„Atheistischer Fundamentalismus“

Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Di 11. Feb 2014, 01:22

Ich habe meinen längeren Text verworfen und mich entschieden, dass nicht fortzuführen. Du erfüllst nicht die Mindeststandards, die ich an eine Diskussion stelle. Habe ich noch nie erlebt.

  • Du bist an keiner Klärung irgendeines Sachverhaltes interessiert. Du bist einfach 'dagegen' und da ist dann jedes Mittel recht. Das ist im Prinzip eine Art Filibuster.
  • Zusammenfassungen werden von dir unnötig wieder verlängert und mit Fußnoten versehen. Man weiß weder, ob du die Zusammenfassung im wesentlich getroffen findest, oder wie eine korrekte Fassung aussehen würde. Die Wucherung muss man dann wieder mühselig zurechtstutzen.
  • Wenn dir ein einzelnes Wort quer geht, hängt sich das gesamte Programm bei dir auf, wobei du gleichzeitig beliebig umdefinierst, Religionen werden z.b. spontan zu „privaten religiösen Überzeugungen“. Gehe ich dann davon aus, dass du Religion als Systeme nicht anerkennst, kommt von dir wieder direkt Widerspruch, der erneut das gesamte Progamm zum Absturz bringt, weil du entweder nicht fähig oder nicht gewillt bist, mit *irgendeinem* Gegenstand zu arbeiten.
  • Die Herangehensweise ohne Namen, wonach jemand versucht möglichst akkurate Informationen zu bekommen mit denen jemand mündig und kompetente Entscheidungen treffen kann und die ich salopp „gesunder Menschenverstand“ genannt hatte, wurde von dir belächelt. Dann wurde ebendieser Verweis auf deine eigene Aussage belächelt! Bei dem Thema kommt ständig entweder von dir oder deinem kongenialen Partner Vollbreit Sperrfeuer. Offenkundig teilen wir diesen nun demonstrativ Namenlosen Wert nicht.
  • Kein Wunder das Politwissenschaftler und manche Geisteswissenschaftler einen fiesen Ruf haben. Keine Klarheit, kein Versuch irgendwas zu klären. Es wird nur multipliziert und dann dann Cargo-Kult-Wissenschaft betrieben. Wie Chomsky sagt, die „Truismen“ die sonst jedem sofort klar sind, werden verschleiert und bestenfalls wortpompös aufbereitet, was du hier super demonstriert hast.

Zum Thema...
Nanna hat geschrieben: (zur Erinnerung: Fundamentalismus = ideologisierte Religion)


Nanna hat geschrieben:So wie ich es sehe, wird in dem Artikel die Frage aufgeworfen, ob Dawkins ein Fundamentalist ist, oder nicht. Ich würde das größtenteils verneinen


Atheismus ist denmach ein bisschen eine ideologisierte Religion? Bild
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Nanna » Di 11. Feb 2014, 14:38

Lumen hat geschrieben:Ich habe meinen längeren Text verworfen und mich entschieden, dass nicht fortzuführen. Du erfüllst nicht die Mindeststandards, die ich an eine Diskussion stelle. Habe ich noch nie erlebt.

Na, da sind wir zu zweit. Hat mir auch noch keiner vorgeworfen, eigentlich eher im Gegenteil. Aber wenn du das so siehst und ich dich nicht von meiner Redlichkeit in einer Diskussion überzeugen kann, ist das bedauerlich, aber letztlich auch ok. Ich muss da nicht mit aller Gewalt mein Selbstbild durchdrücken.

Lumen hat geschrieben:Du bist an keiner Klärung irgendeines Sachverhaltes interessiert. Du bist einfach 'dagegen' und da ist dann jedes Mittel recht. Das ist im Prinzip eine Art Filibuster.

Wie gesagt, ich werde dir nicht vorschreiben, wie du mich und meine Beiträge wahrzunehmen hast. Von meiner Seite aus sieht es so aus, dass ich viele Versuche gemacht habe, Begrifflichkeiten zu klären und Beispielsituationen zu erörtern, woraus ein größeres Ganzes hätte entstehen können. Aber mein Eindruck ist, dass du mir nicht zuhörst und möglicherweise auch nicht vollständig verstehst, was ich sage. Das kann u.U. meine Schuld sein, weil ich nach mehreren Jahren geisteswissenschaftlicher Volldröhnung manchmal vergesse, wie sehr sich die sprachlichen Gepflogenheiten und das Begriffsverständnis in den Geisteswissenschaften von der Alltagssprache unterscheiden; und da es so aussieht, als ob du kein einschlägiges Studium absolviert hast (was keine Wertung ist, auch wenn ich das Gefühl nicht ganz los werde, dass du ein bisschen angstbeißt, wenn ich das aufbringe), rede ich möglicherweise an dir vorbei. Das tut mir von meiner Seite aus leid. Es ist allerdings auch so, dass deine Angewohnheit, gleich zu entscheiden, was ich gemeint habe und es dann wortreich für Andere darzulegen und mich zu deuten, auch überhaupt nicht hilft, dass die Kommunikation gelingt. Wenn du das Gefühl hast, dass ich etwas komisches gesagt habe, dann frag doch nach, ob du mich richtig verstanden hast, vielleicht habe ich mich ja unverständlich ausgedrückt. Ich paraphrasiere das gerne nochmal.

Lumen hat geschrieben:Zusammenfassungen werden von dir unnötig wieder verlängert und mit Fußnoten versehen. Man weiß weder, ob du die Zusammenfassung im wesentlich getroffen findest, oder wie eine korrekte Fassung aussehen würde. Die Wucherung muss man dann wieder mühselig zurechtstutzen.

Ich nehme vieler deiner Zusammenfassungen als Verkürzungen bzw. Verdrehungen dessen wahr, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Und jedes Mal, wenn du etwas zusammen fasst, bestätigst du mir, dass du den Kern dessen, was ich sagen möchte, nicht erfasst hast. Ich bemühe mich da gerne um Klärung, aber das erfordert deine Mithilfe, weil ich nicht weiß, wo genau es bei der Kommunikation hakt. Ich sehe dich ja nicht während des Sprechens. Man sagt mir häufig, dass ich außergewöhnlich gute und verständliche Vorträge halte, aber da habe ich den Vorteil, dass ich mein Publikum sehen und einbeziehen kann. Die Möglichkeit habe ich hier nicht, von daher bin ich auf deine Rückmeldung angewiesen, und ich bin wirlich gerne bereit, zwei oder drei Mal um eine Neuformulierung zu ringen. Erst muss das gegenseitige Verstehen der Positionen kommen, dann kann man zu einer Kritik übergehen. Nicht vorher.

Lumen hat geschrieben:Wenn dir ein einzelnes Wort quer geht, hängt sich das gesamte Programm bei dir auf, wobei du gleichzeitig beliebig umdefinierst, Religionen werden z.b. spontan zu „privaten religiösen Überzeugungen“. Gehe ich dann davon aus, dass du Religion als Systeme nicht anerkennst, kommt von dir wieder direkt Widerspruch, der erneut das gesamte Progamm zum Absturz bringt, weil du entweder nicht fähig oder nicht gewillt bist, mit *irgendeinem* Gegenstand zu arbeiten.

Ich kann auch das hier nur zurück geben. Mein Plädoyer war von Anfang an das, klar zu differenzieren und zu definieren, wovon man spricht. Aus meiner Sicht ist das Problem, dass du viel zu viel Inhalt und zu diffuse Argumente in den Topf "Religion" wirfst und dir deine Sichtweise auch gerade nur deshalb klar und einsichtig vorkommt, weil du zwischen inkommensurablen Begriffen/Faktoren/Merkmalen genügend definitorischen Freiraum lässt oder sie zur Unkenntlichkeit reduzierst, so dass am Ende alles irgendwie passend wirkt. "Sieht man doch, dass das offensichtlich ist" ist eine Behauptung, die du in dem Zusammenhang schon öfter geäußert hast. Aber ich bin halt dumm, ich seh das nicht und ich verstehe es auch nicht, wenn keine aus sauberen Definitionen hergeleitete akkurate Argumentationslinie daran anschließt. Und sorry, vielleicht bist du in Fragen der Argumentationslogik doch nicht ganz so bewandert, wie du dir selber einredest.

Ich habe mehrfach angeführt, dass Religion nicht in dem Sinne ein eigenständiges System darstellt, dass es vollständig von anderen kulturellen Praktiken getrennt ist und eine Wegnahme der Religion diese Praktiken aus Bereichen wie dem Traditionalismus, der Meditation/Spiritualität, einem gesellschaftlichem Harmoniestreben, Gruppenbildung um Totems und willkürliche Symbole herum etc. verschwinden lassen würde. Natürlich hat Religion spezifische strukturelle Merkmale, ist aber in vielen Fällen eine Superstruktur, die sich auf andere Strukturen stützt. Das wirklich auseinanderzuklamüsern erfordert jahrelange intensive Beschäftigung und idealerweise ein religionswissenschaftliches Studium, das du offenbar gar nicht hast und ich nur in Ansätzen habe. Man kann aber auch als Autodidakt weit kommen, aber da muss man eben die gute wissenschaftliche Tugend beherzigen, sich auch und gerade mit widersprechenden Positionen zu beschäftigen. Da hat die Erfahrung aber gezeigt, dass du bei auch nur andeutungsweisen Verweisen auf die religions- und gesellschaftswissenschaftliche Forschung (also nicht mal Theologie, sondern säkulare, internationale universitäre Forschung) ganz schnell zumachst und schon "Obsukrantist" schreist, bevor ich auch nur mit einer kleinen Zusammenfassung zu Ende gekommen bin. Wie willst du da etwas dazu lernen?

[Dieser Punkt ist zentrale für meine Position:]
Ich habe ferner ebenfalls angeführt, dass meine primäre Sorge in dieser Diskussion nicht einer Begriffsbestimmung von dem, was Religion ist, gilt, sondern der Frage der Religionsfreiheit und der privaten Lebensgestaltung und ihrer Grenzen. In diesem Kontext sage ich, dass der Respekt für andere Menschen an erster Stelle stehen muss und die Ausweitung des eigenen Weltbildes auf Andere nur dann geschehen kan, wenn dieser erste Punkt stets gewährleistet ist. Alles andere ist auch ein performativer Selbstwiderspruch, denn es ist logisch unmöglich, einerseits für Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung und Pluralismus - also die klassischen unversalen liberalen Werte - zu plädieren und dann aber nur bereit sein, ganz bestimmte Weltbilder gesellschaftlich zu dulden. Es geht hier, wohlgemerkt, um Fragen der privaten Lebensgestaltung innerhalb gesetzlicher Grenzen, also nicht um die Duldung strafrechtlich relevanter Tatbestände oder verhetzende Rhetorik bestimmter religöser Protagonisten.

