metaphysik und Ethik erlangt und dann an bestimmte Autoren wie Kant schonend herangeführt wird.
:lachtot: Vor kurzem hast du selbst doch noch geschrieben, dass die akademische Ausbildung nicht zwingend ist!
Eben. Darum „Ein Zugang“ und nicht „Der (einzige) Zugang“

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, nichts ist zu kompliziert - man kann es sich nur unötig schwer machen und dabei völlig übersehen, dass die Sprache über den Inhalt bestimmt und nicht umgekehrt. Klar sind Vorkenntnisse nützlich - aber die bedeuten nicht, dass man gleich Fan wird. Ich habe viele Texte Kants gelesen und finde ihn zum Kotzen (es ist lächerlich, dass du mir jede Vorkenntnis über ihn absprichst, wenn ich dir bereits Stellen für dich zitiert habe - oder hast du schon seinen Schwachsinn über den "guten Willen" vergessen? Wenn ich mich noch richtig an diesen Streit erinnere, hast du solange die Existenz dieses Absatzes negiert, bis ich ihn dir zitiert habe - und dann habe ich ihn plötzlich nur falsch verstanden :irre: ).
Du erinnerst Dich nicht richtig.

Darth Nefarius hat geschrieben:Unsinn - das können nur schlechte Philosophien nicht. Der Empirismus, der Materialismus und der Nihilismus sind auch Philosophien - von Geisteswissenschaftlern selbst aber nur selten vertreten, da sie auch nicht hätten Geisteswissenschaftler sein wollen, wenn es anders wäre.
An die Kurzdarstellung der beiden grundsätzlichen Lager von Beginn an: Empiristen und Idealisten erinnerst Du Dich noch?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:„Egoismus“ oder „Utilitarismus“ oder „Ethik“ haben hier und heute eine feststehende Bedeutung und jeder der davon abweicht, muss seine Abweichung erklären und kann nicht voraussetzen, dass sich die Welt morgen nach seinen Privatdefinitionen richtet.

Habe ich bis zum Erbrechen getan - der Egoismus in Reindefinition bedeutet, dass man erstmal nur seinen eigenen Nutzen sucht - es ergibt sich aber nicht die momentan stehende zweite Aussage, dass man anderen schaden will - beides hat keinen kausalen Zusammenhang. Genausowenig ist es zwingend, dass die Suche nach Nutzen eine für alle ist. Die üblichen Definitionen beider Begriffe weichen von den zentralen Worten ab, gehen darüber hinaus, ohne jedoch logische Rechtfertigung: "ego-ich" und "utilitas-Nutzen".
Womit Du im oberen Teil sagen willst, dass Dein privater Gebrauch allegemeine gebräuchlich ist und unten, dass er es nicht ist.
In solchen Fällen hilft wiki und Du kannst die strittigen Begriffe wie: Ethik, Moral, Egoismus, Norm, Kultur, Utilitarismus und dergleichen ja mal spaßeshalber eingeben und vergleichen inwieweit sie Deiner Defintion und Lesart entsprechen.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » So 12. Jan 2014, 19:24

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich neige sogar fast dazu es später doch zu tun, nur um Querolanten wie euch zu quälen, die viel darauf geben und anderen Inkompetenz unterstellen.

Es heißt "Querulant".

Darth Nefarius hat geschrieben:Klar ist da die angebliche goldene Regel, die vor Missbrauch schützen soll und er letztlich nur von Konfuzius geklaut hat

Kategorischer Imperativ != Goldene Regel.

Darth Nefarius hat geschrieben:Mehr muss man bei Kant auch schon nicht wissen;

Das sagt eigentlich schon alles.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Geisteswissenschaftler und besonders die Moralphilosophen haben sich nie von naturwissenschaftlichen Ergebnissen reinreden lassen und definieren das Menschsein auch so, wie sie gerade lustig sind.

Wenn mir das nur jemand früher gesagt hätte...

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Vollbreit hat aber grundsätzlich Recht: Einen Kant-Text ohne wirklich kompetente Anleitung zu lesen, ist nicht besonders sinnvoll.

Nein, das widerspricht sogar Kants Absicht selbst (und auch der der anderen Philosophen der Aufklärung. Die forderten einen nie auf, erst eine richtige Anleitung zum Verstehen der Texte zu suchen, sondern es selbst zu tun - werden die Texte nach Ansicht der Autoren missverstanden, liegt die Schuld bei dem Konzept und nicht dem Leser.

Da du eine naive Ansicht von Textinterpretation hast und ernsthaft davon ausgehst, dass es ein Textinhalt offensichtlich wäre und bei "richtiger" Lesart nicht missverstanden werden könne, musst du das wohl so sehen. Der Geisteswissenschaftler hat dir da etwas voraus, aber wir wissen ja beide schon, was du dazu sagen wirst.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die gleiche Argumentation könntest du bei religiösen Texten anführen - und Theologen wären diejenigen, die sagten, dass nur sie die richtige Interpretation beherrschten.

Das hat niemand behauptet, weder bei religiösen noch philosophischen Texten. Es geht nicht darum, sich von einer Autorität sagen zu lassen, was da drin steht, sondern unter Anleitung etwas zu erarbeiten und nachzuvollziehen. Wenn du unter Anleitung einen Fensterrahmen schreinerst, kannst du hinterher auch selber beurteilen, ob er gut geworden ist, hättest ihn aber ohne Anleitung nie so gut hingekriegt, weil du vorher noch nicht wusstest, wie es geht. Textexegese ist da gar nicht so unterschiedlich.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn die Philosophen damals einen aufgeklärten Menschen formen wollten, so dachten sie gewiss nicht an einen, der an der Titte von vermeindlichen Experten hängt, die ihm alles erklären. Die Texte (auch wenn man es aus heutiger Perspektive nicht unbedingt glauben mag) waren nicht an einzelne Experten, sondern an die Masse gerichtet.

Du kannst dich auf den Kopf stellen, das ändert nichts daran, dass Verstehen von Vorbedingungen abhängt, die bei Nichterfüllung zu Nichtverstehen führen. Notwendige Bedingungen müssen unabhängig von der Intention eines Urhebers einer Sache erfüllt werden. Ob man ein an die Masse gerichtetes Auto fährt oder einen Lamborghini ändert in allen Fällen nichts daran, dass die Verfügbarkeit von Kraftstoff eine notwendige Bedingungen zum Fahren ist. Ähnlich gibt es bei der Textexegese Kenntnisse, die man haben muss (zuvorderst z.B. ganz banal Sprachkenntnisse), um einen Text im Sinne des Urhebers verstehen zu können. Bei Kant kommen dessen Bildungsstand und die historische Distanz zu ihm hinzu, die einem durchschnittlich gebildeten Deutschen heute die Lektüre seiner Texte erheblich erschweren. Kant lebte in einer anderen Zeit, hatte ein anderes Weltbild, das Geflecht der Begriffe, mit denen er operierte, war anders. Zeichen (= u.a. Worte) werden heute anders verwendet und sind in ihrer Bedeutung anders konnotiert, als damals, und das muss man wissen und mit einbeziehen, sonst ist man nicht besser als z.B. ein Salafist, der mit heutigem Arabisch den Koran "wörtlich" liest und dabei natürlich völlig falsche Bedeutungen hineininterpretiert, weil er die damalige Sprachkultur nicht mehr kennen kann und eigene Konnotationen und Assoziationen auf die Worte projiziert.

Und nein, Kant hat nicht für die Masse geschrieben, sondern für die gebildete bürgerliche Schicht Mitteleuropas. Nichteuropäer waren in seinen Augen (leider) automatisch barbarische Halbmenschen und die Masse der europäischen Bevölkerung konnte zu seiner Zeit nichtmal lesen oder Hochdeutsch auch nur mündlich verstehen, geschweige denn wissen, was ein Begriff wie "kategorischer Imperativ" überhaupt bedeuten könnte.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe nie Frustration beim Lesen eines Textes verspürt, sondern habe mich über den Ruf eines solch schlechten Philosophen gewundert und aufgeregt.

Sag ich doch. Es hat dich frustriert. Und da es per definitionem nie sein kann, dass du falsch liegst, muss natürlich Kant ein schlechter Philosoph gewesen sein.

Darth Nefarius hat geschrieben:Um meinen Eindruck auf die Probe zu stellen, habe ich mich bewusst vielen Texten ausgesetzt und diesen Eindruck nur noch erhärten können. Nein, Kants Sprache war nie ein Problem - als ich noch ein Kind war, habe ich selbst extrem verschachtelte Sätze geschrieben, die auch mal über eine Seite gehen konnten. Das versuche ich jetzt zu unterdrücken und werde stattdessen für zu verkürzte Formulierungen und nicht für eine zu ausufernde Sprache kritisiert - man kann es den Leuten nie recht machen.

Du kapierst das Problem nicht. Es geht nicht darum, dass Kant kompliziert geschrieben hat, sondern dass er mit Begriffen Dinge impliziert hat, die man mit heutigen Sprachkentnissen und gutem Sprachgefühl nicht wissen kann. Man muss einen riesigen Korpus an Kant-Texten und Kommentaren gelesen haben, um da dahinter zu steigen. Dein Verständnis von Sprache gleicht leider dem der Zeit vor der linguistischen Wende, ja sogar von vor de Sassure. Was de Sassure zeigen konnte, ist, dass Sprache anders funktioniert, als der gesunde Menschenverstand es erwartet. Die meisten Leute glauben, dass Begriffe wie Zettel wären, die man an Dinge, die schon da sind, hinklebt. Verknüpfungen zwischen Begriffen und Sachen sind aber kontingent und über die Zeit dynamisch, ändern also ihre Bedeutung (siehe z.B. die Geschichte des Worts "gay"; Wer einen Text von 1850 liest und darin das Wort "gay" im heutigen Kontext interpretiert, wird ganz schön verwirrt sein; wichtig ist, zu wissen, dass vor allem über längere Zeiträume so gut wie alle Begriffe in einer Sprache Bedeutungsverschiebungen erfahren, die zu rekonstruieren ziemlich schwierig sein kann). Ich erkläre das jetzt nicht im Detail, kann man ja alles nachlesen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich habe gern und viel mit den besten Schülern und den Philosophielehrern diskutiert - keiner hat mir eine Lücke nachgesagt (vieles andere ja, aber keine Lücke in Argumentation - höchstens Unmenschlichkeit und gewisse Radikalität).

Ich und Vollbreit sagen dir aber Lücken nach, und zwar erhebliche. Dass du mit deiner Brachialrhetorik Lehrer und Mitschüler beeindrucken konntest und wahrscheinlich auch etwas hilflos gemacht hast, überrascht mich nicht, aber ich weiß nicht, wen das hier beeindrucken soll.

Darth Nefarius hat geschrieben:Kennst du auch nur einen vermeindlichen Profi in Sachen Kant, der nicht auch ein Verteidiger seiner Philosophie ist?

Ich studiere an einer großen Uni, guess what...

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich glaube da an keinen Zufall - diejenigen, die sich selbst zu Experten ernennen und von wieder ähnlichen ernannt werden, sind immer diejenigen, die allen, die diese Art Philosophie kritisieren, die Kompetenz absprechen. Aber ebensowenig wie ich denke, dass man gläubig sein muss, um Religion zu verstehen, muss man ebensowenig Kants Philosophie annehmen, um sie zu verstehen.

Du hast von den Gepflogenheiten und der Streitkultur innerhalb der Geisteswissenschaften keine Ahnung.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » So 12. Jan 2014, 22:10

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Du kannst nicht einfach ignorieren, dass die meisten Menschen z.Bsp. lieber essen als zu hungern, lieber leben als sterben, lieber reich als arm sind - soll das alles deiner Meinung nach nur Ergebnis kultureller Gruppendynamiken sein?
Nein, es folgen nur keine normativen Gebote aus diesem Befund.

Die hat auch keiner formuliert - selbst wenn Bewertungen dieser Sachlage vorgenommen wurden. Aus schlichten Bewertungen erfolgt auch kein normatives Gebot.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Mein Stolz ist meine persönliche Sache und ich habe niemandem gesagt, dass er dann auch stolz sein kann/darf/soll.
Darum geht es nicht, sondern, dass das ein normativer Akt ist.

