Illusionen

Re: Illusionen

Beitragvon Pia Hut » Mo 30. Jul 2012, 13:29

Das Anliegen in diesem Thread über die Kritik der Religion hinauszugehen und sie auszuweiten, also z.B. auch andere „höhere Werte“ (außer Gottheiten) in Frage zu stellen, finde ich ganz spannend, daher versuch ich hier mit ein paar weiteren Fragen diese Diskussion wieder etwas anzustoßen.
Wozu braucht es eigentlich Moral und Ethik und würde „Mensch“ nicht besser fahren wenn man darauf verzichtet? Dass das nicht ginge behauptet offenbar dieses Zitat.
stine hat geschrieben:Habt ihr Nihilisten euch eigentlich noch nie gefragt, ob die Menschheit ohne Seins-, Erkenntnis-, Wert- und Gesellschaftsordnung überhaupt bis zum Status quo gekommen wäre?


Bei dieser Frage scheint mir viel in einen Topf geworfen, wie das bei „Etikettierungen“ wie „Nihilisten“ allerdings recht üblich ist. Wenn die eigene Kritik an Selbsverständlichkeiten in unserer Gesellschaft etwas grundsätzlicher ausfällt, heißt das noch lange nicht, dass einem selbst deshalb gar nichts wichtig wäre (- ich mag die Bezeichnung Nihilismus - als gleichgültige Stellung zur Welt - daher wenig).Auch wenn man etwas gegen „Werte“ einzuwenden hat, dann aber doch noch keineswegs gleichzeitig etwas gegen „Erkenntnis“ – im Gegenteil – ich würde sogar behaupten ein großes Erkenntnisinteresse verträgt sich oft nicht gut mit der Moral, ist meist der Grund die Moral/Ethik anzuzweifeln. Wozu braucht eine Gesellschaftsordnung Werte – bzw. die Moral?
Nietzsche, den ich v.a. als Moralkritiker zu schätzen weiß, hat dazu u.a. gesagt: „Nun hat die Moral das Leben vor der Verzweiflung und dem Sprung in's Nichts bei solchen Menschen und Ständen geschützt, welche von Menschen vergewaltthätigt und niedergedrückt wurden: denn die Ohnmacht gegen Menschen, nicht die Ohnmacht gegen die Natur, erzeugt die desperateste Verbitterung gegen das Dasein. „ http://gutenberg.spiegel.de/buch/6029/8
Stellt sich die Frage ob man solche höheren Gesichtspunkte bzw. höhere Werte - sprich eine Moral - v. a. dann nötig hat, wenn es „etwas auszuhalten“ gilt? Aber „braucht“ man Moral dann wirklich (Moral- als eine andere Sicht der Dinge) oder wäre es da nicht sinniger man würde sich ganz real um die Änderung der Dinge Gedanken machen, anstatt ein „Übel“ aushalten zu wollen, dass scheint mir doch ein recht untertäniger Umgang mit der Ohnmacht?
Auch der Begriff „falsche Ideale“ tauchte mal ganz zu Anfang im Thread auf? Gibt es den „richtige“ Ideale – bin da sehr im Zweifel, ob Ideale überhaupt was taugen. Bzw. hier wäre wohl zu unterscheiden ob es einfach nur um eine Zukunftsvorstellung geht, wie z.. ein Projekt fertig aussehen soll oder ob es eine Art Vollkommenheitsmuster ist, dem man nachjagt. Auch hier noch zwei Nietzschezitate zur gedanklichen Anregung.
Nietzsche, der als Moralkritiker den Nihilismus ebenfalls ablehnt, spricht davon „daß das Ideal bis jetzt die eigentlich welt- und menschverleumdende Kraft, der Gifthauch über der Realität, die große Verführung zum Nichts war.“ ….(390)
„Mein Schlußsatz ist: daß der wirkliche Mensch einen viel höheren Werth darstellt als der »wünschbare« Mensch irgend eines bisherigen Ideals: daß alle »Wünschbarkeiten« in Hinsicht auf den Menschen absurde und gefährliche Ausschweifungen waren, mit denen eine einzelne Art von Mensch ihre Erhaltungs- und Wachsthums-Bedingungen über der Menschheit als Gesetz aufhängen möchte; daß jede zur Herrschaft gebrachte »Wünschbarkeit« solchen Ursprungs bis jetzt den Werth des Menschen, seine Kraft, seine Zukunftsgewißheit herabgedrückt hat; daß die Armseligkeit und Winkel-Intellektualität des Menschen sich am meisten bloßstellt, auch heute noch, wenn er wünscht; daß die Fähigkeit des Menschen, Werthe anzusetzen, bisher zu niedrig entwickelt war, um dem thatsächlichen, nicht bloß »wünschbaren« Werthe des Menschen gerecht zu werden..“

Und sicher könnte man diverse Ideale der Kritik unterziehen – z. B. das Liebesideal als den Gedanken einen anderen Menschen als sein „Schicksal“ zu behaupten, ihn für das eigene Lebensglück verantwortlich zu machen, womit man ihn unter einen ziemlich maßlosen Anspruch stellt (oder die Suche nach dem „idealen“ Partner)

stine hat geschrieben:Liebe ist auch eine Illusion. Nichts anderes als Hormonschübe. Wir leben in der Illusion einen ganz bestimmten Menschen zu lieben,


Ich weiß nicht, ob das Zitat ernst gemeint ist, aber es stellt sich dann schon die Frage, wie die Hormone das hinbekommen so wählerisch bei der Partnersuche zu sein. Die Behauptung erscheint mir ziemlich biologistisch. Ich will ja nicht behaupten, dass die Biologie bei der tiefen Zuneigung zu einem anderen Menschen überhaupt keine Rolle spielt (es mag schon auch etwas an der chemischen Zusammensetzung eines Körpergeruchs liegen, dass man manche Menschen besser „riechen“ kann als andere) aber darüber hinaus halte ich Wille und Bewusstsein da doch für recht entscheidend. Und wieso soll ich Liebe, oder besser gesagt das Gefühl der großen Zuneigung für eine Illusion halten ??
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Re: Illusionen

Beitragvon xander1 » Mo 30. Jul 2012, 21:47

Wir sollten Zunächst einiges Klären: Was ist eine Illusion, wo fängt sie an und wo hört sie auf.
Was ist Realität und Wirklichkeit und was gehört nicht dazu?
Was Wahrheit und was Information ist, haben wir schonmal woanders besprochen hier im Forum.

Selbst wenn Moral oder Ethik sich nur auf etwas unwirkliches begründen lassen würde: Metaphysik , ... , Transzendenz, ... ist sie trotzdem nichts unreales.

Ich denke jeder Mensch besitzt in sich ein ethisches Grundbedürfnis / -verlangen, es sei denn er/sie ist ein Psychopath oder Narzist, etc.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 1. Aug 2012, 13:45

xander1 hat geschrieben:Selbst wenn Moral oder Ethik sich nur auf etwas unwirkliches begründen lassen würde: Metaphysik , ... , Transzendenz, ... ist sie trotzdem nichts unreales.