Lumen hat geschrieben:Die Herangehensweise ohne Namen, wonach jemand versucht möglichst akkurate Informationen zu bekommen mit denen jemand mündig und kompetente Entscheidungen treffen kann und die ich salopp „gesunder Menschenverstand“ genannt hatte, wurde von dir belächelt. Dann wurde ebendieser Verweis auf deine eigene Aussage belächelt! Bei dem Thema kommt ständig entweder von dir oder deinem kongenialen Partner Vollbreit Sperrfeuer. Offenkundig teilen wir diesen nun demonstrativ Namenlosen Wert nicht.

Was ich klären wollte, ist, dass eine wissenschaftliche Betrachtung sich nicht in Mitteln des sog. "gesunden Menschenverstandes", also einer "sieht man doch, ist doch offensichtlich, wie könnte es anders sein?"-Argumentation, erschöpfen kann. Da du hier permanent die Wissenschaft im Munde führst, wirst du dahinter kaum zurücktreten wollen.

Ich stütze mich hier übrigens ganz spezifisch auf eine Definition des Politikwissenschaftlers Werner J. Patzelt:

    Wissenschaft ist jenes menschliche Handeln, das auf die Herstellung solcher Aussagen abzielt, die jenen Aussagen an empirischem und logischem Wahrheitsgehalt überlegen sind, welche schon mittels der Fähigkeiten des 'gesunden Menschenverstandes' ('Common sense-Kompetenzen') formuliert werden können.

(Patzelt, Werner J.: Einführung in die Politikwissenschaft, 6. Auflage Passau 2007, S. 67)

Lumen hat geschrieben:Kein Wunder das Politwissenschaftler und manche Geisteswissenschaftler einen fiesen Ruf haben. Keine Klarheit, kein Versuch irgendwas zu klären. Es wird nur multipliziert und dann dann Cargo-Kult-Wissenschaft betrieben. Wie Chomsky sagt, die „Truismen“ die sonst jedem sofort klar sind, werden verschleiert und bestenfalls wortpompös aufbereitet, was du hier super demonstriert hast.

Ich finde diese Anschuldigung von jemandem, der sich keine erkennbare Mühe gegeben hat, meine oder Vollbreits Position in irgendeiner Weise nachzuvollziehen (also klärend zu handeln) ziemlich dreist. Ansonsten ist der Vorwurf Quatsch und die Politikwissenschaftler genießen innerhalb des universitären Betriebs aufgrund ihrer Nähe zur Philosophie sogar ein recht hohes Ansehen. Der schlechte Ruf stammt eher von der miesen employability und wird meist vor allem von Leuten geteilt, die Politikwissenschaftler nur als gescheiterte Taxifahrer erlebt haben.

Ein anderer Punkt ist, dass der Untersuchungsgegenstand der Gesellschaftswissenschaften sehr tückisch und komplex ist und sich nicht mit Apparaten isoliert in den Griff kriegen lässt, wie bei den Naturwissenschaftern. Daraus resultieren eine Menge Forschungsprobleme (Stichwort Positivismusstreit), aber auch das kriegt man seit einer Weile zunehmend in den methodologischen Griff. Die Geistes- und Gesellschaftswissenschaftler sind da übrigens teilweise selbst ihre ärgsten eigenen Kritiker.


Lumen hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben: (zur Erinnerung: Fundamentalismus = ideologisierte Religion)


Nanna hat geschrieben:So wie ich es sehe, wird in dem Artikel die Frage aufgeworfen, ob Dawkins ein Fundamentalist ist, oder nicht. Ich würde das größtenteils verneinen


Atheismus ist denmach ein bisschen eine ideologisierte Religion? Bild

Nein, aber auch Atheismus kann man ideologisieren. Ich habe mehrfach gesagt, dass es eine engere Definition der politikwissenschaftlichen Fundamentalismusforschung gibt, die darunter im wesentlichen besagte ideologisierte Religion versteht und extremistische Ideologien gesondert und nicht unbedingt als Fundamentalismus behandeln würde. Vollbreit hat eine in Details andere Argumentationslinie aus der Psychologie ins Spiel gebracht, die inhaltsunabhängiger ist und vor allem danach fragt, ob die Weltsicht auf eine binäre Unterscheidung zurückgeführt wird, in die sämtliche gesellschaftlichen Fragen eingeordnet werden. Das erste Zitat entspricht der engeren politikwissenschaftlichen Definition, das zweite bezieht sich auf die weiter gefasste psychologische.
Ich hätte das gern alles schon mal detaillierter geklärt, aber solange du damit beschäftigt bist, dein Mantra von wegen "Differenzierung ist unnötig" herunterzubeten, brauche ich meine Zeit damit wirklich nicht verschwenden. Wir können das aber gerne nachholen, falls du doch noch in eine Diskussion über die definitorischen Feinheiten einsteigen willst. Setzt aber voraus, dass du ein bisschen über deinen Schatten springst und dir erklären lässt, wie bestimmte Forschungsdisziplinen da herangehen, was deren Prämissen sind und welches Begriffsverständnis sie haben. Heißt aber auch: Zumindest temporär die politische Agenda der Religionseindämmung mal innerlich zurück zu schieben und Platz für neues zu machen.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon stine » Di 11. Feb 2014, 17:29

Mannomann, solche Redeschlachten und am Ende steht doch jeder da, wo er angefangen hat. Das hat nichts mit wissenschaftlichem Diskurs zu tun, sondern nur mit menschlichem Gemütsverhalten. Entweder man ist geneigt seinem Gegenüber Gehör zu schenken und sich ein wenig in den anderen hineinzuversetzen oder man ist es eben nicht. Das Problem sind nicht, wie in anderen Threads auch, die Missverständnisse der ellenlangen Ausführungen, sondern das Problem ist, dass am Ende jeder Recht haben möchte und eigentlich nicht gewillt ist, sich zu verbiegen.
Für mich ist ganz klar, dass es sowohl unter den Religiösen, den Atheisten und den politisch Gefärbten, also überall Fundamentalisten gibt. Es ist wenig erfolgreich einen fundamental Überzeugten mit dem Gegenteil zu begeistern. Meistens regelt das das Alter später ganz von selbst.
Soll allerdings auch alte Sturschädel geben :wink:

LG stine
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Di 11. Feb 2014, 19:12

Nanna hat geschrieben:[Dieser Punkt ist zentrale für meine Position:]
Ich habe ferner ebenfalls angeführt, dass meine primäre Sorge in dieser Diskussion nicht einer Begriffsbestimmung von dem, was Religion ist, gilt, sondern der Frage der Religionsfreiheit und der privaten Lebensgestaltung und ihrer Grenzen. In diesem Kontext sage ich, dass der Respekt für andere Menschen an erster Stelle stehen muss und die Ausweitung des eigenen Weltbildes auf Andere nur dann geschehen kan, wenn dieser erste Punkt stets gewährleistet ist. Alles andere ist auch ein performativer Selbstwiderspruch, denn es ist logisch unmöglich, einerseits für Meinungsfreiheit, Selbstbestimmung und Pluralismus - also die klassischen unversalen liberalen Werte - zu plädieren und dann aber nur bereit sein, ganz bestimmte Weltbilder gesellschaftlich zu dulden. Es geht hier, wohlgemerkt, um Fragen der privaten Lebensgestaltung innerhalb gesetzlicher Grenzen, also nicht um die Duldung strafrechtlich relevanter Tatbestände oder verhetzende Rhetorik bestimmter religöser Protagonisten.


Auch dieser zentrale Punkt ist für dich eine Frage des Glaubens. Zu tolerieren, aber nicht respektieren glaubst du:

Nanna hat geschrieben:Merkt man nix davon und halte ich für eine reine Schutzbehauptung. Den religiösen Fundamentalisten nehmen die atheistischen Fundamentalisten solche Lippenbekenntnisse ja auch nicht ab. [und von anderem Zitat] (zur Erinnerung: Fundamentalismus = ideologisierte Religion)


Ich will dir dein glauben nicht nehmen, es ist aber eine ziemlich schwache Position. Da tummelt sich mein ganzes Unverständnis.

Welche Methoden hat eine Religion/Konfession/…, eine beliebige Aussage in ihren Schriften auf solide zu Füße stellen (also besser als „Lippenbekenntnis“)? Um das zu verorten: Du hattest den Einwand zu Erkenntnistheorie belächelt und nach einer Litanei deiner Expertise (und Unwürdigkeit meiner) bekundet, dass sei alles ganz anders, als ich es denke. Das würde ich gerne einlösen. Welche Methoden gibt es? Ich kann dir jetzt schon sagen, dass Exegese und Hermeneutik nicht zieht. Da du zustimmst, dass es keine „Other Ways of Knowing“ gibt, zu welchem Schluss kommst du dann also?

Anders als du es darstellst, ist der religiöse Glauben aber nicht einfach nur Meinung (vgl. Glauben von „Lippenbekenntnissen“). Deswegen ist es — meiner bescheidenen Ansicht nach — egal, welcher Glaube hergenommen wird. Die Religionen, um die es gemeinhin geht sind ohnehin abrahamitische Monotheismen. Dort gibt es heilige Schriften, die seit ihrer Zusammenstellung gemeinhin nicht mehr verändert und angepasst werden. Um das zu verorten: Du hattest behauptet, es sei wichtig, sich auf einzelne Gruppen/Strömungen/Whatever zu konzentrieren, und behauptet es gäbe übergreifende Systemeigenschaften nicht, oder sie seien irgendwie nicht addressierbar. Das konnte keiner so genau herausfinden, was du meinst. Bemerke hierbei, auch wenn ein Wissenschaftler bestimmte Merkmale in manchen Gläubigen feststellt und diese dann quer in eine neue Kategorie verschiebt (beispielsweise „Fundamentalist“) so hatte der Wissenschaftler ja bereits zuvor, bevor diese Unterscheidung angestellt wurde, diese Gläubigen mit anderen verglichen. Und genau dafür gab es Kritieren. Das ist ein umständlicher Workaround für deine Behauptungen sowas wie Gläubige und gemeinsamen Eigenschaften gäbe es im Prinzip nicht. Wie gesagt, es weiß keiner, was dein Einwand hier ist. Aber wenn du diesen Punkt nicht in Frage gestellt hättest, wäre dieses Problem nicht offen.