Mir geht es schon darum - ein normativer Akt (selbst wenn dies begründet einer wäre und nicht nur der sprachlichen Kategorie nach) ist immer noch kein normatives Gebot.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Logik ist auch nützlich, um zu erwägen, ob jemand - besonders Menschen - spezielle Motive oder Fähigkeiten mitbringen.
Nein, eigenbltich nicht.

Natürlich - Antizipation hat 2 Prämissen: Folgerichtigkeit und Gleichförmigkeit. Wenn wir antizipiren, gehen wir zum einen von Gleichförmigkeit (wir haben etwas beobachtet und nehmen an, dass die Beobachtung auf eine andere Situation angewendet werden kann und die Folgen extrapoliert werden können) aus und dann von Folgerichtigkeit/Logik (Gleichförmigkeit forauszusetzen bedeutet Gesetzesmäßigkeiten vorauszusetzen, die folgerichtig sind).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Vor Gericht spielt es eine große Rolle, ob jemand zurechnungsfähig ist und ob er ein Motiv hat, um falsch auszusagen.
Das sind zwie paar Schuhe, über das ersrte entscheiden Psychiater über das zweite der Richter, sich spielt die Folgerichtigkeit hier ene Rolle.

Falsch, ein Psychiater ist nicht zwangsweise Teil einer Urteilsfindung, sondern nur auf Anfrage. Wird keiner angefordert oder erwächst kein Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit, ist die Entscheidung über die Zurechnungsfähigkeit bereits von den Richtern und den Anwälten getroffen. Auch im Alltag fragt man nicht erst einen Psychiater, ob dein Gegenüber zurechnungsfähig ist, das entscheidest du entsprechend deinen Beobachtungen und Einschätzungen.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Damit bist Du bei der philosophisch interessanten Qualia-Frage gelandet und ein Qualia-Befürworter, auch wenn Du Dich zugehörigkeitstechnisch wohl eher im anderen Lager sehen wirst (falls Dir Qualia was sagt). Du schreibst nämlich dem „(wissen?), wie es ist“ einen eigenen Wert zu, so grob gesagt: Wer diese oder jene Erfahrung nicht gemacht hat, der weiß im Grunde nicht, wovon er redet, auch dann, wenn er darüber gelesen hat.
Falsch, ich frage, worin die Berechtigung bstehen soll!
Warum „falsch“, das hatte ich ja impliziert?

Darth Nefarius hat geschrieben:Genauso wie ich nach Rechten und ihrer Legitimation frage - dies sind aber rhetorische Fragen, um zu zeigen, dass es keine Legitimation gibt.
Dann fragst Du Dich ja nicht, sondern gibst Antworten.

Richtig - eine Antwort kann aber auch in Form einer Frage daherkommen - einer rhetorischen Frage. Oder kennst du eine bessere Definition von "rhetorischer Frage"? Einfach wenigstens den nächsten Satz mitlesen, dann sollten sich die Fragen erübrigen und es ergibt sich ein Kontext.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:ein Nicht-rauchender/Ex-Raucher technisch gesehen auch nicht, aber sein persönlicher Hintergrund würden zumindest vermuten lassen, dass seine Aufforderung eine empathische Ebene hat und keine distanzierte.
Was würde das an den Fakten ändern? Rauchen ist nicht gesünder, wenn Dir das ein Nichtrauchenr mitteilt.

Jede Information, die uns ein anderer mitteilt - erst recht Aufforderungen - hat eine persönliche Ebene. Der Mensch folgt der Logik, dass jemand, der mehr Erfahrung mitbringt, auch überzeugender ist bei seinen Aufforderungen. Objektiv (sagen wir mal, es gibt Objektivität) ist es dennoch richtig, dass Rauchen nicht gesünder oder schädlicher wird in unterschiedlichen Kontexten, aber nicht unbedingt subjektiv. Ich habe selbst erlebt, wie manchmal Aufforderungen meinerseits gefürchtet wurden und die dieselben von einer anderen Person akzeptiert und befürwortet. Aber du merkst es doch auch selbst, wenn ich dich zu mehr Höflichkeit auffordere, oder? Es scheint nicht besonders überzeugend, dieser Aufforderung nachzukommen, wenn sie von mir kommt, oder? Tja, und so schließt sich der Kreis und der Anfang der Diskussion erfüllt seinen Zweck.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Empathie und die Lage des auffordernden Subjektes spielen eine Rolle, keine "subjektive Erlebniswelt" - ein furschbarer Begriff,völlig überflüssig und nutzlos. Mich würde also als Patient nicht interessieren, wie er das Rauchen oder Nicht-rauchen erlebt, sondern dass er sich teilweise in meine Lage versetzen kann - gerade WEIL Individuen innerhalb von Gruppen Gemeinsamkeiten aufweisen.
Hattest Du nicht oben erklärt, der Arzt habe einen rein technischen Umgang mit dem Patieten und sieht den Menschen gerade nicht und alles andere seii Gutemenschengesülze?

Meist wird es so sein, der Patient erhofft dennoch etwas Menschlichkeit in seiner ausgelieferten Situation und meinst sie eher zu erhalten, wenn Gemeinsamkeiten vorhanden sind. Ob ein Ex-Raucher-Arzt sich mit einem Lungenkrebspatienten eher identifiziert als ein anderer, ist eine andere Frage, ob aus der Sicht des Patienten ersterer überzeugender ist - es dreht sich um die Perspektive und nicht um objektive Wahrheiten, die sowieso nicht existieren.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ganz recht, er hat ja auch keine Ahnung, wie es ist, ein Kind zu gebären und ist deswegen bei der Frage, ob es beispielsweise sehr schmerzhaft ist, inkompetent - bei der Frage, ob er hilfreich sein kann, ist er jedoch aufgrund seiner Erfahrung und seinem Wissen kompetent.
Genau.
Und was heißt das nun, für die Frau, die weiß, wie es ist, verfügt die übr Wissen oder ist das „nur“ Erleben? Das ist ein Aspekt der Qualia-Frage.

Ich verstehe das Beharren auf die Erlebniswelt nicht - wieso vermengst du Wissen mit Erlebnis, Kompetenz, Normativität usw.? Was soll "was heißt das nun" für eine Frage sein? Ich erkläre dir meine konkreten Unterscheidungen und du meinst, es hätte alles miteinander zu tun - kannst du mir sagen, worauf du hinaus willst?
Vollbreit hat geschrieben:Qualiabefürworter würden sagen, dass man sich das anhören kann, bis mangrün wird, wissen, wie es ist Krebs zu haben, hat man dennoch nicht umfassend gewonnen.
Qualiagegner würden argumentieren, dass man ja auch von den Ängsten und dem Horror der Diagnose und so weiter „wissen“ kann, es muss einem halt nur erzähl werden, man steckt nur nicht in der Haut des Erlebenden. Das, so sagen die Gegner, würde der Begriff aber auch nicht erfordern.

Wissen kann man schonmal gar nichts, bedeutet aber nicht, dass ich einer Erlebniswelt als Begriff irgendeine Bedeutung beimessen muss. So wie ich das sehe, geht es um die Einschätzung der subjektiven Information gegenüber der objektiven und ob objektive Information einen subjektiven Wert hat (so wie eine andere subjektive Information). - in dieser Fragestellungen stecken viele Prämissen, die ich nicht akzeptiere: Ich gehe nicht von Objektivität aus und sehe daher keinen Bedarf eine "Erlebniswelt" abzugrenzen von der restlichen Welt - alles, was wir wahrnehmen ist subjektiv. Wissen (also das objektive Element) ist sowieso nicht existent, ich erkenne also nicht den Konflikt. Selbst wenn man also den Leidensgenossen ewig zuhören würde, wäre damit nicht wirklich ein Wissenserwerb eingetreten - besser fühlen würden sie sich vielleicht allemal und sogar denken, sie "wüssten", was auf sie zukommt - diese Illusion streben die Leute auch an, wenn sie erfahrene leute ausfragen. Ich bin also weder Befürworter, noch Gegner - sich sehe einfach keine Notwendigkeit für den Begriff.
Vollbreit hat geschrieben:Doch, denn die Schädlichkeit des Rauchens liegt nicht daran, ob der, der darüber erzählt selbst raucht. Es geht Dir hier um die moralische Frage der Glaubwürdigkeit. Warum sollte ich auf jemanden hören, der selbst raucht?

Das ist - wie bereits oben dargelegt - eine rhetorische Frage. Es gibt kein Sollen, eine Aufforderung ist eben nur wirksamer, wenn sie durch Erfahrung und Wissen untermauert ist. Man muss auch nicht auf einen Arzt hören, der selbst schon eine Lunge entfernt bekommen hat und nicht mehr raucht - er wirkt lediglich überzeugender. Ein größeres Sollen - oder ein Sollen überhaupt - sehe ich nicht.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wie speziell sind die Fragen? Was ist die Problematik? Wenn wir Beratung suchen, dann erwarten wir Kompetenz - deswegen werden Jugendliche beim Thema "Drogen" in der Schule zu irgendwelchen Entzugskliniken geschleift. Ich persönlich fand es witzig, diese menschlichen Kartoffeln zu betrachten, die sich ihr Nervensystem so zerstört haben, dass sie nichtmal wissen, wann sie geboren wurden.
Ja, eine Art sich vor Ohnmacht zu schützen.

Wieso Ohnmacht? Ich wurde gezwungen, dahin zu gehen, obwohl ich schon unlängst zur Überzeugung gekommen bin, dass Drogen keinerlei Nutzen bieten - ich hatte also nie die Motivation, sie zu nehmen. Wenn andere zu dämlich waren, die Nutzlosigkeit von Drogen zu erkennen, ist das nicht mein Problem, nicht meine Schuld. Sie haben ihre Lage selbst zu verschulden - mein Mitleid haben sie nicht, sehr wohl aber meinen Spott, wenn sie die von mir antizipierten Folgen erleiden und es selbst nicht konnten. Man fragt sich - war das etwa nicht absehbar? Wenn Ich (damals ein Kind) dies konnte, wieso nicht diese Gestalten?
Aber vielleicht schütze ich mich tatsächlich vor einer gewissen Ohnmacht (wenn ich so darüber nachdenke) - vor der Ohnmacht, diese Leute nicht auf die Straße zu setzen, damit sie keine Gelder mehr zum Ausnüchtern verschwenden und nicht nur nutzlos, sondern auch noch verschwenderisch! Ja, ich lache lieber, als mich zu ärgern - über die Verschwendung.
Vollbreit hat geschrieben:Das hat auch keine weitreichenden Auswirkungen auf die Freiheit anderer.
Wenn Du sagst ich foltere gerne blonde Kinder, siehgt das anders aus.

Nur für dich und die Gesellschaft - du wirst dich dann fragen (stellvertretend für die Masse) "Wollen wir diese Bewertung und diese Handlung zulassen?", Du kommst zur Antwort "Nein" und meinst, es müssten deswegen auch normative Gebote folgen, die dies verhinderten. - Viele Denkfehler.
Erstens bedeutet "Oliven gern zu essen" nicht, dass man es auch wirklich oft tut (oder überhaupt). Vielleicht sind Oliven ja auch ungesund und man lässt es deswegen völlig bleiben? Und selbst wenn doch, ist die Frage, ob einem selbst (also dir) diese Handlung gefällt immer noch nicht die Ursache, die zwingend zu einem Gebot führen muss - einer Handlung vielleicht (also dem Verbot, Oliven zu essen), aber keinem Gebot. Ein Verbot wäre eine konkrete Maßnahme, die auf eine andere Person einwirkt - du hast gewollt und gehandelt und eine andere Person damit beeinflusst. Fall erledigt und kein Gebot, sondern nur der Wille und die subjektive Einschätzung waren notwendig. Auch wenn man das auf die Gesellschaft ausweitet, bedarf es keines Gebotes, sondern nur des Willens und der Handlung.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » So 12. Jan 2014, 22:11

Vollbreit hat geschrieben:Moral ist eine intersubjektive Geschichte. Zwei Menschen begegnen einanders, kommen sich wegen gleicher Interessen und endlicher Ressourcenin die Quere und versuchen eine Lösung zu finden.

Das nennt man "Verhandlungen und Kompromiss" und nicht Moral.
Vollbreit hat geschrieben:Die kann heißen „Ich bin stärker, hau ab“ auch das ist Moral, aber die Faustrecht-Moral. Man kann sagen „Lass uns eine faire Lösung finden“ das wäre auch Moral, aber auf einer andere Ebene oder Stufe.