Sie ist genauso real wie Luke Skywalker, deswegen nicht wert ihretwegen Konflikte auszulösen, was aber häufig passiert.
xander1 hat geschrieben:Ich denke jeder Mensch besitzt in sich ein ethisches Grundbedürfnis / -verlangen, es sei denn er/sie ist ein Psychopath oder Narzist, etc.

Nein, ich nicht. Und ein Narziss zu sein, ist nichts schlimmes. Der Mensch ist ein Egoist, sich dessen bewusst zu sein und sich toll zu finden. ist die logische Konsequenz daraus.
Pia Hut hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob das Zitat ernst gemeint ist, aber es stellt sich dann schon die Frage, wie die Hormone das hinbekommen so wählerisch bei der Partnersuche zu sein.

Deinen ganzen Text weiß ich zu schätzen, ich werde nur zitieren, wenn ich widersprechen will. GERADE die Hormone bekommen es hin, so wählerisch zu sein. Das "Schlüssel-Schloss"-Prinzip ist ein biologisches Modell, das auch auch den Menschen und seine Partnersuche anzuwenden ist. Abgesehen davon kann ich dir als Mann sagan, dass es nicht nur "die eine" gibt, die Interesse weckt. :anmachen: Aber vielleicht ist das ein Geschlechterunterschied.
Die Behauptung erscheint mir ziemlich biologistisch. Ich will ja nicht behaupten, dass die Biologie bei der tiefen Zuneigung zu einem anderen Menschen überhaupt keine Rolle spielt (es mag schon auch etwas an der chemischen Zusammensetzung eines Körpergeruchs liegen, dass man manche Menschen besser „riechen“ kann als andere) aber darüber hinaus halte ich Wille und Bewusstsein da doch für recht entscheidend.

Wille und Bewusstsein lassen sich auch biologistisch erklären. Überhaupt verstehe ich als angehender Molekularbiologe nicht den Vorwurf im Wort "biologistisch".
Oder würdest du ein metaphysisches Konzept zur Erklärung hinzuziehen?
Pia Hut hat geschrieben: Und wieso soll ich Liebe, oder besser gesagt das Gefühl der großen Zuneigung für eine Illusion halten ??

Das ist eine berechtigte Frage. In der Tat hat die Frage von stine nichts mit der Bedeutung von Illusionen zu tun. Es gibt keinen Anlass "Liebe" für eine Illusion zu halten, allerdings durchaus "die große, eine, wahre Liebe". Hängt nur davon ab, wie das eigene Liebesleben aussieht. Der Mensch ist zwar monogamer als einige andere verwandte Affen, aber der Sexualdimorhismus zeigt doch immer noch, dass wir letztlich immer noch aus biologischer Sicht polygam aufgebaute Wesen sind.
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Re: Illusionen

Beitragvon xander1 » Mi 1. Aug 2012, 13:54

Was soll den an Moral und Ethik unreal sein? Ich denke nicht mal, dass man die Begriffe real und irreal den Begriffen Ethik und Moral zuordnen kann. Wenn Ethik und Moral nicht existieren würde, dann würde es die Begriffe nicht geben. Also was ist damit gemeint, dass beides irreal ist?

Dass es religiöse Hirngespenste gibt, wissen selbst religiöse, aber die wenigsten Menschen würden Behaupten, dass Ethik und Moral eine Illusion ist. Ich glaube Darth N. hat nicht genügend erklärt wie er das meint, denn so wie es geschrieben steht, ergibt das keinen Sinn.

Bielefeld hat es nie gegeben. Kennt jemand diese Verschwörungstheorie? Mir kommt das so vor wie mit Darth und Ethik und Moral.

Es gibt nur ein was, das mit stuzig macht, dass der Darth N. Recht haben könnte. Und zwar hat mir ein Theologiestudent gesagt, dass Nietzsche den Atheismus konsequent vertritt, weil er auch die Moral und Ethik irgendwie verneint oder so.

Was ist denn an der Aussage: Töten ist moralisch/ethisch böse eine Illusion?
Also ich glaube nicht an eine universelle Ethik. Eine universelle Ethik ist eine Illusion, genauso wie eine universelle Gerechtigkeit.


Darth Nafarius hat geschrieben:Und ein Narziss zu sein, ist nichts schlimmes.

Nee, eine Persönlichkeitsstörung muss nix schlimmes sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Narzisstis ... .C3.B6rung

hast du irgendwie mangelndes Selbstbewusstsein, dass du narzistisch wirst? Suchst du immer nach Bewunderung? Fühlst du dich besonders wichig? Hast du wahnhafte Störungen mit Größenideen? Bist du empfindlich was Kritik betrifft? Veränderst du die Realität so wie es dir gefällt?

Naja ich weiß nur, dass Psychopathen oft Narzisten sind und Ähnlichkeiten zu Borderlinern haben. Wenn du neben deinem Narzismus noch Moral und Ehtik ablehnst, fehlt ja nicht mehr viel, dass du dich als Psychopath outest.
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Re: Illusionen

Beitragvon stine » Mi 1. Aug 2012, 19:06

Pia Hut hat geschrieben:Wozu braucht es eigentlich Moral und Ethik und würde „Mensch“ nicht besser fahren wenn man darauf verzichtet?
Es würde sich der Stärkste behaupten, würde man auf Moral und Ethik verzichten.
Wie das aussieht kann man bereits erkennen: Unmoralische Wirtschaftslenker lassen alle anderen beliebig oft auf der Strecke. Es ist ihnen egal, wenn sie 5000 Beschäftigte entlassen, ob dahinter 10000 Kinder ihr Leben nicht mehr in wirtschaftlicher Sicherheit wissen. Spekulanten treiben Nahrungsmittel- und Energiepreise in Höhen, die niemand mehr lange aushalten kann.

Was verstehst du denn darunter, unmoralisch und unethisch zu leben und wie soll es in einer Gesellschaft die auf Moral und Ethik verzichtet denn aussehen?
Moral und Ethik über Bord werfen und neue Erkenntnisse haben und diese umsetzen wollen, ist letztlich wieder das selbe. Es muss immer Regeln geben, weil sonst die Schwächeren auf der Strecke bleiben.
Willst du das?

LG stine
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Re: Illusionen

Beitragvon xander1 » Mi 1. Aug 2012, 19:23

Ohne Ethik oder Moral wäre Zivilisation unmöglich. Es gäbe keine Schulen. Es gebe kein richtiges Wirtschaftssystem und entweder nur grausame Diktatur oder grausame Anarchie. Außerdem würden wir uns dann nicht fortpflanzen können, weil keiner mehr die Babies ernähren würde.


Ja Moral ist eine Illusion, lol.
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Re: Illusionen

Beitragvon ganimed » Mi 1. Aug 2012, 19:50

@Darth Nefarius: Moral und Ethik sind Illusionen? Und du besitzt in dir kein ethisches Grundbedürfnis / -verlangen? Meiner Meinung nach starker Tobak und völliger Unsinn. Bevor man auf das eigentliche Threadthema eingehen könnte, müsste man also wohl mal klären, ob du mit deiner wilden Behauptung, was denn alles eine Illusion sei, richtig liegst.