Ebenso unklar ist, was es nun mit diesen „atheistischen Fundamentalisten“ auf sich hat. Es gibt laut deinem Zitat oben „atheistische Fundamentalisten“, ich bin wohl einer davon, und gleichzeitig ist fundamentalismus laut deiner Definition „ideologisierte Religion”, daneben gibt es eine zweite von Vollbreit favorisierte Definition). Dawkins ist laut deiner Behauptung keiner, obwohl dessen Sichtweise in dem Punkt praktisch meiner gleicht (siehe seine TED Rede hier), das findet Vollbreit offensichtlich auch (es gibt zwar noch ein Feigenblatt-Fragezeichen in dem Artikel, aber seine Stoßrichtung und Meinung dazu ist klar geworden und wenigstens konsistent).

Wieder auf oben genannte Stelle bezogen: Jedenfalls schwören „atheistischen Fundamentalisten“ nicht auf Bücher, die den Tod von Andersgläubigen befürworten (dies steht im Kontext tolerieren-respektieren). Auch gibt es keine Autoritäten, radikale oder moderate, die sich fortwährend auf diese Bücher beziehen und ihnen offenkundig höchste Wichtigkeit beimessen (beispielsweise auf die Bibel schwören). Dabei ist der wichtige, aber kritische Punkt, dass es nicht notwendig ist, dass jemand sich auf entsprechende Passagen bezieht. Jemand kann auch finden, dass alles in dem Buch Auslegungsache ist. Und doch:

  1. Kann jemand die heilige Schrift höchstwichtig, ja maßgeblich, finden. Gemeinhin macht das einen Gläubigen aus.
  2. Sind entsprechende Stellen (wie zum Beispiel Tötung Andersgläubiger) in der Schrift enthalten.
  3. Es gibt keine Methode innerhalb des Glaubensystems zu wissen, welche Auslegung „stimmt“ — weshalb es die vielen Religionen, Konfessionen und Sekten überhaupt erst gibt.

Dies steht nun also auf einer Stufe mit „nicht respektieren“, deiner Meinung nach, dasselbe wie „nicht tolerieren“. Summa Sumarum, all things considered, ist deine Forderung die, dass ich die (Ansichten von) Menschen respektieren soll, deren heilige Bücher meinen Tod befürworten und wo es keine Erkenntnistheoretische oder anderweitig verlässliche Methode gibt, entsprechende Forderung mit Sicherheit zu entschärfen. Auch der simple Rotstift kommt nicht in Frage, da heilige Texte eben nicht mal eben abgeändert werden. Diese, simple, und hoffentlich intuitiv einleuchtende Einsicht wird von dir mit Händen und Füßen bestritten. Selbst wenn wir, und das ist der ganze Clou, den moderatesten der moderatesten Gläubigen nähmen, sagen wir Bruder Paulus wie er manchmal im Fernsehen zu sehen ist (ein sympathischer Mensch, wie ich übrigens finde), ändert sich an dieser simplen Feststellung oben nichts. Und genau da bricht deine Argumentation auf ganzer Linie zusammen, da du nirgends darlegen konntest, inwiefern es eine Rolle spielt, welchen Ausschnitt der Gläubigen nun begutachtet wird.

Aber legen wir noch einen drauf.

Nanna hat geschrieben:Nein, aber auch Atheismus kann man ideologisieren. Ich habe mehrfach gesagt, dass es eine engere Definition der politikwissenschaftlichen Fundamentalismusforschung gibt, die darunter im wesentlichen besagte ideologisierte Religion versteht und extremistische Ideologien gesondert und nicht unbedingt als Fundamentalismus behandeln würde. Vollbreit hat eine in Details andere Argumentationslinie aus der Psychologie ins Spiel gebracht, die inhaltsunabhängiger ist und vor allem danach fragt, ob die Weltsicht auf eine binäre Unterscheidung zurückgeführt wird, in die sämtliche gesellschaftlichen Fragen eingeordnet werden. Das erste Zitat entspricht der engeren politikwissenschaftlichen Definition, das zweite bezieht sich auf die weiter gefasste psychologische


Du meinst binäre Unterscheidung wie etwa Bright — Super? *lachpause* Du meinst, wenn also jemand, in einem Bright — Super Forum über diesen Sachverhalt diskutiert, dann wäre das schon psychologisch relevant? Natürlich kann man Atheismus ideologisieren, aber die Frage ist doch, woher, laut deiner Definition, die Religion herkommt. „(zur Erinnerung: Fundamentalismus = ideologisierte Religion)“.

Nanna hat geschrieben:Ich nehme vieler deiner Zusammenfassungen als Verkürzungen bzw. Verdrehungen dessen wahr, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Und jedes Mal, wenn du etwas zusammen fasst, bestätigst du mir, dass du den Kern dessen, was ich sagen möchte, nicht erfasst hast.


Der Kern, dessen was du sagen möchtest: „Don’t Rock the Boat“. Ansonsten kannst du gerne mal Stine, als wohl eher dir zuneigte Dritte befragen, ob sie z.B. verstanden hat, was du unter „atheistische Fundamentalisten“ verstehst.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Nanna » Di 11. Feb 2014, 21:28

Lumen hat geschrieben:Welche Methoden hat eine Religion/Konfession/…, eine beliebige Aussage in ihren Schriften auf solide zu Füße stellen (also besser als „Lippenbekenntnis“)? Um das zu verorten: Du hattest den Einwand zu Erkenntnistheorie belächelt und nach einer Litanei deiner Expertise (und Unwürdigkeit meiner) bekundet, dass sei alles ganz anders, als ich es denke. Das würde ich gerne einlösen. Welche Methoden gibt es? Ich kann dir jetzt schon sagen, dass Exegese und Hermeneutik nicht zieht. Da du zustimmst, dass es keine „Other Ways of Knowing“ gibt, zu welchem Schluss kommst du dann also?

Das mit der Erkenntnistheorie bezog sich auf die meines Wissens allgemein anerkannte Feststellung, dass religiöse Weltauffassungen nicht "epistemologisch ultimativ" (also im Sinne einer zweifelsfreien Letztbegründung) widerlegt werden können, sondern "nur" als nicht befriedigend im Sinne wissenschaftlicher Erkenntnisse bezeichnet werden können. Religiöse Kosmologien sind nicht im emphatischen Sinne widerlegt, sondern "nur" durch bessere Erklärungen ersetzt worden - was aber eine Binsenweisheit ist und auch von den meisten Religiösen zumindest hierzulande problemlos zugestanden würde. Die glauben nämlich auch alle nicht mehr wörtlich an die Schöpfung in sieben Tagen. Vor dem Hintergrund kann man ganz klar religiöse Kosmologien kritisieren, klar, aber das hat meines Erachtens auch gar niemand angezweifelt.

Ansonsten musst du die Religiösen selbst fragen, welche Erkenntnismethoden sie benutzen (wollen). Ich habe nirgendwo für religiöse Weltbilder Werbung gemacht und sehe mich auch nicht als Advokat der Religionen. Ich sage lediglich, was ich schon die ganze Zeit gesagt habe, nämlich dass jeder, sofern er niemandem schadet, so viel Abwegiges glauben kann und darf, wie er will. Das allein rechtfertigt noch keine Anfeindung.

Lumen hat geschrieben:Anders als du es darstellst, ist der religiöse Glauben aber nicht einfach nur Meinung (vgl. Glauben von „Lippenbekenntnissen“).

Ich habe als "Lippenbekenntnis" deine Behauptung bezeichnet, du würdest niemandem vorschreiben wollen, was er oder sie zu glauben hat. Wo ist jetzt hier bitte der Kontext?

Es ist im Übrigen völlig egal, was Glaube deiner Ansicht nach ist. Oma Katharina aus dem kleinen Häuschen bei der Kirche hat ihr gutes Recht auf Religionsfreiheit und freie Entfaltung der Persönlichkeit und es ist mir vor diesem Hintergrund schleierhaft, woher du ein Recht ableitest, sie und Millionen anderer unauffälliger Mitbürger als Gesellschaftsgefährdung zu brandmarken. Lass sie doch in Frieden, nimm sie nicht in Sippenhaft. Es gibt genug gestörte Fundamentalisten, mit denen du dich beschäftigen kannst. Warum kannst du dich nicht auf die beschränken, die nachweislich und offen die pluralistische, demokratische Gesellschaft bekämpfen?

Lumen hat geschrieben:Deswegen ist es — meiner bescheidenen Ansicht nach — egal, welcher Glaube hergenommen wird. Die Religionen, um die es gemeinhin geht sind ohnehin abrahamitische Monotheismen. Dort gibt es heilige Schriften, die seit ihrer Zusammenstellung gemeinhin nicht mehr verändert und angepasst werden.

Die Schriften sind nur von begrenzter Relevanz, weil Schriften ohne Interpretation einfach nur Cellulosehaufen sind. Deshalb ja meine Verteidigung von King: Es kommt darauf an, was einer Schrift von einer bestimmten Person oder Gruppe an Sinn entnommen wird, nicht was du ihr an Sinn entnimmst. Wenn du dich an der Sklaverei aufhängst und King das geflissentlich überlesen hat, dann habt ihr schlichtweg unterschiedliche Schriften gelesen und deine Kritik an Kings Weltbild ist hinfällig, weil die Befürwortung der Sklaverei gar nicht vorkommt.

Übrigens, wörtliche Interpretation ist DAS Standardkriterium für die Identifikation von Fundamentalisten, da kannst du ein beliebiges Lehrbuch aus dem Regal ziehen. Also hüte dich bitte davor, mir jetzt zu erzählen, "dass das da aber drin steht". Über solcherlei Textinterpretation sind wirklich alle philosophischen und wissenschaftlichen Disziplinen seit Jahrzehnten hinweg.

Lumen hat geschrieben:Du hattest behauptet, es sei wichtig, sich auf einzelne Gruppen/Strömungen/Whatever zu konzentrieren, und behauptet es gäbe übergreifende Systemeigenschaften nicht, oder sie seien irgendwie nicht addressierbar.

Sag mal, ist das jetzt das dritte oder vierte Mal, dass ich dir das sage? Ich habe nicht gesagt, dass es keine Systemeigenschaften gäbe, sondern nur, dass es keine Alleinstellungsmerkmale gäbe, die Religion von allen anderen kulturellen Praktiken unterscheiden würde, so dass man Religion immer in dem Kontext sehen muss, in dem sie praktiziert wird und man sie aus dem nicht herauslösen kann. Ferner folgt daraus auch, dass eine bestimmte Haltung (z.B. Homophobie) meist nicht von der Religion ausgelöst wird und auch die Religion nicht der einzige beteiligte Faktor ist, sondern einer unter mehreren und möglicherweise auch nur eine Metastruktur: Erst ist jemand homophob, dann verbrämt er das religiös und am Ende wirkt es, als würde er wegen der Religion homophob sein, dabei ist die Religion nur einer von mehreren Faktoren und nicht der zugrunde liegende, weshalb eine hypothetische Wegnahme der Religion auch nicht die Homophobie bei dieser Person verschwinden lassen würde. Ist das jetzt wirklich so schwer zu verstehen? Soll ich es vielleicht ein fünftes Mal wiederholen?