Nein, das nennt man "Problemlösungsstrategie" - eine standartisierte Vorangehensweise - also Methodik - ist immer noch keine Moral. Wissenschaftler haben auch Methodiken - theoretisieren, beobachten, schlussfolgern - das ist aber keine Moral.
Vollbreit hat geschrieben:Hat man genügend moralische konkrete Regeln fomruliert, von denen man meint, sie beträfen nicht nur Meier und Schmidt, sondern es wäre gut, wenn sich all so verhielten, kommt man zu den bekannten Formen moralischer Gebote und Verbote.. Du sollst... Du darfst nicht … .

Richtig - und das ist mir zuwider. Das Verbrechen besteht in der Annahme, die eigenen Regeln wären für andere geeignet oder durchsetzbar. Und was bedeutet schon "gut"? Für einen selbst oder für andere oder nur für eine Gruppe? Nein, mir ist es lieber zu formulieren, was man will und andere zu fragen, was sie wollen, anstatt zu sagen, was gemacht werden muss.
Vollbreit hat geschrieben:Ethik wird im Allgemeinen als Reflexionsstufe der Moral angesehen. D.h. man hinterfragt die konkreten Gebote selbst, etwa in der Art:
Ist es eigentlich wirklich immer schlecht zu töten? Und was wären die Ausnahmen, wann könnte die gerechtfertigt sein?

Die Frage, was "schlecht" ist, ist genauso sinnlos wie die Frage, was "gut" ist - diese Kategorien sollen Objektivität da suggerieren, wo keine ist - es gibt nur ein "erwünscht" oder "unerwünscht", ein "schädlich" oder "nützlich", ein "gewollt" oder "ungewollt". Damit erübrigt sich jede Moral und Ethik.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Vielleicht könnte sie einfach hinterfragt werden, wenn sie unlogisch ist - was ich auch tue. Das verbindende Element ist hierbei der Begriff "Wert" - jedoch habe ich dir bereits oben Beispiele von "Werten" genannt, die sich jeder moralisch-ethischen Klassifizierung entziehen. 50 kg sind weniger als 100 kg - Maßeinheiten bestimmen in gewisser Weise einen "Wert", sind jedoch nicht normativ sondern deskriptiv. Oder nochmal Geld: Wenn einer findet, dass etwas 10 € wert ist und nicht 5 € ist es eine subjektive Einschätzung, die sich einer ethisch-moralischen Ebene entzieht.
Dass Begriffe wie „Wert“ und „Nutzen“ quantitativ und normativ belegt sind, ist doch klar.

"ist doch klar" ist kein Argument - die Beispiele belegen, dass sie keinerlei Normativität per se besitzen. Eine Bewertung kann auch reine Deskription sein - die Zuschreibung eines Messwertes, eines Geldgegenwertes usw....
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Abgesehen davon erkenne ich immer noch nicht die logische Begründung für diese Kategorisierung - ich streite ja nicht darüber, dass Wertung manchmal als normativ eingestuft wird, ich sehe nur nicht ein, warum das so ist (abgesehen von Wertungen wie "gut" oder "böse", wobei ich diese Wertungen völlig ablehne).
Welche Begründung sollte das sein? Was ist die logische Begründuhng für „weich“, „rot“ oder „alt“?

Auch diese Attribute sind völlig subjektiv und daher relativierbar - "alt" kann 101 Jahre für einen Menschen bedeuten und für ein Sonnensystem "jung"; "weich" kann für uns ein Kuchen sein "hart" kann er für die Made sein, die sich vielleicht später versucht, durchzubohren; "rot" kann etwas für unser Farbspektrum sein, für andere sieht es vielleicht "blau" aus oder wird gar nicht wahrgenommen. Nichts ist objektiv alt, rot oder weich, ebensowenig wie Bewertungen objektiv und immer normativ sind.
Vielleicht formuliere ich mal die Frage anders: Was sollte der Grund sein, um Bewertungen oder Werte als normative Größen zu betrachten - ausschließlich und primär? Wieso ist auch reine Deskriptivität ausgeschlossen?
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich sage:"Ich bin Egoist, das ist nützlich, für mich und andere" - siehst du da eine kausale Begründung?
Ja, da es nützlich für mich und andere ist.

Aber nicht so, wie du es herum formulierst - du vertauscht Ursache und Wirkung: Ich bin nicht Egoist, weil es für andere nützlich ist, sondern es ist für andere (und vor allen für mich) nützlich, dass ich Egoist bin. Das ist ein wichtiger Punkt, um auch Evolution und Selektion zu begreifen (was du offensichtlich nicht geleistet hast): Etwas entwickelt sich nicht, weil es nützlich ist, sondern es überlebt und erweist sich als nützlich (oder nur nicht schädlich).
Vollbreit hat geschrieben:Dass selbst die stärksten natürlichen Triebe verbogen werden können, zeigt allerdings wie weit es mit der „reinen Natürlichkeit“ her ist. Nicht sehr weit.

Unsinn - die Fähigkeit zur Unterdrückung ist auch natürlich, da sie durch unsere gesteigerten kognitiven Fähigkeiten gegeben sind, die sich wiederum aus unserem weiterentwickelten Gehirn ergeben. Interessant ist nur, wie Triebe unterdrückt werden - es ist immer eine Motivation vorhanden und das bedeutet, dass lediglich ein anderer Trieb ersteren überwiegt.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Es ist natürlich interessant zu fragen, wie die Gesellschaft mit diesen Derivatisierungen umgehen will, aber die Derivatisierungen zu erklären, ist eine Frage der Biologie - die meines Erachtens bei weitem nicht ausreichend berücksichtigt wird aufgrund der Ansprüche von Ethikern und Moralisten.
Was wäre gewonnen wenn Du z.B. biologisch erklären kannst, warum Bulimikerinnenden Esstrieb auskicken? Dass „Moralisten“ (was verstehst Du darunter?) dazu Stellung nehmen ist mir eher weniger bekannt.

Sie kicken ihn nicht aus, sondern haben eine Störung. Diese kostet sie zuerst Lebensqualität, dann Fruchtbarkeit und schließlich das Leben. So einfach. Und diese Informationen können schon ausreichend sein, um den subjektiven Willen zu beeinflussen - sind andererseits auch nicht weniger wirksam wie eine Regel oder ein Gebot, welches durch den Willen umgangen oder einfach ignoriert werden kann. Gebote sind einfach ein unnötiger, nutzloser Umweg (bestenfalls). Schlimmstenfalls ist Moral die Störung selbst: Du MUSST schlank sein, die Gesellschaft VERLANGT von dir, nur 50 kg zu wiegen...... Wenn diese Störung wegfällt und nur der biologische Wille zu essen bleibt (aber auch nur dieser - der eben auch nur vorhanden ist, wenn man hungrig ist), ist das Problem gelöst.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Juristiktion würde formell wohl genauso funktionieren wie sie es jetzt tut, wären naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen Grundlagen zur Einschätzung eines Angeklagten und nicht moralische. Man kann einen Täter gern verachten, wenn man will - dazu benötigt es keine Moral, sondern nur das Gefühl von Hass aufgrund einer Tat, die man verabscheut.
Der Sinn des Rechtsystems ist nicht, zu rächen und die Grundlage eines Urteils nicht Verachtung.

Offiziell nicht - aber inoffiziell schon. Warum sonst verschwenden Angehörige von Mordopfern ihre Zeit, um der Hinrichtung des Mörders beizuwohnen, wie es in den USA üblich ist? Der offizielle Sinn ist nur durch das subjektive Empfinden gestützt, dass der Verbrecher ausreichend bestraft wurde - also leidet.
Wenn klar formuliert wird, dass eine genormte Strafe zur Befriedigung dieses Verlangens gebildet wird (die eben nicht zur Illusion der Gerechtigkeit beitragen soll), würde eine Gesellschaft auch funktionieren - jedoch mit dem Vorteil, ehrlicher, weniger naiv zu sein und weniger selbstbetrügerisch.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wenn ich sage, dass man etwas "nicht muss", sehe ich das nicht als normative Aussage, sondern auch nur als Feststellung. Du verwechselst die Negation der Normativität ("du sollst/musst nicht") mit Normativität selbst ("du sollst/musst").
Nö, ich bin einfach nicht so blöd nicht zu wissen, wie Du das meinst.

Du bist vielleicht nicht clever genug, zu sehen, dass du richtig erkannt hast, dass ich etwas negiere (dein Beispiel), aber daraus keine Normativität erwächst. Ist für dich etwa die Aussage, dass "alles erlaubt ist" eine normative? Und wenn ja auch schon eine ethische? Was ist da gemusst? Nichts.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Unsinn - das können nur schlechte Philosophien nicht. Der Empirismus, der Materialismus und der Nihilismus sind auch Philosophien - von Geisteswissenschaftlern selbst aber nur selten vertreten, da sie auch nicht hätten Geisteswissenschaftler sein wollen, wenn es anders wäre.
An die Kurzdarstellung der beiden grundsätzlichen Lager von Beginn an: Empiristen und Idealisten erinnerst Du Dich noch?

Da hast du 2 Lager gegeneinandergestellt, die nicht auf der gleichen Ebene argumentieren und keine gegensätzlichen Lager sind. Das hat immer noch nichts mit meiner Aussage zu tun.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:der Egoismus in Reindefinition bedeutet, dass man erstmal nur seinen eigenen Nutzen sucht - es ergibt sich aber nicht die momentan stehende zweite Aussage, dass man anderen schaden will - beides hat keinen kausalen Zusammenhang. Genausowenig ist es zwingend, dass die Suche nach Nutzen eine für alle ist. Die üblichen Definitionen beider Begriffe weichen von den zentralen Worten ab, gehen darüber hinaus, ohne jedoch logische Rechtfertigung: "ego-ich" und "utilitas-Nutzen".
Womit Du im oberen Teil sagen willst, dass Dein privater Gebrauch allegemeine gebräuchlich ist und unten, dass er es nicht ist.

Jein, ich will sagen, dass oberflächlich allgemein der Begriff "Egoismus" zunächst nur mit Ichbezogenheit assoziiert wird - dem Willen, sich zu nützen. Die sprachliche offizielle Definition schließt jedoch daürber hinaus auch noch den Schaden anderer mit ein - was keinen kausalen Zusammenhang hat. Gleiches gilt für den Utilitarismus: Umgangssprachlich vom Wort "Nutzen" abgeleitet und auf die Motivation bezogen - "dem Nutzen folgend".
Lexikalisch hingegen ist der Zusatz angegeben, es wäre der Nutzen für alle gesucht - auch keine zwingende Schlussfolgerung.
Es geht mir um die Definition a priori und die Zusätze a posteriori. Dass der Egoismus bedeutet, man suche den Nutzen für einen selbst, ist eine Definition a priori - dass er anderen schadet ein Teil der Definition a posteriori. Oder nochmal anders: Wenn du nach einem Synonym für "Ichbezogenheit" fragst, wirst du meist "Egoismus" als Antwort erhalten - wenn du aber nach "Schädlichkeit" fragst, wohl weniger. Genauso wirst du bei "Nützlichkeitsdenken" "Utilitarismus" als Synonym erhalten, aber nicht bei "Allgemeinwohl". Verstehst du, worauf ich hinauswill? Meine Lesart ist pragmatisch, sie lässt das, was nicht zwingend aus der Definition a priori erwächst, weg.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » So 12. Jan 2014, 22:33

Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Klar ist da die angebliche goldene Regel, die vor Missbrauch schützen soll und er letztlich nur von Konfuzius geklaut hat

Kategorischer Imperativ != Goldene Regel.

Hä? Wer hat denn gesagt, es wäre dasselbe? Die goldene Regel ist der Zusatz, der den kategorischen Imperativ nicht zur Grundlage eines Genozids werden lassen soll! Funktioniert nur leider nicht.
Nanna hat geschrieben:Da du eine naive Ansicht von Textinterpretation hast und ernsthaft davon ausgehst, dass es ein Textinhalt offensichtlich wäre und bei "richtiger" Lesart nicht missverstanden werden könne, musst du das wohl so sehen. Der Geisteswissenschaftler hat dir da etwas voraus, aber wir wissen ja beide schon, was du dazu sagen wirst.

