Illusionen

Re: Illusionen

Beitragvon Pia Hut » Fr 3. Aug 2012, 18:04

Wegen wenig Zeit bleibe ich etwas stichwortartig und hoffe es ist was damit anzufangen.
Zu Darth : Bei Frauen ist das auch nicht anders, dass sie außer für einen Kerl auch noch Augen für andere haben. Den Glauben an „den Einen“ halte ich für ein Liebesideal. Aber was soll mir das Schlüssel-Schloss-System groß erklären – mag ja sein, dass ein erstes Interesse an einem Individuum vom anderen Geschlecht auch von der Biologie (chemischen Botenstoffen oder Hormonen) angeregt wird, aber wenn der fünf blöde Sätze los lässt, ist es auch mit der Attraktivität schnell vorbei. Ich behaupte schon, dass da der Intellekt, das eigene Urteil eben, sich ziemlich von der Biologie zu emanzipieren vermag.
zu Stine – Ich lege Wert auf den Unterschied zwischen Amoral und Unmoral – für Unmoral habe ich gar nichts übrig. Und ich weiß nicht warum du irgendwie zu meinen scheinst, dass man sich in Abwesenheit der Moral immer gleich die Köpfe einschlagen würde, wo soll denn dieses Interesse eigentlich herkommen? (ich behaupte vielmehr: nur wenn man an höhere Werte glaubt und das tut auch der unmoralische Mensch- nur eben mit anderer Ausrichtung - bringt man die entsprechende Leidenschaft für diverse „gerechtfertigte“ Grausamkeiten zustande. (Ich besichtige die Welt logisch und auf mein Interesse bezogen und kenne darüber z.B. keine „gerechtfertigte“ Grausamkeit, finde jede Grausamkeit ätzend)
„Es würde sich der Stärkste behaupten“ war der Fortgang der Überlegung und da gerät mir auch Darth Einwand darauf wieder etwas zu „biologistisch“. Daher versuche ich zu erklären, was ich damit meine. Generell meine ich mit biologistisch ein etwas „mechanisches Weltbild „ - grob gesagt „man glaubt nur an das, was man anfassen kann“ (u. auch der Alleinerklärungsanspruch der Biologie stört mich da etwas). Moral halte ich auch für keine Illusion, sondern für ein sehr reales „Ärgernis“. Auch Regeln gibt es und zumindest dann wenn sie in Gesetzform gegossen sind, kann man es sich nicht ohne Konsequenzen leisten diese zu ignorieren (insofern ist der Begriff Illussion da doch irgendwie unpassend). Man kann außerdem doch auch nicht einfach hergehen und sagen „Es gibt auch keine Schulden“ (verstehe ich hier einen Witz nicht?) – wenn man den Standpunkt einer Bank gegenüber vertritt, merkt man schnell wie real die diese Sache sehen.
Aber zurück zu den Stärksten: dem Überleben der „Angepassten“ , und Selektion als fairen Prozess. Tatsächlich halte ich auch sehr viel vom eigenen „Wollen“, so dass mir auch nicht die Biologie eine Einsicht in ein „Sollen“ abnötigt. Mir leuchtet „Selektion“ z.B. überhaupt nicht ein. Warum sollte ich Selektion wollen? (es liegt wohl auch etwas am Begriff „angepasst“, der mich stutzen lässt, d.h. ja gerade nicht das eigen Wollen zum Maßstab zu machen, woran also anpassen?)
Und die Situation auf den Finanzmärkten hat wenig mit der Unmoral der „Wirtschaftlenker“ zu tun, wie sich das bei Stine anhört, das liegt schon sehr an den Regeln, die auf den Finanzmärkten gelten. Diese „Lenker“ verhalten sich doch alle ganz regelkonform und vielleicht sollte man sich da eher über dieses Finanzsystem empören, als moralische Kritik an einzelnen Subjekten üben.
Und Xander meint, dass es ohne diese Wirtschaftssytem noch schlimmer werden könnte? Und ich dachte immer es läge an einem Wirtschaftssytem, das lauter Interessengegensätze zwischen Menschen in die Welt setzt, dass sich diverse Menschen zu Grausamkeiten hinreißen lassen.
Zu ganimed: zum Gerechtigkeitsinn fällt mir im Moment auch nicht viel mehr ein als dass ich den oft als ein Deckmäntelchen für Neidstandpunkte erlebe. Mit „Motivationsbildung“ kann ich nicht so viel anfangen, gegen ein Feedback hat hier sicher niemand was einzuwenden, aber seit ich erwachsen bin habe ich eigentlich den Anspruch meine Urteile nicht davon abhängig zu machen, ob sie mir Ansehen und Sympathie einbringen, das mag ja mal schwer fallen, aber willst du das wirklich propagieren?
Das „Psychologisieren“ finde ich übrigens nervig. Da ist man plötzlich weg vom Thema und die Person steht im Mittelpunkt. So was wie „ich glaube du redest dir das nur ein“ fände ich selbst schon sehr ärgerlich, weil das ja ziemlich grundlos einen anderen für unglaubwürdig erklärt und ich wunderte mich echt, wie entspannt die Antwort ausfiel.
Zu ujump: auf Erfahrungen und das Wissen anderer zu bauen, ist ja wirklich sehr rationell, wenn die das ordentlich begründen können – ich weiß nur nicht wie die Moral da ins Spiel kommt, denn die kommt doch gerade immer ohne Begründung aus (sie verweist auf Sitten), und da soll man dann den entscheidenden Maßstab des Urteilens (das eigene Interesse) immer dem sogenannte Gemeinwohl opfern.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 3. Aug 2012, 20:10

Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:... nützlich ...