Selbstverständlich gibt es addressierbare Eigenschaften, etwa der Glaube an Übernatürliches. Aber das hat eine magiegläubige Person ja auch oder jemand, der glaubt, bei einer Prüfung schlecht abzuschneiden, weil er seinen Talisman vergessen hat, weshalb die Religion zu eliminieren nicht bedeuten würde, diese Denkweisen zu eliminieren. Religion ist eine bestimmte, historisch gewachsene Anordnung solcher Phänomene, aber nicht die einzige und die Phänomene wären auch ohne Religion noch da - umgekehrt gibt es religiöse Strömungen, die bestimmte Merkmale stärker ausgeprägt haben oder gar nicht haben. Von daher ist es auch Unsinn, der Religion eine Neigung zur Gewalt zu unterstellen, solange es perfekt friedliche, pazifistische Strömungen gibt. Man könnte, wenn man das empirisch entsprechend belegen könnte, nur sagen, dass bestimmte religiöse Strömungen zur Gewalt neigen oder dass die Mehrheit oder Minderheit der Religiösen zur Gewalt neigt. Und genau das heißt es eben zu differenzieren.

Lumen hat geschrieben:Das konnte keiner so genau herausfinden, was du meinst. [...] Wie gesagt, es weiß keiner, was dein Einwand hier ist. Aber wenn du diesen Punkt nicht in Frage gestellt hättest, wäre dieses Problem nicht offen.

Ich habe nicht mitgekriegt, dass irgendwer um Klärung gebeten hat - nichtmal bei dir so wirklich übrigens.

Den letzten Satz finde ich ganz interessant. In meinem Kopf klingt der so: "Wenn du mir von Anfang an zugestimmt hättest, dann könnten wir jetzt in trauter Eintracht auf die Religiösen einschlagen und müssten uns nicht diese irritierende Diskussion liefern, bei der ich offensichtlich die Wahrheit sage und du sie leugnest." Aber das ist natürlich rein meine persönliche Deutung.

Lumen hat geschrieben:Ebenso unklar ist, was es nun mit diesen „atheistischen Fundamentalisten“ auf sich hat. Es gibt laut deinem Zitat oben „atheistische Fundamentalisten“, ich bin wohl einer davon, und gleichzeitig ist fundamentalismus laut deiner Definition „ideologisierte Religion”, daneben gibt es eine zweite von Vollbreit favorisierte Definition). Dawkins ist laut deiner Behauptung keiner, obwohl dessen Sichtweise in dem Punkt praktisch meiner gleicht (siehe seine TED Rede hier), das findet Vollbreit offensichtlich auch (es gibt zwar noch ein Feigenblatt-Fragezeichen in dem Artikel, aber seine Stoßrichtung und Meinung dazu ist klar geworden und wenigstens konsistent).

Ich habe mal durch das Video geschaltet. Dawkins spricht davon, Kreationisten zu attackieren (kein Problem meinerseits), dann redet er ein bisschen über Bildungsdefizite bei Religiösen und gegen Ende habe ich mal eine Stelle erwischt, wo er die Out Campaign skizziert, wo es also darum geht, Atheismus positiv zu besetzen, was sich ja stark mit den Zielen der Brights überschneidet und meine volle Unterstützung hat. Insofern ist für mich recht klar, dass Dawkins (hier) kein fundamentalistisches Verhalten an den Tag legt.

Was deine eigenen Beiträge angeht, so tue ich mich schwer, eine klare Übereinstimmung mit dieser Rede von Dawkins zu finden. Ich habe Dawkins jedenfalls noch nie dabei erlebt, dass er gefordert hat, dass Religiöse, und ich zitiere dich hier, "überall und jederzeit ausgelacht werden [sollen], wenn sie den Mund aufmachen und von ihren infantilen, dummen, Ansichten sprechen". Ich habe auch Zweifel, dass Dawkins gewohnheitsmäßig Religiöse mit Faschisten vergleicht und keinen halben Satz sagen kann, in dem nicht von Kindesmissbrauch, Indoktrinierung und Verkrüppelung der geisten Fähigkeiten von Kindern, usw. die Rede ist. Übrigens alles Sachen, die du in den letzten zwei Wochen so abgesondert hast.

Ich frage mich, wie du irgendeinen Religiösen dazu bringen wirst, dir zuzuhören.

Lumen hat geschrieben:Kann jemand die heilige Schrift höchstwichtig, ja maßgeblich, finden. Gemeinhin macht das einen Gläubigen aus.

Kann, muss nicht.

Lumen hat geschrieben:Sind entsprechende Stellen (wie zum Beispiel Tötung Andersgläubiger) in der Schrift enthalten.

Ja, aber die Menge der Leute, die tatsächlich schon mal Andersgläubige attackiert haben, liegt im kleinen Prozentbereich oder gar darunter und dann auch fast immer nur in Regionen, wo eh schon Bürgerkrieg und Verlendung herrscht. Die Menge der Leute, die das befürworten, liegt in manchen Regionen hoch, global gesehen vermutlich relativ niedrig. Was die Frage aufwirft, wie relevant diese Stellen in den Augen der Gläubigen wirklich sind.

Lumen hat geschrieben:Es gibt keine Methode innerhalb des Glaubensystems zu wissen, welche Auslegung „stimmt“ — weshalb es die vielen Religionen, Konfessionen und Sekten überhaupt erst gibt.

Ja, aber warum stört dich das? Es gibt auch keine Methode, um sicher herauszufinden, ob du dich mit Sandra oder Kathrin paaren sollst, ob du Anzüge oder Homeboy-Klamotten tragen sollst, ob du Jazz, Klassik, Rock, Schlager oder Electro magst (und hey, hör dir mal bitte an, was da so alles gesungen wird) und welche Partei die "richtige" ist. Deine Identität ist deine eigene Sache, also lass die Leute sich zugehörig fühlen, zu was sie eben wollen.

Lumen hat geschrieben:Summa Sumarum, all things considered, ist deine Forderung die, dass ich die (Ansichten von) Menschen respektieren soll, deren heilige Bücher meinen Tod befürworten und wo es keine Erkenntnistheoretische oder anderweitig verlässliche Methode gibt, entsprechende Forderung mit Sicherheit zu entschärfen.

Normative Forderungen kann man nicht empirisch entschärfen, das hatten wir doch schon.

Ansonsten geh halt einfach mal auf die Straße und frag die Leute, ob sie deinen Tod befürworten (oder tu's lieber nicht, so wie du dich meist benimmst, bin ich mir am Ende nicht sicher, was die dir antworten). Ich halte es für unwahrscheinlich, dass besonders viele Leute dir sagen werden, dass du sterben sollst, selbst wenn sie am Sonntag in die Kirche gehen. Diese Sachen waren mal Teil der religiösen Anschauungen, aber die Orthodoxie und die Orthopraxis haben sich geändert. Wenn du das nicht berücksichtigst, ignorierst du empirische Befunde.

Lumen hat geschrieben:Auch der simple Rotstift kommt nicht in Frage, da heilige Texte eben nicht mal eben abgeändert werden. Diese, simple, und hoffentlich intuitiv einleuchtende Einsicht wird von dir mit Händen und Füßen bestritten. Selbst wenn wir, und das ist der ganze Clou, den moderatesten der moderatesten Gläubigen nähmen, sagen wir Bruder Paulus wie er manchmal im Fernsehen zu sehen ist (ein sympathischer Mensch, wie ich übrigens finde), ändert sich an dieser simplen Feststellung oben nichts. Und genau da bricht deine Argumentation auf ganzer Linie zusammen, da du nirgends darlegen konntest, inwiefern es eine Rolle spielt, welchen Ausschnitt der Gläubigen nun begutachtet wird.

Es gibt jemanden, der meine Antwort schöner formulieren kann: "For every complex problem there is an answer that is clear, simple, and wrong." - H. L. Mencken.

Ich kann dich nicht von deinem naiven Textverständnis kurieren. Das musst du schon selber schaffen. Kleiner Tipp: Mal was Literaturwissenschaftliches lesen.

Lumen hat geschrieben:Du meinst binäre Unterscheidung wie etwa Bright — Super? *lachpause* Du meinst, wenn also jemand, in einem Bright — Super Forum über diesen Sachverhalt diskutiert, dann wäre das schon psychologisch relevant? Natürlich kann man Atheismus ideologisieren, aber die Frage ist doch, woher, laut deiner Definition, die Religion herkommt. „(zur Erinnerung: Fundamentalismus = ideologisierte Religion)“.

Nein, es ist nicht psychologisch relevant, darüber zu diskutieren. Es ist psychologisch relevant, in allen Kontexten ausschließlich darum zu kreisen und für ein gesellschaftliches Problem keine anderen Ursachen sehen zu können als religiöse Überzeugungen in der Gesellschaft.

Und nein, ich werde mich nicht über die Genese des religiösen Denkens auslassen, ich hab auch noch Anderes zu tun.

Lumen hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Ich nehme vieler deiner Zusammenfassungen als Verkürzungen bzw. Verdrehungen dessen wahr, was ich zum Ausdruck bringen wollte. Und jedes Mal, wenn du etwas zusammen fasst, bestätigst du mir, dass du den Kern dessen, was ich sagen möchte, nicht erfasst hast.

Der Kern, dessen was du sagen möchtest: „Don’t Rock the Boat“.

Nein, mehr "rock the boat, if you must, but let those leave first, who don't want to participate and who have been peaceful all along."

Lumen hat geschrieben:Ansonsten kannst du gerne mal Stine, als wohl eher dir zuneigte Dritte befragen, ob sie z.B. verstanden hat, was du unter „atheistische Fundamentalisten“ verstehst.

Mag irgendwer?
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Vollbreit » Mi 12. Feb 2014, 00:06

Lumen hat geschrieben:Ebenso unklar ist, was es nun mit diesen „atheistischen Fundamentalisten“ auf sich hat.

Da trifft es sich doch prima, dass das in diesem Thread ganz organisch geklärt werden kann.
Was ist denn Fundamentalismus, in seiner allgemeinen Form, für Dich?

Wodurch wird die Grenze von der harten Diskussion zum Fundamentalismus überschritten?
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Mi 12. Feb 2014, 03:16

Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Ebenso unklar ist, was es nun mit diesen „atheistischen Fundamentalisten“ auf sich hat.

Da trifft es sich doch prima, dass das in diesem Thread ganz organisch geklärt werden kann.
Was ist denn Fundamentalismus, in seiner allgemeinen Form, für Dich?