Ethische Regeln sind als kein Grundbedürfnis von dir? Was aber sind sie sonst? Du befolgst sie doch wohl zumindest, oder?
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 1. Aug 2012, 20:46

xander1 hat geschrieben:Was soll den an Moral und Ethik unreal sein? Ich denke nicht mal, dass man die Begriffe real und irreal den Begriffen Ethik und Moral zuordnen kann. Wenn Ethik und Moral nicht existieren würde, dann würde es die Begriffe nicht geben. Also was ist damit gemeint, dass beides irreal ist?

Wie gesagt, ich halte eine absolute Moral/Ethik, die logisch, nützlich und notwendig ist für so real wie Luke Skywalker. Es sind nur naive Ideale, die auf falschen Menschenbildern basieren und oft auch noch auf Metaphysik. Wir brauchen gewiss nicht darüber zu diskutieren, dass es von einigen als moralisch empfunden wird, die eigenen Kinder zu beschneiden, ihre Frauen zu verschleiern oder keusch zu leben. Ob diese Moral etwas wert ist, ist subjektiv zu bewerten, ob sie allgemeingültig und intersubjektiv klug ist, ist eine andere Sache. Über die Realität von nutzlosen Gesetzen, die vor Jahrhunderten/Jahrtausenden verfasst wurden, bringt kein Argument über deren Nutzen und Existenzberechtigung. Wenn ich jetzt anfange zu glauben, dass meine Moral absolut ist, kann ich genauso anfangen zu glauben, dass Luke Skywalker mein Gott ist. Es würde vielleicht meinen Lebensstil ändern, aber trotzdem nur eine Illusion bleiben, dass Luke Skywalker ein Gott oder meine Moral absolut und berechtigt ist.
xander1 hat geschrieben:Dass es religiöse Hirngespenste gibt, wissen selbst religiöse, aber die wenigsten Menschen würden Behaupten, dass Ethik und Moral eine Illusion ist.

Dass das die wenigsten tun würden, interessiert mich wenig. Fakten sind keine Dinge, die demokratisch beschlossen werden. Die Mehrheit der Menschen hat schon vieles geglaubt, ist deren Glauben deswegen berechtigt?
xander1 hat geschrieben:Bielefeld hat es nie gegeben. Kennt jemand diese Verschwörungstheorie? Mir kommt das so vor wie mit Darth und Ethik und Moral.

Ich war noch nie in Bielefeld, wer weiss. Wenn ich etwas nicht beobachte und keine Indizien habe, dass es sie gibt, brauche ich nicht daran zu glauben. Ich habe ja schon formuliert, wie ich das genau meine. Ich erkläre mal, warum ich es zuvor so allgemein formuliert habe: Die Moralvorstellungen scheinen uns vielfältig und real zu sein, aber ich definiere Moral und Ethik (gemäß den Urhebern dieser Dinge) als absolut. Da es aber sehr viele von ihnen gibt, die sich auch noch in wichtigen Details widersprechen, scheint mir keine dieser Vorstellungen als absolut zu gelten. Die Existenzberechtigung für eigentlich jeden, den ich kenne von Moral und Ethik ist ihre Allgemeingültigkeut, diese beobachte ich nicht. Damit fällt ein Kriterium der Existenz für Moral und Ethik weg. Wenn ich Moral und Ethik schreibe, meine ich immer eine absolut gemeine Moral und Ethik. Mir ist keine bekannt, die nicht von ihren Anhängern als absolut betrachtet wird. Das ist aber bei keiner der Fall.
xander1 hat geschrieben:Es gibt nur ein was, das mit stuzig macht, dass der Darth N. Recht haben könnte. Und zwar hat mir ein Theologiestudent gesagt, dass Nietzsche den Atheismus konsequent vertritt, weil er auch die Moral und Ethik irgendwie verneint oder so.

Was ist denn an der Aussage: Töten ist moralisch/ethisch böse eine Illusion?

Es ist insofern eine Illusion, weil diese Aussage aus einer subjektiven Behauptung resultiert und andere diese Behauptung sicher verneinen würden. Oder willst du bestreiten, dass dies nicht heute und schon immer so war? Es wird meist getötet, wenn es als moralisch gilt, seien es Ehrenmorde, seien es gesetzliche Hinrichtungen, seien es Attentate auf Diktatoren. Es gibt immer Ausnahmen. Abgesehen davon ist "das Böse" gewiss eine Illusion. Es hängt immer von einem subjektiven Maßstab ab, somit ist es nur "ein Böses", nicht "das Böse".
Dieser Theologiestudent hat es richtig erfasst, so ziemlich die einzige korrekte Feststellung in seinem Leben, wie ich vermute. Es lässt mich allerdings etwas stutzen, dass die Glaubwürdigkeut meiner Aussagen für dich durch die Aussage eines Theologen an Gewicht gewinnt.
xander1 hat geschrieben:Also ich glaube nicht an eine universelle Ethik. Eine universelle Ethik ist eine Illusion, genauso wie eine universelle Gerechtigkeit.

Bingo. Aber welche Ethik oder Moral behauptet nicht von sich direkt oder indirekt universell und absolut zu sein?
Darth Nafarius hat geschrieben:Und ein Narziss zu sein, ist nichts schlimmes.

Nee, eine Persönlichkeitsstörung muss nix schlimmes sein.
http://de.wikipedia.org/wiki/Narzisstis ... .C3.B6rung

hast du irgendwie mangelndes Selbstbewusstsein, dass du narzistisch wirst? Suchst du immer nach Bewunderung? Fühlst du dich besonders wichig? Hast du wahnhafte Störungen mit Größenideen? Bist du empfindlich was Kritik betrifft? Veränderst du die Realität so wie es dir gefällt?

Willst du mich etwa diagnostizieren?! :lachtot: Naja, ich denke, die Antworten auf diese Fragen kennen wir beide. Und selbst wenn alle mit "ja" beantwortet würden, sehe ich keine negative Konsequenz für mein Verhalten in der Gesellschaft. Ich bin wesentlich umgänglicher als die meisten Menschen. Und alles als Krankheit zu identifizieren und nicht als charakteristische Eigenheit ist vielleicht das einizige Übel der Medizin. Allerdings sehe ich auch einen unseriösen, gesellschaftlichen Aspekt in solchen Urteilen versteckt. Ein Napoleonkomplex z.Bsp. kann einem äußerst nützlich sein. Ich betrachte sowas als Ehrgeiz, gewiss keine negative Eigenschaft, genausowenig wie Selbstbewusstsein. Andere nennen sowas Napoleonkompölex und Narzissmus, nur weil sie überproportional ausgeprägt sind. Aber ist überdurchschnittliches Talent etwa eine Krankheit? Wieso dann bitte überdurchschnittlicher Ehrgeiz?
xander1" hat geschrieben:Naja ich weiß nur, dass Psychopathen oft Narzisten sind und Ähnlichkeiten zu Borderlinern haben. Wenn du neben deinem Narzismus noch Moral und Ehtik ablehnst, fehlt ja nicht mehr viel, dass du dich als Psychopath outest.

Nein, ich habe nicht bestritten, ein Narziss zu sein. Es hat mir auch nie geschadet, oder meiner Umgebung. Gerade deswegen habe ich auch gesagt, dass Narzissmus nichts schlimmes ist. Warum sollte ich jemanden anderes verteidigen, wenn nicht mich (sofern es keinen Nutzen für mich hat)?
stine hat geschrieben:Es würde sich der Stärkste behaupten, würde man auf Moral und Ethik verzichten.