Was ist das genau, wenn ich fragen darf?

Soll ich mal zeigen, wie pingelig man sein kann? Metaebenen-Overkill:
Nanna hat geschrieben:...ist...

Was bedeutet für dich "sein"?
Nanna hat geschrieben:...genau...

Wie konkret/genau kann man sein? Welche Ebene betrachtest du da? Eine oberflächlich kausale Erklärung, eine auf molekularer Ebene oder sogar auf Quarks-Ebene?
Nanna hat geschrieben:...ich...

Was ist dieses "ich" für "dich"? Was macht dein "ich" aus?
Nanna hat geschrieben:...fragen...

Was ist eine Frage? Eine Suche? Rhetorik? Das Kaschieren von Voreingenommenheit?
Nanna hat geschrieben:...darf...

Wer darf was? Was zwingt uns? Gibt es überhaupt etwas, das uns zwingt? Dürfen wir nicht alles? Aber können wir alles? Erübrigt sich die Frage nicht, wenn unser Handeln determiniert ist? Erübrigt es sich, wenn es nicht determiert ist?
Also, wenn du eine konkrete Frage hast, und dich nicht auf ein Wort einschießen willst, formuliere dein Problem bitte, ansonsten kann ich das Spiel genauso spielen.
Pia Hut hat geschrieben:Den Glauben an „den Einen“ halte ich für ein Liebesideal. Aber was soll mir das Schlüssel-Schloss-System groß erklären – mag ja sein, dass ein erstes Interesse an einem Individuum vom anderen Geschlecht auch von der Biologie (chemischen Botenstoffen oder Hormonen) angeregt wird, aber wenn der fünf blöde Sätze los lässt, ist es auch mit der Attraktivität schnell vorbei.

Es hängt davon ab, was für eine Frau du bist und wer was als Blödsinn definiert. Insofern findet auch ein Topf seinen Deckel, ich habe schon reichlich dämliche Menschen beider Geschlechter kennen lernen dürfen/müssen. Auch das ist eine Kompatibilitätsprüfung auf intellektueller Ebene. Wenn sich die Partner nicht verstehen, passen sie nicht. Wenn er "voll krass" sagt und sie "echt" erwidert, passen sie, weil ihre Kommunikation auf den nötigen Ebenen in der gleichen "Sprache" abläuft, was definitiv ein Selektionsvorteil ist/ein Selektionskriterium darstellt.
"Die Biologie" umfasst nicht nur Geruchssinn und aktuelle Rolligkeit, sondern eben auch solche Feinheiten, deswegen gibt es Verhaltensbiologen.
Pia Hut hat geschrieben:Ich behaupte schon, dass da der Intellekt, das eigene Urteil eben, sich ziemlich von der Biologie zu emanzipieren vermag.

Inwiefern ist Intelligenz nicht Teil der Biologie? Das Überleben des Menschen, sein Selektionsvorteil, beruht auf seiner ausgezeichen Fähigkeit, der Intelligenz.
Pia Hut hat geschrieben:...ich behaupte vielmehr: nur wenn man an höhere Werte glaubt und das tut auch der unmoralische Mensch- nur eben mit anderer Ausrichtung - bringt man die entsprechende Leidenschaft für diverse „gerechtfertigte“ Grausamkeiten zustande.

War zwar an stine gerichtet, wirft aber die Frage auf, welche höheren Werte du meinst. Mir sind keine bekannt, die ich anstrebe, oder an die ich glauben kann.
Pia Hut hat geschrieben:Generell meine ich mit biologistisch ein etwas „mechanisches Weltbild „ - grob gesagt „man glaubt nur an das, was man anfassen kann“

Das habe ich schon verstanden, die Frage sollte vielmehr darauf abzielen, was daran falsch sein soll. Als ich das Thema eröffnet habe, wollte ich meine Kritik allgemein auf ein metaphysisches Denken, das ich auch hier gefunden habe, richten. Wieso bei der einen Illusion die Nase rümpfen und die andere als real zu betrachten/als wünschenswertrealisierbar?
Pia Hut hat geschrieben:(u. auch der Alleinerklärungsanspruch der Biologie stört mich da etwas)

Was meinst du mit "Alleinerklärungsanspruch"? Die Biologie ist heutzutage interdisziplinär. Mein Studium ist sehr speziell und bedarf mindestens einem ebensogroßen Verständnis in der Chemie und Physik wie in der Biologie, aber auch einfache Biologen kommen ohne Chemie, Mathematik, Informatik und einige andere Wissenschaften nicht aus. Wenn überhaupt, solltest du deinen Vorwurf an die Wissenschaft richten.
Pia Hut hat geschrieben:Moral halte ich auch für keine Illusion, sondern für ein sehr reales „Ärgernis“.