Wodurch wird die Grenze von der harten Diskussion zum Fundamentalismus überschritten?


Ich kenne den Begriff auschließlich von religiösen Überzeugung, wobei die Bezeichnung von religiösen Anhängern gewählt wurde. Die negative Konnotation ist ein Resulat aus der Reaktion von anderen (die ist heute offenbar weitgehend auch auf „evangelikal“ übergegangen). Ein Fundamentalist hat eine, einfach gesagt „back to roots“ Herangehensweise an die Bibel, ohne die Auschmückungen, die dazu gekommen sind und hat eine (evtl. vermeindlich) authentische Auffassung davon. Die Bibel ist das Wort Gottes, und es entspricht der Wahrheit. Sie ist direkt, und ohne spezielle Interpretation, oder spezielle Interpreten verstehbar. Wenn da steht, dass Gott die Welt in 6 Tagen geschaffen hat, dann stimmt das so. Fundamentalisten sind immer zugleich auch Kreationisten, wobei die YECs (Young-Earth-Creationists, Erde ist 6000—10000 Jahre alt, höchstens) die noch „fundamentalistischeren“ sind. Es gibt aber keine Aussage zum Alter der Erde direkt in der Bibel, weshalb beide Formen YECs und Old-Earth-Creationists zu den Fundis zählen. Ein islamischer Fundamentalist dürfte eine Entsprechung sein, also Mohammed ist wortwörtlich auf einem fliegenden Pferd herumgeflogen usw.

Atheistischer Fundamentalist ergibt für mich keinen Sinn, da es kein Fundament gibt, auf das sich das beziehen könnte. Die Zweckentfremdung bezieht sich nach meinem Eindruck auf später angehäufte negative Konnotationen, als „extrem engstirnige Weltsicht“ (die sich bei selbstbezeichneten Fundis ergab, die ihre heilige Schrift wortwörtlich verstehen). Das ist auch ein bischen ironisch, aber entspricht der gängigen Story, dass geistige Offenheit mit anti-wissenschaftlichkeit einher geht (offen ist der Esoteriker/Gläubige, aber engstirnig der Wissenschaftler, dabei ist es haargenau umgekehrt). Falls einer hier Ham/Nye mitbekommen hat, das würde das veranschaulichen.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Mi 12. Feb 2014, 03:37

Frisch zum Thema... vorhin erschienen.

Richard Dawkins via Twitter: hat geschrieben: Jerry Coyne @Evolutionistrue talks sense as usual. bit.ly/LSlNWU Why is the ability to do so such a rare and precious commodity?


Das ist der Artikel von heute von Jerry Coyne, den Dawkins hier meint: http://whyevolutionistrue.wordpress.com ... ew-yorker/ mit folgendem Schlusswort, ähnliche Problematik wie hier.

JC hat geschrieben:In fact, I find it odd that Gopnik wrote an entire piece on the problems with New Atheism, and the social benefits of religion, without mentioning the immense damage that religion does to our world—even in the U.S., where Catholics and Christian Scientists warp or even kill their children. But of course it’s a characteristic of mainstream media in the West to avoid at all costs pointing out the evils and harms of faith. It makes readers uncomfortable.


Kurze Einordnung. Atheisten teilten sich vor Jahren schon in Akkomadationisten und Anti-Theisten Lager auf. Zwar werden die Bezeichnungen selten geführt, so sind es doch unterschiedliche Positionen. Dawkins, Coyne und die früheren Wortführer, die sich als „New Atheists“ einen Namen machten (Dennett, Harris, Hitchens…) waren immer schon Anti-Theisten, und haben dann die Akkomodationisten auf den Plan gerufen. Brights sind typischerweise Akkomodationisten, also ironischerweise gegen Dawkins und Dennett (die den Begriff Bright mal in die Runde geworfen und verbreitet haben) — was seit jeher immer wieder zu Verwirrungen führte. Der Text hier unterstreicht das nochmal und widerspricht, erwartungsgemäß, Nannas Behauptungen, wie Meinungen von Dawkins (oder meine) einzuordnen sind. Vollbreit hat das besser verstanden, auch wenn ich seiner Bezeichnung nicht folgen kann.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon stine » Mi 12. Feb 2014, 08:28

Lumen hat geschrieben:Ich kenne den Begriff auschließlich von religiösen Überzeugung, wobei die Bezeichnung von religiösen Anhängern gewählt wurde.
Und wieso gibt es "Fundis" bei den Grünen?
Wer oder Was war eigentlich die RAF?

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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon stine » Mi 12. Feb 2014, 08:33

Lumen hat geschrieben:Brights sind typischerweise Akkomodationisten...
Kann man sicher nicht so pauschal sagen. Aber ein Akkomodationist ist jedenfalls kein Fundi in Sachen Atheismus.

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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Vollbreit » Mi 12. Feb 2014, 09:46

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Ebenso unklar ist, was es nun mit diesen „atheistischen Fundamentalisten“ auf sich hat.

Da trifft es sich doch prima, dass das in diesem Thread ganz organisch geklärt werden kann.
Was ist denn Fundamentalismus, in seiner allgemeinen Form, für Dich?

Wodurch wird die Grenze von der harten Diskussion zum Fundamentalismus überschritten?


Ich kenne den Begriff auschließlich von religiösen Überzeugung, wobei die Bezeichnung von religiösen Anhängern gewählt wurde.

Gut, Du kennst Dich nicht so umfassend aus, das kann passieren und ist nicht weiter schlimm.
Du bist auch nicht gut in der Lage eine einfache Frage zu beanworten, ohne einen ungefragten Anhang mit rein zu pressen, da kannst Du versuchen, die drängenden Impulse zu kontrollieren.

Lumen hat geschrieben:Ein Fundamentalist hat eine, einfach gesagt „back to roots“ Herangehensweise an [seine Überzeugungen – geändert von Vollbreit] und hat eine (evtl. vermeindlich) authentische Auffassung davon.
Wenn also jemand back to the scientific roots geht, wäre er demnach ein Fundamentalist?
Dann wäre nach Deiner Auffassug Dawkins ein Fundamentalist, sehe ich das richtig?
(Radikal ist übrigens der treffendere Ausdruck, von radix, die Wurzel, sowie auch root Wurzel heißt.)

Dem würde ich mich nicht voll anschließen, das mag eine notwendige Bedingung sein, es ist in meinen Augen keine hinreichende.
Hart zu diskutieren oder auf seiner Meinung erste einmal zu beharren, ist in meine Augen noch kein Fundamentalismus.

Hinzu kommen, aus meiner Sicht:
1) Wenn man nach und nach zur der Überzeugung gelangt, die eigene Sichtweise sei die einzige richtige, dann geht man auf die Grenze zum Fundamentalismus zu.
(Jeder Mensch der vernünftig ist, muss zu der Auffassung gelangen, zu der auch ich gelange, sonst ist er einfach nicht rational.)

2) Wenn man vorgibt, wie und nach welchen Regeln etwas zu verstehen und zu betrachten ist, oder wie etwas zu verstehen ist (Diskurshoheit), dann geht das in Richtung Funfamentalismus.

3) Wenn man nicht versucht den anderen und dessen Sichtweise zu verstehen, sondern eine Symmetrie der Beziehung von vorn herein nicht das Ziel ist und dem anderen von vorn herein abgesprochen wird, gute Gründe zu haben, dann ist das ein hartes Indiz für Fundamentalismus.

4) Oft ist auch die Monothematik und die obesessive Betrachtung genau eines Themas, auf das dann alles hinausläuft oder von dem alles ausgeht ein Kennzeichen des Fundamentalismus: Alles dreht sich demnach (positiv oder negativ konnotiert) um Geld, Sex, Macht, Schutz der Umwelt, Biologie, Psychologie, Medien, Politik … jedes Thema kann dort in den Fokus rücken.

Welchen dieser Kriterien kannst Du oder können andere Nanna, stine und weitere Mitleser sich anschließen, welchen nicht?
Welche Kriterien oder Aspekte fehlen und sollten ergänzt werden?

Wenn wir allgemeine Kriterien gefunden haben, können wir ins Spezielle gehen und dann schauen, was einen religiösen Fundamentalisten ausmacht (und ihn nach oben vom nichtfundamentalistischen religiösen Menschen unterscheiden – und ggf. nach unten, zu extremistischen oder terroristischen Eskalationsstufen abgrenzen) und mit derselben Schblone können wir schauen, wann ein Veganer, Marxist, Atheist, Kapitalist, Klimadiskutant, Grüner die Grenze zum Fundamentalismus überschreitet.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Mi 12. Feb 2014, 19:29

stine hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Ich kenne den Begriff auschließlich von religiösen Überzeugung, wobei die Bezeichnung von religiösen Anhängern gewählt wurde.
Und wieso gibt es "Fundis" bei den Grünen?
Wer oder Was war eigentlich die RAF?

LG stine

Das ist eine Ableitung aus dem religiösen Begriff, der dasselbe meint, zurück zu den Grundlagen, zur Grundidee. Zwar benutzt radikal bisweilen dieselbe Metapher (vergleiche Fundament und Wurzel), doch geht es dem Radikalen um die grundlegende Veränderung einer Gesellschaftsform, mitsamt Wurzel sozusagen. Dem Fundamentalist hingegen geht es darum, zurück zum Fundament, zum Ursprung seiner Anschauungen zurückzukehren. Wenn sich inzwischen viel getan hat, dann könnte ein Fundament einer Ideologie (oder eines Glaubens) schon leicht aus der Mode gekommen sein. Da kann es dann radikal sein, dahin zurückzukehren. Genausogut könnte das Fundament mal radikal gewesen sein, wurde dann aber nach und nach aufgeweicht, man setzte auf Reformen und so weiter. Dann wäre ein Fundamentalist auch hier zugleich radikal.

Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Da trifft es sich doch prima, dass das in diesem Thread ganz organisch geklärt werden kann.
Was ist denn Fundamentalismus, in seiner allgemeinen Form, für Dich? Wodurch wird die Grenze von der harten Diskussion zum Fundamentalismus überschritten?


Ich kenne den Begriff auschließlich von religiösen Überzeugung, wobei die Bezeichnung von religiösen Anhängern gewählt wurde.

Gut, Du kennst Dich nicht so umfassend aus, das kann passieren und ist nicht weiter schlimm. Du bist auch nicht gut in der Lage eine einfache Frage zu beanworten, ohne einen ungefragten Anhang mit rein zu pressen, da kannst Du versuchen, die drängenden Impulse zu kontrollieren.