Die Texte der Aufklärer sind logischerweise an "Unaufgeklärte" gerichtet - ich bin darüber weit hinaus, mich mit der naiven Zielgruppe eines Bürgers ohne politische Erfahrung und Bildung zu vergleichen. Ich habe folglich mehr als genug Kompetenz, diese Texte zu verstehen. Der text mag nicht unbedingt "offensichtlich" sein, es reicht aber nicht viel aus, um sie zu verstehen.
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die gleiche Argumentation könntest du bei religiösen Texten anführen - und Theologen wären diejenigen, die sagten, dass nur sie die richtige Interpretation beherrschten.

Das hat niemand behauptet, weder bei religiösen noch philosophischen Texten. Es geht nicht darum, sich von einer Autorität sagen zu lassen, was da drin steht, sondern unter Anleitung etwas zu erarbeiten und nachzuvollziehen. Wenn du unter Anleitung einen Fensterrahmen schreinerst, kannst du hinterher auch selber beurteilen, ob er gut geworden ist, hättest ihn aber ohne Anleitung nie so gut hingekriegt, weil du vorher noch nicht wusstest, wie es geht. Textexegese ist da gar nicht so unterschiedlich.

Kenne ich, hatte ich; darauffolgende Interpretationen wurden als "sehr gut" klassifiziert, über die Jahrgänge.
Nanna hat geschrieben:Ähnlich gibt es bei der Textexegese Kenntnisse, die man haben muss (zuvorderst z.B. ganz banal Sprachkenntnisse), um einen Text im Sinne des Urhebers verstehen zu können.

Das geht mir langsam zu weit - weder meine sprachliche noch meine historische oder philosophische Bildung können berechtigt angezweifelt werden! Ich habe meinen Abschluss nicht an einer Waldorfschule gemacht, sondern an einem humanistischen Gymnasium mit Bestnoten und Auszeichnung! Im direkten Vergleich hätte ich wohl jeden hier in die Tasche gesteckt.
Nanna hat geschrieben:Und nein, Kant hat nicht für die Masse geschrieben, sondern für die gebildete bürgerliche Schicht Mitteleuropas..

Damit war "die Masse" gemeint .... zugegeben war die Verwendung dementsprechend falsch, aber insofern richtig, dass auf diese Gruppe gesetzt wurde, um die Gesellschaft insgesamt weiterzubringen. Politiker richten dementsprechend auch nicht ihre Politik an die Masse, sondern an ihre Wählergruppe - sprechen aber vom Volk.
Nanna hat geschrieben:Es geht nicht darum, dass Kant kompliziert geschrieben hat, sondern dass er mit Begriffen Dinge impliziert hat, die man mit heutigen Sprachkentnissen und gutem Sprachgefühl nicht wissen kann. Man muss einen riesigen Korpus an Kant-Texten und Kommentaren gelesen haben, um da dahinter zu steigen.

Das mag bei Dantes "Inferno" so sein, aber nur aufgrund der Distanz zum mittelalterlichen Italien und dessen Politik, bei Kant ist zum einen diese Distanz kürzer, zum anderen sind mir auch die historischen Kontexte bekannt.
Nanna hat geschrieben:Dein Verständnis von Sprache gleicht leider dem der Zeit vor der linguistischen Wende, ja sogar von vor de Sassure. Was de Sassure zeigen konnte, ist, dass Sprache anders funktioniert, als der gesunde Menschenverstand es erwartet. Die meisten Leute glauben, dass Begriffe wie Zettel wären, die man an Dinge, die schon da sind, hinklebt. Verknüpfungen zwischen Begriffen und Sachen sind aber kontingent und über die Zeit dynamisch, ändern also ihre Bedeutung ....

Komisch, dass ausgerechnet ich dies vorgeworfen bekomme - in der parallel laufenden Diskussion mit Vollbreit wird mir die Willkür meiner Definitionen (am Beispiel "Utilitarismus" und "Egoismus") vorgeworfen - dieser Vorwurf könnte dir bekannt sein.
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Kennst du auch nur einen vermeindlichen Profi in Sachen Kant, der nicht auch ein Verteidiger seiner Philosophie ist?

Ich studiere an einer großen Uni, guess what...

Ja, und ist einer, der anerkannt ein Profi ist, nicht auch einer seiner Befürworter? Das bedeutet, er hat entweder eine absolut überzeugende Philosophie (nein) oder nur diejenigen, die ihm zustimmen, werden als Profis betrachtet. Wenn dies eine Gepflogenheit der Geisteswissenschaftler ist, dann gute Nacht.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Mo 13. Jan 2014, 00:51

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Kategorischer Imperativ != Goldene Regel.

Hä? Wer hat denn gesagt, es wäre dasselbe? Die goldene Regel ist der Zusatz, der den kategorischen Imperativ nicht zur Grundlage eines Genozids werden lassen soll! Funktioniert nur leider nicht.

Danke für diese Demonstration. Die Beziehung der beiden Regeln, die du hier behauptest, ist nämlich nicht korrekt, genauer gesagt sogar ziemlich falsch. Die Goldene Regel ist kein Zusatz zum Kategorischen Imperativ. Historisch geht die Goldene Regel dem Kategorischen Imperativ voraus, welcher ist eine verallgemeinernde Form mit bestimmten Zusatzforderungen ist.

Kant hat selbst betont, dass die individuelle Vorstellung davon, was wünschenswert wäre und was nicht, sich nicht zur Etablierung allgemeiner Gesetze eignet. Beim kategorischen Imperativ geht es darum, in einer allgemein wünschenswerten Form zu handeln, nicht in einer, die man persönlich festlegt. Letztlich verlangt Kant von dir, dass du, im Gegensatz zur Goldenen Regel, die eine Projektion der eigenen Erwartungen auf Andere darstellt, deine individuellen Vorlieben, Interessen und Nutzenerwägungen zugunsten eines allgemein wünschenswerten Gesetzes zurückstellst. Insofern ist eben der Kategorische Imperativ eine erweiterte, verallgemeinerte Form der Goldenen Regel und mitnichten etwas, wozu die Goldene Regel in irgendeiner Weise ein Zusatz sein könnte. Das ist eine ziemlich absurde Behauptung und ich habe keine Ahnung, wie du darauf gekommen bist.

Darth Nefarius hat geschrieben:Die Texte der Aufklärer sind logischerweise an "Unaufgeklärte" gerichtet - ich bin darüber weit hinaus, mich mit der naiven Zielgruppe eines Bürgers ohne politische Erfahrung und Bildung zu vergleichen. Ich habe folglich mehr als genug Kompetenz, diese Texte zu verstehen. Der text mag nicht unbedingt "offensichtlich" sein, es reicht aber nicht viel aus, um sie zu verstehen.

Du liest nicht richtig. Ich habe dich nicht in eine bestimmte soziale Schublade gesteckt, sondern lediglich das Textverständnis, das du hier ganz offen und transparent im Form offenbarst, als naives Verständnis von jemandem bezeichnet, der keine weitergehende Kenntnis über die linguistische Wende und ihre Entdeckungen hat. Und ich füge hinzu: Offenbar auch kein Interesse (was diese Diskussion gerade sterbenslangweilig macht).

Darth Nefarius hat geschrieben:Kenne ich, hatte ich; darauffolgende Interpretationen wurden als "sehr gut" klassifiziert, über die Jahrgänge.

Vielleicht muss ich es nochmal deutlicher sagen: Deine Schulnoten interessieren hier niemanden.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das geht mir langsam zu weit - weder meine sprachliche noch meine historische oder philosophische Bildung können berechtigt angezweifelt werden! Ich habe meinen Abschluss nicht an einer Waldorfschule gemacht, sondern an einem humanistischen Gymnasium mit Bestnoten und Auszeichnung! Im direkten Vergleich hätte ich wohl jeden hier in die Tasche gesteckt.

Warte - hatte ich schon mal was über Desinteresse an deiner Schulkarriere erwähnt?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Es geht nicht darum, dass Kant kompliziert geschrieben hat, sondern dass er mit Begriffen Dinge impliziert hat, die man mit heutigen Sprachkentnissen und gutem Sprachgefühl nicht wissen kann. Man muss einen riesigen Korpus an Kant-Texten und Kommentaren gelesen haben, um da dahinter zu steigen.

Das mag bei Dantes "Inferno" so sein, aber nur aufgrund der Distanz zum mittelalterlichen Italien und dessen Politik, bei Kant ist zum einen diese Distanz kürzer, zum anderen sind mir auch die historischen Kontexte bekannt.

Wärst du wirklich derart gebildet, wärst du jetzt schon mit deiner Promotion durch und würdest nicht hier im Forum rumhängen. Du würdest auch über Kant eine Antwort schreiben, die rockt, und nicht Plattitüden und Allgemeinplätze über dein angebliches Wissen aneinander reihen. Echte Könner demonstrieren lässig nebenbei, was sie drauf haben, und haben es nicht nötig, mit ihren Schulzeugnissen um ein bisschen Anerkennung zu betteln.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Dein Verständnis von Sprache gleicht leider dem der Zeit vor der linguistischen Wende, ja sogar von vor de Sassure. Was de Sassure zeigen konnte, ist, dass Sprache anders funktioniert, als der gesunde Menschenverstand es erwartet. Die meisten Leute glauben, dass Begriffe wie Zettel wären, die man an Dinge, die schon da sind, hinklebt. Verknüpfungen zwischen Begriffen und Sachen sind aber kontingent und über die Zeit dynamisch, ändern also ihre Bedeutung ....

Komisch, dass ausgerechnet ich dies vorgeworfen bekomme - in der parallel laufenden Diskussion mit Vollbreit wird mir die Willkür meiner Definitionen (am Beispiel "Utilitarismus" und "Egoismus") vorgeworfen - dieser Vorwurf könnte dir bekannt sein.

Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Du hast nicht richtig verstanden. Es geht nicht darum, dass es keine etablierten Zusammenhänge zwischen Zeichen und ihren Bedeutungen gibt, sondern darum, dass diese Bedeutungen je nach Sprachgemeinschaft und zeitlicher Situation unterschiedlich sein können, obwohl dasselbe Zeichen verwendet wird. Und nein, das ist nicht so trivial, wie es klingt, aber ich hab keine Lust, darüber einen seitenlangen Abriss zu schreiben. Google es, wenn es dich wirklich interessiert. Vollbreits Kritik ist vollkommen berechtigt und widerspricht dem, was ich gesagt habe, keineswegs.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ja, und ist einer, der anerkannt ein Profi ist, nicht auch einer seiner Befürworter? Das bedeutet, er hat entweder eine absolut überzeugende Philosophie (nein) oder nur diejenigen, die ihm zustimmen, werden als Profis betrachtet. Wenn dies eine Gepflogenheit der Geisteswissenschaftler ist, dann gute Nacht.

Als ich sagte, dass ich an einer großen Uni studiere, meinte ich damit, dass es hier selbstverständlich Kantanhänger und Kantkritiker gibt. Viele sind beides in einem und wären an deiner lustvollen Frontenbildung nicht unbedingt interessiert. Generell kommt man aber an Kant in der Philosophie ungefähr so leicht vorbei, wie an Einstein in der Physik, d.h. es bildet sich so und so jeder eine Meinung über ihn. Kaum einer würde Kant von vorne bis hinten verwerfen, dazu ist er zu grundlegend und seine Aussagen sind zu gewichtig.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 13. Jan 2014, 11:46

Nanna hat geschrieben:Die Beziehung der beiden Regeln, die du hier behauptest, ist nämlich nicht korrekt, genauer gesagt sogar ziemlich falsch. Die Goldene Regel ist kein Zusatz zum Kategorischen Imperativ. Historisch geht die Goldene Regel dem Kategorischen Imperativ voraus, welcher ist eine verallgemeinernde Form mit bestimmten Zusatzforderungen ist.