Ich verstehe, was du meinst. Ich formuliere es quasi anders: Ich halte Gott für eine Illusion und den Glauben an ihn für ein Ärgernis. Ich halte Moral für eine Illusion und den Glauben an sie für ein Argernis. Moral hat immer einen universellen Anspruch und behauptet ein Bestandteil des Menschen zu sein (ich formuliere bewusst nicht "natürlich"), ich sehe diese Universalität nicht, aber den Glauben daran, der zu Konflikten führt und somit ein Ärgernis darstellt.
Pia Hut hat geschrieben:Auch Regeln gibt es und zumindest dann wenn sie in Gesetzform gegossen sind, kann man es sich nicht ohne Konsequenzen leisten diese zu ignorieren (insofern ist der Begriff Illussion da doch irgendwie unpassend).

Dass die Zuwiderhandlung konsequenzenlos ist, habe ich nie behauptet, aber etas anderes. Ich will es mal an einem Beispiel festmachen:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar.",-stimmt das? Nein, sie ist antatsbar, es ist nur nicht erwünscht, dass sie angetastet wird, deswegen wird die Tangierung der Würde bestraft. Dass sie unantastbar ist, ist eine Illusion. Ein "Sollen" ist immer eine Illusion, somit auch Gesetze.
Pia Hut hat geschrieben:Man kann außerdem doch auch nicht einfach hergehen und sagen „Es gibt auch keine Schulden“ (verstehe ich hier einen Witz nicht?) – wenn man den Standpunkt einer Bank gegenüber vertritt, merkt man schnell wie real die diese Sache sehen.

Genaugenommen gibt es Schulden auch nicht, es gibt nur Forderungen anderer. Die Bank kann von dir etwas einfordern, du wirst wahrscheinlich auch kooperieren, kannst das aber auch verweigern, mit bestimmten Konsequenzen. Konsequenzen sind aber kein Beleg für Realität, sondern nur von Ursache und Wirkung.
Pia Hut hat geschrieben:Tatsächlich halte ich auch sehr viel vom eigenen „Wollen“, so dass mir auch nicht die Biologie eine Einsicht in ein „Sollen“ abnötigt. Mir leuchtet „Selektion“ z.B. überhaupt nicht ein. Warum sollte ich Selektion wollen?

Du brauchst sie nicht zu wollen, genausowenig wie du es wollen musst, der Schwerkraft zu unterliegen, du tust es einfach.
Pia Hut hat geschrieben:es liegt wohl auch etwas am Begriff „angepasst“, der mich stutzen lässt, d.h. ja gerade nicht das eigen Wollen zum Maßstab zu machen, woran also anpassen?

Du sollst nichts, einige werden es, andere nicht, um zu überleben. Aber genaugenommen ist das etwas lamarckistisch formuliert und beruht auf einem Missverständnis: Selektion ist kein wirklich aktiver Prozess, eine Variation im Genpool trägt verschiedene Merkmale, Eigenschaften, die sich als nützlich oder schädlich für das Überleben des sie tragenden Individuums erweisen kann. Die Umwelt ist ein Sieb, die bestimmte eigenschaften quasi fördern wird, während andere sich als unnütz herausstellen. Weil die Umwelt sich immer verändert, werden immer unterschiedliche Eigenschaften gefördert. Das bedeutet, dass nicht du dich "anpasst", sondern "angepasst wirst".
Pia Hut hat geschrieben:Diese „Lenker“ verhalten sich doch alle ganz regelkonform und vielleicht sollte man sich da eher über dieses Finanzsystem empören, als moralische Kritik an einzelnen Subjekten üben.

Das stimmt schon eher. Regeln zu umgehen ist kein Verstoß. Wenn das System genug Freiheiten bietet, werden sie auch ausgenutzt. Wenn ich mich z.Bsp. an ein gewisses Interview von Dragi erinnere und die sofortige Reaktion der Märkte, muss man sich nicht über die Macht wundern.
Pia Hut hat geschrieben:Und ich dachte immer es läge an einem Wirtschaftssytem, das lauter Interessengegensätze zwischen Menschen in die Welt setzt, dass sich diverse Menschen zu Grausamkeiten hinreißen lassen.

Nein, das Wirtschaftssystem ist auch kein Ding mit Bewusstsein, sondern beschreibt nur einen Mechanismus, wie die Selektion. Der Mensch hat Interessen, aus diesen resultieren zwangsläufig Konflikte, wenn sich Interessen decken und nicht vereinbar sind. Der Nahostkonflikt hat z.Bsp. keine ursüprünglich wirtschaftliche Dinemsion, sondern eine ideologisch-religiöse. Trotzdem sehen wir einen Interessensgegensatz, der sich auf einen eigentlich ziemlich unwirtlichen Lebensort beruht. Was ist Jerusalem rational/wirtschaftlich betrachtet wert? Jedenfalls nicht diesen Konflikt. Auch Grausamkeiten sind das zu verachtende, sie haben ihren Ursprung nicht in "der Wirtschaft".
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Re: Illusionen

Beitragvon Nanna » Sa 4. Aug 2012, 02:48

Darth Nefarius hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:... nützlich ...

Was ist das genau, wenn ich fragen darf?