Ich merke schon, du und Nanna — ihr seid die Experten! Bitte tut uns niedrigen Mitdiskutaten doch den Gefallen, die Redaktionen zu informieren, damit sie ihre Informationen anpassen. Dann wäre auch ich in die Lage versetzt, mein zweifelsfrei korruptes Verständnis der Tatsachen entsprechend zu korrigieren! Aktuell haben Duden und Wikipedia – zwei bei niedrigem Fußvolk gern frequentierte Seiten – folgende Informationen im Angebot:

Der zweifellos von gottlosen unterwanderte Duden behauptet dreist:
Duden hat geschrieben:Substantiv, maskulin - a. geistige Haltung, Anschauung, die durch …b. streng bibelgläubige Richtung des amerikanischen … [...] a) geistige Haltung, Anschauung, die durch kompromissloses Festhalten an [ideologischen, religiösen] Grundsätzen gekennzeichnet ist [und das politische Handeln bestimmt]
b) streng bibelgläubige Richtung des amerikanischen Protestantismus


Die anti-christliche Volkspropaganda und als Lügenwerk bekannte Wikipedia behauptet:

Wikipedia (DE) hat geschrieben:Dieser Artikel wurde in der Qualitätssicherung Religion eingetragen. [...] Das Wort Fundamentalismus trat erstmals im Zusammenhang mit einer von Reuben Archer Torrey herausgegebenen Schriftenreihe The Fundamentals A Testimony to the Truth[1] auf, die sich gegen liberale Theologie und insbesondere die historisch-kritische Methode wandte.


oder

Wikipedia (EN) hat geschrieben:Fundamentalism is the demand for a strict adherence to orthodox theological doctrines usually understood as a reaction against Modernist theology, primarily to promote continuity and accuracy.[1] The term "fundamentalism" was originally coined by its supporters to describe five specific classic theological beliefs of Christianity, and that developed into a movement within the Protestant community of the United States in the early part of the 20th century, and that had its roots in the Fundamentalist–Modernist Controversy of that time.[2]


„Scientific Roots“

Vollbreit hat geschrieben:Wenn also jemand back to the scientific roots geht, wäre er demnach ein Fundamentalist? Dann wäre nach Deiner Auffassug Dawkins ein Fundamentalist, sehe ich das richtig? (Radikal ist übrigens der treffendere Ausdruck, von radix, die Wurzel, sowie auch root Wurzel heißt.)


Siehe oben, radikal bezieht sich auf bestimmte Verhältnisse (diese radikal zu ändern), während Fundamentalistisch sich auf die eigene Doktrin bezieht (zu deren Wurzeln zurückzukehren und Aufweichungen und Kompromisse usw. abzubrechen). Aber was weiß ich!

Was „scientific roots“ sein sollen, wird mir auch nicht auf Anhieb klar. Zurzeit gilt es als nicht radikal oder fundamentalistisch, mit einem Lineal die richtige, tatsächlich gemessene Zahl abzulesen und weiterzuverwenden, und nicht etwa die etwas freiere Methode π*Daumen. Auch gilt es derzeit noch nicht als radikal, oder fundamentalistisch, so ermittelte Zahlenwerte nach feststehenden mathematischen Regeln umzuformen. Skandalöserweise wird selbst das Ziehen von Wurzeln allgemein noch nicht als radikal anerkannt.
Vollbreit hat geschrieben:Hinzu kommen, aus meiner Sicht:
1) Wenn man nach und nach zur der Überzeugung gelangt, die eigene Sichtweise sei die einzige richtige, dann geht man auf die Grenze zum Fundamentalismus zu. (Jeder Mensch der vernünftig ist, muss zu der Auffassung gelangen, zu der auch ich gelange, sonst ist er einfach nicht rational.)

Warum sollte jemand eine andere Ansicht, die er richtiger findet, nicht zu seiner eigenen machen? Ken Ham kann zwar seine Überzeugungen wegen seines Glaubens nicht ändern, aber ich bezweifle, dass er andere überhaupt als richtiger anerkennt. Außerdem schreibt auch Dawkins dir nicht vor, wie du Bach finden sollst, oder wie man richtig Rührei brät. Die Konflikte um die Neuen Atheisten drehen sich um wissenschaftlich dick und fett abgesicherte Sachverhalte. Zwar wird mir das nicht geglaubt, aber ich habe oben auch von Ermessenspielräumen gesprochen, die es auch da noch gibt, nehmen wir Determinismus. Niemand schreibt dir vor, was jemand zu glauben hat. Es geht da um was anderes.

Vollbreit hat geschrieben:2) Wenn man vorgibt, wie und nach welchen Regeln etwas zu verstehen und zu betrachten ist, oder wie etwas zu verstehen ist (Diskurshoheit), dann geht das in Richtung Funfamentalismus.

3) Wenn man nicht versucht den anderen und dessen Sichtweise zu verstehen, sondern eine Symmetrie der Beziehung von vorn herein nicht das Ziel ist und dem anderen von vorn herein abgesprochen wird, gute Gründe zu haben, dann ist das ein hartes Indiz für Fundamentalismus.

4) Oft ist auch die Monothematik und die obesessive Betrachtung genau eines Themas, auf das dann alles hinausläuft oder von dem alles ausgeht ein Kennzeichen des Fundamentalismus: Alles dreht sich demnach (positiv oder negativ konnotiert) um Geld, Sex, Macht, Schutz der Umwelt, Biologie, Psychologie, Medien, Politik … jedes Thema kann dort in den Fokus rücken.


Ist Angela Merkel eine Fundamentalistin, weil sich bei ihr alles um Politik dreht? Klingt wie ein Trick. Aber dieses Forum hier hat auch ein Thema, und Dawkins hat einen bestimmten Beruf, mit einem bestimmten Thema, und so weiter.

Ist Bruder Paulus, der nette Fernsehmönch ein Fundamentalist, weil es immer, wenn er irgendwo in Erscheinung tritt, um katholischen Glauben geht?

Vollbreit hat geschrieben:Welchen dieser Kriterien kannst Du oder können andere Nanna, stine und weitere Mitleser sich anschließen, welchen nicht?
Welche Kriterien oder Aspekte fehlen und sollten ergänzt werden?

Wenn wir allgemeine Kriterien gefunden haben, können wir ins Spezielle gehen und dann schauen, was einen religiösen Fundamentalisten ausmacht (und ihn nach oben vom nichtfundamentalistischen religiösen Menschen unterscheiden – und ggf. nach unten, zu extremistischen oder terroristischen Eskalationsstufen abgrenzen) und mit derselben Schblone können wir schauen, wann ein Veganer, Marxist, Atheist, Kapitalist, Klimadiskutant, Grüner die Grenze zum Fundamentalismus überschreitet.


Falls man den Begriff nehmen möchte, wie ich ihn oben beschrieben habe, müsste es zunächst eine Original-Doktrin geben, irgendein Grundwerk oder Hauptwerk. Dann müsste es eine Entwicklung geben, die aus verschiedenen Gründen stattgefunden hat. Und dann müsste es Menschen geben, die auf Teufel-Komm-Raus, wieder alles auf Anfang setzen wollen und dabei keine (oder fast keine) Änderung oder Anpassung gelten lassen wollen. Der Original-Text wäre perfekt, alles andere danach wäre Schund gewesen und deshalb müsse man sich wieder darauf auf die Wurzeln besinnen. Das wäre für mich ein Fundamentalist.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Nanna » Mi 12. Feb 2014, 22:45

Lumen hat geschrieben:Das ist der Artikel von heute von Jerry Coyne, den Dawkins hier meint: http://whyevolutionistrue.wordpress.com ... ew-yorker/ mit folgendem Schlusswort, ähnliche Problematik wie hier.

JC hat geschrieben:In fact, I find it odd that Gopnik wrote an entire piece on the problems with New Atheism, and the social benefits of religion, without mentioning the immense damage that religion does to our world—even in the U.S., where Catholics and Christian Scientists warp or even kill their children. But of course it’s a characteristic of mainstream media in the West to avoid at all costs pointing out the evils and harms of faith. It makes readers uncomfortable.

Ich habe den Eindruck, dass die wenigsten Leute, die eine bestimmte politische Agenda haben, sich genügend berücksichtigt fühlen. Bekannte religiöse Personen jammern gern, dass der Atheismus die Medien bestimmt und Gott und Moral "keine Rolle mehr spielen" (anders war es natürlich in der guten alten Zeit) und bekannte Atheisten sagen dann Sachen wie Coyne hier und behaupten, die westlichen Medien hätten einen kollektiven Beißreflex. Ich für meinen Teil habe eigentlich das Gefühl, dass pro-religiöse und pro-spiritualistische Artikel recht ausgewogen neben pro-wissenschaftlichen stehen. Die ZEIT, die ich gerne lese, hat beispielsweise regelmäßig äußerst kritische Berichterstattung gegen Kreationisten, pseudowissenschaftliche Heilmethoden u.ä. im Angebot, hat aber auch immer wieder Autoren ein Forum geboten, die für mehr Religion plädieren. In der Gesamtheit kann keiner heulen, glaube ich.

Übrigens, Coyne äußerst im vorletzten Absatz, also genau drüber, exakt das Argument, das ich hier gepostet habe, nämlich dass Gesellschaften zuerst Wohlstand und Prosperität entwickeln und dann die Religion hinter sich lassen. Meines Erachtens stützt das mein Argument, dass man wirren Überzeugungen von Fundamentalisten die sozioökonomischen und politischen Grundlagen entziehen muss und die Religion dann von selbst verdörrt. Die wohlfühlreligiösen Residuen, die dann noch übrig bleiben, sind dann nicht mehr bedenklich. Folgt man dieser Linie, müsste der Fokus von der direkten Konfrontation mit der Religion - die meist nur polarisiert und die Fronten verhärtet - hin zu einer allgemeineren Stabilisierungspolitik gehen, die den Extremisten die Grundlagen ihrer Missionierung entzieht.

In einem andere Punkt sind Coyne und du euch einer Meinung: Dass die Irrationalität "der Religion" von einer anderen Qualität wäre als das kontingente Auftreten eines Musikgeschmacks. Da bleibt meine Antwort gleich: Für Fundamentalisten stimmt das, aber Fundamentalisten habe ich auch nirgendwo in Schutz genommen, deshalb fühle ich mich da nicht angesprochen. Für die große Menge der Wohlfühl- und Alltagsreligiosität trifft das dagegen nicht zu, weil da Religion nicht der bestimmende Kompass im Leben ist und daher eher eine Lifestyle-Frage ist, wie auch bei einem bestimmten Musikgeschmack. Darüberhinaus gibt es in meinen Augen außerdem nach wie vor ganz klar das Recht, von allzu aggressiver Besserwisserei in Ruhe gelassen zu werden, solange man niemandem schadet, niemanden herausfordert und einfach friedlich sein Leben lebt.