Nein, es würde gemäß dem Darwinismus der "Angepassteste" überleben. Die Selektion ist der fairste Prozess, den es geben kann. Der Darwinismus auf den Menschen angewendet, ist oftmals missverstanden. Selektion bedeutet nicht bewusster Mord oder Kampf, sondern nur überleben, größeres Geschick, das "Windhundverfahren".
stine hat geschrieben:Wie das aussieht kann man bereits erkennen: Unmoralische Wirtschaftslenker lassen alle anderen beliebig oft auf der Strecke. Es ist ihnen egal, wenn sie 5000 Beschäftigte entlassen, ob dahinter 10000 Kinder ihr Leben nicht mehr in wirtschaftlicher Sicherheit wissen.

Und damit senken sie ihre Fitness und werden nicht selten darunter leiden. Ihre Anzahl würde abnehmen und alles wäre wieder im Gleichgewicht. Wo also siehst du genau das Problem? Ein Konzept muss sich erst als fehlerhaft herausstellen, um auszusterben. Der Lebensstil dieser Menschen wird gewiss irgendwann auch seltener, wie es mit dem Adel im Absolutismus geschah. Daran war weder Moral noch Ethik beteiligt, sondern eine gute Guilliotine.
stine hat geschrieben:Spekulanten treiben Nahrungsmittel- und Energiepreise in Höhen, die niemand mehr lange aushalten kann.

Und du glaubst, dass das eine Moral oder Ethik ändern könnte? Oder anders gefragt: Wann hat sie das je getan? Wir sind ja nicht zum ersten mal in einer solchen Situation.
stine hat geschrieben:Was verstehst du denn darunter, unmoralisch und unethisch zu leben und wie soll es in einer Gesellschaft die auf Moral und Ethik verzichtet denn aussehen?

Wenn ich diese Frage beantworten darf (ich habe sie ja im Grunde aufgeworfen). Ich verstehe darunter einen Lebensstil des Willens, nicht des Sollens. Dieser Wille würde in einer Gesellschaft kooperativ funktionieren, rationale Züge annehmen und Vorschläge, keine Gesetze formulieren. Diese Bezeichnung würde aber nichts an Strafen bei Zuwiderhandlung ändern. Kurz: Wir würden ein ohnehin vorhandenes System korrekt bezeichnen und besser verstehen. Wir verhalten uns bereits so, jedes Gesetz ist letztlich nur ein Vorschlag und wir können uns entscheiden ihm zu folgen oder nicht. Wenn wir begreifen, dass sie nicht bindend und bloße Vorschläge sind, würden wir sie eher durchdenken, ihre Sinnhaftigkeit. Traditionalismus wäre dadurch weniger wahrscheinlich. Konflikte würden sich auf rationalerer Ebene abspielen. Was wir momentan betreiben ist letztlich das gleiche, nur unbewusst. Die Eliten in Politik und Wirtschaft haben dies bereits verstanden und handeln auchb so, der Bürger ist weniger hilflos, wenn er versteht, wie diese Spitzen denken, wie er denken MUSS, um intelligent reagieren zu können.
stine hat geschrieben:Es muss immer Regeln geben, weil sonst die Schwächeren auf der Strecke bleiben.

Es gibt keine Regeln, alles ist erlaubt. Sie sind, waren und werden niemals bindend sein. Sie werden nur Vorschläge darstellen, die ggf. mit verschiedenen Mitteln durchgesetzt werden können und vielleicht sollten. Aber sie werden niemals Regeln sein, die uns binden und damit nur Vorschläge sein.
stine hat geschrieben:Willst du das?

Genau das ist die richtige Frage. Nicht, ob wir etwas sollten, sondern ob wir etwas wollen. Der Wille unterliegt keiner Moral oder Ethik, er kann mitleidend und/oder rational sein. Damit ist er der beste Maßstab, was wir tun "sollten" (dieses Sollen gibt es ja eigentlich deswegen nicht. Wenn das mehr Menschen erkennen, werden sie nicht in so einem Zwiespalt sein, ihre Gedanken werden klarer, weil sie verstehen würden, dass sie nur überlegen müssen, was sie eigentlich wollen. Wenn man also nicht will, dass die Schwächeren auf der Strecke bleiben, dann kann man entsprechend seinem Willen handeln, ohne ein Gesetz dafür benötigt zu haben. Brauchst du ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden? Brauchst du ein "du sollst"? Wenn nicht, brauchst du auch keine Moral oder Ethik. Diejenigen, die diese Dinge nicht können, würden vielleicht eine brauchen, würden sie aber nie befolgen. Damit hat sich dieses Konzept nicht nur als nicht durchsetzbar, sondern als nutzlos erwiesen.
xander1 hat geschrieben:Ohne Ethik oder Moral wäre Zivilisation unmöglich.

Unsinn, es gab niemals eine universelle Ethik, die dazu geführt hat. Alles, was uns so beeindruckt an Zivilisation wurde entweder gewollt und/oder dem Volk erzwungen, sie war aber niemals "gesollt". Wenn jemand nach Rom geht, sieht er den Schatten einer prächtigen Zivilisation, die durch Kriege und Expansionspolitik entstanden ist. DAS war die größte Zivilisation Europas, und unser Verhalten hat sich seitdem kaum geändert, außer dass die Konflikte und Ausbeutungsmethoden geschickter geworden sind.
xander1 hat geschrieben:Es gäbe keine Schulen.

Es GIBT auch keine Schulden. Wir fühlen uns höchstens veranlasst, reziprok zu handeln, eine Schuld hat damit nichts zu tun.
Ich setze das gleich fort, damit sich nicht weiter Antworten anhäufen und ich ewig weiterschreibe.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 1. Aug 2012, 20:54

xander1 hat geschrieben:Es gebe kein richtiges Wirtschaftssystem und entweder nur grausame Diktatur oder grausame Anarchie.

Grausamkeit ist ebenso eine Eigenschaft wie Mitleid. Ich beobachte beides, weswegen dein Konjunktiv fehl am Platz ist. Un diese Dinge existieren nicht dank einer Moral/Ethik, sondern wegen dem Willen struktieriert zu denken und zu leben. Sichere Einkommen zu haben, eine Ordnung zu haben. Das ist alles GEWOLLT, nicht GEMUSST. Der Wille wird in jeder Moral oder Ethik als etwas beschrieben, das unterworfen werden muss/ignoriert werden muss. Das ist purer Unsinn und zudem nicht möglich.
xander1 hat geschrieben:Außerdem würden wir uns dann nicht fortpflanzen können, weil keiner mehr die Babies ernähren würde.

Was für ein Unsinn. Handeln Tiere etwa moralisch, wenn sie es treiben? Irgendwie kriegen sie die Versorgung doch auch hin, oder? Auch Einzeller schaffen das. Wie ist das bloß möglich? Haben die etwa alle eine Moral? Nein, sie haben einen Willen.
ganimed hat geschrieben:Und du besitzt in dir kein ethisches Grundbedürfnis / -verlangen?