Soll ich mal zeigen, wie pingelig man sein kann? Metaebenen-Overkill:

Hering, Roter.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Aug 2012, 10:29

Du hast also keine Lust, ordentlich zu diskutieren? Ich will von nichts ablenken, mein Schlusswort sollte klar die Bereitschaft zu einer ordentlichen Diskussion zeigen, wenn du aber jedes Wort versuchst zu zerlegen, kommen wir nicht weit, bzw. würden uns in einer endlosen Diskussion verstricken. Du kannst davon ausgehen, dass ich mit "nützlich" das meine, was in Sprachgebrauch üblich ist.
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » Sa 4. Aug 2012, 14:04

Darth Nefarius hat geschrieben:Nein, diese Dinge kommen nicht vom Willen des Menschen, es wird einem anerzogen, es zu wollen. Ich will sie nicht, ich brauche sie nicht und komme dennoch klar, vielleicht sogar besser, weil ich die Regel nicht um der Regel willen zur Kenntnis nehme, sondern wegen ihres Nutzens und sie eher als Ratschlag betrachte. Der Imperativ bestimmt nicht umsonst die Sprache der Moral und Ethik. Da steht nie "tu was du willst", sowas wird als animalisch und triebgesteuert hingestellt, während der "gute Wille" aus einem religiösen und nicht logischen Verständnis entspringt, das nur so von den ach so bösen Trieben und dem Egoismus abzusondern ist. Ethik und Moral entspringen nicht dem Willen, wie er natürlich und in gesunder Form vorkommt.

M.E. schüttest du da das Kind mit dem Bade aus. Eine Moral ist - du hast ja ihre kommunikative Funktion anerkannt - erstmal nichweiter als eine Hypothese, eine Vermutung; biologisch gesprochen, ein Fortsatz des menschlichen Organismus. Es kommt darauf an, ob sich dieses Werkzeug bewehrt. Ich persönlich glaube nicht, dass es ohne Moral geht.

Außerdem bedeutet ein "Du sollst...", wenn du es vertrittst, ein "Ich will.." - denn du willst nicht ermordert oder bestohlen usw. werden, deshalb sagst du zu dem anderen "Du sollst...!". Die Moral soll sozusagen deinen Willen durchsetzen.

Keine Moral ist auch eine Moral!
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » Sa 4. Aug 2012, 14:17

Darth Nefarius hat geschrieben:kommt den wenigsten Menschen in den Sinn und sie irren sich ungemein selten gerne und geben es noch viel seltener zu.
ujmp hat geschrieben:Und gerade weil wir uns irren können, benötigen wir als Individuen die Erfahrung der anderen, um uns zu vergewisseren, was wir wirklich wollen.

Weil wir uns irren können, brauchen wir Erfahrung - ja, aber keine Moral, diese ersetzt Erfahrung nicht.

Ich meine, wenn ein Mensch in eine Gesellschaft hieneingeboren wird, ist es nicht schlecht für ihn, geltende Grundwerte zu akzeptieren, auch wenn er sie nicht gänzlich oder überhaupt nicht durchschaut. Das ist trivial, wenn man dabei an Kindererziehung denkt. Es ist ja nicht besonders clever, nur aus eigenen Erfahrungen lernen zu wollen.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Aug 2012, 14:30

ujmp hat geschrieben: Eine Moral ist - du hast ja ihre kommunikative Funktion anerkannt - erstmal nichweiter als eine Hypothese, eine Vermutung; biologisch gesprochen, ein Fortsatz des menschlichen Organismus.

Unsinn, sie ist eine Illusion, eine Befehlssammlung. Inwiefern Hypothese??? Eine Moral sagt nicht "Es wird vermutet, dass xyz ganz nützlich für die Gesellschaft ist.", sondern "Du sollst xyz befolgen, bist du stirbst, oder du landest in der Hölle!" Eine Hypothese, eine Vermutung hat eine ganz andere grammatische Struktur und eine andere Intention. Der Darwinismus ist formell eine Hypothese, sie wird nicht als "die Tiere sollen..." formuliert, sondern "die Tiere werden wohl...".
Du kannst mir nicht erzählen, dass du da keinen Unterschied siehst.
ujmp hat geschrieben:Es kommt darauf an, ob sich dieses Werkzeug bewehrt. Ich persönlich glaube nicht, dass es ohne Moral geht.

Ja, das ist dein sehr persönlicher Glaube, ich merke an mir seit Jahren, dass es geht, solange ich meine Handlungen durchdenke, plane, analysiere. Wieso soll dein Glaube berechtigt sein, wenn du es nicht versucht hast? Bzw. wie willst du mir erklären dass du nicht einer Illusion nachhängst, während du aus meiner Sicht einer Illusion nachhängst?
ujmp hat geschrieben:Außerdem bedeutet ein "Du sollst...", wenn du es vertrittst, ein "Ich will.." - denn du willst nicht ermordert oder bestohlen usw. werden, deshalb sagst du zu dem anderen "Du sollst...!".