Lumen hat geschrieben:Ich merke schon, du und Nanna — ihr seid die Experten! Bitte tut uns niedrigen Mitdiskutaten doch den Gefallen, die Redaktionen zu informieren, damit sie ihre Informationen anpassen. Dann wäre auch ich in die Lage versetzt, mein zweifelsfrei korruptes Verständnis der Tatsachen entsprechend zu korrigieren!

Hey, wir können nicht überall gleichzeitig sein. ;-)

Lumen hat geschrieben:Der zweifellos von gottlosen unterwanderte Duden behauptet dreist:
Duden hat geschrieben:Substantiv, maskulin - a. geistige Haltung, Anschauung, die durch …b. streng bibelgläubige Richtung des amerikanischen … [...] a) geistige Haltung, Anschauung, die durch kompromissloses Festhalten an [ideologischen, religiösen] Grundsätzen gekennzeichnet ist [und das politische Handeln bestimmt]
b) streng bibelgläubige Richtung des amerikanischen Protestantismus

Worin widerspricht diese Definition etwas, was Vollbreit oder ich gesagt haben? Dieselbe Frage würde ich zu den anderen von dir zitierten Definitionen stellen.

Lumen hat geschrieben:Die Konflikte um die Neuen Atheisten drehen sich um wissenschaftlich dick und fett abgesicherte Sachverhalte. Zwar wird mir das nicht geglaubt, aber ich habe oben auch von Ermessenspielräumen gesprochen, die es auch da noch gibt, nehmen wir Determinismus. Niemand schreibt dir vor, was jemand zu glauben hat. Es geht da um was anderes.

Das könnte eine Chance darauf sein, dass es interessant wird: Darf eine Person, und ich meine hier eine Privatperson, nicht jemanden wie Pat Robertson, religiös/abergläubisch/alternativmedizinisch angehaucht o.ä. sein und kann sie gleichzeitig für sich in Anspruch nehmen, von den Vorhaltungen der Neuen Atheisten in Ruhe gelassen zu werden - oder hat sie es stattdessen verdient oder gar nötig, dass sie so lange bearbeitet wird, bis sie sich zum Neuen Atheismus bekennt?

Dass man Kreationisten, die ihre Agenda an die Schulen kriegen wollen, scharf widersprechen muss, hat eh niemand abgelehnt. Aber selbst da besteht meines Erachtens ein Unterschied zwischen aktiv missionarischen Vertretern und Leuten, die das rein mit sich selbst ausmachen. Haben in deinen Augen diese Leute ein Recht darauf, sich a) privat in ihren vier Wänden und dem Freundeskreis nicht mit dem Neuen Atheismus auseinandersetzen zu müssen, wenn sie das vermeiden wollen, und b) nicht als Gehilfen religiösen Massenmordes u.ä. hingestellt zu werden, wenn sie das weder befürworten noch Personen unterstützen, die das befürworten? Wenn sie möglicherweise Gewalt sogar grundsätzlich ablehnen, egal ob nun mit oder ohne Bezug auf religiöse Normen?

Lumen hat geschrieben:Ist Angela Merkel eine Fundamentalistin, weil sich bei ihr alles um Politik dreht? Klingt wie ein Trick. Aber dieses Forum hier hat auch ein Thema, und Dawkins hat einen bestimmten Beruf, mit einem bestimmten Thema, und so weiter.

Die Frage ist doch nicht, ob jemand sich gerne mit etwas beschäftigt, sondern ob jemand glaubt, dass annähernd alle Missstände auf sein Lieblingsproblem zurückzuführen sind, also Religion, Umweltzerstörung, Fleischerzeugung, Machtstreben etc. Metaprobleme sind, aus denen alle anderen Probleme erwachsen - anders ausgedrückt, dass ein Großteil der Probleme der Welt verschwinden und gesellschaftlicher Friede und Wohlstand einkehren würden, wenn das besagte Item verschwinden würde. Wenn ich den ganzen Tag Linsensuppe koche, weil ich der beste Linsensuppenkoch der Welt werden will, heißt das in keinster Weise, dass ich Fundamentalist bin. Wenn ich dagegen behaupte, dass die Probleme der Welt im Wesentlichen darauf rückführbar sind, dass keiner mehr gute Linsensuppe kochen kann, bin ich Linsensuppenfundamentalist.

Lumen hat geschrieben:Falls man den Begriff nehmen möchte, wie ich ihn oben beschrieben habe, müsste es zunächst eine Original-Doktrin geben, irgendein Grundwerk oder Hauptwerk. Dann müsste es eine Entwicklung geben, die aus verschiedenen Gründen stattgefunden hat. Und dann müsste es Menschen geben, die auf Teufel-Komm-Raus, wieder alles auf Anfang setzen wollen und dabei keine (oder fast keine) Änderung oder Anpassung gelten lassen wollen. Der Original-Text wäre perfekt, alles andere danach wäre Schund gewesen und deshalb müsse man sich wieder darauf auf die Wurzeln besinnen. Das wäre für mich ein Fundamentalist.

Finde ich keine schlechte Schilderung, wobei ich auf zwei Punkte hinweisen möchte:
- Die Originaldoktrin, auf die Fundamentalisten sich beziehen, ist nicht die originale Originaldoktrin, sondern ein Bild, das sich die Fundamentalisten von ihr machen. Wenn wir muslimische Fundamentalisten nehmen, stehen eigentlich weltweit alle Menschen vor dem Problem, dass man viel zu wenig über das Leben im Arabien des 6./7. Jahrhunderts weiß, um zu verstehen, wie bestimmte Koranstellen denn im Kontext mal gemeint waren. Es gibt eine ganze Menge solcher Stellen, wo sich die wildesten Spekulationen und Interpretationen herumranken, weil man wirklich nicht mehr weiß, was damit gemeint war. Das Programm der Fundamentalisten ist also eine Art Zurück-in-die-Zukunft-Programm, was insofern gewisse Widersprüche in sich trägt, dass man die Vergangenheit immer durch die Brille der Gegenwart sieht und dann Dinge hineinlegt, die damals noch nicht da waren.
- Es geht auch ohne Grundwerk. Leute können sich ihren Fundamentalismus selber machen, wobei dann darunter mehr die extreme Engstirnigkeit der Vollbreitschen Fundamentalismusdefinition gemeint ist. Insofern ist die wörtliche Bezugnahme auf sakrosankte Texte nur ein hinreichendes, aber kein notwendiges Kriterium für Fundamentalismus.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Vollbreit » Mi 12. Feb 2014, 23:51

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Hinzu kommen, aus meiner Sicht:
1) Wenn man nach und nach zur der Überzeugung gelangt, die eigene Sichtweise sei die einzige richtige, dann geht man auf die Grenze zum Fundamentalismus zu. (Jeder Mensch der vernünftig ist, muss zu der Auffassung gelangen, zu der auch ich gelange, sonst ist er einfach nicht rational.)

Warum sollte jemand eine andere Ansicht, die er richtiger findet, nicht zu seiner eigenen machen?
Vielleicht, weil er ein Fundamentalist ist und genau weiß, dass ihn nichts überzeugen wird?

Lumen hat geschrieben:Außerdem schreibt auch Dawkins dir nicht vor, wie du Bach finden sollst, oder wie man richtig Rührei brät.
Und das soll mir nun was sagen?

Lumen hat geschrieben:Die Konflikte um die Neuen Atheisten drehen sich um wissenschaftlich dick und fett abgesicherte Sachverhalte. Zwar wird mir das nicht geglaubt, aber ich habe oben auch von Ermessenspielräumen gesprochen, die es auch da noch gibt, nehmen wir Determinismus. Niemand schreibt dir vor, was jemand zu glauben hat. Es geht da um was anderes.
Ja und das haben wir auch alles schon zig mal thematisiert.
Texte versteht man nicht besser, wenn man sie unters Mikroskop legt, sondern die Regeln der Textinterpretation lernt.

Dann ist es ja so: Wer sagt denn bitte, dass z.B. religiöse Texte überhaupt den primären Anspruch haben Welt zu erklären, wie z.B. die Astronomie oder Biologie das tut? Wenn es um diese Art der Fakten geht, dann brauchen wir eine Diskussion erst gar nicht zu beginnen, weil ich ernsthaft glaube, dass bei einem Disput auf dieser Ebene, sagen wir von 40 zu klärenden Punkten das Ergebnis 40:0 für die Naturwissenschaft ausgehen wird. Aber das ist so überbekannt und langweilig, dass ich mich schlicht nicht darüber streiten kann.

Aber es geht um was ganz anderes, nämlich um ethische, normative, gesellschaftliche Fragen. Seit Feuerbach gilt wenigstens als ernstzunehmende These, dass Gott eine Projektion des menschlichen Bewusstseins ist. Die Gedanken der Anti-Theisten sind für mich leicht nachvollziehbar, weil es meine eigeen waren: Wenn faktisch so gut wie nichts stimmt in der Bibel und zwar so etwa von der ersten Seite angefangen... was interessiert dann der Rest? Wozu auf Ableitungen aus Fehlern überhaupt eingehen? Was juckt es mich, was Gott will, wenn es Gott gar nicht gibt? Warum sollte ich mich und mein Leben einschränken, weil jemand von dem Gebot eines Wesens berichtet, was überhaupt nicht existiert. Das waren meine Gedanken und damals war ich etwa 10.

Nun, ich glaube auch heute noch nicht an Gott, aber ich gehe nicht mehr mit der Naivität des 10-Jährigen Jungen an das Thema heran. Wenn Gott also eine Projektion ist, dann entstammt er einem menschlichen Bedürfnis und das kann man ernst nehmen. Tut man das, ist es im Grunde egal, ob man an Gott glaubt oder nicht, die Frage ist, welche Regeln des Zusammenlebens sind es wert, dass sie behalten werden (und wenn ich meine, dass sie es wert sind, ist es mir egal, ob sie im Kern religiös sind, oder nicht) und wenn sie es nicht wert sind, müssen sie neu diskutiert werden (natürlich auch, wenn es religiöse Regeln sind, wenn sie das Leben nicht- oder andersreligiöser Menschen beeinflussen).

Regeln, die Menschen sich gegeben haben, kann man ändern.

Nun kann man sagen, dass für Anhänger der Religion dieses ändern der Regeln nicht so einfach ist, denn auf die eine oder andere Art, sind diese Regeln für sie mehr als menschliche Übereinkünfte, es ist Gottes Wort.