Nein. Ich besitze nur das Verlangen, mich zu bereichern, mich zu erhalten. Mein Verstand hilft mir dabei, diesen Willen möglichts effizient zu befriedigen, sodass ich kooperativ, strategisch und langfristig denke.
ganimed hat geschrieben:Ethische Regeln sind als kein Grundbedürfnis von dir? Was aber sind sie sonst? Du befolgst sie doch wohl zumindest, oder?

Es sind nie Regeln gewesen, sie sind nur Vorschläge. Und ja, ich nehme sie zur Kenntnis und überlege, ob sie mir nützen/die Zuwiderhandlung mir schaden würde. Was du als Regeln bezeichnest, sind nur Vorschläge, "echte Regeln" sind eine Illusion.
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Re: Illusionen

Beitragvon ganimed » Mi 1. Aug 2012, 22:20

Darth Nefarius hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:Und du besitzt in dir kein ethisches Grundbedürfnis / -verlangen?

Nein. Ich besitze nur das Verlangen, mich zu bereichern, mich zu erhalten.

Das ist ja interessant. Entweder du bist ein bisher unerforschter Mutant oder du irrst dich. Ich vermute jetzt einfach mal letzteres. Das menschliche Gehirn möchte ich sehen, in dem beispielsweise ein Gerechtigkeitssinn fehlt, in dem es bei der Motivationsbildung nicht um soziales Feedback, um Ansehen, um Sympathie ginge. Vielleicht willst du ja auch nur, um der Diskussion willen, einen provokanten Extremstandpunkt einnehmen. Aber in diesem Falle erscheint mir der einfach zu unrealistisch. Das was du als "Illusion" bezeichnest, so will mir scheinen, sind doch eher nur in einem bestimmten, peniblen Wortsinn formuliert ebensolche. Umgangssprachlich lassen sich aber alle Begriffe mit realem Inhalt füllen und werden auch so benutzt.

Interessanter sind da schon deine Folgerungen, dass Solipsismus und Nihilismus irgendwie logisch und rational begründbar seien. Ich würde eher wetten, das sind emotional begründete Präferenzen, wie alle anderen auch. Rationalität sehe ich da nicht. Wenn sich jemand so lautstark gegen Regeln und soziales Miteinander ausspricht, deutet das für mich eher auf Emotionen, Protesthaltung und Verdrängung hin, um da mal waghalsig den Hobbypsychologen zu spielen. Wobei ich sofort einräume, dass "waghalsig" wohl noch untertrieben sein dürfte. Mag ja auch alles ganz anders sein. Aber das soziale Verhalten ist, nach allem was ich jemals hörte, das Ergebnis von Prägung, Erfahrung, emotionaler Lage, Nachahmung, etc. Dass das irgendwas mit Rationalität zu tun hätte, wäre mir völlig neu.
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Re: Illusionen

Beitragvon xander1 » Do 2. Aug 2012, 01:30

Darth N:
Also wenn ich deinen Beitrag vom Mittwoch 1. August 2012, 20:46 lese, dann komme ich zu dem Schluss, dass du die Worte einfach nur anders definierst als ich, eigentlich ne Latte an Wörtern, aber eigentlich das gleiche meinst wie ich.

Ich vermisse allerdings deine Meinung zu normativer / relativer Ethik, anstelle absoluter bzw. universeller. Die kehrst du unter den Tisch, aber nur weil sie nicht in deinen Begriffsdefnitionen vorkommen, nicht weil sie für dich nicht existieren - laut deinem Beitrag vom Mittwoch 1. August 2012, 20:46.

Dann dein darauf folgender Beitrag:
Darth Nafarius hat geschrieben:Nein. Ich besitze nur das Verlangen, mich zu bereichern, mich zu erhalten. Mein Verstand hilft mir dabei, diesen Willen möglichts effizient zu befriedigen, sodass ich kooperativ, strategisch und langfristig denke.


Das erinnert mich an die StarTrek Folge Enterprise Next Generations, in der ein kleiner Junge so werden wollte wie Data. Er hat gesehen, dass Data stärker ist und wollte dann lieber ein Android sein, obwohl Data immer gerne ein Mensch sein wollte. Ich glaube du redest dir das nur ein, dass du kein moralisches Lebewesen bist, weil du gerne stark sein willst oder was auch immer sein willst.

Pass mal auf, ich habe ne provokante Behauptung:
In der Evolution hat sich das Konzept der Moral durchgesetzt, weil es die Fortpflanzung erfolgreicher machte, weil die Aufzucht und Gesellschaft dadurch besser funktioniert hat und dadurch das Überleben besser gesichert ist.

Weil wir Moral in uns allen haben (außer Psychopathen, Ausnahmen bestätigen die Regel), hat sich Moral evolutionär durchgesetzt. Wenn sich etwas evolutionär durchgesetzt hat, dann brachte es mit einer Wahrscheinlichkeit einen evolutionären Vorteil. Wenn etwas einen evolutionären Vorteil bringt, dann bringt es mit einer Wahrscheinlichkeit auch einen Vorteil für das Leben z.B. als Stärke. Das schließt nicht aus, dass eine Schwäche einen evolutionären Vorteil bringt - dürfte aber eher seltener der Fall sein. Sowas gibt es aber! Es gibt zum Beispiel einen Vogel in Afrika, der einen sehr langen Schweif an Federn hinter sich herschleift, der das Fliegen erschwert. Je länger dieser Scheif aber ist, desto eher pflanzt sich dieser Vogel fort. Man führt das zurück auf das Schönheitsempfinden des anderen Geschlechts, nachdem man Experimente gemacht hat.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Aug 2012, 10:14

ganimed hat geschrieben:Das ist ja interessant. Entweder du bist ein bisher unerforschter Mutant oder du irrst dich.

Dann gibt es noch eine Möglichkeit: Du wurdest über Erziehung indoktriniert und glaubst, du besßest so ein Bedürfnis.
Das menschliche Gehirn möchte ich sehen, in dem beispielsweise ein Gerechtigkeitssinn fehlt, in dem es bei der Motivationsbildung nicht um soziales Feedback, um Ansehen, um Sympathie ginge.

Gib mir doch bitte einen Link, in dem dieser Gerechtigkeitssinn bestätigt wird. Wenn es sowas gibt, dann müsste er eher reziproker Sinn genannt werden, schließlich könnte sich nur so das ungerechte Bedürfnis nach Rache erklären. Einem Menschen geht es eher darum, keinen Neid empfinden zu wollen. Wenn es allen höchstens so gut geht, wie ihm slber, wird er es als gut empfinden und als "gerecht" bezeichnen. Ich wüsste gern, was du unter Gerechtigkeit verstehst. Sofern tatsächlich sowas im Gehirn entdeckt wurde, ist die Bezeichnung gewiss ein Euphemismus.
ganimed hat geschrieben: Vielleicht willst du ja auch nur, um der Diskussion willen, einen provokanten Extremstandpunkt einnehmen. Aber in diesem Falle erscheint mir der einfach zu unrealistisch.

Vielleicht können Schweine auch fliegen. Vielleicht, vielleicht....
ganimed hat geschrieben:Das was du als "Illusion" bezeichnest, so will mir scheinen, sind doch eher nur in einem bestimmten, peniblen Wortsinn formuliert ebensolche. Umgangssprachlich lassen sich aber alle Begriffe mit realem Inhalt füllen und werden auch so benutzt.