Ja, wie ich oben bereits gesagt habe, ist die goldene Regel zuerst bei Konfuzius aufgetaucht und nicht bei Kant - folglich ist sie dem kategorischen Imperativ vorausgegangen. Ich weiß nicht, was du meinst zu gewinnen, wenn du versuchst, mich zu diskreditieren. Zuerst die bescheuerte Behauptung von dir, ich würde beides gleichsetzen, dann die überflüssige Erklärung, dass die goldene Regel dem Imperativ vorausgegangen ist, obwohl ich schon erwähnt habe, was der Ursprung der ersteren ist - du kannst dir eine Diskusion sparen, wenn du nur darauf aus bist, mir Unfähigkeit nachzuweisen. Dadurch, dass ich die goldene Regel als Zusatz bezeichnet habe, wird ihre Bedeutung für den kategorischen Imperativ nicht falsch: Zuerst bildet das Individuum eine allgemeine regel, von der sie sich wünschen könnte, dass sie allgemeines Gesetz werde, dann sollte die Kompatibilität dieser mit der goldenen Regel überprüft werden. Kein Mensch denkt andersherum und beginnt von der goldenen Regel. Produktkontrolle ist am sichersten, wenn die Überprüfung am Ende der Produktion stattfindet und nicht davon ausgegangen wird, dass die Geräte am Anfang immer funktionieren. Dass die goldene Regel älter als der Imperativ ist, bedeutet nicht, dass sie auch im Denkprozess dem Imperativ vorausgeht.
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Texte der Aufklärer sind logischerweise an "Unaufgeklärte" gerichtet - ich bin darüber weit hinaus, mich mit der naiven Zielgruppe eines Bürgers ohne politische Erfahrung und Bildung zu vergleichen. Ich habe folglich mehr als genug Kompetenz, diese Texte zu verstehen. Der text mag nicht unbedingt "offensichtlich" sein, es reicht aber nicht viel aus, um sie zu verstehen.

Du liest nicht richtig. Ich habe dich nicht in eine bestimmte soziale Schublade gesteckt, sondern lediglich das Textverständnis, das du hier ganz offen und transparent im Form offenbarst, als naives Verständnis von jemandem bezeichnet, der keine weitergehende Kenntnis über die linguistische Wende und ihre Entdeckungen hat. Und ich füge hinzu: Offenbar auch kein Interesse (was diese Diskussion gerade sterbenslangweilig macht).

Ich lese sehr wohl richtig und mir ist egal, was du mir vorwirfst. Ich erkläre, wieso dieser Vorwurf absurd ist. Abgesehen davon ist diese Diskussion insgesamt absurd - es gibt immer Raum für Interpretationen und etwas gegenteiliges wirst du nie beweisen können. Die historischen Bedeutungen von einigen Worten mag sich ändern, aber bei anderen wiederum nicht - "Wille, Pflicht, kategorisch, Imperativ, gut, böse".... - diese Worte haben ihre Bedeutung nicht verloren oder geändert. Bei "Trieben" könnte man wiederum darüber diskutieren - es würde sich herausstellen, dass die heutige Definition im Prinzip sein Denkgebilde widerlegt und die damalige nicht zu gebrauchen ist (im biologischen und psychologischen Sinne). Wenn es noch andere zentrale Worte in seinen Texten gibt, die ihren Sinn radikal geändert haben, kannst du gern Beispiele nennen. Das bedeutet, dass das Gebilde entweder deswegen zusammenstürzt, weil man die heutige Definition verwendet, oder man die damalige verwendet, die falsch ist. Und zudem steht immer der Autor in der Bringschuld, sich so auszudrücken, dass er seiner Absicht gemäß verstanden wird - wenn er aber schlichtweg einige Konsequenzen nicht bedacht hat, ist kein falsches Verständnis die Ursache. Bei Marx gab es auch selbst bei konsequentester Umsetzung des Kommunismus immer den Fehler (von Marx), dass der Mensch nunmal anders funktioniert als er es beschrieben hat und ein System nach seinen Vorstellungen am Menschen scheitern wird. Es steht sowieso kein Leser in der Pflicht, einen Text so zu lesen, wie der Autor es wünscht und die exakt gleichen Voraussetzungen zu erfüllen und die gleichen Schlüsse zu ziehen - es wird auch nie möglich sein.
Deine Ignoranz betreffend dem Spielraum für Interpretationen erschüttert mich und dein Gehabe über meine angeblichen Lücken zeigt, wie schlecht du selbst lesen kannst.
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Kenne ich, hatte ich; darauffolgende Interpretationen wurden als "sehr gut" klassifiziert, über die Jahrgänge.

Vielleicht muss ich es nochmal deutlicher sagen: Deine Schulnoten interessieren hier niemanden.

Es geht um Bildung, die du mir absprichst - die Bildung, die ich hatte, konnte Kant damals nichtmal bei seiner Zielgruppe voraussetzen. Meine Kenntnisse wurden als mehr als ausreichend eingestuft. Das entzieht deinen Behauptungen jede Basis, so wie deine schlechten Versuche, mir Formulierungen in den Mund zu legen. Die Bewertung des Bildungsstandes erfolgt nunmal durch Noten und nicht kümmerliche Gestalten in einem Internetforum.
Nanna hat geschrieben:Wärst du wirklich derart gebildet, wärst du jetzt schon mit deiner Promotion durch und würdest nicht hier im Forum rumhängen.

Oh, eigentlich bin ich noch in der Regelstudienzeit - ich habe angefangen zu studieren als ich hier im Forum anfing. Ich habe nebenbei auch viele zusätzliche Leistungen erbracht, den Zeitplan trotzdem eingehalten und kann im Forum schreiben, wie ich lustig bin - alles eine Frage des Managements und der Disziplin.
Nanna hat geschrieben:Komisch, dass ausgerechnet ich dies vorgeworfen bekomme - in der parallel laufenden Diskussion mit Vollbreit wird mir die Willkür meiner Definitionen (am Beispiel "Utilitarismus" und "Egoismus") vorgeworfen - dieser Vorwurf könnte dir bekannt sein.

Auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole: Du hast nicht richtig verstanden. Es geht nicht darum, dass es keine etablierten Zusammenhänge zwischen Zeichen und ihren Bedeutungen gibt, sondern darum, dass diese Bedeutungen je nach Sprachgemeinschaft und zeitlicher Situation unterschiedlich sein können, obwohl dasselbe Zeichen verwendet wird.[/quote]
Gibt es einen "klopf, klopf, ist da jemand drin-Smilie"? Wenn ja, würde ich ihn gern hier anwenden, um zu wissen, ob bei dir etwas im Kopf drin ist. DU hast nicht verstanden. Zusammenfassung: DU wirfst mir vor - demjenigen, der Begriffe wie Egoismus und Utilitarismus gern neu definiert, wenn es sein muss (also keine unbedingt etablierten Bedeutungen von Worten benutzt, wenn es angemessen ist, sondern die Zusammenhänge zwischen Bedeutung und Zeichen ändert) - dass ich nicht verstünde, dass die Zusammenhänge zwischen Bedeutung und Zeichen sich ändern. Analogie (falls der Groschen immer noch nicht gefallen ist): Du wirfst einem Fußball vor, nicht rund zu sein! Du wirfst mir vor, nur auf starren und einmaligen Bedeutungen von Worten zu beharren (demjenigen, der es hier am wenigsten im Forum tut)!
Ist das etwa nicht absurd? Wie ist die angeblich berechtigte Kritik an meinem Umgang mit Zeichen und einer von mir angepassten Bedeutung einerseits gerechtfertigt und andererseits auch die Behauptung, ich würde nicht verstehen, dass Bedeutungen für Zeichen sich ändern??????
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ja, und ist einer, der anerkannt ein Profi ist, nicht auch einer seiner Befürworter? Das bedeutet, er hat entweder eine absolut überzeugende Philosophie (nein) oder nur diejenigen, die ihm zustimmen, werden als Profis betrachtet. Wenn dies eine Gepflogenheit der Geisteswissenschaftler ist, dann gute Nacht.

Als ich sagte, dass ich an einer großen Uni studiere, meinte ich damit, dass es hier selbstverständlich Kantanhänger und Kantkritiker gibt. Viele sind beides in einem und wären an deiner lustvollen Frontenbildung nicht unbedingt interessiert. Generell kommt man aber an Kant in der Philosophie ungefähr so leicht vorbei, wie an Einstein in der Physik, d.h. es bildet sich so und so jeder eine Meinung über ihn. Kaum einer würde Kant von vorne bis hinten verwerfen, dazu ist er zu grundlegend und seine Aussagen sind zu gewichtig.

Nein, er ist historisch nur zu überbewertet, weil seine Philosophie damals in den Kram der Regierung passte, die keine aufgeklärten Individuen, sondern gehorsame Diener formen wollte. Die Politik ist entscheidend für die Bewertung einzelner Gestalten.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Mo 13. Jan 2014, 13:06

Darth Nefarius hat geschrieben:Ich lese sehr wohl richtig und mir ist egal, was du mir vorwirfst.

Das trifft sich gut, mir ist nämlich gerade aufgefallen, dass ich hier meine Zeit verschwende.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Mo 13. Jan 2014, 15:01

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:ein Nicht-rauchender/Ex-Raucher technisch gesehen auch nicht, aber sein persönlicher Hintergrund würden zumindest vermuten lassen, dass seine Aufforderung eine empathische Ebene hat und keine distanzierte.
Was würde das an den Fakten ändern? Rauchen ist nicht gesünder, wenn Dir das ein Nichtrauchenr mitteilt.
Jede Information, die uns ein anderer mitteilt - erst recht Aufforderungen - hat eine persönliche Ebene. Der Mensch folgt der Logik, dass jemand, der mehr Erfahrung mitbringt, auch überzeugender ist bei seinen Aufforderungen.
Was heißen würde, dass Du auf eine gemachte „wie es ist“ Erfahrung wert legen würdest.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Hattest Du nicht oben erklärt, der Arzt habe einen rein technischen Umgang mit dem Patieten und sieht den Menschen gerade nicht und alles andere seii Gutemenschengesülze?
Meist wird es so sein, der Patient erhofft dennoch etwas Menschlichkeit in seiner ausgelieferten Situation und meinst sie eher zu erhalten, wenn Gemeinsamkeiten vorhanden sind. Ob ein Ex-Raucher-Arzt sich mit einem Lungenkrebspatienten eher identifiziert als ein anderer, ist eine andere Frage, ob aus der Sicht des Patienten ersterer überzeugender ist - es dreht sich um die Perspektive und nicht um objektive Wahrheiten, die sowieso nicht existieren.
Ich verstehe nicht mehr, was Du überhaupt aussagen wolltest.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Und was heißt das nun, für die Frau, die weiß, wie es ist, verfügt die übr Wissen oder ist das „nur“ Erleben? Das ist ein Aspekt der Qualia-Frage.
Ich verstehe das Beharren auf die Erlebniswelt nicht - wieso vermengst du Wissen mit Erlebnis, Kompetenz, Normativität usw.? Was soll "was heißt das nun" für eine Frage sein? Ich erkläre dir meine konkreten Unterscheidungen und du meinst, es hätte alles miteinander zu tun - kannst du mir sagen, worauf du hinaus willst?
Ob Qualia Wissen ist oder nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Qualiabefürworter würden sagen, dass man sich das anhören kann, bis mangrün wird, wissen, wie es ist Krebs zu haben, hat man dennoch nicht umfassend gewonnen.
Qualiagegner würden argumentieren, dass man ja auch von den Ängsten und dem Horror der Diagnose und so weiter „wissen“ kann, es muss einem halt nur erzähl werden, man steckt nur nicht in der Haut des Erlebenden. Das, so sagen die Gegner, würde der Begriff aber auch nicht erfordern.
Wissen kann man schonmal gar nichts, bedeutet aber nicht, dass ich einer Erlebniswelt als Begriff irgendeine Bedeutung beimessen muss.
Was Du aber im Fall des rauchenden Arztes tust.

Darth Nefarius hat geschrieben:So wie ich das sehe, geht es um die Einschätzung der subjektiven Information gegenüber der objektiven und ob objektive Information einen subjektiven Wert hat (so wie eine andere subjektive Information). - in dieser Fragestellungen stecken viele Prämissen, die ich nicht akzeptiere: Ich gehe nicht von Objektivität aus und sehe daher keinen Bedarf eine "Erlebniswelt" abzugrenzen von der restlichen Welt - alles, was wir wahrnehmen ist subjektiv.
Soweit kann ich diese Einstellung erst mal teilen, die Erlebniswelt ist Teil der Welt, das sehe ich auch so.