Und dieser Wille war stets einer der Herrschenden, die natürlich ihren Willen aufgewertet haben, indem sie sagten "du sollst mich ehren/mir den Zehnten zahlen/mir Treue schwören.", das ist Moral. Eigentlich nur eine Vertuschung von Interessen, ein "Sollen" gibt es nicht, es wird nur für (Leicht-)Gläubige gewichtiger, indem es zur Moral erklärt wird. Und mit diesem Satz hast du letztlich erkannt, dass Moral eine Illusion ist: Es gibt kein "Du sollst..", das macht eine Moral aus. Forderungen, Wünsche, Ansprüche sind keine Moral, aber sie werden entsprechend geformt, um bedeutender zu werden. Du hast es doch selbst erkannt, wieso meinst du, dass Forderungen und Wünsche einer Moral gleichkommen? Warum nicht von Forderungen und Wünschen reden?
Übrigens würde ich mich in der von dir beschriebenen Situation mit so einer Aussage lächerlich machen und noch viel eher sowas provozieren. Ich erinnere mich an die 5. Klasse, wo ein armes Würstchen von anderen gehänselt wurde und die Lehrerin im riet "Stopp" zu sagen und zu gestikulieren, dass es dir nicht passt, was getan wird. Als dieser genau dies getan hat, war es so witzig für die anderen, dass sie diese Reaktion immer wieder provozieren wollten und einen Grund mehr meinten zu haben, den Mitschüler zu quälen. Mich hat es auch etwas provoziert und ich habe zwar nicht mitgemacht, fand es aber lustig, wie auch ärgerlich, dass Lehrer so inkompetent und naiv was Kinder und ihre Grausamkeit betrifft, waren. Meist habe ich mich gefreut, dass ich gerade nicht an der Reihe war mit Provokationen- falls dies aber zutraf hat altmodische körperliche Gegenwehr mehr gebracht als "Stopp". Wenn du einem Mitschüler die Zähne krumm schlägst, eine blutende Nase verpasst oder einen Tinitus verursachst, hast du länger Ruhe. Ich bin froh, dass ich aus diesem Alter raus bin und sowas nicht mehr nötig ist. Das war mir aber eine Lektion: Ein "du Sollst/Stopp" hindert andere nicht, sie sind entweder Tiere oder kooperative Wesen, du musst deinen Willen auf die eine oder andere Weise durchsetzen.
ujmp hat geschrieben:Keine Moral ist auch eine Moral!

Inwiefern? Ich habe keinen Verhaltenskodex, sondern nur ein Schema, dass sich bewehrt hat, aber ohne jedes "Sollen" auskommt. Eine Verhaltensmethodik ist keine Moral, sie ist nicht an das Handeln per se gebunden, somit ist auch Handeln ohne Moral möglich, bzw. die einzig existente Form.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Aug 2012, 14:34

ujmp hat geschrieben:Ich meine, wenn ein Mensch in eine Gesellschaft hieneingeboren wird, ist es nicht schlecht für ihn, geltende Grundwerte zu akzeptieren, auch wenn er sie nicht gänzlich oder überhaupt nicht durchschaut.

Mit anderen Worten begrüßt du blinden Gehorsam.
ujmp hat geschrieben:Das ist trivial, wenn man dabei an Kindererziehung denkt.

So trivial, dass Pädagogen nie in den Sinn kommt, dass es falsch ist. Wenn ich an meine Kindheit denke, wollten sie nie verstehen, warum ich zögere, nich gehorche oder hinterfrage. Ja, die meisten Menschen denken leider so wie du.
ujmp hat geschrieben:Es ist ja nicht besonders clever, nur aus eigenen Erfahrungen lernen zu wollen.

Doch, esist nur unvermeidbar, wenn man sich schlichtweg Fragen stellt und selbst denkt.
Und ich habe nicht gesagt, dass ich alles neu erfinden will, sondern bei Gelegenheit möglichst viel hinterfrage. Ich hinterfrage Moral.
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Re: Illusionen

Beitragvon Lumen » Sa 4. Aug 2012, 17:15

Darth Nefarius hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich meine, wenn ein Mensch in eine Gesellschaft hieneingeboren wird, ist es nicht schlecht für ihn, geltende Grundwerte zu akzeptieren, auch wenn er sie nicht gänzlich oder überhaupt nicht durchschaut.

Mit anderen Worten begrüßt du blinden Gehorsam.

ujmp hat geschrieben:Das ist trivial, wenn man dabei an Kindererziehung denkt.

So trivial, dass Pädagogen nie in den Sinn kommt, dass es falsch ist. Wenn ich an meine Kindheit denke, wollten sie nie verstehen, warum ich zögere, nich gehorche oder hinterfrage. Ja, die meisten Menschen denken leider so wie du.


Hier auf Planet Erde lernen Menschen durch Nachahmung und in iterativen Schritten ("learning by doing"). Insbesondere Kinder lernen nicht durch Theorie. Sie sind —offenbar— so beschaffen, dass sie Anweisungen von Erwachsenen in der Regel gehorchen, auch wenn es bisweilen nicht den Anschein macht. Mit der Zeit werden sie mutiger und erforschen Grenzen, dann auch die der Eltern. Das ist auch grundsätzlich sinnvoll so, denn Kinder, die lieber trotzdem mit den Krokodilen badeten, hatten selbst eher keine Kinder.

Darth Nefarius hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist ja nicht besonders clever, nur aus eigenen Erfahrungen lernen zu wollen.
Doch, esist nur unvermeidbar, wenn man sich schlichtweg Fragen stellt und selbst denkt.
Und ich habe nicht gesagt, dass ich alles neu erfinden will, sondern bei Gelegenheit möglichst viel hinterfrage. Ich hinterfrage Moral.


Ist Moral nicht der Satz an Regeln, die Menschen individuell formulieren, nach denen sie grundsätzlich mit anderen Menschen interagieren? Der Witz ist ja, das "Es gibt keine Regeln" auch als Regel verstanden werden kann. Deine Idole können gerne auch der Sci-Fantasy Hitler Imperator Palpatine und Comic-Buch Superschurken sein, aber sei dir auch bewusst, dass jeder etwas ältere dieses "Ich bin so böse / ich stehe über den Dingen" Gehabe für infantilen Quatsch halten wird—auch du selbst, in wenigen Jahren. Versprochen.
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Re: Illusionen

Beitragvon Nanna » Sa 4. Aug 2012, 17:28

Darth Nefarius hat geschrieben:Du hast also keine Lust, ordentlich zu diskutieren? Ich will von nichts ablenken, mein Schlusswort sollte klar die Bereitschaft zu einer ordentlichen Diskussion zeigen, wenn du aber jedes Wort versuchst zu zerlegen, kommen wir nicht weit, bzw. würden uns in einer endlosen Diskussion verstricken. Du kannst davon ausgehen, dass ich mit "nützlich" das meine, was in Sprachgebrauch üblich ist.