Dieser Wortsinn ist penibel genug, um mit ihm diskutieren zu können, es ist kein Kriterium für mich, dass die Masse die Begriffe, die sie nutzt, nicht durchdenkt. Was nützen mir schwammig definierte Begriffe, wenn sie alle realen Inhalt haben? Ich bin penibel, ja, aber in berechtigter Weise. Letztlich diskutieren wir nicht darüber, ob die Erde flach ist, sondern ob eine flache Erde existiert. Eure Position meint, dass ihr weiterhin von einer flachen Erde reden dürft, weil jeder davon redet und sie als Konzept existiert. Ich bin der Meinung, dass sie nie praktisch bestätigt werden konnte, eher in Realität vieles das Konzept schon widerlegt hat. Damit hört die Erde selbst gewiss nicht auf zu existieren, aber so wie ihr sie euch denkt, hat sie niemals existiert. Ich hoffe diese Parabel war hilfreich, um meinen Standpunkt zu illustrieren.
ganimed hat geschrieben:Interessanter sind da schon deine Folgerungen, dass Solipsismus und Nihilismus irgendwie logisch und rational begründbar seien. Ich würde eher wetten, das sind emotional begründete Präferenzen, wie alle anderen auch. Rationalität sehe ich da nicht.

Du hast recht, es gibt eine emotionale Präferenz, bzw. nicht die Präferenzen/Bedürfnisse an diesen ganzen Unsinn zu glauben (eher ein nicht vorhandenes Bedürfnis). Daraus resultiert aber eine größere Rationalität: Weil man nicht mehr emotional an das Bedürfnis von Gerechtigkeit/Wahrheit, usw. gebunden ist, beginnt man diese Konzepte zu hinterfragen und stellt fest, dass sie Illusionen sind. Was sagt deine Feststellung eigentlich über deinen Standpunkt aus? Wieso streitest du überhaupt über Rationalität, wenn JEDER Standpunkt eine emotionale Präferenz hat?
ganimed hat geschrieben:Wenn sich jemand so lautstark gegen Regeln und soziales Miteinander ausspricht, deutet das für mich eher auf Emotionen, Protesthaltung und Verdrängung hin, um da mal waghalsig den Hobbypsychologen zu spielen.

Nein, ich spreche mich ja nicht lautstark dagegen aus, oder hast du von mir außerhalb dieses Forums etwas diesbezüglich gehört? Ich bin kein Rebell im klassischen Sinne: Trage nicht nur schwarz, höre keine laute Musik oder habe ein linkes Politikverständnis. Ich habe nie geraucht, nie Alkohol getrunken, war jeden Tag in der Schule, sowie jetzt in der Uni, bin immer pünktlich. Ich nehme immer meine Aufgaben wahr. Warum? Nicht weil ich es muss, sondern weil ich es will. Es gibt keinen Zwang, sich so zu verhalten, aber ich habe das Bedürfnis, aus rationalen Gesichtspunkten. Und ich habe mich nicht gegen soziales Miteinander ausgesprochen, wo bitte ließt du das?? Ich habe mich für ein rationaleres Miteinander ausgesprochen, das nicht auf illusorischen Modellen basiert, sondern einem durchdachteren, bewussteren System. Meines würde sich nur in einem Punkt vom jetzigen unterscheiden: Die Menschen würden verstehen, warum sie so handeln, würden nach Gründen suchen.
ganimed hat geschrieben: Wobei ich sofort einräume, dass "waghalsig" wohl noch untertrieben sein dürfte. Mag ja auch alles ganz anders sein. Aber das soziale Verhalten ist, nach allem was ich jemals hörte, das Ergebnis von Prägung, Erfahrung, emotionaler Lage, Nachahmung, etc. Dass das irgendwas mit Rationalität zu tun hätte, wäre mir völlig neu.

Genau, leider ist es völlig irrational. Es beruht auf einer großen Emotionalität, die schnell zu Konflikten mit anderen Gruppen führt, anstatt sich intellektuell mit ihr auseinanderzusetzen und ihren Bedürfnissen. Prägung, Erfahrung, Nachahmung sind aus biologischer Sicht für die meisten Lebewesen völlig rationale Systeme, weil sie nützlich sind, die Fitness steigern. Ich denke aber, wenn man einen gewissen Entwicklungslevel hat, ist es nahezulegen, diese Systeme eher zu durchdenken, sie eher zu kontrollieren. Soetwas nennt man Zivilisation.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Aug 2012, 10:33

xander1 hat geschrieben:Darth N:
Also wenn ich deinen Beitrag vom Mittwoch 1. August 2012, 20:46 lese, dann komme ich zu dem Schluss, dass du die Worte einfach nur anders definierst als ich, eigentlich ne Latte an Wörtern, aber eigentlich das gleiche meinst wie ich.

Mag sein, ich habe einen ähnlichen Eindruck.
xander1 hat geschrieben:Ich vermisse allerdings deine Meinung zu normativer / relativer Ethik, anstelle absoluter bzw. universeller. Die kehrst du unter den Tisch, aber nur weil sie nicht in deinen Begriffsdefnitionen vorkommen, nicht weil sie für dich nicht existieren - laut deinem Beitrag vom Mittwoch 1. August 2012, 20:46.

Was für eine Bedeutung hat relative Ethik denn? Sie ist nur die Bezeichnung für ein willkürliches Regelwerk einer spezifischen Gruppe, die damit nur Wünsche formuliert hat, aus denen Vorschläge resultierten. Was soll ich damit anfangen? Diese Systeme sind auch eine Illusion, weil sie dem Konstrukt einer universellen Ethik entspringen und nichtmal eine ralative sind.
xander1 hat geschrieben:Dann dein darauf folgender Beitrag:
Darth Nafarius hat geschrieben:Nein. Ich besitze nur das Verlangen, mich zu bereichern, mich zu erhalten. Mein Verstand hilft mir dabei, diesen Willen möglichts effizient zu befriedigen, sodass ich kooperativ, strategisch und langfristig denke.


Das erinnert mich an die StarTrek Folge Enterprise Next Generations, in der ein kleiner Junge so werden wollte wie Data.

:lachtot: Du bist ein Trekkie? Ich steh mehr auf Star Wars. Kein Wunder, dass wir uns nicht verstehen. Vergleiche mich eher mit Palpatine.
xander1 hat geschrieben:Er hat gesehen, dass Data stärker ist und wollte dann lieber ein Android sein, obwohl Data immer gerne ein Mensch sein wollte. Ich glaube du redest dir das nur ein, dass du kein moralisches Lebewesen bist, weil du gerne stark sein willst oder was auch immer sein willst.

Wenn es möglich ist, dass sich jemand soetwas einredet, kann es da nicht auch sein, dass du dir das gegenteilige einredest? Gewiss hat wohl die Mehrheit deine Meinung, aber ist das etwa demokratisch entscheidbar? Kommen dir keine Zweifel an deiner Position? Wer bildet sich was ein?
Hat sich also Data eingebildet, dass ein Mensch zu sein besser ist, oder das Kind, dass Android sein besser ist?
xander1 hat geschrieben:Pass mal auf, ich habe ne provokante Behauptung:
In der Evolution hat sich das Konzept der Moral durchgesetzt, weil es die Fortpflanzung erfolgreicher machte, weil die Aufzucht und Gesellschaft dadurch besser funktioniert hat und dadurch das Überleben besser gesichert ist.