Darth Nefarius hat geschrieben:Wissen (also das objektive Element) ist sowieso nicht existent, ich erkenne also nicht den Konflikt. Selbst wenn man also den Leidensgenossen ewig zuhören würde, wäre damit nicht wirklich ein Wissenserwerb eingetreten - besser fühlen würden sie sich vielleicht allemal und sogar denken, sie "wüssten", was auf sie zukommt - diese Illusion streben die Leute auch an, wenn sie erfahrene leute ausfragen. Ich bin also weder Befürworter, noch Gegner - sich sehe einfach keine Notwendigkeit für den Begriff.
Da bist Du schon wieder auf der Anwendungsebene, einen Schritt zu weit.

Darth Nefarius hat geschrieben:Man muss auch nicht auf einen Arzt hören, der selbst schon eine Lunge entfernt bekommen hat und nicht mehr raucht - er wirkt lediglich überzeugender. Ein größeres Sollen - oder ein Sollen überhaupt - sehe ich nicht.
Es ist zwar etwas anstregend, dass es bestimmte Wörter in Deinem Leben nicht gibt, aber dass es Leute gibt, die mehr oder weniger überzeugend wirken, meint etwas ähnliches.

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber vielleicht schütze ich mich tatsächlich vor einer gewissen Ohnmacht (wenn ich so darüber nachdenke) - vor der Ohnmacht, diese Leute nicht auf die Straße zu setzen, damit sie keine Gelder mehr zum Ausnüchtern verschwenden und nicht nur nutzlos, sondern auch noch verschwenderisch! Ja, ich lache lieber, als mich zu ärgern - über die Verschwendung.
Hohn, Entwertung und Arroganz sind Abwehrmechanismen, auch dann noch, wenn sie im Charakter fest verankert sind.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Moral ist eine intersubjektive Geschichte. Zwei Menschen begegnen einanders, kommen sich wegen gleicher Interessen und endlicher Ressourcenin die Quere und versuchen eine Lösung zu finden.

Das nennt man "Verhandlungen und Kompromiss" und nicht Moral.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Die kann heißen „Ich bin stärker, hau ab“ auch das ist Moral, aber die Faustrecht-Moral. Man kann sagen „Lass uns eine faire Lösung finden“ das wäre auch Moral, aber auf einer andere Ebene oder Stufe.
Nein, das nennt man "Problemlösungsstrategie" - eine standartisierte Vorangehensweise - also Methodik - ist immer noch keine Moral. Wissenschaftler haben auch Methodiken - theoretisieren, beobachten, schlussfolgern - das ist aber keine Moral.

Um mal wie Du zu argumentieren: Warum soll ich, um mich mit Dir auszutauschen, noch mal Darth-Sprech lernen, was hab ich davon?
Genau, nichts. Also werde ich das nicht tun und wenn Du es auch nicht tust, wird der Austausch zwischen uns größenteils wegfallen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Hat man genügend moralische konkrete Regeln fomruliert, von denen man meint, sie beträfen nicht nur Meier und Schmidt, sondern es wäre gut, wenn sich all so verhielten, kommt man zu den bekannten Formen moralischer Gebote und Verbote.. Du sollst... Du darfst nicht … .
Richtig - und das ist mir zuwider.
Das ist doch Dein Problem.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Verbrechen besteht in der Annahme, die eigenen Regeln wären für andere geeignet oder durchsetzbar. Und was bedeutet schon "gut"? Für einen selbst oder für andere oder nur für eine Gruppe? Nein, mir ist es lieber zu formulieren, was man will und andere zu fragen, was sie wollen, anstatt zu sagen, was gemacht werden muss.
Damit hast Du den darin liegenden Erkenntisprozess nicht nachvollzogen, so rein von der Denkleistung findet ich das schwach.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ethik wird im Allgemeinen als Reflexionsstufe der Moral angesehen. D.h. man hinterfragt die konkreten Gebote selbst, etwa in der Art:Ist es eigentlich wirklich immer schlecht zu töten? Und was wären die Ausnahmen, wann könnte die gerechtfertigt sein?
Die Frage, was "schlecht" ist, ist genauso sinnlos wie die Frage, was "gut" ist - diese Kategorien sollen Objektivität da suggerieren, wo keine ist - es gibt nur ein "erwünscht" oder "unerwünscht", ein "schädlich" oder "nützlich", ein "gewollt" oder "ungewollt". Damit erübrigt sich jede Moral und Ethik.
Sagen wir mal so, ich sehe das eher als kindisches Geplärre, was ein durchschnittlciher 15-Jähriger besser drauf hat. Beeindruckt mich so wenig wie Nanna.

Darth Nefarius hat geschrieben:Auch diese Attribute sind völlig subjektiv und daher relativierbar - "alt" kann 101 Jahre für einen Menschen bedeuten und für ein Sonnensystem "jung"; "weich" kann für uns ein Kuchen sein "hart" kann er für die Made sein, die sich vielleicht später versucht, durchzubohren; "rot" kann etwas für unser Farbspektrum sein, für andere sieht es vielleicht "blau" aus oder wird gar nicht wahrgenommen. Nichts ist objektiv alt, rot oder weich, ebensowenig wie Bewertungen objektiv und immer normativ sind.
Begriffe sind zwar kontextabhängig, aber auch nicht völlig relativ. Dass Du als Westentaschenkritiker der Gesiterswissenschaften Dich ausgerechnet ihrer jämerlichsten Auswüchse bedienst, das hat schon was: http://de.wikipedia.org/wiki/Sokal-Aff%C3%A4re

Darth Nefarius hat geschrieben:Vielleicht formuliere ich mal die Frage anders: Was sollte der Grund sein, um Bewertungen oder Werte als normative Größen zu betrachten - ausschließlich und primär? Wieso ist auch reine Deskriptivität ausgeschlossen?
Die Frage ist für mich unverständlich. Berwertungen sind normative Größen. Ich verstehe noch nicht mal wo da das Problem ist. Deskipriton: Herr X hat eine Körpertemperatur von 40°C. Bewertung: Oh, ganz schön hohes Fieber, da müssen wir aufpassen. Folgebewertung: Wie sollte man angesicht von Allgemeinzustand, Alter, Grunderkrankung vorgehen? Deskriptivies Wissen: Paracetamol senkt das Fieber.
Normativ: Wenn wir wollen, dass Herr X keine ernsten Probleme bekommt, sollten wir ihm eine Kurzinfusion mit Paracematol anhängen und eine Blutuntersuchung auf Infektparameter anordnen um eien Sepsi oder Pneumonie auszuschließen.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, ich sage:"Ich bin Egoist, das ist nützlich, für mich und andere" - siehst du da eine kausale Begründung?
Ja, da es nützlich für mich und andere ist.
Aber nicht so, wie du es herum formulierst - du vertauscht Ursache und Wirkung: Ich bin nicht Egoist, weil es für andere nützlich ist, sondern es ist für andere (und vor allen für mich) nützlich, dass ich Egoist bin. Das ist ein wichtiger Punkt, um auch Evolution und Selektion zu begreifen (was du offensichtlich nicht geleistet hast): Etwas entwickelt sich nicht, weil es nützlich ist, sondern es überlebt und erweist sich als nützlich (oder nur nicht schädlich).
Glaubst Du ernsthaft, das jemand der seinen Namen buchstabieren kann, das nicht verstehen kann?

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Dass selbst die stärksten natürlichen Triebe verbogen werden können, zeigt allerdings wie weit es mit der „reinen Natürlichkeit“ her ist. Nicht sehr weit.
Unsinn - die Fähigkeit zur Unterdrückung ist auch natürlich, da sie durch unsere gesteigerten kognitiven Fähigkeiten gegeben sind, die sich wiederum aus unserem weiterentwickelten Gehirn ergeben. Interessant ist nur, wie Triebe unterdrückt werden - es ist immer eine Motivation vorhanden und das bedeutet, dass lediglich ein anderer Trieb ersteren überwiegt.
Wie gesagt, das ist Vorkabellernerei, die hat mir schon in der Schule keinen Spaß bereitet und ich sehe nicht ein umständlichen Mist zu lernen, wo man enfach Kultur sagen könne, ein Wort, was jeder versteht, außer Dir halt.

Darth Nefarius hat geschrieben:Sie kicken ihn nicht aus, sondern haben eine Störung. Diese kostet sie zuerst Lebensqualität, dann Fruchtbarkeit und schließlich das Leben. So einfach. Und diese Informationen können schon ausreichend sein, um den subjektiven Willen zu beeinflussen - sind andererseits auch nicht weniger wirksam wie eine Regel oder ein Gebot, welches durch den Willen umgangen oder einfach ignoriert werden kann. Gebote sind einfach ein unnötiger, nutzloser Umweg (bestenfalls). Schlimmstenfalls ist Moral die Störung selbst: Du MUSST schlank sein, die Gesellschaft VERLANGT von dir, nur 50 kg zu wiegen...... Wenn diese Störung wegfällt und nur der biologische Wille zu essen bleibt (aber auch nur dieser - der eben auch nur vorhanden ist, wenn man hungrig ist), ist das Problem gelöst.
Dein einsamer Kreuzzug gegen Gebote ist etwas albern, aber der Glaube, die Information eine massive Essstörung würde „ zuerst Lebensqualität, dann Fruchtbarkeit und schließlich das Leben“ beeinflussen (fraglos alles richtig) würde bei einer soliden Borderline-Störung irgendwas ändern, ist heillos naiv.
Was die dämlichen Modediktate angeht, da gebe ich Dir recht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die Juristiktion würde formell wohl genauso funktionieren wie sie es jetzt tut, wären naturwissenschaftliche Betrachtungsweisen Grundlagen zur Einschätzung eines Angeklagten und nicht moralische. Man kann einen Täter gern verachten, wenn man will - dazu benötigt es keine Moral, sondern nur das Gefühl von Hass aufgrund einer Tat, die man verabscheut.
Der Sinn des Rechtsystems ist nicht, zu rächen und die Grundlage eines Urteils nicht Verachtung.
Offiziell nicht - aber inoffiziell schon. Warum sonst verschwenden Angehörige von Mordopfern ihre Zeit, um der Hinrichtung des Mörders beizuwohnen, wie es in den USA üblich ist?
Also ich leeb in Deutschland, und Du?

Darth Nefarius hat geschrieben:Der offizielle Sinn ist nur durch das subjektive Empfinden gestützt, dass der Verbrecher ausreichend bestraft wurde - also leidet.
Wenn klar formuliert wird, dass eine genormte Strafe zur Befriedigung dieses Verlangens gebildet wird (die eben nicht zur Illusion der Gerechtigkeit beitragen soll), würde eine Gesellschaft auch funktionieren - jedoch mit dem Vorteil, ehrlicher, weniger naiv zu sein und weniger selbstbetrügerisch.
Ich vermute mal eher, dass Dir bei Strafe kein anderer Sinn einfällt, als Rache und Verachtung, da bin ich sogar recht sicher.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Womit Du im oberen Teil sagen willst, dass Dein privater Gebrauch allegemeine gebräuchlich ist und unten, dass er es nicht ist.
Jein, ich will sagen, dass oberflächlich allgemein der Begriff "Egoismus" zunächst nur mit Ichbezogenheit assoziiert wird - dem Willen, sich zu nützen. Die sprachliche offizielle Definition schließt jedoch daürber hinaus auch noch den Schaden anderer mit ein - was keinen kausalen Zusammenhang hat. Gleiches gilt für den Utilitarismus: Umgangssprachlich vom Wort "Nutzen" abgeleitet und auf die Motivation bezogen - "dem Nutzen folgend".
Darth, ich habe verstanden, was Du meinst, nicht gerade erst, seit Monaten. Ich finde es dennoch falsch und wenn Du nicht erkennen kannst wann Dein Gegenüber etwas erkannt hat und des trotzdem ablehnt oder es nicht erkannt hat, ist das Dein Defiizit und Probem, nicht meines.
Die Diskussion über den Egoismus wurde breit geführt, Du hast von Agent sogar eine Arbeit bekommen, die empirisch aufzeigt, dass und warum Du Dich irrst, Du hast sie entweder nicht gelesen oder nicht verstanden, ich habe sie gelesen und verstanden, damit ist die Sache mit dme Egoismis auch von da aus klar.