Du hast von Nützlichkeit für eine Gesellschaft gesprochen, und ich frage mich, was das sein soll, weil das im Prinzip eine hohle Phrase ist, hinter der man von Herz-Lungen-Maschine bis Tamagotchi, Sklaverei bis Menschenwürde und Atomwaffen bis Peace Corps eigentlich alles verstecken kann. Genauso ist "das, was im Sprachgebrauch üblich ist" keine Antwort auf meine Frage, sondern nur ein weiteres Verlegen in den Bereich des Nebulösen. Da klingt viel von deiner Fortschrittsgläubigkeit durch, die leider völlig auf die Mittel beschränkt ist und bei der nie klar wird, was eigentlich der Zweck sein soll. Angenommen, du wirst ein guter Molekularbiologieforscher, wovon ich ausgehe, und erreichst die Unsterblichkeit, wovon ich nicht ausgehe, dann wäre ich schwer überrascht, wenn du mit diesem Sieg tatsächlich etwas anzufangen wüsstest. Du hast ein derart technisches quid-pro-quo-Verständnis von der Welt, dass du dich wahrscheinlich tatsächlich selbst unfähig gemacht hast, zu verstehen, was die Selbstzweckformel in Kants Kategorischem Imperativ ("Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.") bedeutet.

Du redest die ganze Zeit von Nützlichkeit, aber mehr als das technische Verständnis der Evolutionsbiologie kann ich darin nicht ausmachen. Gut, wenn du schon den Zweck zu Gunsten der Mittel über Bord wirfst, dann definiere wenigstens ordentlich, was eine Nützlichkeit ist und was nicht, damit wenigstens deine Position verständlich wird. Wozu dient Nützlichkeit, wofür sind nützliche Sachen nützlich?
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » Sa 4. Aug 2012, 19:29

Lumen hat geschrieben:
Hier auf Planet Erde lernen Menschen durch Nachahmung und in iterativen Schritten ("learning by doing"). Insbesondere Kinder lernen nicht durch Theorie. Sie sind —offenbar— so beschaffen, dass sie Anweisungen von Erwachsenen in der Regel gehorchen, auch wenn es bisweilen nicht den Anschein macht. Mit der Zeit werden sie mutiger und erforschen Grenzen, dann auch die der Eltern. Das ist auch grundsätzlich sinnvoll so, denn Kinder, die lieber trotzdem mit den Krokodilen badeten, hatten selbst eher keine Kinder.




Dieses aufschlussreiche Video hab ich hier schon mehrmals gepostet. Darin wird igrendwo die Vermutung geäußert, dass es gerade die Stärke des Menschen ist, erstmal ganz lange nur zu kopieren. Cesare überschätzt sich maßlos, wenn er meint, dass er selbständig denkt.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Aug 2012, 19:57

Lumen hat geschrieben:Hier auf Planet Erde lernen Menschen durch Nachahmung und in iterativen Schritten ("learning by doing"). Insbesondere Kinder lernen nicht durch Theorie. Sie sind —offenbar— so beschaffen, dass sie Anweisungen von Erwachsenen in der Regel gehorchen, auch wenn es bisweilen nicht den Anschein macht.

Was für ein Unsinn, ich war nie gehorsam, man musste mich überzeugen, oder ich fand es in Ordnung und logisch. Nachahmung ist nicht das Gleiche wie blinder Gehorsam. Eine gute Ausbildung fasst die nötigen Schritte zum Verständnis eines Sachverhaltes gut und vollständig genug zusammen, in der Uni erlebe ich das öfters, in der Schule habe ich das fast nie so erlebt. Wenn ich eine gewisse Formel anwenden soll, ist es ratsamer, dass ich die einzelnen Parameter und Konstanten, die sie beinhaltet, verstehe und herleiten kann. Ansonstan kann ich sie zum einen nicht behalten, zum anderen nicht so gut anwenden. Das lässt sich auf jeden anderen Sachverhalt übertragen: Wenn ich Geschichte verstehen soll, muss ich Quellen aus erster/zweiter Hand haben, die Interpretationen und Einschätzungen der Zeitzeugen kennen. Deswegen waren Quelleninterpretationen (zumindest bei mir) sehr wichtig im Geschichtsunterricht. In Mathematik war die eigenständige Herleitung wichtig und ist mir heute noch im Gedächtnis geblieben. In jedem bereich des Lernens kann nur gut und langfristig gelernt werden, wenn eine gute, glaubwürdige Herleitung und Interpretation des Wissens angeboten wird. Nachahmung kann nur so perfektioniert werden.
Lumen hat geschrieben: Mit der Zeit werden sie mutiger und erforschen Grenzen, dann auch die der Eltern. Das ist auch grundsätzlich sinnvoll so, denn Kinder, die lieber trotzdem mit den Krokodilen badeten, hatten selbst eher keine Kinder.