Nein, es hat sich die Illusion von Moral durchgesetzt, das Aufstellen von Regeln als Konzept, die eigentlich nur Vorschläge waren. Die Ordnung des Lebens und der Umgebung, die Kategorisierung (auch von richtig und falsch). Aber das ist keine Moral, sondern nur willkür, die die eigene Präferenz verschleiern und objektivieren soll. Sie wurden doch ja nach Bedürfnislage verändert, abgschafft und sogar bei Aktualität nicht immer befolgt. Und nun in einer pluralistischen Gesellschaft, wo es viele Vorstellungen gibt, sollte sich doch die Frage stellen, welche davon überhaupt ein Vorrecht hat, die allgemeine zu sein. Sie würde eh ignoriert von anderen Gruppen, wenn sie den eigenen Vorstellungen nicht entspräche (wie auch jetzt der Fall mit Parallelgesellschaften). Das bedeutet, dass dieses Konzept sich nun überlebt hat und durch ein bewussteres und weniger instinktives ersetzt werden sollte.
xander1 hat geschrieben:Weil wir Moral in uns allen haben (außer Psychopathen, Ausnahmen bestätigen die Regel), hat sich Moral evolutionär durchgesetzt. Wenn sich etwas evolutionär durchgesetzt hat, dann brachte es mit einer Wahrscheinlichkeit einen evolutionären Vorteil. Wenn etwas einen evolutionären Vorteil bringt, dann bringt es mit einer Wahrscheinlichkeit auch einen Vorteil für das Leben z.B. als Stärke. Das schließt nicht aus, dass eine Schwäche einen evolutionären Vorteil bringt - dürfte aber eher seltener der Fall sein. Sowas gibt es aber! Es gibt zum Beispiel einen Vogel in Afrika, der einen sehr langen Schweif an Federn hinter sich herschleift, der das Fliegen erschwert. Je länger dieser Scheif aber ist, desto eher pflanzt sich dieser Vogel fort. Man führt das zurück auf das Schönheitsempfinden des anderen Geschlechts, nachdem man Experimente gemacht hat.

Ja, den Vogel nennt man Pfau und der blaue, bekannte lebt in Indien. Deine Schlussfolgerungen sind ganz nett, baiseren aber auf einem falschen VErständnis von Moral, bzw. hast du nicht erklärt, wie du moralisches Verhalten beschreibst. Ich hingegen habe formuliert, was du wohl als moralisches Verhalten bezeichnen würdest und festgestellt, dass es nichts mit Moral zu tun hat. Ist dir das Konzept der Autosuggestion bekannt? Wenn jemand sich einredet, dass dies und das so ist, wird er das irgendwann auch glauben, um sich vor der ihm unangenehmen Wahrheit zu schützen. Dass die Mehrheit an Gott und Moral glaubt, bedeutet nicht, dass Gott und Moral sich evolutionär durchgesetzt hat, sondern der Glaube daran (wenn überhaupt). In einem Genpool gibt es aber immer Varianzen, die sich auch als Vorteil herausstellen können. Ich behaupte einfach mal, dass dieses alte Konzept in unserer zivilisierten Gesellschaft schon längst zerfällt und immer weniger Leute an etwas glauben, das noch nie existiert hat, weil es nicht mehr nützlich ist.
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Re: Illusionen

Beitragvon stine » Do 2. Aug 2012, 12:44

Darth Nefarius hat geschrieben:Nicht, ob wir etwas sollten, sondern ob wir etwas wollen. Der Wille unterliegt keiner Moral oder Ethik, er kann mitleidend und/oder rational sein. Damit ist er der beste Maßstab, was wir tun "sollten" (dieses Sollen gibt es ja eigentlich deswegen nicht. Wenn das mehr Menschen erkennen, werden sie nicht in so einem Zwiespalt sein, ihre Gedanken werden klarer, weil sie verstehen würden, dass sie nur überlegen müssen, was sie eigentlich wollen. Wenn man also nicht will, dass die Schwächeren auf der Strecke bleiben, dann kann man entsprechend seinem Willen handeln, ohne ein Gesetz dafür benötigt zu haben. Brauchst du ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden? Brauchst du ein "du sollst"? Wenn nicht, brauchst du auch keine Moral oder Ethik. Diejenigen, die diese Dinge nicht können, würden vielleicht eine brauchen, würden sie aber nie befolgen. Damit hat sich dieses Konzept nicht nur als nicht durchsetzbar, sondern als nutzlos erwiesen.

Das was deiner Meinung nach die Menschen freiwillig wollen sollen, ist doch genau das, was Moralisten und Ethiker niedergeschrieben haben. Das ist die Moral und die Ethik. Natürlich halten sich nicht alle daran, das heißt aber nicht, dass die Werte falsch wären.

Und ja, viele brauchen ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden. Mitleiden kannst du nur, wenn es sich um deinen allernächsten Mitmenschen handelt. Wenn die Leidenden in einem anderen Land sitzen, dann kann ihnen nur noch unsere erlernte moralische Mitverantwortung helfen.

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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Aug 2012, 14:00

stine hat geschrieben:Das was deiner Meinung nach die Menschen freiwillig wollen sollen, ist doch genau das, was Moralisten und Ethiker niedergeschrieben haben.

Den Willen, den sie postulieren, gibt es nur nicht. Sie stellen sich einen göttlichen/guten Willen vor, der ohne Egoismus, ohne Triebe funktioniert. Soetwas ist kein Wille. Die postulierten gesetze müssten ansonsten nicht als Imperative formuliert werden, sondern als Vorschläge.
Du brauchst mir keine Märchen zu erzählen, was z.Bsp. Kant verfasst hat, geht am Willen völlig vorbei. Auch wenn er einen "guten Willen" postuliert, so entmenschlicht er ihn, pervertiert ihn, indem er die Loslösung von den Trieben fordert. Der Wille ist nur das Ergebnis von Motiven, diese wiederum resultieren aus Trieben.
stine hat geschrieben:Das ist die Moral und die Ethik. Natürlich halten sich nicht alle daran, das heißt aber nicht, dass die Werte falsch wären.

Natürlich heißt es das. Wenn sie zu nichts taugen, dann sind sie fehlerhaft. Diese Werte sind falsch begründet und nicht universell. Anstatt vom Menschen auszugehen, von einer rationalen Sichtweise aus, wird ihm alles mögliche aufgezwungen.
stine hat geschrieben:Und ja, viele brauchen ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden.

Was für ein Unsinn! Entweder ist man zu Mitleid fähig, oder nicht! Kann etwa jemand übers Wasser laufen, wenn du ein Gesetz formulierst, dass es jeder können muss? Eine Fähigket kann nicht angeordnet werden!
stine hat geschrieben:Mitleiden kannst du nur, wenn es sich um deinen allernächsten Mitmenschen handelt. Wenn die Leidenden in einem anderen Land sitzen, dann kann ihnen nur noch unsere erlernte moralische Mitverantwortung helfen.