Für eine Diskussion mit religiösen Menschen gilt es zwei Dinge zu beachten, neben der Grundregel, nicht immer auf das Niveau präpübertärer Jungs zurückzufallen.
Wenn der Kern oder Gründungsmythos oder bestimmte Elemente des Glaubens auch irrational sein mag, in dem Sinne, dass er nicht mit unserem Weltbild korrespondiert, so bedeutet das nicht, dass dieser glaubende Mensch im Alltag irrational handeln muss. Das sind mitunter Leute mit Hochschulabschluss und vollkommen normale Menschen, nur in ihrer religiösen Überzeugung haben sie diesen Tick.
Zweitens, muss man prüfen, wenn man sich vernünftig unterhalten und ein Zusammenleben planen will, wo einem das Thema Religion überhaupt störend in die Quere kommt. Man fragt ja auch nicht jeden Planer nach seinen Masturbationsphantasien, wenn man vorhat ein Wasserwerk zu bauen oder an einer Schule eine Ampelanlage zu errichten. Wenn Dein Zahnarzt Moslem ist, gehst Du dann nicht hin, auch wenn er gut ist? Dann tätest Du mir Leid, weil Du Dein Leben beschränkst.
Ich kenne Faschos, die stolz drauf sind, nie einen Döner gegessen zu haben. Sie würden ihn wohl mögen, aber sie meinen, sie setzten damit ein Zeichen. Solche Leute gibt es.

Lumen hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:2) Wenn man vorgibt, wie und nach welchen Regeln etwas zu verstehen und zu betrachten ist, oder wie etwas zu verstehen ist (Diskurshoheit), dann geht das in Richtung Funfamentalismus.

3) Wenn man nicht versucht den anderen und dessen Sichtweise zu verstehen, sondern eine Symmetrie der Beziehung von vorn herein nicht das Ziel ist und dem anderen von vorn herein abgesprochen wird, gute Gründe zu haben, dann ist das ein hartes Indiz für Fundamentalismus.

4) Oft ist auch die Monothematik und die obesessive Betrachtung genau eines Themas, auf das dann alles hinausläuft oder von dem alles ausgeht ein Kennzeichen des Fundamentalismus: Alles dreht sich demnach (positiv oder negativ konnotiert) um Geld, Sex, Macht, Schutz der Umwelt, Biologie, Psychologie, Medien, Politik … jedes Thema kann dort in den Fokus rücken.


Ist Angela Merkel eine Fundamentalistin, weil sich bei ihr alles um Politik dreht?
Nein, die Frau ist zufällig Berufspolitikerin, da kann das vorkommen.

Lumen hat geschrieben:Klingt wie ein Trick.
Lumen, gibt es irgendwas, was für Dich nicht wie einTrick klingt? Wenn ich Dir die Uhrzeit sage, suchst Du darin eine versteckte Anspielung – und ich bin sicher Du findest auch eine.

Lumen hat geschrieben:Aber dieses Forum hier hat auch ein Thema, und Dawkins hat einen bestimmten Beruf, mit einem bestimmten Thema, und so weiter.

War dieses oberflächliche Gesäusel nun wirklich alles, was Du an Differenzierung zu diesen drei Punkten hinbekommst? Das ist ärmlich.

Lumen hat geschrieben:Ist Bruder Paulus, der nette Fernsehmönch ein Fundamentalist, weil es immer, wenn er irgendwo in Erscheinung tritt, um katholischen Glauben geht?

Wie nannte das mal irgendwo einer? Niveau Limbo, Du hast beste Chancen auf einen der vorderen Plätze.
Jeder Differungversuch wird in einer Mischung aus rhetorischen Fragen und Plattitüden ertränkt.

Lumen hat geschrieben:Falls man den Begriff nehmen möchte, wie ich ihn oben beschrieben habe, müsste es zunächst eine Original-Doktrin geben, irgendein Grundwerk oder Hauptwerk. Dann müsste es eine Entwicklung geben, die aus verschiedenen Gründen stattgefunden hat. Und dann müsste es Menschen geben, die auf Teufel-Komm-Raus, wieder alles auf Anfang setzen wollen und dabei keine (oder fast keine) Änderung oder Anpassung gelten lassen wollen. Der Original-Text wäre perfekt, alles andere danach wäre Schund gewesen und deshalb müsse man sich wieder darauf auf die Wurzeln besinnen. Das wäre für mich ein Fundamentalist.

Das ist okay, hier diskutierst Du ja.
Muss der Text ein Text sein, im engen Sinne? Ein Fundamentalist kann sich auch an einer Idee abarbeiten.
Aber Texte gehen natürlich auch, da ist es dannhäufig die Rückbesinnung auf die reine Lehre. Die kann marxistisch sein, eine Ernährungslehre, natürlich auch szientistisch.
Schau mal was Myron hier ausführt: viewtopic.php?f=47&t=4496&start=20 unter Ontologischer Szientismus.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Do 13. Feb 2014, 00:16

Aber was bedeutet Engstirnigkeit bei Dawkins oder in den Wissenschaften? Ich habe das oben etwas parodiert, aber es läuft doch im Kern darauf hinaus, Spielräume zu suchen, für die es keinen Platz gibt. Am deutlichsten ist das wohl bei Mathematik. Mein Problem ist dabei, dass man sich wohlfeile Sachen ausdenkt, denen jeder erstmal gerne zustimmt. Keiner möchte engstirnig sein. Wir alle wollen Freiheit. Authentisch kommt immer gut an und so fort. Was genau ist konrekt die Forderung an Dawkins, damit er kein Fundamentalist ist? Dabei bitte ich auf Worte zu verzichten, die ihrerseits nicht konkret sind.

Edit: @Vollbreit. Eine einzige Nebelwand, ein paar Beleidigungen, ein paar Darstellungen deiner Überlegenheit. Wie gewohnt, nichts von Gehalt. Beantworte doch mal irgendeine Frage oder zeige, dass du verschiedene Hinweise überhaupt erfasst hast, z.B. dein Paranoia-Vorwurf im Hinblick auf einen Berufs-Biologen, Kreationismus usw.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Vollbreit » Do 13. Feb 2014, 00:23

Lumen hat geschrieben:Beantworte doch mal irgendeine Frage oder zeige, dass du verschiedene Hinweise überhaupt erfasst hast, z.B. dein Paranoia-Vorwurf im Hinblick auf einen Berufs-Biologen, Kreationismus usw.

Welche konkrete Frage hättest Du denn gerne beantwortet?
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Nanna » Do 13. Feb 2014, 00:25

@Lumen:
Ich denke, diese Frage, die ich oben gestellt habe, könnte ein erster Schritt in Richtung einer Antwort sein:

Nanna hat geschrieben:Darf eine Person, und ich meine hier eine Privatperson, nicht jemanden wie Pat Robertson, religiös/abergläubisch/alternativmedizinisch angehaucht o.ä. sein und kann sie gleichzeitig für sich in Anspruch nehmen, von den Vorhaltungen der Neuen Atheisten in Ruhe gelassen zu werden - oder hat sie es stattdessen verdient oder gar nötig, dass sie so lange bearbeitet wird, bis sie sich zum Neuen Atheismus bekennt?


Anders gesagt: Wieviel (in deinen Augen) "Bullshit" darf ein Mensch für sich privat glauben, ohne als Beitragender zu den Übeln der Welt identifiziert zu werden? Wie wissenschaftsorientiert muss ein Mensch sich im Alltag verhalten?

Da es beim Fundamentalismus zentral um den Mangel an Ambiguitätstoleranz geht, wäre hier die Frage, wie weit Dawkins darin geht, "Wissenschaftlichkeit" zum Lebensprinzip zu erheben. Je enger seine (oder deine) Auslegung, desto eher steht der Verdacht fundamentalistischer Denkmuster im Raum. Je mehr verschiedene (und d.h. von seinen/deinen abweichende, widersprechende) Weltbilder Dawkins/du in eurer Nachbarschaft zulassen könnt, ohne euch provoziert zu fühlen, desto weniger würde der Verdacht im Raum stehen.

Für mich würde es auf jeden Fall einiges klären, wenn du grob umreißen könntest, was du an "Bullshit" als akzeptabel und was als gesellschaftsgefährdend ansiehst. Also was man in deinen Augen glauben darf, um noch als guter Bürger durchzugehen und was nicht.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Lumen » Do 13. Feb 2014, 00:27

Vollbreit hat geschrieben:
Lumen hat geschrieben:Beantworte doch mal irgendeine Frage oder zeige, dass du verschiedene Hinweise überhaupt erfasst hast, z.B. dein Paranoia-Vorwurf im Hinblick auf einen Berufs-Biologen, Kreationismus usw.

Welche konkrete Frage hättest Du denn gerne beantwortet?


Inwiefern Dawkins ein Fundamentalist ist, und insbesondere, was er tun müsste, konkret, um für dich als keiner mehr zu gelten.


..........................................................................
Nebenbei, um nochmal einen Eindruck zu bekommen.


..........................................................................
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Vollbreit » Do 13. Feb 2014, 00:33

Siehst Du denn die Frage, was Fundamentalismus ist, als ausreichend geklärt an?
Ich sehe da noch keine Einigung oder unterschreibst Du das?

1) Religion wird a priori und ausschließlich als Problem, Krankheit, Störung... interpretiert und sämtliche positiven Aspekte der Religion werden ausgeblendet oder es wird von Fundamentalisten geleugnet, dass es überhaupt welche gibt.

2) In Fällen in denen Religion (oder deren Interpretation) tatsächlich als problematisch, aggressiv, intolerant oder destruktiv angesehen wird, wird nicht ausreichend geforscht, ob Religion die Ursache oder Teil einer anderen Ursache ist. Ferner wird nicht differenziert, wo Religion die Quelle ist und wo sie instrumentalisiert wird.

3) Es wird nicht versucht Lösungen zu finden, Dialoge zu ermöglichen und Brücken zu bauen, mit der überwiegenden Zahl der gemäßigten religiösen Menschen, sondern es werden Mauern errichtet und es wird gerne vorverurteilt (grob: Wer heute in die Moschee geht, sprengt sich morgen in die Luft) was Dialoge erschwert.

4) Es wird unterlassen zu differenzieren, wo Religionen oder religiöse Einstellungen bei der Verrichtung des täglichen Miteinanders überhaupt zum Problem werden und wo das nicht der Fall ist.

5) Es besteht keinerlei Lernbereitschaft bei den Dialogen mit religiösen Menschen, aus dem vermeintlichen Wissen, von diesen können man ohnehin nichts lernen.
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Re: „Atheistischer Fundamentalismus“

Beitragvon Nanna » Do 13. Feb 2014, 00:39

Lumen hat geschrieben:Nebenbei, um nochmal einen Eindruck zu bekommen.

Wenn du einfach meine (und gerne auch Vollbreits) Fragen beantworten könntest, gerne auch unter dem Hinweis der Vorläufigkeit und Skizzenhaftigkeit, wäre mir ehrlich gesagt mehr gedient. ;-)
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