Nein, Eltern, die ihren Kindern die Dinge nicht plausibel genug erklären konnten, haben das Kind ans Krokodil verloren und dieses defizitäre Verhalten nicht weitergegeben. Ich denke, dass sich Logik und guter Argumentation mit der Zeit je nach Anspruch durchgesetzt hat und weiter durchsetzen wird.
Lumen hat geschrieben:Ist Moral nicht der Satz an Regeln, die Menschen individuell formulieren, nach denen sie grundsätzlich mit anderen Menschen interagieren?

Das ist nicht das Problem, sondern der Anspruch, dass die eigene Moral die korrekte, unveränderbar und universell ist. Abgesehen davon haben die erfolgreichsten Moralvorstellungen den Anspruch nicht von menschlicher Hand zu stammen, somit fällt das fehlerhafte des individuellen Menschen weg und wir haben eine zusätzliche Illusion.
Nanna hat geschrieben:Du hast von Nützlichkeit für eine Gesellschaft gesprochen, und ich frage mich, was das sein soll, weil das im Prinzip eine hohle Phrase ist, hinter der man von Herz-Lungen-Maschine bis Tamagotchi, Sklaverei bis Menschenwürde und Atomwaffen bis Peace Corps eigentlich alles verstecken kann.

Hättest du gleich sagen können, aber was unterstellst du mir bitte, was ich als nützlich bezeichne? Mit Nutzen meine ich weniger Konfliktpotential, durchdachteres Handeln und die Suche nach "echten" Gründen so oder so zu handeln, nicht ein "Gott will es" oder "Das ist so Brauch/Sitte/Regel" oder "Es wurde mir befohlen". Das bedeutet weniger Gefahr und Aggression, ein Stück mehr Gerechtigkeit, sofern es soetwas gibt. Das betrachte ich als Nutzen.
Nanna hat geschrieben:Da klingt viel von deiner Fortschrittsgläubigkeit durch, die leider völlig auf die Mittel beschränkt ist und bei der nie klar wird, was eigentlich der Zweck sein soll.

"Fortschrittsgläubigkeit" bekommt man nur von gewissen Menschen vorgeworfen. Der Fortschritt ist weniger als alles andere in seinen Mitteln beschränkt. Einen Sinn oder Zweck gibt es nicht, es ist ein Wettrüsten gegen Probleme und Gefahren, wie in der Natur üblich, was Koevolution genannt wird. Die Absicht ist sich einen Vorteil zu verschaffen, sich zu bereichern, länger, besser, sicherer zu leben. Das ist der "Zweck" (wenn du ihn so nennen willst) des Fortschritts.
Nanna hat geschrieben:Angenommen, du wirst ein guter Molekularbiologieforscher, wovon ich ausgehe, und erreichst die Unsterblichkeit, wovon ich nicht ausgehe, dann wäre ich schwer überrascht, wenn du mit diesem Sieg tatsächlich etwas anzufangen wüsstest.

Ehrlich gesagt gibt es schon viele gute Ansätze, die in Tierversuchen eine signifikante Erhöhung der Lebenserwartung bieten. Die Anwendung beim Menschen und eine gute Kombination aus diesen Mitteln ohne Risiken wird das Ziel sein. Meine optimistischte Einschätzung ist, dass man ein "200-Jahre"-Präparat rausbringt, bevor ich meinen Master habe. Aber so optimistisch bin ich eigentlich nicht. Was ich damit anfangen würde? Ich würde mir von dem Geld, das es einbringt, eine Insel kaufen, höchstens 5 Jahre nichts machen und dann, damit mein Wissensstand noch halbwegs aktuell ist, an der Unverwundbarkeit gegen mechanische Einwirkung oder Krankheit arbeiten. Ich will eigentlich nur nicht sterben, das ist das, was ich mit der Zeit anfangen würde. Schon zu leben ist für mich Grund genug dies zu machen. Zumindest den versuch anzustellen, gegen das Unvermeidliche anzukämpfen ist die Sache wert. So ein Kampf kann nur mit Erfolg oder Tod enden. Ich würde nie aufhören.
Nanna hat geschrieben:Du hast ein derart technisches quid-pro-quo-Verständnis von der Welt, dass du dich wahrscheinlich tatsächlich selbst unfähig gemacht hast, zu verstehen, was die Selbstzweckformel in Kants Kategorischem Imperativ ("Handle so, dass du die Menschheit sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst.") bedeutet.

Ich verstehe diesen Satz, ich halte ihn nur nicht für logisch und begründbar. Es gibt weder einen Zweck, noch den Selbstzweck des Menschen.
Nanna hat geschrieben:Wozu dient Nützlichkeit, wofür sind nützliche Sachen nützlich?

Der Nutzen von Nützlichkeit? Meinst du diese Frage ernst? Ich habe den Nutzen nach meinem Verständnis definiert, was du als "Nutzen der Nützlichkeit" bezeichnen würdest, sollte da drin sein: Überleben, Leben. Das ist meine Absicht, der Nutzen, den ich anstrebe.
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 4. Aug 2012, 20:00

ujmp hat geschrieben:Darin wird igrendwo die Vermutung geäußert, dass es gerade die Stärke des Menschen ist, erstmal ganz lange nur zu kopieren. Cesare überschätzt sich maßlos, wenn er meint, dass er selbständig denkt.