Begriffe auf den Wortstamm zurückzuführen ist weder unüblich und falsch, wenn man darüber hinaus aber ignoriert was die aktuelle Bedeutung von Utilitarimus ist – einfach gesagt den größtmögliche Nutzen für die größtmögliche Zahl zu erzielen – dann ist das ein Defizit, nämlich Deines. Wenn Du Dich mit Brachialgewalt isolieren willst kannst Du das gerne weiter tun, ist Deine Entscheidung.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon fopa » Mo 13. Jan 2014, 16:57

Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich lese sehr wohl richtig und mir ist egal, was du mir vorwirfst.

Das trifft sich gut, mir ist nämlich gerade aufgefallen, dass ich hier meine Zeit verschwende.
Allein das Wegscrollen eurer Schlammschlacht ist Zeitverschwendung. :igitt:
Nichts gegen konstruktive Auseinandersetzungen, aber ich lese mir diese Zitatzerfleischerei allein aus Selbstschutz nicht durch.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Di 14. Jan 2014, 00:58

Ist wahrscheinlich eine gute Idee.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Darth Nefarius » Di 14. Jan 2014, 12:57

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Ich verstehe das Beharren auf die Erlebniswelt nicht - wieso vermengst du Wissen mit Erlebnis, Kompetenz, Normativität usw.? Was soll "was heißt das nun" für eine Frage sein? Ich erkläre dir meine konkreten Unterscheidungen und du meinst, es hätte alles miteinander zu tun - kannst du mir sagen, worauf du hinaus willst?
Ob Qualia Wissen ist oder nicht.

Nein, weil es kein Wissen gibt - der Begriff erfordert eine Art Objektivität, die es nicht gibt. Es gibt nur subjektive Erfahrungen, Annahmen, Überzeugungen ....
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wissen kann man schonmal gar nichts, bedeutet aber nicht, dass ich einer Erlebniswelt als Begriff irgendeine Bedeutung beimessen muss.
Was Du aber im Fall des rauchenden Arztes tust.

Nein, nicht unbedingt - es erhöht eventuell die Chancen. Es bedeutet nicht, dass die subjektive Einschätzung oder das Erlebnis per se eine Bedeutung haben muss.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Man muss auch nicht auf einen Arzt hören, der selbst schon eine Lunge entfernt bekommen hat und nicht mehr raucht - er wirkt lediglich überzeugender. Ein größeres Sollen - oder ein Sollen überhaupt - sehe ich nicht.
Es ist zwar etwas anstregend, dass es bestimmte Wörter in Deinem Leben nicht gibt, aber dass es Leute gibt, die mehr oder weniger überzeugend wirken, meint etwas ähnliches.

Und ob etwas überzeugender ist oder nicht, ist immer noch subjektiv. Aber bei dem Problem, dass es keine Objektivität gibt, müsstest du doch eigentlich nachvollziehen, wieso ich den Begriff "Qualia" - ob sie Wissen bedeutet - meide, oder nicht?
Vollbreit hat geschrieben:Um mal wie Du zu argumentieren: Warum soll ich, um mich mit Dir auszutauschen, noch mal Darth-Sprech lernen, was hab ich davon?
Genau, nichts. Also werde ich das nicht tun und wenn Du es auch nicht tust, wird der Austausch zwischen uns größenteils wegfallen.

Ich habe kein Problem, mich mit dir auszutauschen, wenn du nicht absolutistisch versuchst, bestimmte Denkweisen unter eine bestimmte Kategorie zu subsummieren - die Geisteswissenschaftler finden die einen Worte für vielleicht dasselbe Konzept der Naturwissenschafter. Unsere Diskussionen finden aber nicht selten in einem Bereich statt, wo wir uns nicht über die Aussage, sondern über die Kategorisierung streiten, weil du erklärst, dass die Naturwissenschaften kein Recht hätten, sich in Angelegenheit xyz einzumischen und ich dir dann erkläre, wieso sie es aus einer anderen Perspektive und einer anderen (mindestens ebenso legitimen) Kategorisierung doch können. Keiner zwingt dich, Problemlösungsstrategie als Problemlösungsstrategie zu bezeichnen - du kannst sie auch "Faustmoral" nennen oder sonstwie - aber zu erklären, dass nur deine Definition korrekt ist oder ich der einzige Vertreter der von mir dargebrachten bin, ist Unsinn.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Hat man genügend moralische konkrete Regeln fomruliert, von denen man meint, sie beträfen nicht nur Meier und Schmidt, sondern es wäre gut, wenn sich all so verhielten, kommt man zu den bekannten Formen moralischer Gebote und Verbote.. Du sollst... Du darfst nicht … .
Richtig - und das ist mir zuwider.
Das ist doch Dein Problem.

Nein, es hat ja einen Grund, wieso es mir zuwider ist: Es ist kein logisch-zwingendes Vorgehen - keiner muss von sich auf andere schließen und denken, dass es eine logische Konsequenz wäre, wenn das, was ich für richtig halte, auch gut für andere ist. Das ist der Kern der Moral, der mir zuwider ist. Es ist nicht das Problem, dass mir dieses Vorgehen zuwider ist, sondern die Moral ist das Problem aller.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Das Verbrechen besteht in der Annahme, die eigenen Regeln wären für andere geeignet oder durchsetzbar. Und was bedeutet schon "gut"? Für einen selbst oder für andere oder nur für eine Gruppe? Nein, mir ist es lieber zu formulieren, was man will und andere zu fragen, was sie wollen, anstatt zu sagen, was gemacht werden muss.
Damit hast Du den darin liegenden Erkenntisprozess nicht nachvollzogen, so rein von der Denkleistung findet ich das schwach.

Es ist keine Erkenntnis zu denken, dass das, was man selbst gut findet auch für andere gut sein muss und sie deswegen alle so handeln müssen - das anzunehmen ist schwach, dumm und gefährlich.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Vielleicht formuliere ich mal die Frage anders: Was sollte der Grund sein, um Bewertungen oder Werte als normative Größen zu betrachten - ausschließlich und primär? Wieso ist auch reine Deskriptivität ausgeschlossen?
Die Frage ist für mich unverständlich. Berwertungen sind normative Größen. Ich verstehe noch nicht mal wo da das Problem ist. Deskipriton: Herr X hat eine Körpertemperatur von 40°C. Bewertung: Oh, ganz schön hohes Fieber, da müssen wir aufpassen.

Ja, die Frage hast du nicht verstanden, weil du die Zuordnung einer Körpertemperatur - also eines Messwertes (!) (und die Zuordnung eines Messwertes kann auch als Bewertung verstanden werden) nicht als Bewertung betrachtest. Das ist dein Fehler. So leid es mir für dich tut, aber auch Messwerte sind Werte, Geldwerte sind Werte - es bedeutet, dass einem Zustand oder eines Sache ein relatives Symbol zugeordnet wird auf einer gewissen Skala (das kann "gut" zwischen "sehr gut" und "sehr schlecht" sein oder "20°C" zwischen "0°C" und "100°C"). Hier kannst du sehen, unter welchen Kategorien "Wert" verstanden werden kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wert (klammern wir mal die letzten 2 aus).
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Aber nicht so, wie du es herum formulierst - du vertauscht Ursache und Wirkung: Ich bin nicht Egoist, weil es für andere nützlich ist, sondern es ist für andere (und vor allen für mich) nützlich, dass ich Egoist bin. Das ist ein wichtiger Punkt, um auch Evolution und Selektion zu begreifen (was du offensichtlich nicht geleistet hast): Etwas entwickelt sich nicht, weil es nützlich ist, sondern es überlebt und erweist sich als nützlich (oder nur nicht schädlich).

Glaubst Du ernsthaft, das jemand der seinen Namen buchstabieren kann, das nicht verstehen kann?

Du hast es offensichtlich nicht verstanden - Ja, es wäre eine Ethik, wenn ich Egoist wäre, weil es anderen nützt. Aber Ursache und Wirkung sind nunmal vertauscht und der Nutzen ist ein "Nebeneffekt" eines Zustandes, der nicht entschieden wurde eingenommen zu werden.
Vollbreit hat geschrieben:Wie gesagt, das ist Vorkabellernerei, die hat mir schon in der Schule keinen Spaß bereitet und ich sehe nicht ein umständlichen Mist zu lernen, wo man enfach Kultur sagen könne, ein Wort, was jeder versteht, außer Dir halt.

Ach, und das, was du betreibst, ist keine Vokabellernerei? Wieso muss ich die Vokabeln der Geisteswissenschaftler annehmen, aber nicht du die der Naturwissenschaftler? Die Kritik am Naturalismus oder dem Kunstwort Szientismus ergibt sich doch nur aus einer unterschiedlichen Anwendung der Sprache - ich persönlich betrachte es als großen Durchbruch, dass du jetzt offensichtlich eingesehen hast, dass in weiten Teilen keine Unlogik zu finden ist, sondern nur eine andere Kategorisierung und Sprache erfolgt, als es deine ist. Die mag dir zwar nicht gefallen, aber das muss sie nicht, um in sich stimmig zu sein. Ich denke, dass wir doch in vielen Bereichen zu einem Konsens kommen können, wenn du einfach einsiehst, dass manche Vorstellungen synonym sind in verschiedenen Denkschulen. Ich habe meine Gründe, es nicht "Moral" zu nennen, du vielleicht deine, es nicht "Verhalten" zu nennen. Ich persönlich sehe nur mehr Vorteile in der naturwissenschaftlichen Methodik als in (eine der vielen) geisteswissenschaftlichen: Es gibt keine grundlegenden ideologischen Differenzen zwischen den Naturwissenschaftlern (also einem Biologien und einem Physiker z.Bsp.), da sie eine vereinheitlichte Methodik besitzen - bei Geisteswissenschaftlern sieht das anders aus.
Vollbreit hat geschrieben:Dein einsamer Kreuzzug gegen Gebote ist etwas albern, aber der Glaube, die Information eine massive Essstörung würde „ zuerst Lebensqualität, dann Fruchtbarkeit und schließlich das Leben“ beeinflussen (fraglos alles richtig) würde bei einer soliden Borderline-Störung irgendwas ändern, ist heillos naiv.
Was die dämlichen Modediktate angeht, da gebe ich Dir recht.

Tja, aber die wirksamsten "Anti-Drogen"-Kampagnen arbeiten eben nicht mit elterlich-naiven Verboten, sondern mit Informationen über den körperlichen Verfall - die Jugendlichen entscheiden dann aufgrund dieses offensichtlich unerwünschten Phänomens freiwillig (!) (im besten Fall) nicht zur Droge zu greifen (denk nur an die Schockbilder auf Zigarettenschachteln - diese sind wesentlich effektiver als jeder Verbot). Fragt sich nunmal, was wirklich naiv ist: Deinem Kind zu sagen, dass es nicht die Herdplatte anfassen soll und zu glauben, dass es das nicht tut, oder zu erklären, dass es sehr schmerzhaft und schädlich ist? Was wird wohl eher funktionieren? Wenn ich dich auffordere, jetzt aus dem Fenster zu springen, wirst du es tun? Nein, aber wenn ich dir theoretisch sagen würde, dass es hinter dir brennt und du sterben könntest, würdest du es eher tun und ich musste dich noch nichtmal dazu auffordern.
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Warum sonst verschwenden Angehörige von Mordopfern ihre Zeit, um der Hinrichtung des Mörders beizuwohnen, wie es in den USA üblich ist?

Also ich leeb in Deutschland, und Du?