Unsinn, es gibt so eine Verantwortung nicht. Entweder wird Mitleid empfunden, oder nicht. Wer entscheidet bitte über Schuld und Verantwortung? Nur die eigene Person. Was du da beschreibst würde ich als bestenfalls gutgemeinten Imperialismus aus geglaubter moralischer Überlegenheit bezeichnen. Man muss sich nicht in anderer Länder Angelegenheiten einmischen und sich zu einem Richter erheben.
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Re: Illusionen

Beitragvon stine » Do 2. Aug 2012, 17:01

Darth Nefarius hat geschrieben:Man muss sich nicht in anderer Länder Angelegenheiten einmischen und sich zu einem Richter erheben.
Das gelte aber dann insbesondere auch für die sogenannte humanitäre Hilfe im Ausland, oder wie?

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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Do 2. Aug 2012, 20:39

Wenn das Land diese Hilfe nicht zulässt, dann ja. Andernfalls erhebt man sich über die Gesetze des jeweiligen Landes, was nur aus einem arroganten Selbstverständnis liegen wird. Da die meisten Länder (selbst Nordkorea hin und wieder) humanitäre Hilfe zulassen, sehe ich kein Problem.
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » Fr 3. Aug 2012, 05:44

Hallo ihr zwei, hab leider keine Zeit alles hier durchzustudieren, aber mal dazu:

stine hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Nicht, ob wir etwas sollten, sondern ob wir etwas wollen. Der Wille unterliegt keiner Moral oder Ethik, er kann mitleidend und/oder rational sein. Damit ist er der beste Maßstab, was wir tun "sollten" (dieses Sollen gibt es ja eigentlich deswegen nicht. Wenn das mehr Menschen erkennen, werden sie nicht in so einem Zwiespalt sein, ihre Gedanken werden klarer, weil sie verstehen würden, dass sie nur überlegen müssen, was sie eigentlich wollen. Wenn man also nicht will, dass die Schwächeren auf der Strecke bleiben, dann kann man entsprechend seinem Willen handeln, ohne ein Gesetz dafür benötigt zu haben. Brauchst du ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden? Brauchst du ein "du sollst"? Wenn nicht, brauchst du auch keine Moral oder Ethik. Diejenigen, die diese Dinge nicht können, würden vielleicht eine brauchen, würden sie aber nie befolgen. Damit hat sich dieses Konzept nicht nur als nicht durchsetzbar, sondern als nutzlos erwiesen.

Das was deiner Meinung nach die Menschen freiwillig wollen sollen, ist doch genau das, was Moralisten und Ethiker niedergeschrieben haben. Das ist die Moral und die Ethik. Natürlich halten sich nicht alle daran, das heißt aber nicht, dass die Werte falsch wären.

Und ja, viele brauchen ein Gesetz, um Mitleid zu empfinden. Mitleiden kannst du nur, wenn es sich um deinen allernächsten Mitmenschen handelt. Wenn die Leidenden in einem anderen Land sitzen, dann kann ihnen nur noch unsere erlernte moralische Mitverantwortung helfen.

LG stine



Ich glaube, wir brauchen Normen haupsächlich zur sozialen Vergewisserung, nämlich ob wir dasselbe wollen. Deshalb finde ich auch, dass Moral und Ehtik wichtige Dinge sind, die außerdem, wie Stine richtig bemerkt, direkt aus dem Willen des Menschen kommen. Nur weiß der Mensch auch, dass er nicht selten Sachen wollte, die er kein zweites Mal will - kurz gesagt, dass er ich irren kann. Deshalb steht eine Ethik oder Moral stets zur Debatte. Und gerade weil wir uns irren können, benötigen wir als Individuen die Erfahrung der anderen, um uns zu vergewisseren, was wir wirklich wollen.

Ich glaube aber nicht, dass Mitleid sozial gelernt wird.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 3. Aug 2012, 16:00

ujmp hat geschrieben:Ich glaube, wir brauchen Normen haupsächlich zur sozialen Vergewisserung, nämlich ob wir dasselbe wollen.

Gewiss, allerdings sind Normen nur so gut, wie sie auch nützlich sind. Moral und Ethik ist zum Selbstläufer, zu einer Ideologie geworden, die über den Nutzen für den Menschen und die Gesellschaft hinausgeht.
ujmp hat geschrieben:Deshalb finde ich auch, dass Moral und Ehtik wichtige Dinge sind, die außerdem, wie Stine richtig bemerkt, direkt aus dem Willen des Menschen kommen.

Nein, diese Dinge kommen nicht vom Willen des Menschen, es wird einem anerzogen, es zu wollen. Ich will sie nicht, ich brauche sie nicht und komme dennoch klar, vielleicht sogar besser, weil ich die Regel nicht um der Regel willen zur Kenntnis nehme, sondern wegen ihres Nutzens und sie eher als Ratschlag betrachte. Der Imperativ bestimmt nicht umsonst die Sprache der Moral und Ethik. Da steht nie "tu was du willst", sowas wird als animalisch und triebgesteuert hingestellt, während der "gute Wille" aus einem religiösen und nicht logischen Verständnis entspringt, das nur so von den ach so bösen Trieben und dem Egoismus abzusondern ist. Ethik und Moral entspringen nicht dem Willen, wie er natürlich und in gesunder Form vorkommt.
ujmp hat geschrieben:Nur weiß der Mensch auch, dass er nicht selten Sachen wollte, die er kein zweites Mal will - kurz gesagt, dass er ich irren kann. Deshalb steht eine Ethik oder Moral stets zur Debatte.

Für dich und mich, nicht für Menschen, die tatsächlich an Moral und Ethik glauben. Oder lassen streng Religiöse mit sich über die Sinnhaftigkeit diskutieren? Sie würden eher anfangen dich als Nazi zu bezeichnen, wenn du z.Bsp. die Beschneidung infrage stellst. Speziell zu dieser Diskussion ist eine gute Stelle zitiert worden von einem Religiösen, der diese Tatsache auf den Punkt bringt und selbst zugibt.
Moral und Ethik werden wie Wahrheiten behandelt, an ihnen zu rütteln kommt den wenigsten Menschen in den Sinn und sie irren sich ungemein selten gerne und geben es noch viel seltener zu.
ujmp hat geschrieben:Und gerade weil wir uns irren können, benötigen wir als Individuen die Erfahrung der anderen, um uns zu vergewisseren, was wir wirklich wollen.

Ich glaube aber nicht, dass Mitleid sozial gelernt wird.

Weil wir uns irren können, brauchen wir Erfahrung - ja, aber keine Moral, diese ersetzt Erfahrung nicht. Und was meinst du mit dem letzten Satz? Dass die Fähigkeit angeboren und nicht auzwingbar, wie stine es formuliert hat, ist? Wenn ja, stimme ich zu. Ich hätte aber eher geschrieben, dass es nicht lehrbar ist.
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Re: Illusionen

Beitragvon Nanna » Fr 3. Aug 2012, 17:08

Darth Nefarius hat geschrieben:... nützlich ...

Was ist das genau, wenn ich fragen darf?
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