Kooperation ist etwas anderes als Gehorsam. Am ehesten mit "Mitarbeit" zu übersetzen. Ich will damit sagen, dass ich durchaus und oft kooperiere, aber nur zu meinen Zwecken und nur wenn ich einen solchen sehe. Das wäre vielleicht mit "Waffenbruderschaft" zu vergleichen, da gehorcht niemand dem anderen, sondern es wird zweckmäßig zusammngearbeitet, Strichmännchen.
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Re: Illusionen

Beitragvon Mark » So 5. Aug 2012, 02:06

Was sagt eigentlich der Nihilismus über sich selbst ?
Wie bewertet er seine eigene Illusioniertheit ?
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Aug 2012, 09:22

Wenn ich ihm begegne, werde ich ihn fragen. Vollkommener Nihilismus ist nicht möglich, aber es ist nicht besonders schwer Konzepte wie Gott und Moral zu hinterfragen, das ist das Naheliegenste.
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » So 5. Aug 2012, 19:01

Darth Nefarius hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Darin wird igrendwo die Vermutung geäußert, dass es gerade die Stärke des Menschen ist, erstmal ganz lange nur zu kopieren. Cesare überschätzt sich maßlos, wenn er meint, dass er selbständig denkt.

Kooperation ist etwas anderes als Gehorsam. Am ehesten mit "Mitarbeit" zu übersetzen. Ich will damit sagen, dass ich durchaus und oft kooperiere, aber nur zu meinen Zwecken und nur wenn ich einen solchen sehe. Das wäre vielleicht mit "Waffenbruderschaft" zu vergleichen, da gehorcht niemand dem anderen, sondern es wird zweckmäßig zusammngearbeitet, Strichmännchen.

Kopieren, und nicht Kooperieren.
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » So 5. Aug 2012, 19:16

Darth Nefarius hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich meine, wenn ein Mensch in eine Gesellschaft hieneingeboren wird, ist es nicht schlecht für ihn, geltende Grundwerte zu akzeptieren, auch wenn er sie nicht gänzlich oder überhaupt nicht durchschaut.

Mit anderen Worten begrüßt du blinden Gehorsam.

Blödsinn!
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Aug 2012, 19:23

ujmp hat geschrieben:Kopieren, und nicht Kooperieren.

Zum Kopieren habe ich auch genug geschrieben, es gehört gerade zum guten Kopieren, zum guten Lernen auch ein Verständnis dessen, was man tut. Den Rest kannst du auch nachlesen, ich schreibe das nicht nochmal und dachte auch nicht, dass jemand 2mal das Kopieren anspricht.

Darth Nefarius hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben: Ich meine, wenn ein Mensch in eine Gesellschaft hieneingeboren wird, ist es nicht schlecht für ihn, geltende Grundwerte zu akzeptieren, auch wenn er sie nicht gänzlich oder überhaupt nicht durchschaut.


Mit anderen Worten begrüßt du blinden Gehorsam.


Blödsinn!

Ach, was dann? Wie übersetzt du denn "erstmal akzeptieren, auch wenn es nicht durchschaut wird"? Ich nenne sowas blinden Gehorsam. Wie nennst du das? Oder anders: Was ist für dich blinder Gehorsam??
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Re: Illusionen

Beitragvon ujmp » So 5. Aug 2012, 19:27

Darth Nefarius hat geschrieben: Mit anderen Worten begrüßt du blinden Gehorsam.
ujmp hat geschrieben:
Blödsinn!

Ach, was dann? Wie übersetzt du denn "erstmal akzeptieren, auch wenn es nicht durchschaut wird"? Ich nenne sowas blinden Gehorsam. Wie nennst du das? Oder anders: Was ist für dich blinder Gehorsam??

Das nenne ich kopieren. Man kann auch kopieren ohne dass man dazu aufgefordert wird und sogar, wenn es verboten ist.

Und versteh auch mal, dass Kinder kopieren wollen!
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Re: Illusionen

Beitragvon Darth Nefarius » So 5. Aug 2012, 20:18

Ich war auch mal Kind, habe gerne Leute imitiert, ihren Sprachstil, ihre Gestikulation, die Tonlage und war damit sogar recht gut, sodass sogar Verwandte meine Stimme mit anderen verwechselt haben, wenn ich es wollte und war ein guter Pausenclown in der Schule, wenn ich einen Lehrer oder Schüler nachäffte. Aber ich habe immer Unsinn hinterfragt. Zu kopieren ist etwas anderes als Gehorsam. Wenn es mir keinen Spaß gemacht hat, die Leute und ihre Macken zu kopieren, weil es um etwas wichtiges ging, wie die Religion und den Glauben, den ich schlucken sollte, habe ich nicht kopiert. Dieses Verhalten auszunutzen ist Gehirnwäsche und rechtfertigt diese nicht. Jemandem einzubläuen, dass Moral gut, richtig und existent ist, ist Gehirnwäsche. Nur weil Kinder leicht empfänglich für Unsinn sind, bedeutet das nicht, dass der Unsinn dadurch gerechtfertig wird: Die Rechtspopulisten in den Niederlanden haben ein schockierendes Video für ihre Propaganda verbreitet, indem ein muslimisch erzogenes Kind erklärt, warum Juden sterben müssen. Das war natürlich nicht representativ und ich halte den Islam nicht für gefährlicher als andere Religionen, aber es zeigt, womit man einen Kinderkopf füllen kann.
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