Ist ein Extrembeispiel, aber man kann es auch auf deutsches Recht anwenden - die Deutschen sind nur schneller zufriedenzustellen als die Amerikaner - lebenslänglich scheint als Strafe ausreichend. Du kannst das auf jede Strafe anwenden - sie wird nur als gerecht betrachtet "wenn der Täter bekommt, was er verdient". Das "Verdienen" ist subjektiv und wenn die Strafe zu milde ausfällt, scheint den meisten der Gerechtigkeit nicht genüge getan zu sein. Die Bemessung einer Strafe in Zeit ist reine willkür. Diese Willkür ist nur durch den Willen nach Leid für den Täter absprechbar - aber welche moralische Rechtfertigung gibt es denn schon für 4 Jahre, 3 Monate und 21 Tage???? Keine, die Latte wird nach dem Empfinden der Opfer festgelegt, nach ihrem Rachedurst. Damit es aber nicht ausufert, hat man sich intersubjektiv auf bestimmte Zeiten geeinigt, aber dieses System basiert letztlich auf dem Rachebedürfnis der Menschen. Klar ist, dass eine Resozialisierung (falls das der Vorwand ist, den du einbringen wolltest) nicht unterschiedlich lange dauert, wenn unterschiedliche Verbrechen verübt wurden: Wenn ein Kleinkrimmineller immer wieder Dorgen vertickt und Leute zusammenschlägt, ist er ein härterer Fall als ein gesitteter, gebildeter Bürger mit geregelten Lebensumständen, der sich noch nie etwas zu Schulden kommen ließ, bis er ausversehen vielleicht oder im Affekt einen anderen Menschen getötet hat - wenn man also danach ginge, wie lange die Resozialisierung benötigen würde, könnte es also passieren, dass ein schwereres Verbrechen mit einer geringeren Haft betitelt wird als ein weniger schweres. Ist das die Realität? Selten, da es immer auch um das Verlangen geht, jemandem zu schaden, der selbst Schaden angerichtet hat - also Rache.
Vollbreit hat geschrieben:Begriffe auf den Wortstamm zurückzuführen ist weder unüblich und falsch, wenn man darüber hinaus aber ignoriert was die aktuelle Bedeutung von Utilitarimus ist – einfach gesagt den größtmögliche Nutzen für die größtmögliche Zahl zu erzielen – dann ist das ein Defizit, nämlich Deines. Wenn Du Dich mit Brachialgewalt isolieren willst kannst Du das gerne weiter tun, ist Deine Entscheidung.

Ich isoliere mich nicht - ich erkläre nur, was sprachlich einfach nicht folgerichtig ist: der größtmögliche Nutzen ist eine qualitätive Frage - für die größtmögliche Anzahl an Leuten ist eine quantitative Frage, die sich daraus einfach nicht ergibt. Agents Link habe ich gelesen und geschrieben, wieso ich der Definiton von Egoismus, die da aufgeführt wird, nicht folge und dementsprechend die sogenannten "Beweise" nicht für Beweise des Altruismus betrachte, sondern für die des Egoismus.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Vollbreit » Di 14. Jan 2014, 16:06

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ob Qualia Wissen ist oder nicht.
Nein, weil es kein Wissen gibt - der Begriff erfordert eine Art Objektivität, die es nicht gibt. Es gibt nur subjektive Erfahrungen, Annahmen, Überzeugungen ....
So weit würde ich nicht gehen. Der Klassiker diesen radikalen Erkenntispessimismus auszuknocken ist die Frage, ob diese Erkenntnis, er gäbe kein Wissen nun allgemeinverbindlich ist oder rein privater Natur.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Wissen kann man schonmal gar nichts, bedeutet aber nicht, dass ich einer Erlebniswelt als Begriff irgendeine Bedeutung beimessen muss.
Was Du aber im Fall des rauchenden Arztes tust.
Nein, nicht unbedingt - es erhöht eventuell die Chancen. Es bedeutet nicht, dass die subjektive Einschätzung oder das Erlebnis per se eine Bedeutung haben muss.
Mein Eindruck ist, dass wir beide neben dem reine Informationsgehalt noch eine gewissen Wert darauf legen, wer etwas behauptet. Kannst Du dem zustimmen?

Darth Nefarius hat geschrieben:Und ob etwas überzeugender ist oder nicht, ist immer noch subjektiv.
Ja, klar.

Darth Nefarius hat geschrieben: Aber bei dem Problem, dass es keine Objektivität gibt, müsstest du doch eigentlich nachvollziehen, wieso ich den Begriff "Qualia" - ob sie Wissen bedeutet - meide, oder nicht?
Sagen wir mal so: Wenn Du meinst es gäbe kein objektives Wissen, ist die Frage ob Qualia Wissen ist, sinnlos. Das ist klar, halte ich nur für nicht haltbar in dem starken Sinne, den Du vorschlägst. Denn, wenn Du bspw. sagst, ich hätte keine Ahnung von Evolutionstheorie, dann meinst Du doch sicherlich dass ich da Wissenslücken habe, die nicht einfach nur Meinung sind, oder?
Und beides passt halt nicht zusammen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, es hat ja einen Grund, wieso es mir zuwider ist: Es ist kein logisch-zwingendes Vorgehen - keiner muss von sich auf andere schließen und denken, dass es eine logische Konsequenz wäre, wenn das, was ich für richtig halte, auch gut für andere ist.
Stimmt, genau darum geht es aber auch nicht.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das ist der Kern der Moral, der mir zuwider ist. Es ist nicht das Problem, dass mir dieses Vorgehen zuwider ist, sondern die Moral ist das Problem aller.
Ich weiß ja nicht, wer Dir den Quatsch eingeimpft hat, aber Du bist doch eigentlich alt und klug genug um Fehler zu revidieren.
Moral hat nie den Sinn von „Tue, was ich will“ gehabt. Richtig ist, dass Moral instruzmentalisiert werden kann, aber das sind zwie Paar Schuhe.
Ethik kann schon nicht mehr instrumentalisiert werden, weil sie auch die rationale Begründung des Subjekts abzielt, das je nach dem, welches ethsiche System es bevorzugt aufgefordert wird zu schauen, ob die Grundintention hinter der eigene Wahl zur allgemeine Norm werden könnte (was aber nicht heißt, dass das was ich tue jeder tun muss), das wäre der KI oder ob meine Handlung das größtmögliche Glück oder größtmöglichen Zahl vergrößert, das wäre der klassische Utilitarimus. Und es gibt andere Ethiken.

Darth Nefarius hat geschrieben:Das Verbrechen besteht in der Annahme, die eigenen Regeln wären für andere geeignet oder durchsetzbar. Und was bedeutet schon "gut"? Für einen selbst oder für andere oder nur für eine Gruppe?
Da müsstest Du dann das betreffende Subjekte, bzw. die betreffenden Subjekte fragen und wärst dem eigentlichen Sinn von Moral und Ethik immerhin näher gekommen.

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, mir ist es lieber zu formulieren, was man will und andere zu fragen, was sie wollen, anstatt zu sagen, was gemacht werden muss.
Noch mal: Moral legt bestimmte Gebote vor, die aber auch nicht aus der hohlen Hand, Ethik schon nicht mehr.
Dass man im Einzelfall Absprachen trifft, ist ja ebenfalls ein moralisch-ethischer Akt.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Damit hast Du den darin liegenden Erkenntisprozess nicht nachvollzogen, so rein von der Denkleistung findet ich das schwach.
Es ist keine Erkenntnis zu denken, dass das, was man selbst gut findet auch für andere gut sein muss und sie deswegen alle so handeln müssen - das anzunehmen ist schwach, dumm und gefährlich.
Nur hat das mit Ethik soviel zu tun, wie die Lehre von den Himmelskörpern mit Biologie.

Darth Nefarius hat geschrieben:Ja, die Frage hast du nicht verstanden, weil du die Zuordnung einer Körpertemperatur - also eines Messwertes (!) (und die Zuordnung eines Messwertes kann auch als Bewertung verstanden werden) nicht als Bewertung betrachtest. Das ist dein Fehler. So leid es mir für dich tut, aber auch Messwerte sind Werte, Geldwerte sind Werte - es bedeutet, dass einem Zustand oder eines Sache ein relatives Symbol zugeordnet wird auf einer gewissen Skala (das kann "gut" zwischen "sehr gut" und "sehr schlecht" sein oder "20°C" zwischen "0°C" und "100°C"). Hier kannst du sehen, unter welchen Kategorien "Wert" verstanden werden kann:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wert (klammern wir mal die letzten 2 aus).
Das hatten wir doch schon alles. Mein Gott, ist das zäh und öde. Auf was willst Du neben kleinlicher Rechthaberei hinaus? Du kannst gerne versuchen Dir die Welt hinzubiegen, nur dann bitte ohne mich.

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Wie gesagt, das ist Vorkabellernerei, die hat mir schon in der Schule keinen Spaß bereitet und ich sehe nicht ein umständlichen Mist zu lernen, wo man enfach Kultur sagen könne, ein Wort, was jeder versteht, außer Dir halt.
Ach, und das, was du betreibst, ist keine Vokabellernerei? Wieso muss ich die Vokabeln der Geisteswissenschaftler annehmen, aber nicht du die der Naturwissenschaftler?
Weil Ethik und Moral keine Naturwissenschaften sind.

Darth Nefarius hat geschrieben:Es gibt keine grundlegenden ideologischen Differenzen zwischen den Naturwissenschaftlern (also einem Biologien und einem Physiker z.Bsp.), da sie eine vereinheitlichte Methodik besitzen - bei Geisteswissenschaftlern sieht das anders aus.
Natürlich, ist ja auch ein anderer Ansatz.
Die Frage bei dem ganzen Naturalismuskram ist einfach, ob sich die Inhalte des Geisteswissenschaften in eine deskripitve Form übersetzen lassen, oder ob es umgekhert ist oder ogb das gar nicht geht und was das für Konsequenzen hat.

Darth Nefarius hat geschrieben:Tja, aber die wirksamsten "Anti-Drogen"-Kampagnen arbeiten eben nicht mit elterlich-naiven Verboten, sondern mit Informationen über den körperlichen Verfall - die Jugendlichen entscheiden dann aufgrund dieses offensichtlich unerwünschten Phänomens freiwillig (!) (im besten Fall) nicht zur Droge zu greifen (denk nur an die Schockbilder auf Zigarettenschachteln - diese sind wesentlich effektiver als jeder Verbot).
Vielleicht gibt es ja noch einen dritten Weg. ;-)

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben: Warum sonst verschwenden Angehörige von Mordopfern ihre Zeit, um der Hinrichtung des Mörders beizuwohnen, wie es in den USA üblich ist?
Also ich leeb in Deutschland, und Du?
Ist ein Extrembeispiel, aber man kann es auch auf deutsches Recht anwenden - die Deutschen sind nur schneller zufriedenzustellen als die Amerikaner - lebenslänglich scheint als Strafe ausreichend. Du kannst das auf jede Strafe anwenden - sie wird nur als gerecht betrachtet "wenn der Täter bekommt, was er verdient". ... Selten, da es immer auch um das Verlangen geht, jemandem zu schaden, der selbst Schaden angerichtet hat - also Rache.
https://de.wikipedia.org/wiki/Strafzwecktheorien

Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Begriffe auf den Wortstamm zurückzuführen ist weder unüblich und falsch, wenn man darüber hinaus aber ignoriert was die aktuelle Bedeutung von Utilitarimus ist – einfach gesagt den größtmögliche Nutzen für die größtmögliche Zahl zu erzielen – dann ist das ein Defizit, nämlich Deines. Wenn Du Dich mit Brachialgewalt isolieren willst kannst Du das gerne weiter tun, ist Deine Entscheidung.
Ich isoliere mich nicht - ich erkläre nur, was sprachlich einfach nicht folgerichtig ist: der größtmögliche Nutzen ist eine qualitätive Frage - für die größtmögliche Anzahl an Leuten ist eine quantitative Frage, die sich daraus einfach nicht ergibt.
An der Stelle solltest Du nicht aufhören. Denn hier bist Du auf eine Schwierigkeit des Utilitarimus gestoßen, der unter Quantität abhandeln will, was Qualität ist.
Auch wenn man hier mit Statistiken argumentiert wird dieser Widerspruch nicht beseitigt. Die Tür hast Du geöffnet nun kannst Du die Ernte einfahren.
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Re: Wozu dient der Gottesbegriff?

Beitragvon Nanna » Di 14. Jan 2014, 16:35

Vollbreit hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Ob Qualia Wissen ist oder nicht.
Nein, weil es kein Wissen gibt - der Begriff erfordert eine Art Objektivität, die es nicht gibt. Es gibt nur subjektive Erfahrungen, Annahmen, Überzeugungen ....
So weit würde ich nicht gehen. Der Klassiker diesen radikalen Erkenntispessimismus auszuknocken ist die Frage, ob diese Erkenntnis, er gäbe kein Wissen nun allgemeinverbindlich ist oder rein privater Natur.

Ist die Aussage "Ich weiß, dass es kein Wissen gibt", nicht ohnehin ein performativer Selbstwiderspruch?
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