Für die wahre Aufklärung

Für die wahre Aufklärung

Beitragvon Andreas Müller » Mo 5. Mär 2007, 15:33

Ich muss leider mal wieder Schleichwerbung machen. Hab bei Telepolis diesen Artikel kommentiert:
http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24739/2.html

Für die wahre Aufklärung

Vernünftig sein, das wäre nicht schlecht. Fragt sich nur, was in
diesem Fall vernünftig ist.

Ich finde den Artikel weder besonders gut, noch völlig daneben. Aber
er macht es sich ganz erheblich zu leicht, weil er den Eindruck
erweckt, alle Islam-Kritiker wären Rassisten. Man denke nur an den
Zentralrat der Ex-Muslime, von welchem einige Mitglieder
kommunistischen Parteien angehören. Sind die alle insgeheim rechts?
Sind Religionskritiker alle rechts? Ist Ayaan Hirsi Ali rechts? Ist
Salman Rushdie rechts? Und Ekin Deligöz, die auf ihre eigene Art und
Weise ebenfalls den Islam kritisiert. Auch rechts? Warum sind Muslime
oder Ex-Muslime rassistisch gegen sich selbst?

Es besteht durchaus eine gewisse Gefahr, dass hier eine
aufklärerische Position mit Rassismus verwechselt wird. Alle Leute,
die nur wie Muslime aussehen, über einen Kamm zu scheren, das hat mit
Aufklärung nichts zu tun. Religionskritik hat, ganz im Gegenteil,
sehr viel mit Aufklärung zu tun. Sie ist gar nicht zu trennen von der
Emanzipation und Säkularisierung Europas. Ich kann dem Autor des
Artikels nur empfehlen, doch einfach mal den Koran aufzuschlagen, an
einer beliebigen Stelle. Er wird dort mit Sicherheit irgend etwas mit
Kampf den Ungläubigen oder unterdrückt die Frauen finden. Eine
"metaphorische" Lesung ist in einem Maße inellektuell unredlich, wie
es sie auch im Falle der Bibel ist. Das Alte, aber auch das Neue
Testament wurden inzwischen derart verdreht, dass sie überhaupt
keinen Sinn mehr ergeben. Die Gläubigen merken das und wenden sich
den Evangelikalen zu, welche gerade die EKD unterwandern. Die
Katholische Kirche wird ebenfalls fundamentalistischer. Man denke nur
an die Ablehnung der Evolutionstheorie durch Kardinal Schönborn, oder
an die seltsamen Ansichten von Kardinal Meisner, welcher Atheismus
und Gewalt für untrennbar hält. Oder bin ich jetzt rassistisch gegen
die Katholische Kirche?

Was den Multikulturalismus betrifft: Grundprinzipiell eine schöne
Idee, aber hört er nicht an der Stelle auf, wo man sich nicht mehr an
die Grundregeln des Miteinanders hält? Heißt Multikulturalismus, dass
Fanatiker gleich welcher Religion zur Gewalt aufrufen dürfen? Heißt
Multurkulturalismus, dass einfach jeder machen darf, was er will,
auch wenn es Ehrenmorde und strukturelle Gewalt gegen Frauen, Hetze
gegen Anders- oder Ungläubige einschließt? Heißt Multikulturalismus,
dass man einfach alle Ideologien und Religionen ohne Widerspruch
tolerieren soll, egal wie gefährlich sie sind? Tatsächlich darf sich
die Kritik nicht gegen Muslime als ethnische Gruppe richten, die
Kritik muss sich vielmehr gegen die Religion richten, gegen jede
Religion, vor allem, wenn sie ein großes Gefahrenpotenzial birgt.

Religiöser Glaube ist Glaube an Dinge, für die es keinerlei Beweise
gibt, oder die oftmals sogar wissenschaftlichen Erkenntnissen massiv
widersprechen. Man glaubt an einen Text, der als heilig bezeichnet
wird und angeblich von einem Gott diktiert wurde. Auch moderate
Christen und Muslime glauben grundprinzipiell, dass ihre heiligen
Bücher auf die eine oder andere Weise unfehlbar sind. Die Religion
mag in Stammesgesellschaften und auf dem Weg in die Moderne durchaus
ihre Funktion erfüllt haben, aber sehen wir den Tatsachen ins Auge:
Wir leben in einer Zeit, in dem wir über Atomwaffen gebieten, in der
wir zum Mond fliegen können, in dem wir eine relativ weit entwickelte
Demokratie haben - wozu brauchen wir antike Mythen? Überlasst sie den
Literaturwissenschaftlern, denn die wissen genau, dass Texte nicht
heilig sind.

So, Ende der Predigt.

Link zum Kommentar:
http://www.heise.de/tp/foren/go.shtml?read=1&msg_id=12322911&forum_id=113409
Andreas Müller
 
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Beitragvon Sisyphos » Mo 5. Mär 2007, 16:04

Ein notwendiger und guter Kommentar!
Sisyphos
 
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